Rudolf Schlechter

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Rudolf Schlechter

Friedrich Richard Rudolf Schlechter (* 16. Oktober 1872 in Berlin; † 15. November 1925 ebenda) war ein deutscher Botaniker. Er war Kustos am Botanischen Museum Berlin und Orchideenspezialist. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Schltr.“; früher war auch die Langform „Schlechter“ in Gebrauch.

Rudolf Schlechter unternahm ausgedehnte Sammelreisen nach Afrika, Mittel- und Südamerika, Indonesien, Australien und Neuguinea. Seine umfangreiche Pflanzensammlung ging bei der Bombardierung Berlins 1945 verloren.

Leben und Wirken

Kindheit und erste Ausbildung

Rudolf Schlechter wurde am 16. Oktober 1872 in Berlin als drittes von sechs Kindern geboren. Sein Vater Hugo Schlechter war von Beruf Lithograph. Nach dem Besuch des Friedrich-Wilhelms-Gymnasium machte er eine Gärtnerlehre, zunächst in der Handelsgärtnerei von Fr. Bluth, danach im Berliner Universitätsgarten, wo er bis Herbst 1891 als Gehilfe Anstellung fand.

Reisezeit (1891 bis 1910)

Seine erste Forschungsreise unternahm er von November 1891 bis April 1895 nach Südafrika, wo er intensiv die Flora der Umgebung Kapstadts und vor allem der Küstendistrikte erforschte. In dieser Zeit betrieb er im Auftrag von Harry Bolus herbariologische Studien an dessen Herbarium und versah das Amt eines Reblaus-Inspektors. Er verlegte zeitweise sein Hauptstandquartier nach Durban und unternahm Sammelreisen auch in Natal und Transvaal. Die 7000 Hauptbelege dieser Reise hatte Hans Schinz für das Museum des Zürcher Botanischen Gartens erworben; eine 4500 Teile umfassende Dublettenkollektion erhielt das Berliner Staatsherbar.

Bald nach seiner Rückkehr nach Deutschland bereitete Schlechter eine zweite Reise ins Kapland vor, die von Januar 1896 bis März 1898 dauern sollte. Diesmal sicherte sich das Berliner Botanische Museum die Anrechte auf die Hauptsammlung der Reise. Schlechters jüngerer Bruder Max nahm an der Reise teil und war für Trocknung und Umlegung der Herbarbelege zuständig. Ein Teil der Sammelreisen wurde mit einem 10-spännigen Ochsenkarren durchgeführt. Ziele waren unter anderem Klein-Namaland sowie die Lambertsbay mit den vorgelagerten Guano-Inseln. Bei der Heimreise von Südafrika legte Schlechter noch einen Stopp in Mosambik ein, wo er von Lourenco Marques an der Delagoa-Bay aus startend im Tropenwald sowie in Trockengebieten sammelte. Im Auftrag eines Industrieunternehmens unternahm er noch eine Expedition zur Erforschung von Kautschukpflanzen, während der er an einer fiebrigen Tropenkrankheit erkrankte. Unter anderem entdeckte er dort eine kautschukreiche Art der Gattung Ficus sowie eine Vielzahl an epiphytisch lebenden Orchideen, unter anderem der Gattung Angraecum. Während der Heimfahrt litt er stark an seiner Tropenkrankheit und war dem Tode nahe.

Wieder zurückgekehrt nahm Schlechter an der Universität Berlin das Studium der Botanik und Geologie auf. Zu seinen Lehrern zählten Adolf Engler, Simon Schwendener, Ludwig Diels, Gustav Lindau, Reinhardt, Wilhelm von Branca und Paulsen.

Im Auftrag des Kolonialwirtschaftlichen Komitees, das den gewinnbringenden Kautschukanbau vor allem der britischen Kolonien auch in den deutschen Kolonien einzuführen gedachte, wurde er unter Otto Warburgs Vermittlung zum Expeditionsleiter einer Kautschukexpedition nach Westafrika ernannt. Diese Expedition, die unter anderem nach Kamerun, Kongo und Togo führte, dauerte von Februar 1899 bis Mai 1900. Im Verlaufe dieser Expedition wurden zunächst im Jorubagebiet in der britischen Kolonie Lagos Pflanzen der Gattung Kickxia, die in Lagos als sogenannter silk rubber bekannt waren, gesammelt.

Wenige Monate nach seiner Heimkehr von Westafrika wurde Schlechter vom Kolonialwirtschaftlichen Komitees abermals mit einer Reise betraut, diesmal zum indonesischen Archipel, insbesondere zu den deutschen Kolonien Kaiser-Wilhelms-Land und Bismarck-Archipel. Hauptgegenstand dieser von Dezember 1900 bis März 1903 dauernden Reise war die Erforschung, Bestandssicherung und Fragen zur Kultivierung von Guttaperchabäumen (Palaquium). Im Kaiser-Wilhelms-Land entdeckte er eine neue Guttapercha produzierende Art, die er Palaquium Supfianum benannte. Neben dem Hauptforschungsziel widmete sich Schlechter wie bei allen seinen Reisen auch generell der Flora des Landes und vor allem seinem liebsten Spezialgebiet, den Orchideen. Gesundheitlich war er während dieser Reise durch zahlreiche Fieberanfälle stark beeinträchtigt. Vor seiner Rückkehr nach Europa hängte Schlechter noch Aufenthalte in Australien, Neukaledonien und Ceylon an.

Nach seiner Rückkehr 1903 schloss Schlechter sein Universitätsstudium ab und wurde am 3. Dezember 1904 promoviert; seine Dissertation trug den Titel Pflanzengeographische Gliederung der Insel Neu-Kaledonien. Danach übernahm er am Botanischen Museum Berlin Bestimmungsarbeiten vor allem zu den Seidenpflanzengewächsen (Asclepiadoideae) und den Orchideen.

Von Juni bis Dezember 1905 unternahm Schlechter eine kürzere Reise nach Kamerun, um für das Kolonialwirtschaftliche Komitee die angelegten Kulturen von Kickxia-Pflanzen zu inspizieren und an den nun fünfjährigen Pflanzen Zapfversuche durchzuführen.

Mit Mitteln, die teils von der Deutschen Kolonialgesellschaft, teils von der deutschen Regierung und teils von der kautschukverarbeitenden Industrie aufgebracht wurden, wurde eine zweite Guttapercha- und Kautschukexpedition ins Kaiser-Wilhelms-Land ausgerüstet unter der Oberleitung von Dr. Hahl; mit der Ausführung der Expedition wurde wieder Schlechter betraut. Die Reise dauerte von Oktober 1906 bis Mai 1910. Die Ergebnisse dieser Reise hat Schlechter in einem 171 Seiten fassenden Werk Die Guttapercha- und Kautschuk-Expedition des Kolonialwirtschaftl. Komitees (wirtschaftl. Ausschuß der Deutschen Kolonialgesellschaft) nach Kaiser-Wilhelms-Land 1907–1909 dokumentiert. Auf der Rückreise hängte Schlechter noch kürzere Sammelausflüge auf Celebes, Java und Sumatra an.

Während der Heimataufenthalte seiner von Reisen geprägten 18 Jahre von 1891 bis 1910 besuchte Schlechter, teils mehrmals, die naturhistorischen Museen von London, Paris, Leiden, Brüssel und Wien.

Nach der Reisezeit

Zu Beginn seiner letzten Reise hatte Schlechter Alexandra Vasilewna Sobennikoff, die Tochter eines russischen Teegroßhändlers, kennengelernt. Nach Ende der Reise heirateten die beiden. Ihr zu Ehren benannte er die Pflanzengattung Sobennikoffia Schltr. aus der Familie der Orchideen.[1]

Im Frühjahr 1913 wurde er als Assistent am Berliner Botanischen Museum angestellt und erlangte so eine gesicherte Lebensstellung. 1913 ging der Besitz seiner Hauptsammlung, die insbesondere seine wertvolle Orchideenkollektion enthielt, vertragsgemäß an das Botanische Museum Berlin über. Schlechters Familienglück wurde durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrochen. Er wurde zum Heeresdienst einberufen und an der Front in Flandern eingesetzt. Nach Kriegsende dauerte es noch bis Frühling 1921, dass Schlechter die ersehnte Ernennung zum Kustos erhielt.

Als eine Art wissenschaftlicher Wettstreit zwischen Deutschen, Briten und Niederländern um die botanische Erforschung Neuguineas ausbrach, wurden deutsche Beiträge unter dem Titel Beiträge zur Flora von Papuasien in den Botanischen Jahrbüchern von Adolf Engler veröffentlicht. Hier trug Schlechter mit der Abhandlung einer Vielzahl von Pflanzenfamilien, unter anderem Saxifragaceae, Cunoniaceae, Ericaceae, Scrophulariaceae und Gesneraceae, intensiv bei.

Seine größten Forschungsleistungen erbrachte Schlechter für die Orchideen; er dürfte darunter rund 1000 Arten erstmals beschrieben haben.

Schlechter litt an Spätfolgen mehrerer durchgemachter Tropenkrankheiten. Im Alter von 53 Jahren verstarb er in Berlin und hinterließ seine Frau und zwei noch schulpflichtige Töchter.

Mitgliedschaften, Ehrungen

Schlechter trat 1891 dem Botanischen Verein für die Provinz Brandenburg als Mitglied bei. In der Deutschen Gartenbaugesellschaft war er einige Jahre Leiter der Zeitschrift Orchis, deren meiste Artikel er während dieser Zeit selbst beisteuerte.

1918 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[2]

Nach ihm sind unter anderem die Pflanzengattungen Schlechterella K. Schum. aus der Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae), Schlechteria H. Bol. aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae), Schlechterina Harms aus der Familie der Passionsblumengewächse (Passifloraceae), Rudolfiella Hoehne und Rudolfangraecum Szlach., Mytnik & Grochocka aus der Familie der Orchideen (Orchidaceae) und Schlechterosciadium H. Wolff aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae) benannt.[1] Die Pflanzengattung Schlechteranthus Schwant. aus der Familie der Mittagsblumengewächse (Aizoaceae) dagegen ist zu Ehren seines Bruders, Max Schlechter (1874–1960) benannt.[1]

Schriften

Eine Werkliste findet sich im 1926 erschienenen Artikel Rudolf Schlechters Leben und Wirken von Theodor Loesener (siehe Literatur). Hier eine Auswahl einiger Schriften:

  • Die Orchideen von Deutsch-Neu-Guinea, 1914
  • Die Orchideen, ihre Beschreibung, Kultur und Züchtung, 1915, Paul-Parey-Verlag.
  • Orchideologiae sino-japonicae prodromus, 1919
  • Die Orchideenflora der südamerikanischen Kordillerenstaaten (zusammen mit Rudolf Mansfeld), 1919–1929
  • Monographie und Iconographie der Orchideen Europas und des Mittelmeergebietes (zusammen mit G. Keller), 1925–1943
  • Blütenanalysen neuer Orchideen, (herausgegeben von R. Mansfeld), 1930–1934

Literatur

  • Theodor Loesener: Rudolf Schlechters Leben und Wirken. In: Notizblatt des Königlichen botanischen Gartens und Museums zu Berlin. Band 9, Nr. 89, November 1926, S. 912–958.

Quellen

  • Robert Zander: Zander Handwörterbuch der Pflanzennamen. Hrsg. von Fritz Encke, Günther Buchheim, Siegmund Seybold. 13., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart 1984, ISBN 3-8001-5042-5.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
  2. Mitgliedseintrag von Rudolf Schlechter bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 21. Juni 2016.