Freie Variable und gebundene Variable

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In der Mathematik und Logik bezeichnet man eine Variable als in einer mathematischen Formel frei vorkommend, wenn sie in dieser Formel an mindestens einer Stelle nicht im Bereich eines Operators auftritt. Sind hingegen alle Vorkommen der Variable innerhalb der Formel an Operatoren gebunden, bezeichnet man die Variable als in dieser Formel gebunden. Eine Formel ohne freie Variablen wird geschlossene Formel, eine Formel mit mindestens einer freien Variablen wird offene Formel genannt.

Zum Beispiel ist in der Prädikatenlogik eine Individuenvariable in einer prädikatenlogischen Formel frei, wenn sie in dieser Formel an wenigstens einer Stelle unquantifiziert (also nicht im Bereich eines Quantors zu dieser Variable) vorkommt. Eine mit einem Quantor ( oder ) und nur innerhalb seines Bindungsbereichs verwendete Variable heißt gebunden. In der Prädikatenlogik wird eine geschlossene Formel, das heißt eine Formel ohne freie Variablen, auch Aussage oder Satz genannt; eine offene Formel, das heißt eine Formel mit freien Variablen, wird auch Aussageform genannt.

Ein und dieselbe Variable kann in einer Formel sowohl freie als auch gebundene Vorkommen haben. Die Kenntnis von freien und gebundenen Variablen wird zum Beispiel für die Bereinigung von Formeln benötigt.

Gebundene Variablen kommen stets bei der Notation von Klassen und Mengen vor, die in der Mathematik überall gebraucht werden. Ebenso kommen sie vor beim Lambda-Kalkül und bei Ausdrücken mit einer gebundenen Integrationsvariable oder Summationsvariablen sowie bei Kennzeichnungen.

Prädikatenlogische Definition

Beispiele

  • In der (geschlossenen) Formel ist die Variable gebunden und nicht frei.
  • In der (geschlossenen) Formel ist die Variable gebunden und nicht frei.
  • In der (offenen) Formel kommt die Variable sowohl gebunden als auch frei vor: Gebunden ist ihr Vorkommen in der Teilformel , frei ist ihr Vorkommen in der Teilformel , auf die sich der Allquantor nicht mehr erstreckt.
  • In der (offenen) Formel ist gebunden und ist frei.
  • In der Formel für die Klasse ist die Variable gebunden und nicht frei.
  • In der Formel für die Potenzmenge ist die Variable gebunden und frei.
  • Bei der Kennzeichnung , zu lesen als: „dasjenige , für das gilt“ (Eindeutigkeit vorausgesetzt).

Weitere Begriffe

  • Gebundene Umbenennung: Eine durch einen Quantor gebundene Variable kann durch eine andere (vorher nicht vorkommende) ersetzt werden, wobei eine logisch äquivalente Formel entsteht. Beispiel: Aus entsteht durch gebundene Umbenennung die Formel .
  • Vollfreie Variable: Eine freie Variable ohne gebundenes Vorkommen nennt man auch vollfrei. Durch gebundene Umbenennung kann man jede Formel in eine logisch äquivalente umformen, in der alle freien Variablen tatsächlich vollfrei sind.

Mathematische Notationen mit gebundenen Variablen

In den folgenden mathematischen Notationen (und vielen weiteren) wird eine gebundene Variable verwendet:

(Summe endlich vieler Werte) ist gebunden, und sind frei
(Bestimmtes Integral) ist gebunden, , und sind frei
(Grenzwert einer unendlichen Folge) ist gebunden, ist frei
(Grenzwert einer Funktion an der Stelle ) ist gebunden, und sind frei

Literatur

  • Wolfgang Rautenberg: Einführung in die Mathematische Logik. 3. Auflage. Vieweg+Teubner, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8348-0578-2.
  • H.-P. Tuschik, H. Wolter: Mathematische Logik – kurzgefaßt. Spektrum, Akad. Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1387-7.

Weblinks