Fluide und kristalline Intelligenz
In der Psychologie sind fluide und kristalline Intelligenz (Gf und Gc; das "G" steht für general intelligence) Faktoren der generellen Intelligenz, die auf Raymond Cattell[1] zurückgehen. Fluide Intelligenz oder fluides Denken ist die Fähigkeit, logisch zu denken und Probleme zu lösen. Fluides Denken beinhaltet induktives und deduktives Denken.
Messung der fluiden Intelligenz
Es gibt verschiedene Arten, die fluide Intelligenz zu messen: Den Cattell Culture Fair IQ test, den Raven Progressive Matrices (RPM), und die Leistung im WAIS sind Messungen des Gf. Der RPM[2] ist eine der meist verwendeten Messungen der fluiden Fähigkeiten. Er ist ein nonverbaler Multiple-Choice-Test.
Fluid versus kristallin
Fluide Intelligenz inkludiert Fähigkeiten wie Problemlösung, Lernen und Mustererkennung. Sie korreliert generell mit der Messung des abstrakten Denkens und der Fähigkeit, Geduldsspiele zu lösen. Untersuchungen zufolge wird Gf eher durch Gehirnverletzungen beeinflusst.[3][4]
Kristalline Intelligenz korreliert mit den Fähigkeiten, die von Wissen und Erfahrung abhängen, wie Vokabelwissen, generelle Informationen und Analogien. Paul Kline identifiziert eine Anzahl an Faktoren, die sich eine Korrelation von min. r=.60 mit Gf und Gc teilen.[5]
Entwicklung und Physiologie
Die fluide Intelligenz hat, ebenso wie die Reaktionszeit, einen Höhepunkt im jungen Erwachsenenalter und verringert sich dann kontinuierlich. Diese Verringerung mag mit dem lokalen Verkümmern des rechten Kleinhirns zu tun haben.[6] Andere Forscher schlugen einen Mangel an Übung vor, der mit den altersbezogenen Veränderungen des Gehirns einhergeht.[7] Die kristalline Intelligenz steigert sich graduell, sie bleibt relativ stabil während der Lebenszeit und beginnt sich erst mit 65 zu verringern.[7] Das Arbeitsgedächtnis ist eng an die fluide Intelligenz gebunden und es wurde vorgeschlagen, es in Verbindung zu den individuellen Unterschieden des Gf zu sehen.[8]
Des Weiteren haben jüngere Forschungen ergeben, dass das Üben der kognitiven Fähigkeiten das Arbeitsgedächtnis sowie Gf verbessern kann.
Verbesserung der fluiden Intelligenz
Nach David Geary können Gf und Gc in verschiedenen Hirnregionen lokalisiert werden. So involviert fluide Intelligenz den dorsolateralen präfrontalen Kortex, den Gyrus cinguli und andere Systeme, die die Aufmerksamkeit und das Kurzzeitgedächtnis betreffen. Aus diesem Grunde sollte sich eine Verbesserung dieser Basisfertigkeiten auch positiv auf die fluide Intelligenz auswirken. Kristalline Intelligenz scheint dagegen eine Funktion des Gehirns zu sein, die das Gedächtnis und den Gebrauch des Langzeitgedächtnisses involvieren; weiters ist auch der Hippocampus betroffen.[9]
Training des Arbeitsgedächtnisses
Susanne M. Jaeggi von der Universität Michigan fand bei gesunden Erwachsenen heraus, dass beim Üben anspruchsvoller Denkaufgaben (dual n-back), die das Arbeitsgedächtnis beanspruchen, bei einer Trainingszeit von 25 Minuten täglich in einem Zeitraum von 8 bis 19 Tagen eine statistisch signifikante Besserung in den Ergebnissen eines Matrixtests, der die fluide Intelligenz misst, festzustellen ist – im Vergleich mit einer Kontrollgruppe, jeweils vor und nach dem Training.[10]
Eine unabhängig davon durchgeführte Studie an der University of Technology (Hangzhou, China) bestätigte Jaeggis Ergebnisse. Nachdem Studenten einem zehntägigen Trainingsregime unterworfen wurden – basierend auf der dual-n-back-Arbeitsgedächtnistheorie – erzielten sie in Ravens Matrizentest wesentlich bessere Ergebnisse.[11]
Förderung des induktiven Denkens
Neben der Verbesserung basaler kognitiver Fertigkeiten scheint auch die Vermittlung strategischen Verhaltens positive Auswirkungen auf die fluide Intelligenz zu haben. Insbesondere das Denktraining für Kinder und Jugendliche und die in diesem Zusammenhang entwickelten neueren Programme scheinen eine robuste Verbesserung zu bewirken. Es gibt mittlerweile über 100 Evaluationsstudien, die positive Effekte auf fluide Intelligenzleistungen belegen[12] und zeigen, dass auch schulische Leistungen verbessert werden.[13]
Fußnoten
- ↑ R. B. Cattell: Abilities: Their structure, growth, and action. Houghton Mifflin, New York 1971, ISBN 0-395-04275-5.
- ↑ J. Raven, J. C. Raven, J. H. Court: Manual for Raven’s Progressive Matrices and Vocabulary Scales. Section 1: General Overview. Harcourt Assessment, San Antonio, TX 1998. (updated 2003)
- ↑ R. B. Cattell: Theory of fluid and crystallized intelligence: A critical experiment. In: Journal of Educational Psychology. 54, 1963, S. 1–22.
- ↑ Y. Suchy, A. Eastvold, W. J. Whittaker, D. Strassberg: Validation of the Behavioral Dyscontrol Scale-Electronic Version: Sensitivity to subtle sequelae of mild traumatic brain injury. In: Brain Injury. 21, 2007, S. 69–80.
- ↑ P. Kline: The new psychometrics: Science, psychology and measurement. Routledge, London 1998.
- ↑ J. Lee, I. Lyoo, S. Kim, H. Jang, D. Lee: Intellect declines in healthy elderly subjects and cerebellum. In: Psychiatry and Clinical Neurosciences. 59, 2005, S. 45–51.
- ↑ a b J. C. Cavanaugh, F. Blanchard-Fields: Adult development and aging. 5. Auflage. Wadsworth Publishing/Thomson Learning, Belmont (CA) 2006, ISBN 0-534-52066-9.
- ↑ P. C. Kyllonen, R. E. Christal: Reasoning ability is (little more than) working-memory capacity?! In: Intelligence. 14, 1990, S. 389–433.
- ↑ D. C. Geary: The origin of mind: Evolution of brain, cognition, and general intelligence. American Psychological Association, Washington DC 2005.
- ↑ Susanne M. Jaeggi, Martin Buschkuehl, John Jonides, Walter J. Perrig: Improving fluid intelligence with training on working memory. In: PNAS-Proceedings of the National Academy of Sciences. 2008.
- ↑ Qiu Feiyue, Wei Qinqin: Study on Improving Fluid Intelligence through Cognitive Training System Based on Gabor Stimulus. In: Information Science and Engineering. IEEE, Piscataway, NJ 2010, ISBN 978-1-4244-4909-5.
- ↑ K. J. Klauer, G. D. Phye: Inductive Reasoning: A Training Approach. In: Review of Educational Research. 78(1), 2008, S. 85–123. doi:10.3102/0034654307313402.
- ↑ Karl Josef Klauer: Positive Effekte für Intelligenz und schulisches Lernen. In: Report Psychologie. 28 (3), 2003, S. 162–167.