Aziridin

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Strukturformel
Strukturformel von Aziridin
Allgemeines
Name Aziridin
Andere Namen
  • Ethylenimin
  • Azacyclopropan
  • Dimethylenimin
Summenformel C2H5N
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit mit ammoniakartigem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 151-56-4
EG-Nummer 205-793-9
ECHA-InfoCard 100.005.268
PubChem 9033
ChemSpider 8682
Eigenschaften
Molare Masse 43,07 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,83 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

−71 °C[1]

Siedepunkt

ca. 55 °C[1]

Dampfdruck
  • 227 hPa (20 °C)[1]
  • 360 hPa (30 °C)[1]
  • 780 hPa (50 °C)[1]
Löslichkeit

mischbar mit Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 225​‐​350​‐​340​‐​330​‐​310​‐​300​‐​314​‐​411
P: ?
MAK
  • Für krebserzeugende Stoffe wird generell kein MAK-Wert vergeben (Klasse 2)[1]
  • Schweiz: 0,5 ml·m−3 bzw. 0,9 mg·m−3[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Aziridin oder auch Azacyclopropan ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der heterocyclischen sekundären Amine. Die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung Ethylenimin suggeriert eine tatsächlich nicht vorhandene Imin-Gruppe (H3CHC=NH) im Molekül.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Es handelt sich um eine farblose, wasserlösliche, leicht bewegliche, flüchtige Flüssigkeit von ammoniakartigem Geruch.

Chemische Eigenschaften

Aziridin ist leicht entzündlich und die Dämpfe können mit Luft explosionsfähige Gemische bilden. Geringe Mengen Säuren, säureabspaltende Verbindungen und bereits der normale Kohlendioxid-Gehalt der Luft können, auch zum Teil bei stabilisierten Produkten, zu einer stark exothermen, unter Umständen explosionsartigen Polymerisation führen. Die mittels DSC bestimmte Zersetzungswärme beträgt −87 kJ·mol−1 bzw. −2020 kJ·kg−1.[4]

Gesundheitsgefahren

Aziridin wirkt akut toxisch bei Einatmen, Verschlucken und Hautkontakt. Die Dämpfe wirken stark schleimhautreizend, erregend auf das Zentrale Nervensystem und nierenschädigend. Akute Symptome sind Rötung, Blasenbildung und Nekrosen der Haut und Schleimhäute, Hornhauttrübung, Bronchopneumonie, Lungenödem und Atemnot. Langzeitig wird eine krebserregende Wirkung angenommen. In zunehmendem Maße werden Allergien auf Aziridine festgestellt (Typ-1- und Typ-3-Allergien: Asthma, allergische Rhinitis, allergische Kontaktdermatitis und Urticaria).[5] Monomerreste bei der Formulierung zu polyfunktionalen Aziridinen und auch PFAs selbst können Allergien verursachen.[5]

Gewinnung und Darstellung

Die erste Herstellung gelang 1899 Willy Marckwald durch Behandeln von β-Halogenaminen mit Natronlauge.

Monoethanolamin-Prozess

Aziridin wird großtechnisch durch Dehydratisierung von Monoethanolamin bei Temperaturen von 350–450 °C und vermindertem Druck an modifizierten ZSM-5-Zeolithkatalysatoren hergestellt.[6]

Dehydratisierung von Monoethanolamin zu Aziridin und Wasser in Gegenwart von modifizierten ZSM-5 Zeolithkatalysatoren

Das Verfahren wird in der Gasphase meist im Strömungsrohr durchgeführt. Bereits seit den 1970er Jahren wurden Bemühungen unternommen, einen geeigneten Katalysator für diesen Prozess zu entwickeln, damit dieser ökonomisch und mit hoher Ausbeute abläuft. Schließlich nahm die Firma Nippon Shokubai im Jahre 1990 die erste Anlage zur industriellen Produktion von Aziridin nach dem Monoethanolamin-Prozess in Betrieb. Voraussetzung hierfür war die erfolgreiche Entwicklung eines Katalysatorsystems, mit dem sich eine Selektivität von 90 % bei Umsätzen von 40–80 % erreichen ließ. Das Produktgemisch muss anschließend durch mehrstufige Destillation aufgetrennt werden, nicht-umgesetztes Monoethanolamin wird wieder in den Reaktor zurückgeführt.[6]

Wenker-Prozess

Eine weitere Methode ist die Wenker-Synthese, bei der Monoethanolamin zunächst mit Schwefelsäure verestert und anschließend mit Natronlauge behandelt wird:

Wenker-Synthese von Aziridin

Die Atomökonomie dieser Methode ist jedoch schlecht, weshalb die Wenker-Synthese ein reines Laborverfahren für die Herstellung kleiner Aziridin-Mengen ist.

Derivate und Verwendung

Aziridin lässt sich zu Polyethylenimin polymerisieren, allerdings entsteht bei der direkten Polymerisation ein stark verzweigtes Polymer. Lineares Polyethylenimin lässt sich über 2-alkyl-substituierte 2-Oxazoline herstellen.[7] Polyethylenimin wird als Reagenz zur Transfektion, als Fällungsreagenz oder (ggf. nach Umsetzung mit Epichlorhydrin) bei der Papierherstellung als Nassfest- und Retentionsmittel verwendet.

Derivate des Aziridin wie Mitomycin C, Triaziquon und Thiotepa, werden als alkylierende Zytostatika seit etwa 50 Jahren zur Behandlung von Krebserkrankungen wie Brustkrebs, Blasenkrebs und Ovarialkarzinom eingesetzt. Die Bedeutung dieser Wirkstoffe hat jedoch deutlich abgenommen, da sie erhebliche Nebenwirkungen haben.

Derivate, wie polyfunktionale Aziridine (PFA), können als Vernetzer von wasserlöslichen Harzen verwendet werden.[8]

Weblinks

Commons: Aziridin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Eintrag zu Ethylenimin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 15. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag zu Aziridine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 151-56-4 bzw. Aziridin), abgerufen am 2. November 2015.
  4. Grewer, T.; Klais, O.: Exotherme Zersetzung - Untersuchungen der charakteristischen Stoffeigenschaften, VDI-Verlag, Schriftenreihe "Humanisierung des Arbeitslebens", Band 84, Düsseldorf 1988, ISBN 3-18-400855-X, S. 9.
  5. a b Öffentlicher Gesundheitsdienst, Baden-Württemberg (Memento vom 15. Februar 2015 im Internet Archive).
  6. a b Ulrich Steuerle, Robert Feuerhake: Aziridines. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley‐VCH Verlag GmbH & Co. KGaA., 15. Dezember 2006, doi:10.1002/14356007.a03_239.pub2.
  7. Blandine Brissault, Antoine Kichler, Christine Guis, Christian Leborgne, Olivier Danos, Hervé Cheradame: Synthesis of Linear Polyethylenimine Derivatives for DNA Transfection. In: Bioconjugate Chemistry. Band 14, Nr. 3, 2003, S. 581–587, doi:10.1021/bc0200529.
  8. Verwendung von polyfunktionalen Aziridinen.