Dextrane

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Strukturformel
Strukturausschnitt aus einem Dextranmolekül.
Strukturausschnitt: gezeigt sind α-1,4- und α-1,6-Verknüpfungen zu Nachbarmolekülen
Allgemeines
Name Dextran
CAS-Nummer 9004-54-0
Monomer Glucose
Summenformel der Wiederholeinheit C6H10O5
Molare Masse der Wiederholeinheit 162,14 g·mol−1
Art des Polymers

Biopolymer, Homoglycane

Kurzbeschreibung

weißer bis cremefarbener geruchloser Feststoff[1]

Eigenschaften
Aggregatzustand

fest[1]

Löslichkeit

in Wasser löslich[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Dextrane sind hochmolekulare, verzweigte, neutrale Biopolysaccharide, die Hefen und Bakterien als Reservestoffe dienen. Da die Polymere nur aus Glucose-Einheiten bestehen, zählen sie zu den Homoglycanen. Natürliche Dextrane besitzen Molekülmassen zwischen 10.000 und 50.000.000 Da.[3] Sie werden von Bakterien der Gattung Leuconostoc (L. mesenteroides und L. dextranicum) mittels Enzymen außerhalb der Zellen (extrazellulär) aus Saccharose hergestellt.

Ein Pionier der Erforschung von Dextranen und der Urheber von deren Verwendung als Blutersatzmittel (in der Zeit des Zweiten Weltkriegs) war Maurice Stacey.

Eigenschaften und Struktur

Dextrane sind wasserlöslich, wobei die Löslichkeit von der Molekularmasse abhängt. Dabei bilden sich hochviskose, schleimartige Flüssigkeiten. Der kolloidosmotische Druck einer sechsprozentigen wässrigen Lösung von Dextranen mit einer molaren Masse von etwa 75.000 Da entspricht dem des Blutes, weshalb sie als Blutplasmaersatzmittel eingesetzt werden kann. Niedrigmolekulare Dextrane wirken dabei als Thrombozytenaggregationshemmer.[4][5]

Dextrane sind stark verzweigte Polysaccharide. Die glycosidische Bindung zu den Nachbar-Glucosemolekülen kann dabei über 1,6-, 1,4- oder 1,3-, selten auch 1,2-Verknüpfung geschehen.[3]

Molmassenverteilung

Für pharmazeutische Anwendungen von Dextranen ist eine bestimmte Molmassenverteilung im Europäischen Arzneibuch vorgegeben und auch eine Prüfmethode dafür. Die Prüfung erfolgt mittels Ausschlusschromatographie.[6]

Verwendung

Dextrane werden verwendet:

Weiterhin werden sie eingesetzt in Produkten wie:

Einsatz in der Chirurgie

Niedrigmolekulare Dextrane werden etwa in der Chirurgie eingesetzt, um die Gefahr einer Thrombose in den Blutgefäßen zu minimieren.[4][5] Der antithrombotische Effekt der Dextrane basiert auf der Erhöhung der Osmolarität und auf der daraus folgenden Zunahme des Plasmavolumens, welche die Viskosität mindert und den Blutfluss steigert.[9] Dextrane reduzieren auch die Aktivierung des Faktor-VIII-Proteins (Von-Willebrand-Faktor-Protein), das für die Blutgerinnung notwendig ist.[4] Sie haben ebenfalls einen inhibierenden (hemmenden) Effekt auf das α2-Antiplasmin, wodurch sie Plasminogen aktivieren.

Die Verweildauer im Körper hängt dabei von der molaren Masse ab. Bei 40.000 Da verbleiben die Dextrane zwei bis vier, bei 70.000 Da vier bis sechs Stunden im Blutkreislauf.[4] Höhere Dextrane werden nur sehr schlecht über die Niere abgeführt, weshalb sie erheblich länger im Körper verweilen.[10][11] Während dieser Zeit bleiben die thrombolytischen Eigenschaften bestehen.

Chromatographie

Vernetzte Dextran-Epichlorhydrin-Copolymere wurden 1957 von Jerker Porath entwickelt. Sie werden zur Gel-Permeations-Chromatographie (GPC) genutzt, da sie durch die Vernetzung (z. B. mit Epichlorhydrin) in einem definierten dreidimensionalen Netzwerk angeordnet sind und somit Poren bilden.[12][13][14][15] Moleküle, die größer sind als die Poren, wandern beim Durchlaufen einer solchen Säule mit dem Lösungsmittel, da sie nicht in die Poren eingelagert werden.[16][17] Kleinere Moleküle können mit diesen interagieren und bewegen sich dementsprechend langsamer. Es ist also eine Auftrennung nach Größe und Form von Molekülen möglich. Gut geeignet ist dies für große Biomoleküle, die sich so ohne großen Aufwand trennen lassen. Weiterhin wird quervernetztes Dextran zur Immunpräzipitation und als stationäre Phase in der Affinitätschromatographie eingesetzt.[18][19][20]

Verschiedene Dextran-Derivate werden in der Ionenaustauschchromatographie eingesetzt, z. B. Diethyl-Aminoethyl-Dextran (DEAE-Dextran, ein Anionenaustauscher), Carboxymethyl-Dextran (CM-Dextran) oder Dextransulfat.

Markennamen

Vernetzte Dextrane sind auch unter dem Markennamen Sephadex der Firma Pharmacia bekannt. Sephadex ist ein Akronym von separation Pharmacia dextran. Es werden auch durch Hydoxypropylierung modifizierte Sephadextypen für die lipophile und hydrophile (als Sephadex LH 20 und Sephadex LH 60) Gelchromatographie hergestellt. Diese Produkte quellen auch in verschiedenen organischen Lösungsmitteln, wie Methanol und Chloroform und erweitern so den Bereich der Anwendung.[21][22]

Literatur

  • Eintrag zu Dextrane. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 18. Dezember 2014.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Datenblatt Dextran 500 (PDF) bei Carl Roth, abgerufen am 30. Juli 2017.
  2. Eintrag zu Dextran 70 in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
  3. a b Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu Dextrane im Lexikon der Chemie. abgerufen am 24. Januar 2009.
  4. a b c d Alexander Aloy: Chirurgische Intensivmedizin: Kompendium für die Praxis. Springer, 2007, ISBN 978-3-211-29679-0, S. 295.
  5. a b J. R. Siewert, M. Allgöwer: Chirurgie. 7. Auflage. Springer, 2000, ISBN 3-540-67409-8, S. 439.
  6. Europäisches Arzneibuch, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 6. Ausgabe, 2008, S. 78–80, ISBN 978-3-7692-3962-1.
  7. Schiwa. In: Anästhesie Intensivtherapie Notfallmedizin. Band 20, Nr. 2, April 1985, S. XIV f.
  8. Eintrag zu DEXTRAN in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 27. März 2022.
  9. P. Roderick, G. Ferris, K. Wilson, H. Halls, D. Jackson, R. Collins, C. Baigent: Towards evidence-based guidelines for the prevention of venous thromboembolism: systematic reviews of mechanical methods, oral anticoagulation, dextran and regional anaesthesia as thromboprophylaxis. In: Health Technol Assess. Band 9(49), 2005, S. iii-iv, ix-x, S. 1–78. PMID 16336844. PDF (Memento vom 11. Mai 2012 im Internet Archive)
  10. Vgl. M. Schmitt, W. Cremer: Dextran 40-induziertes akutes Nierenversagen. In: Nieren- und Hochdruckkrankheiten. Band 12, 1983, S. 301–305.
  11. Vgl. auch B. R. C. Kurnik, F. Singer, W. C. Groh: Case report: Dextran-induced acute anuric renal failure. In: Am J Med Sci. Band 302, 1991, S. 28–30.
  12. Jerker Porath, Per Flodin: Gel filtration: a method for desalting and group separation. In: Nature. Band 183(4676), 1959, S. 1657–1659. PMID 13666849.
  13. J. Porath: Gel filtration of proteins, peptides and amino acids. In: Biochim Biophys Acta. Band 39, 1960, S. 193–207. PMID 14434211.
  14. P. Andrews: Estimation of the molecular weights of proteins by Sephadex gel-filtration. In: Biochem J. Band 91(2), 1964, S. 222–233. PMID 4158310; PMC 1202876 (freier Volltext).
  15. J. Porath: From gel filtration to adsorptive size exclusion. In: J Protein Chem. (1997), Band 16(5), S. 463–468. PMID 9246630.
  16. J. Porath, E. B. Lindner: Separation methods based on molecular sieving and ion exclusion. In: Nature. Band 191, 1961, S. 69–70. PMID 13737223.
  17. A. Tiselius, J. Porath, P. A. Albertsson: Separation and fractionation of macromolecules and particles. In: Science. Band 141(3575), 1963, S. 13–20. PMID 13985156.
  18. R. Axén, J. Porath: Chemical coupling of enzymes to cross-linked dextran ('Sephadex'). In: Nature (1966), Band 210(5034), S. 367–369. PMID 5963228.
  19. R. Axén, J. Porath, S. Ernback: Chemical coupling of peptides and proteins to polysaccharides by means of cyanogen halides. In: Nature. Band 214(5095), 1967, S. 1302–1304. PMID 6056841.
  20. J. Porath, R. Axén: Immobilization of enzymes to agar, agarose, and Sephadex supports. In: Methods Enzymol. Band 44, 1976, S. 19–45. PMID 1021680.
  21. Sephadex LH 20 Eigenschaften
  22. H.-U. Melchert: Lipophile Gelchromatographie zur Isolierung von BHA und BHT aus Pflanzenölen. In: Chem. Mikrobiol. Technol. Lebensm. 2, 1973, S. 94–85