Puukko
Das Puukko ist ein traditionelles Allzweckmesser aus Finnland. Die aus Schweden stammenden Messer gleicher Bauart werden Mora, nach ihrem Produktionsort Mora wo sie in Schweden hergestellt werden, genannt. Das Leuku der Samen ist eine größere Variante des Puukko.[1][2] In der deutschen Sprache sind diese Messer auch als Finn(en)messer bekannt.[3]
Geschichte
Der Begriff Puukko bedeutet ursprünglich „Messer mit einem Holzgriff“. Historische Funde von Steinwerkzeugen belegen diese Form bereits in der Steinzeit; die ersten Funde von Puukkos aus Metall werden auf das Mittelalter datiert. Im 18. und 19. Jahrhundert bildeten sich regionale Zentren für die Herstellung der Klingen, der Griffe und der Scheiden. Im frühen 19. Jahrhundert begann die industrielle Herstellung der Messer bei Fiskars, ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Österbotten ein Zentrum dafür. Es gibt etwa vierzig Hersteller in Finnland. Die größten sind Iisakki Järvenpää (gegründet 1879) und Marttiini (gegründet 1928), die Mehrheit sind hingegen kleine Handwerksbetriebe. In Schweden hat sich Mora als Produktionszentrum für Messer dieser Art etabliert.
Als ein Allzweckwerkzeug wurde das Puukko auf vielfache Weise verwendet. Da es besonders für das Holzschnitzen geeignet ist, wurden damit Alltagsgegenstände wie Küchenutensilien oder Behälter gefertigt. Es wurde auch zum Vorbereiten von Mahlzeiten und zum Essen verwendet, früher auch von Frauen als Haushaltsmesser, heute als Ausrüstung von Jägern, Fischern und Soldaten. Das Puukko ist ein wichtiges Element traditioneller Tracht, luxuriöse Ausführungen sind als Geschenk beliebt. Das Tragen eines Puukkos bestimmter Art zeugt von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe z. B. zu den Pfadfindern oder früher zur Nationalgarde. Das Puukko der Samen (bzw. Lappen), das Leuku, ist immer noch ein wichtiges alltägliches Werkzeug.
Das Puukko war und ist auch eine gefährliche Waffe – mit dem ungefähr ein Drittel aller Tötungsdelikte in Finnland begangen werden. Das Tragen außerhalb der Arbeit wurde bereits 1850 verboten, 1977 wurde das Gesetz verschärft.[1] Im 19. Jahrhundert sorgten Messerkämpfer, die Puukkojunkkari, vor allem in der Provinz Südösterbotten für einen gewalttätigen Zeitabschnitt.[4] Zeitweise war der Umgang mit Messern im russischen Einflussbereich verboten. Für Samen gab es eine Ausnahmeregelung, die am 10. Mai 1935 in Russland bekanntgemacht wurde.[5]
Im Sowjetisch-Finnischen Krieg (1939/1940) verwendeten die finnischen Soldaten das Puukko erfolgreich als Nahkampfwaffe.[6] Die sowjetischen Soldaten waren mit langen und für diesen Zweck unhandlichen Bajonetten ausgerüstet. Nach dem Krieg zog die Sowjetunion Lehren aus den Erfahrungen und führte kürzere Messerbajonette ein.[7]
Bauweisen
Der Griff des Puukko ist ungefähr 10 cm lang, die Klinge ist in der Regel kürzer.[1] Die relativ kurze Klinge wirkt sich positiv auf die Handhabung aus. Die Klinge ist einschneidig, die Schneide ist vom Griff her zunächst gerade und dann zum Ort hin gekrümmt. Der Klingenrücken ist gerade, es gibt keine Fehlschärfe an der Klinge. Die Klinge hat einen skandinavischen Schliff d. h. die Schneide hat einen doppelseitigen Flachschliff ohne Sekundärfase mit einem Schleifwinkel von 17–19°.
Der Griff ist sehr einfach, es gibt keine Handschutzelemente, die das Abrutschen der Hand auf die Klinge verhindern würden.[8] In der Regel besteht er aus Holz und ist gerade, manchmal auch geschwellt. Zuweilen besteht er aus Lederscheiben. Vielfach ist eine Knaufkappe vorhanden.[3] Der Griff hat in der Regel einen tropfenförmigen Querschnitt, der dem Nutzer dabei hilft, die Richtung der Schneide zu lokalisieren. Der Erl ist nicht sichtbar im Griff verankert.[8]
Traditionell wird das Puukko in einer Scheide am Gürtel getragen.[1] Die Scheide ist sehr tief, so dass nur der obere Teil des Griffes aus dieser hervorragt.[3] Die Scheide wird dabei so getragen, dass die dominante Hand das Messer herauszieht, während die schwache Hand die Scheide festhält.[8]
Das samische Leuku ist, im Gegensatz zum Puukko, als Haumesser konzipiert.[9] Es ist deutlich größer, mit einer Gesamtlänge von 30 cm[10] bis zu 50 cm. Manchmal wird das Leuku zusammen mit dem kürzeren Puukko am Gürtel getragen.[11] Es werden Puukko/Leuku-Kombinationen im einheitlichen Design angeboten.[12]
verschiedene Knaufformen
Puukko, historischer Bodenfund aus Karelien
Literatur
- Dmitri Alexejew (Дмитрий Алексеев): Энциклопедия оружия (Enzyklopädie der Waffen), Litres, 2017, S. 38 ff. ISBN 9785457592131
- Hyytinen, Timo: Puukko, Käsikirja. Kansialanimeke: Vanhat ja uudet puukkomallit, puukkojen keräily, puukon käsittely ja teroitus, oman puukon valmistus. Jyväskylä, Arma Fennica, 1999, ISBN 951-98371-0-8
- Hyytinen, Timo: Suuri puukkokirja, Jyväskylä, Arma Fennica Oy, 1988, ISBN 952-90016-2-2
- Hyytinen, Timo: Suuri puukkokirja 2, Jyväskylä, Arma Fennica Oy, 2005, ISBN 951-98371-6-7
- Kemppinen, Jukka: Puukot, Kuvitus, Mikko Kemppinen, Helsinki: Otava, 1976, ISBN 951-1-02469-8
- Pälsi, Sakari: Puukko, Näköispainos, Alkuteos 1955, Helsingissä: Otava, 1998, ISBN 951-1-15699-3
- Nylund Erik: Korupuukko, Jyväskylä, Arma Fennica Oy, 2007. ISBN 978-952-5687-04-0
- Taisto Kuortti: Puukkosepän kirja, Jyväskylä: Arma Fennica Oy, 2007, ISBN 978-952-5687-03-3
- Hyytinen, Timo: Leuku ja Lapin puukot, Jyväskylä, Arma Fennica Oy, 2015, ISBN 978-952-5687-26-2
- Ruusuvuori, Anssi: Das Puukko. Finnische Messer vom Altertum bis heute, Bad Aibling, Wieland Verlag, 2016, ISBN 978-3-938711-77-4
Weblinks
- Nationalmuseum Finnland: Tommi-puukko
- Know your knives: The Finnish Puukko bei thetruthaboutknives.com
- nordiska knivar Blogseite des finnischen Messermachers Otto Kemppainen mit zahlreichen Veröffentlichungen zu Puukkos
- Pekka Tuominen: Finnish Military Knives/Centennial Observance (zum Puukko beim finnischen Militär), nordiskaknivar.wordpress, Dezember 2017, (webarchiv )
- Sverre Solgård: Traditional Norwegian Knives (zur Puukko-Typologie von "Agder", "Telemark" und "Toten"), nordiskaknivar.wordpress, Dezember 2015, (webarchiv)
- Saku Honkilahti: Birth Of A Puukko (Dokumentation von Arbeitsschritten zur traditionellen Herstellung), nordiskaknivar.wordpress, Februar 2014, (webarchiv)
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Finnisches Nationalmuseum: Puukko - the Finnish Sheath Knife 2. Oktober 2006
- ↑ Risto Hakomäki: Suomalainen PUUKKO (The Finnish Sheath Knife)
- ↑ a b c Gerhard Seifert: Fachwörter der Blankwaffenkunde, 2007 Fachwörter der Blankwaffenkunde (PDF; 2,0 MB)
- ↑ Clive Emsley: Crime, Police, and Penal Policy: European Experiences 1750-1940, Oxford University Press, 2007, ISBN 9780199202850, S. 129 [1]
- ↑ Volkskommissare der UdSSR: ENTSCHEIDUNG vom 10. Mai 1935 , webarchiv, russisch, abgerufen am 16. Februar 2018
- ↑ Pasi Tuunainen: Finnish Military Effectiveness in the Winter War, 1939-1940, Springer, 2016, ISBN 9781137446060, S. 117 [2]
- ↑ Martina Sprague: Swedish Volunteers in the Russo-Finnish Winter War, 1939–1940, Verlag McFarland, 2010, ISBN 9780786457533, S. 196 [3]
- ↑ a b c Risto Hakomäki: Suomalainen PUUKKO (The Finnish Sheath Knife)
- ↑ James Ayres: A tale of two knives in : Knives 2008, Verlag F+W Media, 2007, ISBN 9780896895423, S. 33 [4]
- ↑ Christian Boucharenc: Design for a Contemporary World, NUS Press, 2008, ISBN 9789971693473, S. 239 [5]
- ↑ Form Function Finland, Verlag Finnish Society of Crafts and Design, 1986, S. 161 [6]
- ↑ Joe Kertzman: Knives 2015, Verlag "F+W Media", 2014, ISBN 9781440240737, S. 108 [7]