Gesamtanlage

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Denkmalbereich)

Eine Gesamtanlage ist eine Gruppe von unbeweglichen Sachen, also Immobilien (Gebäude, Straßen, Platz- oder Ortsbilder, Pflanzen-, Frei- und Wasserflächen), die gemeinsam als Bauwerksensemble ein Kulturdenkmal bilden, also ein Ensembledenkmal.

Nationales

Deutschland

In einer Gesamtanlage muss nicht jedes einzelne Objekt Kulturdenkmal sein, im extremen Fall ist sogar keines der einbezogenen Objekte für sich selbst ein Kulturdenkmal (Einzeldenkmal). Vielmehr sind alle Objekte der Gesamtanlage insgesamt Kulturdenkmal.

Alle deutschen Denkmalschutzgesetze kennen diese Einrichtung, wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen:

Gesamtanlagen werden in den einzelnen Landesdenkmalgesetzen beschrieben und folgen in ihrer konkreten Entstehung in der Regel dem Verfahren, das auch für Einzelkulturdenkmale gilt. Eine Besonderheit kennt hier das Denkmalrecht allerdings in Ländern, in denen die Gesamtanlage abweichend von dem sonst üblichen Verfahren z. B. durch Gemeindesatzungen festgelegt wird.[2] Mit Rechtswirksamkeit der Satzung unterliegt die Gesamtanlage dann den Vorschriften des jeweiligen Landesdenkmalgesetzes.

Der denkmalrechtliche Schutz einer Gesamtanlage ist in der Regel geringer als der eines Einzelkulturdenkmals. Geschützt wird hier – im Gegensatz zum Einzelkulturdenkmal – nicht die Substanz des Geschützten, sondern dessen Erscheinungsbild. Geschützt werden kann so ein historisches Orts- oder Stadtbild, eine Silhouette, Sichtbezüge oder die Umgebung von Einzelbauten (Freiräume, Freiflächen).

Österreich

Ortsbildschutzgebiet in Mariazell

In Österreich ist die Sachlage genau umgekehrt als in Deutschland: Im Prinzip bezieht sich eine Unterschutzstellung immer auf eine bauliche Anlage. Als „Gesamtanlage“ werden all jene Bauwerksensembles ausgewiesen, in denen jedes einzelne Bestandteil von öffentlichem Interesse ist, auch wenn es nicht explizit genannt ist. Da der österreichische Denkmalschutz keinen aktiven Denkmalschutz (unbedingte Erhaltungspflicht) kennt, und der Gutteil der Denkmale kraft gesetzlicher Vermutung unter Schutz gestellt wurden (seit 2009 vorläufige Unterschutzstellung durch Verordnung, § 2a DMSG),[3] wird im Allgemeinen dann bei Bedarf der Umfang und Schutzziel durch einen Bescheid genauer festgestellt (gemäß § 3 DMSG). Der Ausdruck Gesamtanlage findet sich im Titel des Denkmalobjekts in den vom Bundesdenkmalamt jährlich veröffentlichten Listen.[4][5] Die Unterschutzstellung einer gesamten Anlage setzt eine Benennung als solche aber nicht voraus.[6] Stehen bei einem Ensembledenkmal nur einzelne, bestimmte Teile unter Schutz, werden diese – abgesehen vom konkreten Bescheid – meist explizit im Denkmaltitel genannt,[7] oder mehrfach einzeln ausgewiesen.[8] „Gesamtanlage“ stellt damit eine umfassende strenge Ausweisung dar.

Der Schutzbegriff des deutschen Denkmalrechts fällt in Österreich unter Ortsbildschutz als Ensemble- oder Umgebungsschutz, der auf Schutz vor Beeinträchtigung des Gesamtbildes ausgelegt ist,[9] und als Materie der Raumordnung und Bauleitplanung in landes- oder gemeinderechtlichen Rechtssetzungen (etwa geschützte Sichtachsen in der Stadt Salzburg) oder durch internationale Verpflichtungen (wie den Schutzzonen des UNESCO-Welterbestätten in Österreich und ihren Managementplänen) geregelt ist.[10] Teils werden dafür auch landschaftschützerische Klassen (landesrechtlich) ausgewiesen, wo die bauliche Anlage den Kern des Schutzgebiets bildet.[11]

Tschechische Republik

Kennzeichnung eines Kulturdenkmals in Tschechien

In Tschechien gibt es vier Kategorien denkmalgeschützter Objekte:

  1. Nationale Kulturdenkmale der Tschechischen Republik (Národní kulturní památka České republiky), dazu gehören 272 besonders herausragende Denkmale in Tschechien.
  2. Kulturdenkmale der Tschechischen Republik (Kulturní památka České republiky), dazu gehören unbewegliche und bewegliche Denkmale in Tschechien, geordnet nach Landkreisen (Okres).
  3. Denkmalreservate der Tschechischen Republik (Památková rezervace v České republice), dazu gehören städtische, dörfliche und archäologische Denkmalreservate. So sind z. B. 40 Städte, deren Altstadtkerne als städtische Denkmalreservate ausgewiesen sind, hier eingeordnet.
  4. Denkmalzonen (Památková zóna v České republice), dazu gehören städtische, dörfliche und Gebiets-Denkmalzonen von regionaler Bedeutung.

Zwölf Stätten sind als UNESCO-Welterbe ausgewiesen, siehe Welterbe in Tschechien.

Siehe auch

Literatur

Deutschland:

  • Wolfgang Eberl u. a.: Bayerisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar unter besonderer Berücksichtigung finanz- und steuerrechtlicher Aspekte (= Kommunale Schriften für Bayern 15). 4. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Deutscher Gemeindeverlag, München 1992, ISBN 3-555-50094-5.
  • Ernst-Rainer Hönes: Denkmalrecht Rheinland-Pfalz. 2. neubearbeitete Auflage. Deutscher Gemeindeverlag, Mainz 1995, ISBN 3-555-45101-4.
  • Dieter Martin, Karin Schmidt: Denkmalschutzrecht in Berlin. Ein Leitfaden für die Praxis. Darstellung unter Einbeziehung der finanz- und steuerrechtlichen Aspekte. Kulturbuch-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-88961-123-0.
  • Dieter Martin u. a.: Sächsisches Denkmalschutzgesetz. (Sächs.DSchG). Kommentar. Kommunal- und Schul-Verlag, Wiesbaden 1999, ISBN 3-8293-0213-4.
  • Paul Artur Memmesheimer, Dieter Upmeier, Horst Dieter Schönstein: Denkmalrecht Nordrhein-Westfalen. Kommentar (= Kommunale Schriften für Nordrhein-Westfalen 46). 2. neubearbeitete Auflage. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1989, ISBN 3-555-30269-8.
  • Jürgen Seifert: Thüringer Denkmalschutzrecht. Textausgabe mit Erläuterungen. Deutscher Gemeinde-Verlag, Erfurt 1992, ISBN 3-555-56005-0.
  • Andreas Schneider: Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. (BbgDSchG). Kommentar. Kommunal- und Schul-Verlag, Wiesbaden 2000, ISBN 3-8293-0483-8.
  • Hans Karsten Schmalz, Reinald Wiechert: Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar. Vincentz, Hannover 1998, ISBN 3-87870-372-4.
  • Heinz Strobl, Ulrich Majocco, Heinz Sieche: Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg. Kommentar mit ergänzenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften. 2. neubearbeitete Auflage. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2001, ISBN 3-17-015621-7.
  • Jan Nikolaus Viebrock u. a.: Denkmalschutzgesetze (= Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 54, Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird.). 4. Auflage. Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Bonn 2005.
  • Jan Nikolaus Viebrock: Hessisches Denkmalschutzrecht. 3. neu bearbeitete Auflage. Kohlhammer u. a., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-555-40310-6.

Österreich:

  • Arthur Rosenauer: Kunstgeschichte und Denkmalpflege. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege (ÖZKD) LIV, Nr. 4, 2000, Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird., S. 473–477 (zum Begriff der Gesamtanlage/Ensemble)

Einzelnachweise

  1. Hier sind Stätten des UNESCO-Welterbes nach dem Denkmalschutzgesetz ausdrücklich Denkmalbereiche (§ 2 Abs. 2 Nr. 2).
  2. So z. B. in Nordrhein-Westfalen.
  3. vergl. Verordnungen gemäß § 2a DMSG über Denkmale im öffentlichen Eigentum, bda.at
  4. Denkmalliste. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesdenkmalamt, archiviert vom Original am 30. Dezember 2015; abgerufen am 30. Dezember 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bda.at
  5. so beispielsweise: Gesamtanlage, Schloss Schönbrunn (Denkmallisteneintrag); Schlossanlage Hellbrunn, Gesamtanlage samt Gartenbaudenkmalen (Denkmallisteneintrag)
  6. In Österreich sind einige Dutzend der insgesamt etwa 36.000 unbeweglichen Denkmalschutzobjekte als „Gesamtanlage“ benannt.
  7. so beispielsweise: Kath. Pfarrkirche hl. Wolfgang mit Umfassungsmauer und ehem. Friedhofsfläche (Denkmallisteneintrag)
  8. so beispielsweise: Kartause Gaming als Ehem. Kartäuserkloster Marienthron (Denkmallisteneintrag) für die Trakte des Hauptgebäudes mit der Kirche, 20 Ehem. Kartäuserzelle mit Umfassungsmauern (etwa Denkmallisteneintrag) (teils mit weiteren Zubauten genannt) und einige weitere Nebengebäude, sowie die Ringmauer (Denkmallisteneintrag) des Gesamtensembles
  9. Die Bestimmungen zum Umgebungsschutz von Denkmalen im Denkmalschutzgesetz gelten als völlig unzureichend. Der § 7. Umgebungsschutz DMSG bezieht „Vermeidung der Gefährdung und Beeinträchtigung des Bestandes oder Erscheinungsbildes von unbeweglichen Denkmalen durch Veränderung in ihrer Umgebung“ nur auf „Anbringung von Reklameschildern, Schaukästen, Aufschriften und dergleichen“.
  10. vergl. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Sektion IV (Hrsg.): Kulturbericht 2006. Wien 2007, Internationale Aktivitäten: 1. Aktivitäten im Rahmen der UNESCO, Abschnitt Schutz des Welterbes in Österreich, S. 135, Sp. 1 f. (bmukk.gv.at [PDF]).
  11. so die historische Sichtachse des Schloss Klessheim bei Salzburg als Geschützter Landschaftsteil Kleßheimer Allee (GLT 123); das Schloss selbst ist außer nach Denkmalschutzgesetz auch naturschutzrechtlich ausgewiesen (Landschaftsschutzgebiet Siezenheimer Au LSG 00050 und Geschützter Grüngürtel nach Raumentwicklungskonzept für den Salzburger Ballungsraum)