Fachr ad-Dīn II.

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Faccardino grand emir dei Drusi – Porträt von Fakhreddine aus der Zeit in Toscana
Der Palast von Fakhreddine in Deir el-Qamar
Eine Festung von Fakhreddine II. am Berg Arbel in der Nähe des drusischen Heiligtums Nabi Schuʿaib, Israel

Emir Fachr ad-Dīn II. (arabisch فخر الدين بن معن, DMG

Faḫr ad-Dīn b. Maʿn

oder فخر الدين المعني الثاني, DMG

Faḫr ad-Dīn al-Maʿnī aṯ-ṯānī

, englisch Fakhr al-Din oder französisch Fakhreddine; geb. 6. August 1572; gest. 13. April 1635) war ein drusischer Fürst. Er entstammte der Familie Maʿan und war Herrscher des Emirats des Chouf. Wiederholt strebte er größere Unabhängigkeit seines Herrschaftsbereiches gegenüber den Osmanen an und wird daher gelegentlich als der „Erste Mann des Libanon“ bezeichnet.

Leben

Herkunft

Fachr ad-Dīn wurde in Baaklin geboren. Er war der Sohn von Fürst Qorqmaz ibn Maʿn (Korkmaz, arabisch الامير قرقماز بن معن = der Furchtlose; gest. 1583) und Sit Nasab (arabisch الست نسب) einer Dame der Familie Tanukhi. Den Titel „Emir“ (arab. Fürst) bekam er, weil seine Familie eine herausragende Rolle im Gebiet des Chouf und darüber hinaus einnahm. Oft wird er als „Fachr ad-Dīn II.“ bezeichnet, um ihn von seinem Großvater Fachr ad-Dīn I. (gest. 1544) zu unterscheiden.[1] Wie auch andere Mitglieder seiner Familie führte er auch den Titel Sandschakbey (Gouverneur/Steuerbeauftragter) von Sidon oder Beirut. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er nach einigen Quellen im Dorf Abey (عبيه). Sein Vater und Großvater waren von den Osmanen hingerichtet worden.[2] Seine Mutter ließ ihn in Keserwan von der christlich-maronitischen Familie Khazen erziehen, deren gleichaltriger Sohn Abu Nadir bis zum Schluss sein Freund und Berater blieb.

Karriere

1608 schloss Fachr ad-Dīn eine Allianz mit dem italienischen Großherzogtum Toskana.[3] Sie bestand aus einem öffentlichen wirtschaftlichen Vertrag und einem geheimen militärischen Abkommen. In dieser Zeit baute er seine Festungen aus und errichtete auch den Palast in Dair al-Qamar.

Fachr ad-Dīns Ambitionen, seine Popularität und sein unerlaubtes diplomatisches Vorgehen setzte die Osmanen in Alarmbereitschaft. Hafız Ahmed Pascha, der Muhafız von Damaskus, wurde 1613 entsandt, um eine militärische Operation im Libanon durchzuführen und die Macht von Fachr ad-Dīn einzuschränken.[4]

Angesichts der überlegenen Armee von Hafız mit 50.000 Mann entschied sich Fachr ad-Dīn für ein Exil in Toskana. Die Regierungsgeschäfte überließ er in dieser Zeit seinem Bruder und seinem Sohn, Emir Yunis und Emir Ali Bey. Sie konnten die meisten der Festungen (beispielsweise Banias (Subayba) und Niha) halten. Seiner stehenden Armee von Sekban (Söldnern) hatte er den Lohn für zwei Jahre ausgezahlt, um ihre Loyalität zu erkaufen.

Exil

In Toskana wurde Fachr ad-Dīn von der Familie Medici 1613[5] als Gast aufgenommen. Er wurde vom Herzog Cosimo II. empfangen und in den zwei Jahren seines Aufenthaltes dort ausgehalten. Drei weitere Jahre verbrachte er bis 1618[5] als Gast des Herzogs von Osuna, des spanischen Vizekönigs von Sizilien und Neapel. Fachr ad-Dīn warb für einen Kreuzzug, um sein Heimatland von der Osmanischen Herrschaft zu befreien.[6] Seine Bemühungen brachten jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Er musste erkennen, dass es den europäischen Mächten wichtiger war, mit den Osmanen Handel zu treiben. Durch seinen Aufenthalt wurde er jedoch Zeuge der Renaissance in Europa und transportierte einige der Ideen und architektonischen Elemente in seine Heimat.[7]

Rückkehr und Fall

1618 hatten politische Umwälzungen die meisten von Fachr ad-Dīns Feinden verschwinden lassen, so dass er in den Libanon zurückkehren konnte. In kurzer Zeit gelang es ihm, sein Herrschaftsgebiet zu vereinen und sogar an Emir Yusuf Pascha ibn Siyfa Rache zu nehmen, indem er dessen Stützpunkt in Akkar einnahm, dessen Palast zerstörte und die Kontrolle über die Ländereien übernahm. Damit bekam er auch die Territorien wieder unter seine Kontrolle, die er 1613 in Sidon, Tripoli, Bekaa und anderswo verloren hatte. Unter seiner Herrschaft wurden Druckereien errichtet und Jesuiten ermutigt, Schulen im ganzen Land zu errichten.

1623 zog er jedoch den Zorn der Osmanen auf sich, als er sich weigerte, eine Armee auf dem Rückweg von der persischen Front in Bekaa überwintern zu lassen. Mustafa Pascha, der Gouverneur von Damaskus, startete erneut eine Kampagne gegen ihn, die in der Schlacht von Majdal Anjar gipfelte, wo es den Truppen von Fachr ad-Dīn gelang, trotz eines übermächtigen Gegners, den Pascha zu fangen und einen wichtigen Sieg zu erringen. Vor allem al-Chalidi as-Safadi stellt in seinem Werk (in arabisch) die Ereignisse dieser Zeit dar.[8]

Die Osmanen wurden jedoch immer unzufriedener mit der wachsenden Macht des Fürsten und mit seinen Verbindungen nach Europa. 1632 wurde Küçük Ahmed Pascha zum Muhafız von Damaskus ernannt. Er war ein ausgesprochener Rivale von Fachr ad-Dīn und ein Freund von Sultan Murad IV. Murad befahl Küçük Ahmed Pascha den Libanon anzugreifen und Fachr ad-Dīn abzusetzen. Er stellte seine Flotte zur Verfügung.

Dieses Mal entschied sich Fachr ad-Dīn im Libanon zu bleiben und die Offensive abzuwehren. Der Tod seines Sohnes Emir Ali Bey in Wadi el-Taym war jedoch der Anfang seiner Niederlage. Bald darauf musste er Zuflucht in den Höhlen von Niha suchen. Er ergab sich dem osmanischen General Ca’fer Pascha, den er gut kannte.[9]

Fachr ad-Dīn wurde nach Istanbul gebracht und im Yedikule-Gefängnis zwei Jahre lang inhaftiert. 1635 wurde er vor den Sultan gerufen und wegen Hochverrats angeklagt. Am 13. April 1635 wurde er zusammen mit einem Sohn oder zwei Söhnen hingerichtet. Es gibt allerdings Gerüchte, dass der jüngere Sohn begnadigt wurde, im Harem aufwuchs und später als Botschafter nach Indien gesandt wurde.

Kontroversen um Konversion

Es gibt Gerüchte, dass Fachr ad-Dīn insgeheim den christlichen Glauben angenommen hatte. Die ersten Gerüchte stammen aus den Memoiren von Fachr ad-Dīns Leibarzt, dem Franziskaner Eugène Roger, diese Angaben werden jedoch nirgendwo bestätigt.[10] Schon während seiner Zeit in Italien bemühten sich viele Kleriker, ihn zu einer Konversion zu bewegen, er wehrte dies jedoch immer ab mit der Begründung: “Wir sind hierhergekommen um über Politik zu sprechen und nicht um unsere Religion zu wechseln.”[11]

Nachfolge

Nach seinem Tod übernahm sein Neffe Melhem (1635–1658) und danach dessen Söhne

  • Korkmaz (II) (ermordet 1665)
  • Ahmed (Ahmed Maʿn; † 1697)

die Regierung im Kernland des Chouf. Ahmeds Sohn Melhem verstarb und er hatte keine weiteren männlichen Erben, daher folgte nach seinem Tod 1697 die verwandte Familie Schihab (Chehab) als „Emire des Berg Libanon“ nach.[2]

Nachkommen

Fachr ad-Dīn hatte eine ganze Anzahl an Kindern. Von den Söhnen kennt man:

  • Ali (gefallen in der Schlacht gegen die Osmanen 1634), Regent von 1613 bis 1618 während des Exils seines Vaters.
  • Haidar (hingerichtet 1635)
  • Mansur (hingerichtet 1635)
  • Buluk (hingerichtet 1635)
  • Husain, wurde osmanischer Kammerherr
  • Hasan

Literatur

  • A. Hourani: NewDocumentsOnTheHistoryOfMtLebanonAndArabistanInThe10thAnd11th New Documents on the History of Mount Lebanon and Arabistan in the 10th and 11th Centuries H. Beirut 2010, S. 918–942
  • T. J. Gorton: Renaissance Emir: a Druze Warlord at the Court of the Medici. Quartet Books, London 2013
  • R. Cuffaro: Fakhr ad-Din II alla corte dei Medici (1613–1615). Collezionismo, architettura e ars topiaria tra Firenze e Beirut. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft, 2010
  • Kaled El Bibas: L'Emiro e il Granduca, La vicenda dell’emiro Fakhr ad-Din II del Libano nel contesto delle relazioni fra la Toscana e l’Oriente, (Firenze, Le Lettere, 2010), ISBN 8860870151

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kamal Salibi: The Secret of the House of Ma’n. In: International Journal of Middle East Studies. 4, Nr. 3, Juli 1973, S. 272–287. doi:10.1017/S0020743800031469.
  2. a b Abdul Rahim Abu Husayn: Provincial Leaderships in Syria, 1575–1650. American University of Beirut, 1985 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Carali, P. Paolo (Qar’ali, Father Bulus): Fakhr ad-Dīn II, principe del Libano e la Corte di Toscana: 1605–1635. Reale Accademia d’Italia, 1936 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Abdul Rahim Abu Husayn: The View from Istanbul: Ottoman Lebanon and the Druze Emirate. I.B.Tauris, 2004, ISBN 978-1-86064-856-4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b Jean-Pierre Filiu: Le Milieu des mondes – Une histoire laïque du Moyen-Orient de 395 à nos jours. Éditions du Seuil, Paris 2021, ISBN 978-2-02-142024-1, S. 170.
  6. Charles Winslow: Lebanon: War and Politics in a Fragmented Society. Routledge, 2003, ISBN 978-0-203-21739-9, S. 16–17 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Die beste europäische Quelle mit Informationen über den Aufenthalt in Italien bietet Paolo Carali (Boulos Car'ali): Carali, P. Paolo (Qar’ali, Father Bulus): Fakhr ad-Din II Principe del Libano e la Corte di Toscana 1605–1635. 2 Vol. Reale Accademia d’Italia, Rome 1936. Fakhr ad-din al-Ma’ni ath-thani, hakim lubnan (Jdeidet al-matn, Dar lahd khater, 1992). Soggiorno de Fakhr ad-din II al-Ma’ni in Toscana, Sicilia e Napoli e la sua visita a Malta (1613–1618). In: Annali del Istituto Superiore Orientale di Napoli, Vol VIII no. 4, September 1936, S. 15–60
  8. أحمد بن محمد الخالدي الصفدي: لبنان في عهد الأمير فخر الدين المعني الثاني. منشورات الجامعة اللبنانية, Beirut 1969 (arabisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Philip Khuri Hitti: Lebanon in history: from the earliest times to the present. Macmillan, 1967 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Eugène Roger: La terre sainte, ou description topographique tres-particuliere des saints Lieux, & de la terre de Promission. Auec vn traitté de quatorze Nations de differente religion qui l’habitent, leurs moeurs, croyance, ceremonies & police … L’histoire de la vie. Hrsg.: nach Antoine Bertier. 1664 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. We came here to talk politics and not to change our religion.
VorgängerAmtNachfolger
Qorqmaz ibn MaʿnEmirat der Drusen
~1590–1613; 1618–1633
Melhem ibn Maʿn
(1635–1658)