Biphenyl

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Strukturformel
Strukturformel von Biphenyl
Allgemeines
Name Biphenyl
Andere Namen
  • Diphenyl
  • Phenylbenzol
  • Dibenzol
Summenformel C12H10
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche, aromatisch riechende Blättchen[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 92-52-4
EG-Nummer 202-163-5
ECHA-InfoCard 100.001.967
PubChem 7095
Eigenschaften
Molare Masse 154,21 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,04 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt
Siedepunkt

255 °C[2]

Dampfdruck

7 Pa (20 °C)[4]

Löslichkeit
Brechungsindex

1,588 (77 °C)[5]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[6] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 319​‐​335​‐​315​‐​410
P: 273​‐​302+352​‐​304+340​‐​305+351+338 [2]
MAK

Schweiz: 0,2 ml·m−3 bzw. 1,3 mg·m−3[7]

Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Biphenyl (auch Diphenyl, Phenylbenzol und Dibenzol) ist ein farbloser, kristalliner Feststoff aus der Klasse der aromatischen Kohlenwasserstoffe, genauer der Biaryle. Er hemmt das Schimmelpilzwachstum und wirkt daher als Fungizid oder Konservierungsmittel für Lebensmittel, hat jedoch in der EU keine Zulassung mehr.

Herstellung

Biphenyl wird aus den destillierten Ölen des Steinkohleteers oder durch die Reaktion zweier Phenylradikale gewonnen:

Reaktion zweier Phenylradikale zu Biphenyl

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Biphenyl bildet farblose bis gelblich glänzende Kristalle aus, die bei 69,2 °C[2] schmelzen. Die Schmelzenthalpie beträgt 18,576 kJ·mol−1.[8] Der Siedepunkt bei Normaldruck liegt bei 255 °C.[2] Die Verdampfungsenthalpie beträgt am Siedepunkt 47,95 kJ·mol−1.[9] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,35685, B = 1987,623 und C = −71,556 im Temperaturbereich von 342 K bis 544 K.[10] In Wasser ist Biphenyl unlöslich, in unpolaren organischen Lösungsmitteln wie Petrolether oder Toluol löst es sich jedoch leicht. Der Flammpunkt liegt bei 113 °C, die Zündtemperatur bei 540 °C.

Chemische Eigenschaften

Biphenyl ist relativ reaktionsträge. Die Hydrierung über Platin-Katalysatoren führt über das Cyclohexylbenzol zum Cyclohexylcyclohexan.[11]

Verwendung

Biphenyl wurde in der Vergangenheit als Konservierungsmittel (Lebensmittelzusatzstoff E 230, oft in Kombination mit E 231, E 232, E 233 und Imazalil) auf die Schalen von Zitrusfrüchten aufgebracht, weil es das Wachstum von Schimmelpilzen hemmt.[12] Die dergestalt behandelten Schalen sind jedoch nicht mehr zum Verzehr geeignet. Der Wirkstoff Biphenyl (früher: Diphenyl) ist 2005 in der EU aus der Liste der zulässigen Oberflächenbehandlungsmittel gestrichen worden.

Wegen seiner Wirkungen kann es auch als Schädlingsbekämpfungsmittel verwendet werden, allerdings ist eine solche Verwendung in der EU nicht zulässig (keine Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG). Außerdem wird bzw. wurde Biphenyl zur Herstellung von pharmazeutischen Produkten und polychlorierten Biphenylen benötigt.

Biphenyl ist der Grundkörper für die ersten kommerziell erfolgreichen nematischen Flüssigkristalle (Cyanobiphenyle), die Anfang der 1970er-Jahre in Digitaluhren und Taschenrechnern zum Einsatz kamen.

Wegen der hohen Zersetzungstemperatur unter Luftabschluss eignet sich Biphenyl als Wärmeträger sowie als Arbeitsmittel in Dampfkraftwerken. Eine eutektische Mischung aus Biphenyl und Diphenylether trägt den Handelsnamen Dowtherm A.[13]

Weiterhin wird Biphenyl als Additiv für Elektrolyte in Lithium-Ionen-Akkumulatoren verwendet. Hierbei elektropolymerisiert Biphenyl bei Überladung der Zelle (etwa 4,5–4,7 V) und bildet eine isolierende Schicht zwischen Elektroden und Elektrolyt, wodurch ein Thermisches Durchgehen verhindert werden kann[14]

Sicherheitshinweise

Biphenyl wirkt reizend auf die Haut, Augen und Atemwege und ist umweltgefährdend. Biphenyl ist wassergefährdend (WGK 2)[2] und steht unter dem Verdacht, Krebs zu erzeugen.[2]

Biphenyl wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Biphenyl waren die Besorgnisse bezüglich hoher (aggregierter) Tonnage sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der PBT/vPvB-Substanzen. Die Neubewertung fand ab 2013 statt und wurde von Portugal durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[15][16]

Literatur

  • Biphenyl (1,1-Biphenyl). Wiley-VCH, Weinheim 1991, ISBN 3-527-28277-7.

Einzelnachweise

  1. a b Eintrag zu Biphenyl. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Mai 2014.
  2. a b c d e f g h i j k l Eintrag zu Biphenyl in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Februar 2017. (JavaScript erforderlich)
  3. Europäisches Arzneibuch. 6. Ausgabe. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7692-3962-1, S. 543.
  4. Datenblatt Biphenyl bei Merck, abgerufen am 29. März 2017.
  5. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-46.
  6. Eintrag zu Biphenyl im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  7. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 92-52-4 bzw. Biphenyl), abgerufen am 2. November 2015.
  8. R. D. Chirico, S. E. Knipmeyer, A. Nguyen, W. V. Steele: The thermodynamic properties of biphenyl. In: J. Chem. Thermodyn. 21, 1989, S. 1307–1331. doi:10.1016/0021-9614(89)90119-5.
  9. F. Glaser, H. Rüland: Untersuchungen über Dampfdruckkurven und kritische Daten einiger technisch wichtiger organischer Substanzen. In: Chem. Ing. Techn. 29, 1957, S. 772–775. doi:10.1002/cite.330291204.
  10. G. B. Cunningham: Diphenyl (C6H5-C6H5). May Solve Reheating Problem. In: Power. 72, 1930, S. 374–377.
  11. C. G. Frye: Equilibria in the hydrogenation of polycyclic aromatics. In: J. Chem. Eng. Data. 7, 1962, S. 592–595. doi:10.1021/je60015a048.
  12. Peter Hahn: Lexikon Lebensmittelrecht. 2. Auflage. Behr's Verlag, 1998, ISBN 3-86022-334-8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. DOWTHERM™ Synthetic Organic Fluids
  14. Lifen Xiao; Xinping Ai; Yuliang Cao; Hanxi Yang: Electrochemical behavior of biphenyl as polymerizable additive for overcharge protection of lithium ion batteries in Electrochim. Acta 49 (2004) 4189–4196, doi:10.1016/j.electacta.2004.04.013.
  15. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report.
  16. Community rolling action plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Biphenyl, abgerufen am 6. März 2022.