Einzylindermotor
Der Einzylindermotor ist eine Bauform des Verbrennungsmotors. Sowohl Ottomotoren (Zweitakt und Viertakt) als auch Dieselmotoren (Zweitakt und Viertakt) werden in der einfachsten Bauart als Einzylinder ausgeführt. Auch der Glühkopfmotor ist ein Einzylinder. Der Zylinder kann stehend, liegend oder geneigt eingebaut werden.
Geschichte
Die ersten Hubkolben wurden sicher in Pumpen verwendet, danach in Dampfmaschinen, später in Verbrennungsmotoren. All diese Verwendungen begannen mit der Verwendung eines Einzylinders.
Vor- und Nachteile
Die Vorteile gegenüber denen eines Mehrzylindermotors sind u. a. ein einfacherer Aufbau, eine kompaktere Bauweise und geringeres Motorgewicht, bei allerdings geringerer Literleistung, aufwändigerer Schalldämpfung (sowohl ansaug- wie auslassseitig) und schwierigerem Vibrationsausgleich. Ausgleichswellen und an den Kurbelwellenwangen vergossene Ausgleichsgewichte müssen wegen der großen Massen- bzw. Kolben-Bewegungen ebenso gewichtig ausfallen. Oft wird dafür jedoch auch gleich der angetriebene Teil herangezogen, wie z. B. Propeller oder Rasenmähermesser.
Der Einzylindermotor lässt gegenüber einem Mehrzylindermotor gleichen Hubraums vor allem bei niedrigen Drehzahlen einen höheren Wirkungsgrad erwarten. Gründe dafür sind geringere Reibungsverluste in Lagern und an Kolbenringen sowie geringere thermische Verluste wegen der geringeren Zylinderinnenfläche relativ zum Hubraum. Bei sehr hohen Drehzahlen hingegen haben Einzylindermotoren Nachteile, da gegenüber einem Mehrzylindermotor die mittlere Kolbengeschwindigkeit größer ist, die bewegten Massen größer sind und die in Relation zum Hubvolumen kleinen Querschnittsflächen der Ventile die Strömungsverluste erhöhen.
Ein Nachteil ist der unrunde Motorlauf mit größerer Drehzahlungleichförmigkeit, bedingt durch nur einen Arbeitstakt pro 360° (Zweitakter) bzw. 720° Kurbelwinkel (Viertakter). Ein gleichmäßigerer Rundlauf wird häufig durch eine hohe Schwungmasse erzielt, manchmal in Form einer zusätzlichen Schwungscheibe. Das Motorgewicht steigt dadurch überproportional an. Bei Einzylinder-Anwendungen, bei denen die Vibrationen zu störend wären und wo es auf geringes Gewicht sowie spritzige Gasannahme ankommt, z. B. bei Viertakt-Motorrädern, wird ein erheblich verbesserter Rundlauf nach dem Stand der Technik durch eine (z. B. KTM Duke 390) oder sogar zwei Ausgleichswellen (KTM Duke 690 ab Baujahr 2016) erreicht. Bei Zweitaktmotorrädern findet man nur selten Ausgleichswellen (z. B. Aprilia 125 oder KTM 250EXC TPI).
Verwendung von Einzylindermotoren
Einige frühe Automobile, wie die Cadillacs Model K von 1906 und Modell L und M von 1907 benutzten Einzylinder. Der indische Lizenzbau des Tempo-Dreirades aus den 1950ern hatte von 1978 bis zur Produktionseinstellung im Jahr 2000 einen Einzylinder-Dieselmotor. Die häufigste Bauform ist heutzutage sicher der 50-cm³-Zweitakt-Ottomotor, der in unzähligen Zweirädern eingebaut wird und in vielen Ländern die Massenmotorisierung erst ermöglicht.
Auch im Nutzfahrzeugbereich – vornehmlich in Arbeitsmaschinen –, im Motorsport, in der Klein-Landwirtschaft, in Segel- und Motorbooten und in Flugzeugen sowie als stationärer Industriemotor und für Stromerzeugungsaggregate findet der Einzylinder Verwendung. Ebenso bedeutend ist die Verwendung in Motorrädern. Der größte serienmäßige Motorrad-Einzylinder mit 778 cm³ Hubraum war der Suzuki DR 800 S, deren Produktion 1998 eingestellt wurde; der stärkste serienmäßige Motorrad-Einzylinder ist der der KTM Duke 690 ab Baujahr 2016 mit 75 PS. Größere Einzylindermotoren wurden für verschiedene Motorradprototypen (bis knapp zwei Liter Hubraum) sowie für Traktoren gebaut. Fast alle auf dem Markt befindlichen Rasenmähermotoren sind Einzylindermotoren. Einzylindermotoren werden auch in der Forschung und Entwicklung verwendet. An diesen kann man sehr gut den Verbrennungsvorgang und wichtige Bauteile untersuchen. Vorteil ist hierbei die eindeutige Zuordnung. Außerdem werden weniger Musterteile gebraucht. Danach werden die am Einzylindermotor gewonnenen Erkenntnisse auf den geplanten mehrzylindrigen Motor – im Maschinenbau als „Vollmotor“ bezeichnet – übertragen.
In der Binnenschifffahrt wurden früher viele Einzylinder-Dieselmotoren für den Antrieb von Ankerwinden, Kompressoren und hydraulisch betätigten Ruderanlagen („Rudermaschine“) verwendet.
Lanz Bulldog (1928) mit Einzylinder-Glühkopfmotor
Literatur
- Peter Gerigk, Detlev Bruhn, Dietmar Danner: Kraftfahrzeugtechnik. 3. Auflage, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 2000, ISBN 3-14-221500-X
- Jan Trommelmans: Das Auto und seine Technik. 1. Auflage, Motorbuchverlag, Stuttgart, 1992, ISBN 3-613-01288-X