Kürschners Deutscher Literatur-Kalender

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Kürschners deutscher Literatur-Kalender (Eigenschreibweise in Großbuchstaben) ist ein Nachschlagewerk, das neben aktuell ca. 12.000 bio-bibliografischen Einträgen und Adressen zu Schriftstellern der deutschsprachigen Literatur auch Übersetzer, Verlage, Agenturen, Rundfunkanstalten, Autorenverbände, Akademien, Literarische Zeitschriften und Feuilletons sowie Literarische Preise und Auszeichnungen des deutschen Sprachraums auflistet. Es dokumentiert seit über 130 Jahren die zeitgenössische deutschsprachige Literaturszene und erscheint aktuell alle zwei Jahre in zwei Bänden im Verlag Walter de Gruyter. Der Name des Handbuchs geht auf den Germanisten Joseph Kürschner zurück.

Geschichte

Das 1879 von Heinrich und Julius Hart als Allgemeiner deutscher Literaturkalender beim Verlag Fischer in Erlangen[1] erstmals herausgegebene Handbuch wurde 1883 vom Germanisten Joseph Kürschner übernommen und erschien bis 1902 unter dem Titel Deutscher Litteratur-Kalender bei Göschen in Leipzig.[2] Kürschner baute mit strategischer und ökonomischer Weitsicht das Werk zu einem populären und umfassenden Nachschlagewerk aus. Von ursprünglich 1260 Schriftstellern wurde durch die Einführung eines Autoren-Fragebogens, der in aktualisierter Form bis heute Gültigkeit besitzt, der Umfang in kürzester Zeit auf rund 16.000 Einträge im 10. Jahrgang erweitert. Ohne literaturkritische Wertung stellt der Literatur-Kalender die lebenden Verfasser schöngeistiger Literatur in deutscher Sprache vor – unabhängig von Staatsangehörigkeit und geografischem Lebens- und Wirkungsbereich.

Kürschners Deutscher Literaturkalender 1907

Nach Kürschners Tod im Jahre 1902 wurde der Kalender von zahlreichen Herausgebern, unter anderem zu Beginn von Hermann Hillger, Heinrich Klenz, Gerhard Lüdtke (1875–1944), Erich Neuner (* 1888) oder Hans Strodel (* 1905) im Geist Kürschners fortgeführt. Zunächst verzeichnete das Werk sowohl die „schöngeistigen“ als auch die „gelehrten“, akademisch tätigen Schriftsteller. Aufgrund der Materialfülle wurde 1925 Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender abgetrennt, der sein älteres Pendant rasch im Umfang übertraf.

In der Zeit des nationalsozialistischen Regimes musste sich der Herausgeber der Vorgabe beugen, nur noch Einträge zu Mitgliedern der Reichsschrifttumskammer zu veröffentlichen. 1936 gelang ihm jedoch noch die Veröffentlichung des Nekrologs 1901–1935, der die seit 1900 verstorbenen Autoren mit ihren Werken aufführte, so dass auch „unerwünschtes Schrifttum“ nachgewiesen werden konnte.[3]

Das Werk kehrte 1949 zu den früheren editorischen Prinzipien zurück. Der Herausgeber Werner Schuder war für die Jahrgänge von 1958 bis in die 1980er-Jahre verantwortlich. 1998 kam es nach längerer Unterbrechung des Erscheinens zum Verlagswechsel: Der Bibliothekar und Redakteur Andreas Klimt übernahm für den K. G. Saur Verlag in Leipzig mit der 61. Ausgabe die Herausforderung, das Werk zu aktualisieren und weiterzuführen. Der K.G. Saur Verlag wurde vom Verlag Walter de Gruyter übernommen. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender erscheint daher seit dem 67. Jahrgang 2010/2011 wieder im ursprünglichen Verlag (Göschen war 1918 im Verlag de Gruyter aufgegangen).

Kürschners Deutscher Literatur-Kalender umfasst in seiner 71. Ausgabe neben Einträgen zu ca. 12.000 Schriftstellern auch über 800 literarische Übersetzer, über 1000 Verlage, über 500 Literaturpreise mit den dazugehörigen Preisträgern, mehr als 600 Fachverbände und literarische Vereinigungen, Literaturhäuser, rund 300 literarische Zeitschriften und Periodika sowie literarische Agenturen, Kulturredaktionen von Rundfunk- und Fernsehanstalten und literarische Feuilletons. Artikel zu den einzelnen Autoren in alphabetischer Reihenfolge informieren über Adressen, Lebensdaten, Mitgliedschaften in Fachverbänden und literarischen Vereinigungen, literarische Preise sowie über die Veröffentlichungen der Schriftsteller.

Die jüngste Veröffentlichung des zweibändigen Werks erschien als Ausgabe 72. Jahrgang 2020/21 im September 2020.[4]

Rezeption

„Als der Germanist, Zeitschriftenredaktor und Theaterkritiker Joseph Kürschner, ein umtriebiger Geist, den Literaturkalender im fünften Jahrgang 1883 von den Gründern Heinrich und Julius Hart übernahm, war das Werk ein schmächtiges Büchlein im Duodezformat ohne ökonomischen Erfolg. Kürschner führte den Versand der Autoren-Fragebogen ein und machte den Kalender zu einem Verzeichnis, das steten Andrang verzeichnete. Aus den 1260 Namen des vierten Jahrgangs waren im zehnten 16.000 geworden. Das Unternehmen prosperierte und fand nach Kürschners Tod umstandslos Nachfolger, die es im Geist der Anfänge fortführten. Diese Ausrichtung besagt: Verbannung der literarischen Kritik, äusserste Wertfreiheit, Dokumentation der Fakten des literarischen Lebens.“

Joachim Güntner – Neue Zürcher Zeitung: Ein Monument aus Fakten – Kürschners Deutscher Literatur-Kalender erstrebt seit je Vollständigkeit[5]

„Einst wurde Roda Roda von Freunden herausgefordert: er könne ja vieles erreichen, aber eines nicht. Nie, niemals würde er den ersten Platz im Kürschner einnehmen. Das Jahr ging zu Ende, der neue Kürschner erschien, und am Anfang stand: Aaba, siehe Roda Roda. (Wobei besonders schön das fürsorgliche Doppel-A ist: damit auch ja nichts passieren kann.) Aaba Aaba aber steht auch heute noch an erster Stelle in ‚Kürschners Literaturkalender‘.“

Kurt Tucholsky: „Der neue Kürschner“[6]

Aktuelle Ausgabe

  • Kürschners Deutscher Literatur-Kalender 2020/2021. 72. Jahrgang in 2 Teilen. De Gruyter, Berlin 2020, ISBN 978-3-11-067976-2 (Print).

Siehe auch

Digitalisate

Weitere Weblinks

Einzelnachweise

  1. ZDB-ID 561527-6
  2. ZDB-ID 6526-2
  3. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. In: Werner Schuder: Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. Nekrolog 1936-1970. Walter de Gruyter, 1973, Vorwort.
  4. 72. Jahrgang 2020/21. De Gruyter, abgerufen am 26. Juli 2022.
  5. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. Dezember 2010.
  6. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender In: Kurt Tucholsky: Der neue Kürschner. Rezension zum 44. Jg. 1928. In: Die Weltbühne 44/1928.