Geschützturm

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Buggeschütz der Fregatte Mecklenburg Vorpommern

Als Geschützturm bezeichnet man eine auf dem Boden, einem Schiff, einem Flug- oder Fahrzeug (Panzer) o. ä. installierte Lafette mit einer oder mehreren Waffen. Die Waffen sind zum Einstellen der Zielweite vertikal drehbar auf der Lafette montiert. Als passende Zielrichtung dient die Fahrrichtung der Fahrzeuge. Bei Bodenmontage muss der gesamte Geschützturm um die Vertikale drehbar gelagert sein. Heutige Panzer haben immer einen um 360° drehbaren Geschützturm.

Die Waffen können alle möglichen Kaliber haben und dienen zur Verteidigung des jeweiligen Objekts oder als Angriffswaffe. So war zum Beispiel auf dem deutschen Panzer VI Tiger II (Königstiger) ein Geschützturm mit einer 8,8-cm-Kampfwagenkanone und einem 7,92-mm-MG montiert, während die Bomber des Zweiten Weltkriegs meist mit Maschinengewehrtürmen bestückt waren.

Die ersten Drehtürme wurden im 19. Jahrhundert von John Ericsson und von Cowper Phipps Coles zur Aufstellung auf einem Schiffsdeck entworfen und später weiterentwickelt. In Deutschland arbeiteten Max Schumann und Hermann Gruson an der Weiterentwicklung. Während die Konstruktionen sich noch bis ins 20. Jahrhundert bei der Küstenverteidigung bewährten, mussten sie für den Einsatz der Landstreitkräfte überarbeitet werden, so beispielsweise 1878 durch Schumann mit seiner Panzerlafette. Weitere Nachfolgekonstruktionen führten dann zum Entwurf eines beweglichen Panzers (Schumann und Gruson), der ein zerlegbarer Panzerdrehturm für eine 12-cm-Haubitze war, sowie zur fahrbaren Panzerlafette (auch kurz Fahrpanzer genannt)[1] für eine 5,3-cm-Kanone L/25. Diese Geschütze wurden dann in der Serethlinie in Rumänien eingesetzt.

Bei Panzern mit Geschützturm nennt man den damit fest verbundenen und sich mitdrehenden Teil, in welchem sich Ladeschütze, Richtschütze und Kommandant befinden, Turmkorb.

Geschützturm auf Schiffen

Funktionsprinzip eines Geschützturmes, einschließlich darunterliegendem Magazin
Querschnitt eines Geschützturms eines Schlachtschiffs der Iowa-Klasse

Erste Formen von Geschütztürmen auf Kriegsschiffen waren die 1861 von Cowper Henry Coles und 1862 von John Ericsson entwickelten Panzertürme. Es handelte sich um zylindrische Türme, die drehbar auf das Oberdeck von Turmschiffen und Monitoren aufgesetzt waren. Ihr weit oben im Schiff angeordnetes hohes Gewicht führte bei den so ausgerüsteten Schiffen teilweise zu Stabilitätsproblemen.

Gegen Ende des 19. Jh. entwickelte sich die moderne Form des Geschützturms (von amtlicher Stellen wurde die offizielle Bezeichnung Panzerdrehturm verwendet) aus drei gegeneinander beweglichen Teilen:

  • der im Schiffskörper fest eingebauten Barbette, einem gepanzerten Zylinder, der über einem kreisrunden Durchbruch auf dem Panzerdeck aufstand,
  • dem drehbaren Schwenkwerk, das die Rohrwiegen trug, in denen die Geschütze mit ihren Schildzapfen lagen; unterhalb davon befanden sich mehrere kreisförmige, sich mitdrehende Plattformen, die bis unter das Panzerdeck reichten und über die die Granaten und Treibladungen zu den Geschützen befördert wurden,
  • der Panzerdrehhaube, einer gepanzerten Konstruktion, die meist die Gestalt eines flachen, sechseckigen Pyramidenstumpfes hatte und sich mit dem Schwenkwerk mitdrehte. Die am stärksten gepanzerte Vorderseite, der Turmschild, hatte schlitzförmige Öffnungen, die Rohrscharten, in denen sich die Geschützrohre beim Richten auf und ab bewegen konnten.

Der drehbare Teil des Geschützturms wurde über Rollen reibungsarm gelagert. Damit sie bei schwerem Seegang oder einer Explosion an Bord nicht aus der Rollenbahn sprangen, und beim Kentern nicht herausfielen, wurden sie mit schweren, gusseisernen Gegenhaltern gesichert. Am Beispiel der USS New Jersey (BB-62), werden diese Gegenhalter in einem Video[2] des Kurators des Museumsschiffes gezeigt.

Im Vergleich zu den ersten Panzertürmen verlegte die gepanzerte Barbette einen größeren Gewichtsanteil nach unten ins Schiff, was die Stabilität verbesserte. Außerdem konnte in die Barbette eine effiziente, mitdrehende Munitionsversorgung der Geschütze installiert werden. Diese Form des Geschützturms war auf den großen, mit Artillerie bewaffneten Kriegsschiffen (Linienschiffe bzw. Schlachtschiffe, Kreuzer) bis Mitte des 20. Jahrhunderts üblich.

Geschützturm der SMS Viribus Unitis bei der Fertigung in den Škoda-Werken

Linienschiffe und Panzerkreuzer um 1900 trugen ihre Hauptbewaffnung und teilweise auch die Mittelartillerie in Einzel- oder Doppeltürmen. 1909 bzw. 1910 legten Italien mit der Dante Alighieri und Österreich-Ungarn mit der Tegetthoff-Klasse die ersten Schiffe mit Drillingstürmen auf Stapel. Drillingstürme verbrauchen für dieselbe Anzahl Geschützrohre weniger Gewicht als Doppeltürme und benötigten weniger Raum, was die Konstruktion der Schiffe erleichterte. Allerdings hatten sie insbesondere wegen der schwierigen Munitionszuführung des mittleren Kanonenrohres eine geringere Feuergeschwindigkeit, und die Nähe der Geschützrohre zueinander führte durch die gegenseitige Beeinflussung zu einer größeren Streuung der Geschosse am Ziel.

Weitere Gewichts- und Raumeinsparungen, deren Notwendigkeit sich aus den Regelungen des Washingtoner und Londoner Flottenabkommen ergaben, wurden mit Vierlingstürmen erreicht (französische Dunkerque- und Richelieu-Klasse, britische King-George V-Klasse). Während aber Doppel- oder Drillingstürme auf fast allen Schlachtschiffen und Kreuzern nach dem Ersten Weltkrieg verwendet wurden, beschränkte sich der Einsatz von Vierlingen auf die genannten drei Schiffsklassen.

Moderne Kriegsschiffe haben häufig Geschütze, die mit einem geschlossenen Gehäuse versehen sind und ebenfalls Geschützturm genannt werden. Diese sind jedoch ungepanzert, haben keine Barbette und der Decksdurchbruch enthält oft ein vertikal rotierendes Magazin, die Vorladung.

Weblinks

Commons: Geschütztürme – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Geschützturm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Matador Model's 1/76 Gruson 5.3cm L/24 Fahrpanzer (englisch) – Seite bei Landships; Stand: 5. Juni 2011
  2. Do the 16in Gun Turrets Still Rotate? Abgerufen am 4. Januar 2022 (deutsch).