Georg von Reichenbach

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Georg Friedrich von Reichenbach, um 1825, Lithografie von Joseph Karl Stieler
Büste Reichenbachs in der Ruhmeshalle, München
Georg von Reichenbach (rechts) neben Joseph von Fraunhofer (Mitte, das Spektroskop demonstrierend), Gemälde von Rudolf Wimmer
Grab (Reste des ehemaligen Arkadengrabes) von Georg Reichenbach auf dem Alten Südlichen Friedhof in München Standort

Georg Friedrich Reichenbach, ab 1813 von Reichenbach (* 24. August 1772 in Durlach; † 21. Mai 1826 in München) war ein bayerischer Erfinder und Ingenieur. Mit dem Unternehmer Josef von Utzschneider und dem Feinmechaniker Joseph Liebherr gründete er 1804 eine optisch-mechanische Werkstätte, welche jahrzehntelang die besten Theodolite und astronomischen Fernrohre produzierte.

Leben

Reichenbach war der Sohn eines Schlossers, er machte seine Lehre in Mannheim und durfte mit kurfürstlicher Förderung nach England reisen. Nach seiner Rückkehr konstruierte er Maschinen für eine Gewehrfabrik. 1802 baute er in München eine Kreisteilungsmaschine und entwickelte 1809 zusammen mit Joseph von Fraunhofer optische Präzisionsinstrumente.

Gemeinsam mit Joseph Liebherr (1767–1840) und Utzschneider gründete er in München das berühmte Mathematisch-Feinmechanische Institut. Es produzierte die damals besten astronomischen Fernrohrobjektive, Messinstrumente und Theodolite.

Reichenbach entwickelte zahlreiche technische und Messinstrumente, u. a. eine Metallhobelmaschine, genaue Distanzfäden für Theodolite und den Reichenbach-Distanzmesser mit genauem Höhenkreis.

Reichenbach gilt nicht nur als Mitbegründer der bayerischen Optomechanischen Industrie, sondern auch als Wegbereiter der Dampfmaschine in Bayern. 1810 wurde unter seiner Leitung die Soleleitung von Bad Reichenhall nach Traunstein technisch überarbeitet und bis nach Rosenheim verlängert. Sie war bis 1958 in Betrieb und ist in Teilen heute noch (inaktiv) vorhanden. 1804 entwickelte er und 1817 baute die 25 km lange erste Soleleitung von Berchtesgaden nach Bad Reichenhall. Um die 356 m Steigung zu überwinden, setzte er eine 1810 von ihm entwickelte Wassersäulenmaschine ein, um die Sole mit Wasserkraft zu pumpen. Dafür wurde durch den bayerischen König Max I. Joseph in den Adelsstand erhoben und 1824 mit dem Kommandeurkreuz des Zivilverdienstordens der Bayerischen Krone ausgezeichnet. Nach dem gleichen Prinzip entwickelte er auch Maschinen, die Wasser in Wassertürme förderten, von denen das Trinkwasser anfangs durch Holzleitungen, später durch Eisenrohre im Versorgungsgebiet verteilt wurde.

Seine Theorie gusseiserner Röhrenbrücken[1][2] regte Antoine-Rémy Polonceau zum Bau der Pont du Carrousel in Paris an, der weitere Röhrenbrücken folgten.

1808 ernannte ihn die Bayerische Akademie der Wissenschaften zum außerordentlichen Mitglied, 1808 folgte die Ernennung zum ordentlichen Mitglied.[3] Am 11. Dezember 1815 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Académie des sciences in Paris aufgenommen.[4] Als Reichenbach 1820 Direktor des Ministerialbaubüros für Bayern wurde, übernahm der Feinmechaniker Traugott Ertel aus Sachsen das Unternehmen.

Reichenbach starb am 21. Mai 1826 im Alter von 54 Jahren in München. Als Todesursache werden die Folgen eines Unfalls 1824 im Augsburger Wasserwerk vermutet.[5]

Grabstätte

Reichenbachs Grab befindet sich auf Alten Südlichen Friedhof in München (Alte Arkaden Platz 11 bei Gräberfeld 25) Standort. Unmittelbar links daneben (Platz 12) liegt der Optiker und Physiker Joseph von Fraunhofer begraben, mit dem er zusammengearbeitet hatte und der nur zwei Wochen nach Reichenbach verstorben ist.[6]

Ehrungen

Gedenktafel in Berchtesgaden

Nach Georg Reichenbach sind die von ihm entwickelten Reichenbachfäden benannt, die als Distanzstriche seither in jeden Theodolit eingebaut sind, sowie der spezielle Reichenbach-Distanzmesser mit genauem Höhenkreis.

Ihm zu Ehren erhielt der Mondkrater Reichenbach seinen Namen. In München wurden die Reichenbachbrücke, die Reichenbachstraße und der Reichenbachplatz nach ihm benannt. Die Reichenbachstraße in Bad Reichenhall und in Mannheim sowie Karlsruhe-Durlach wurden nach ihm benannt.

Sonstiges

Die ehemalige HOECHST AG in Burgkirchen/Gendorf erwarb eine Original Reichenbachpumpe und konnte sie (für Besucher und Interessenten) auch real betreiben – ohne elektrischen Fremdantrieb. Sie speist einen Springbrunnen im Freigelände am Pumpenhaus.

Literatur

  • Karl Maximilian von BauernfeindReichenbach, Georg von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 656–667.
  • Juliane von Åkerman: Georg Friedrich von Reichenbach. In: Jürgen Wurst, Alexander Langheiter (Hrsg.): Monachia. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 2005, ISBN 3-88645-156-9, S. 166.
  • Stephan Kellner: Georg von Reichenbach, Industriespion und Erfindergenie. In: Rainer A. Müller (Hrsg.): Lebensbilder der Frühzeit der Industrialisierung in Bayern. Oldenbourg, München 1987, ISBN 3-486-52772-X, S. 81–91.
  • Mathias Döring: Energieerzeugung unter Tage. Die Reichenbach-Jordan’schen Wassersäulenmaschinen. Deutsche Wasserhistorische Gesellschaft DWhG, Schriften 19/2012, S. 39–59.
  • Walther von Dyck: Deutsches Museum, Lebensbeschreibungen und Urkunden: Georg von Reichenbach. Eigenverlag des Deutschen Museums München, München 1912, Beschreibung der Arbeitsweise und Schnittzeichnungen (Fig. 39 und 40) beider einfach-wirkender Wassersäulenmaschinen von Ilsank und Pfisterleite des Georg von Reichenbach, S. 72–74 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Mathias Döring: 400 Jahre oberbayerische Soleleitungen. In: Wasserwirtschaft, 4/2020, S. 12–18.
  • Dirk Götschmann: Georg von Reichenbach (1771–1826). Meister der Präzision, innovativer Militärtechniker und Wegbereiter der Industrialisierung in Bayern. Pustet, Regensburg 2021, ISBN 978-3-7917-3216-9.

Film

Weblinks

Commons: Georg Friedrich von Reichenbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Georg Reichenbach: Theorie der Brücken-Bögen und Vorschläge zu eisernen Brücken in jeder beliebigen Grösse. Lindauer, München 1811 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  2. Karl-Eugen Kurrer: Geschichte der Baustatik. Auf der Suche nach dem Gleichgewicht. Ernst & Sohn, Berlin 2016, ISBN 978-3-433-03134-6, S. 80 ff.
  3. Prof. Dr. Georg Friedrich von Reichenbach, Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
  4. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe R. Académie des sciences, abgerufen am 20. Februar 2020 (französisch).
  5. Carola Zinner: Georg von Reichenbach und die Salzgewinnung in Berchtesgaden. (Memento vom 10. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
  6. Carola Zinner: Josef von Fraunhofer – „Das ist der Mann, den wir suchen!“ Bayern 2 (PDF; S. 15)