Gerätekraftwagen
Der Gerätekraftwagen (kurz: GKW) ist ein Einsatzfahrzeug verschiedener Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Deutschland, insbesondere des Technischen Hilfswerks (THW).
Den Gerätekraftwagen ähnlich sind die Rüstwagen der Feuerwehr. Auch außerhalb des Technischen Hilfswerks werden gelegentlich von Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen Gerätekraftwagen eingesetzt oder nach eigenen Bedürfnissen weiterentwickelt. Trotz der sprachlichen Ähnlichkeit sind Gerätekraftwagen nicht mit den Gerätewagen zu verwechseln, die anderen Normen und Zielsetzungen unterliegen.
Geschichte
Die erste Generation der Gerätekraftwagen wurde für den Bergungsdienst des Katastrophenschutzes (zunächst Luftschutzhilfsdienst LSHD, später THW) der damals noch jungen Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1956 bis 1959 entwickelt. Als Trägerfahrzeug wurde ein Borgward B 4500 A, ab 1959 B 555 A mit einem Allrad-Fahrgestell für 8.800 kg zulässigem Gesamtgewicht ausgewählt, das mit einer mechanischen Vorbau-Seilwinde ausgerüstet wurde. Da im Führerhaus nur drei Personen inklusive Fahrer Platz fanden, wurden im Spezialaufbau Sitze (davon zwei Klappsitze) für acht weitere Personen vorgesehen. Der Kofferaufbau erhielt hinten und an jeder Seite je eine nach außen zu öffnende einflügelige Klapptür mit Fenster sowie eine motorunabhängige Heizung. Für die mitgeführten Geräte gab es sowohl von innen als auch von außen zugängige Fächer, Schübe, Kästen und Halterungen. Der Fachdienst-Ausstattung hatte ein Gewicht von etwa 1800 kg. Die äußere Farbgebung des Fahrzeuges war zunächst khakifarben, später das Fahrgestell einschließlich Kotflügel, Stoßstange und Felgen schwarz, das Führerhaus und der Aufbau ultramarinblau lackiert.
Von 1957 bis 1961 wurden zahlreiche GKW auf Borgward-Fahrgestellen – zunächst mit 95-PS-Dieselmotoren, später mit 110 PS – beschafft, die Kofferaufbauten wurden von verschiedenen Karosseriebauunternehmen (u. a. Kässbohrer) gefertigt. Da das Unternehmen Borgward 1961 in Konkurs ging und den Geschäftsbetrieb einstellte, musste ein neuer Lieferant für das Trägerfahrzeug gefunden werden. Ab 1962 wurden die GKW auf Magirus-Deutz Mercur 120 A-L mit luftgekühltem 120-PS-Dieselmotor und 10.000 kg zulässigem Gesamtgewicht beschafft.
Für den erforderlichen Ersatzbedarf der GKW der ersten Generation und die Umstellung der taktischen Einheiten des Katastrophenschutzes von Bereitschaften auf Züge wurden 1972 unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen mit den bisherigen GKW die 2. Generation (GKW 72) konzipiert. Diese erhielten nun eine Doppelkabine mit zwei Sitzreihen, sodass alle Personen hier untergebracht werden konnte und der Kofferaufbau ausschließlich zur Unterbringung der Geräte vorgesehen werden konnte. Diese waren nun nur noch von außen zugänglich, wobei die drei nach unten abklappbaren, mit Luftfeder-Gewichtsausgleich ausgerüsteten Bordwände, die den unteren Teil der Gerätefächer abdecken, im abgeklappten Zustand als erhöhte Trittflächen dienten. Die oberen Bereiche der Gerätefächer waren durch Rollläden geschlossen. Die Seilwinde war nun hydraulisch mit automatischer Seilspulung und hatte eine maximale Zugkraft von 5 t.
Der GKW 72 wurde in zwei Fertigungsserien beschafft: die erste Serie mit 61 Fahrzeugen von 1975 hatte ein Daimler-Benz Kurzhauber-Allrad-Fahrgestell mit (zunächst) einfach-bereifter Hinterachse, einem 130-PS-Dieselmotor und einer Seilwinde mit max. 5-t-Zug nach vorn. Die Doppelkabine wurde bei verschiedenen Karosseriebauunternehmen, der Kofferaufbau von der Firma Büssing und Sohn in Braunschweig gefertigt.
Die etwas geänderte zweite Fertigungsserie hatte ein Magirus-Deutz 170 D 11 FA Frontlenker-Allrad-Fahrgestell mit doppelt-bereifter Hinterachse und luftgekühltem 176-PS-Dieselmotor. Die vorn angebrachte Seilwinde hatte max. 5-t-Zug nach vorn und max. 9,5-t-Doppelzug nach hinten. Der Geräteaufbau stammte von der Firma Voll in Würzburg.
Heutige Gerätekraftwagen
Man unterscheidet dabei zwischen GKW 1 und GKW 2. Das Einsatzfeld des GKW ist vielseitig – sowohl beim THW als auch bei Feuerwehr oder anderen Hilfsorganisationen wird dieses Fahrzeug in unterschiedlichen Ausführungen eingesetzt. Gerade Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz bauen oft alte THW- oder Feuerwehrfahrzeuge zu selbst entwickelten, eigenen Bedürfnissen entsprechenden Fahrzeugen aus.
Bezeichnung und Funkrufname
Beim THW werden zur Fahrzeugbezeichnung eine Kombination aus Buchstaben und teilweise Zahlen verwendet. Im Falle des Gerätekraftwagen bedeuten dabei:
- GKW = Gerätekraftwagen
- 1 = spezifizierende Ordnungszahl: Bergungsgruppe 1 = „1“, Bergungsgruppe 2 = „2“
Im BOS-Funk meldet sich der Sprechfunker des GKW 1 mit dem Funkrufnamen „Heros Ortsname xx/51“
Die taktische Einheit (oben mit xx gekennzeichnet) leitet sich von der Gruppe ab zu der der GKW 1 gehört. Dies können sein:
- GKW 1 im ersten Technischen Zug (1. TZ): „Heros Ortsname 22/51“
- GKW 1 im zweiten Technischen Zug (2. TZ): „Heros Ortsname 27/51“
Sollte die im Ortsverband dislozierte 1. Bergungsgruppe zusätzlich über die Komponente „ASH“ (Abstütz-System-Holz) verfügen, lautet der Funkrufname des GKW 1 im ersten Technischen Zug „Heros Ortsname 23/51“.
Gerätekraftwagen 1
Gerätekraftwagen 1 | |
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Fahrzeugdaten | |
Einsatz seit | Juni 2008 |
Motor | 280 PS Viertakt-Turbo-Dieselmotor, Reihensechszylinder 7,5 Liter Hubraum |
Getriebeart | Automatik (automatisiertes Schaltgetriebe) TipMatic |
zul. Gesamtgewicht | 16.100 kg (abgelasteter 18-Tonner) |
Länge / Höhe / Breite | 8,10 m / 3,35 m / 2,55 m |
Besatzung | 0/1/8/9 |
Generatoren | 8 kVA (im Kofferaufbau) |
Seilwinde | 50 kN / 100 kN |
Anhängelast | 19.900 kg |
Verwendung in | Bergungsgruppe |
Der Gerätekraftwagen 1 (kurz: GKW 1) ist ein Einsatzfahrzeug des THW entsprechend der StAN der Bergungsgruppe. Er ist zudem meist das Einsatzfahrzeug der Schnelleinsatzgruppe. Der GKW 1 dient zur Beförderung der Einsatzmannschaft und als Geräteträger der Ausstattung. Ferner ist er selbst Arbeitsgerät durch seine technischen Möglichkeiten (z. B. durch die Seilwinde 50 kN bzw. 100 kN Zugkraft).
Als Fahrgestelle werden überwiegend Fahrzeuge vom Typ Iveco Eurocargo (ab 1997), MAN TGM 18.280/290 (ab 2008), Mercedes-Benz Axor (ab 2010) und anschließend erneut MAN TGM 18.290 (mit Aufbau von Freytag) eingesetzt. Ab 2024 sollen Mercedes-Benz Atego mit Aufbau von Binz in Dienst gestellt werden.[1]
Verwendungsmöglichkeiten
- Transportfahrzeug
- Aufnahme der Bergungsgruppe einschließlich der persönlichen Ausstattung
- Transport der Geräte- und Werkzeugausstattung der Bergungsgruppe
- sowie von einsatzbedingter Zusatzbeladung bzw. Sonderausstattung
- Arbeitsplatz / Befehlsstelle der Zugführung
- Arbeitsgerät
- durch im Fahrgestell eingebaute, hydraulische Seilwinde mit 50 kN bzw. 100 kN Zugkraft
- durch Verwendung als Arbeitsplatz zur Wartung/Instandsetzung der Ausstattung und zur Vorbereitung von Hilfskonstruktionen
- Sprechfunkstelle mit fest eingebautem Funkgerät (4-m-Band)
- Zugfahrzeug
- für Anhänger bis ca. 18 t zGG
Ausrückeordnungen
Der GKW 1 ist Bestandteil des Technischen Zuges. Er rückt oft als erstes Fahrzeug aus. Ferner ist er Bestandteil der Schnelleinsatzgruppe.
Technik
Technischer Aufbau
Der GKW 1 ist meist ein in Kastenbauweise realisierter Lkw mit Allradantrieb. Er verfügt über eine Seilwinde mit 5 bzw. 10 Tonnen Zugkraft.
Beladung
In der Regel ist auf dem GKW 1 ein Großteil der STAN-Gerätschaften der Bergungsgruppe verlastet. Viele Ortsverbände statten aber den GKW 1 noch zusätzlich mit Sondergerätschaften aus, da dieses Fahrzeug meist auch als SEG-Fahrzeug zum Einsatz kommt. Somit wird der GKW 1 an die örtlichen Gegebenheiten angepasst.
Detaillierte Beladeliste
Teil | Anzahl |
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40-t-Hebekissen | 2 |
15-t-Hydraulikheber | 2 |
10-t-Büffelwinden | 2 |
Hydraulische Rettungsschere S 90 | 1 |
Hydraulischer Rettungsspreizer SP 30 | 1 |
Mehrzweckzug 1,6 t mit Zubehör | 1 |
Motorsägen | 2 |
Motortrennschleifer | 1 |
Notstromaggregat 8 kVA | 1 |
Stative mit je 1 × 1.000-Watt-Scheinwerfern | 2 |
Bohrhammer | 2 |
Brennschneidgerät mit Zubehör | 1 |
Atemschutzgeräte in Schnelleinsatzhalterung | 4 |
Rollgliss | 1 |
Bergeschleppe | 1 |
Schleifkorbtrage | 1 |
komplette Werkstatt mit Werkbank und Schraubstock | 1 |
Steckleitern üblicherweise: 1 × Steckleiter Typ A, 3 × Steckleiter Typ B und 1 × Zusatz-Steckelement (ggf. 1 × Verbindungsstück) | 4 |
Schiebleiter | 1 |
Tauchpumpen | 1 |
Verkehrssicherungsausstattung (Verkehrsleitkegel, Warnleuchten, Faltwarnschilder) | 1 |
Abstützmaterial | 1 |
Besonderheit
Es gibt auch zwei GKW 1 bei der Feuerwehr Hamburg (rot lackiert) bei den Freiwilligen Feuerwehren mit der Sonderkomponente „Bergung und Beleuchtung“ (FF Eppendorf und FF Warwisch) sowie einen zur Ausbildung an der Landesfeuerwehrschule. Daneben werden auch regelmäßig vom THW ausgesonderte Gerätekraftwagen von (oft kleineren) kommunalen Feuerwehren über die Vebeg erworben, und dort in unterschiedlichster Weise, etwa als Jugendgruppenfahrzeug oder Rüstwagenersatz weitergenutzt. Ein solcher GKW 1 tut beispielsweise gegenwärtig (als Jugendgruppenfahrzeug mit feuerlöschtechnischer Beladung Tragkraftspritze) in der Freiwilligen Feuerwehr Schalksmühle (Löschgruppe Hülscheid) seinen Dienst. Die Landesbereitschaftspolizei Hamburg beschaffte 2019 einen Gerätegruppenkraftwagen (GGkW) der sich an den GKW des THW orientiert.[2][3]
Gerätekraftwagen 2
Gerätekraftwagen 2 | |
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Fahrzeugdaten | |
Besatzung | 0/1/8/9 |
Generatoren | 50 kVA, 3 kVA |
Verwendung in | Fachgruppe Notversorgung und Notinstandsetzung |
zul. Gesamtgewicht | 14.000 kg |
Antrieb | Dieselmotor Allrad |
Der Gerätekraftwagen 2 (kurz: GKW 2) ist ein Einsatzfahrzeug der Fachgruppe Notversorgung und Notinstandsetzung (aus der ehemaligen 2. Bergungsgruppe hervorgegangen) und war Nachfolger der Mannschaftskraftwagen (MKW). Seit 2006 wurden keine GKW 2 mehr für die 2. Bergungsgruppe des THW ausgeliefert. Nachfolger für die GKW 2 waren zunächst Mehrzweckkraftwagen (MzKw) und seit 2021 Mehrzweckgerätewagen (MzGW).
Verwendungsmöglichkeiten
- Transportfahrzeug
- Aufnahme der Fachgruppe einschließlich der persönlichen Ausstattung
- Transport der Geräte- und Werkzeugausstattung der Fachgruppe
- Arbeitsgerät
- durch Verwendung als Arbeitsplatz zur Wartung / Instandsetzung der Ausstattung und zur Vorbereitung von Hilfskonstruktionen
- Zugfahrzeug
- als Zugfahrzeug für Anhänger
Ausrückeordnungen
Der GKW 2 ist Bestandteil des Technischen Zuges und rückt oft zur Unterstützung von Fachgruppen aus.
Technik
Technischer Aufbau
Der GKW 2 ist meist ein in Kastenbauweise realisierter Lkw mit Allradantrieb.
Beladung
In der Regel ist auf dem GKW 2 ein Großteil der STAN-Gerätschaften der Fachgruppe Notversorgung und Notinstandsetzung (Nachfolgerin der 2. Bergungsgruppe) verlastet.
Detaillierte Beladeliste
Teil | Anzahl |
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Absicherungsmaterial | 1 Satz |
Ölbindemittel | ca. 10 kg |
Werkzeug | |
Feuerlöscher | 1 |
Abschleppstange für Lkw | 1 |
Hydraulikheber 6,5 t | 1 |
Bohr und Aufbrechhammer | 1 |
Zahnstangenwinde | |
Elektroschweißgerät | 1 |
Schaufeln, Spitzhacken, Spaten etc. | |
Kettensäge 51 cm Schwert | 1 |
Leitern (bis 4,5 m Länge) | 4 |
4-m-Funkgerät | 1 |
Hebekissen 40 t | 2 |
Elektrokettensäge 25 cm Schwert | 1 |
Notstromaggregat (50 KVA) | 1 |
Notstromaggregat (3 KVA) | 1 |
Scheinwerfer (1000 W) | 2 |
Stative (5 m) | 2 |
Atemschutzgeräte + Ersatzflaschen | 4 |
Elektrotauchpumpe (1000 l/min) + 50 m B-Druckschlauch | 1 |
Werkzeugsatz (Holz-, Metall-, Gesteinbearbeitung) | je 1 |
Sanitätsausrüstung (Verbandmaterial etc.) | 1 |
Kabeltrommeln (50 m 230 V) | 2 |
Kabeltrommel (50 m 400 V) | 1 |
Mehrzweckzug (20 m / 50 m, mit Umlenkrollen bis 32 kN) | 1 |
Drahtseile, Ketten und sonstige Anschlagmittel | 1 |
diverses Kleinmaterial |
Siehe auch
Literatur
- Siegfried Werle: Fahrzeug mit hohem Einsatzwert · Der neue Gerätekraftwagen GKW 72. In: ZS-Magazin, Heft 6/77, S. 10–12, Bundesverband für den Selbstschutz, Köln 1977.
Einzelnachweise
- ↑ Christian Wenzel, Stefan Schumacher: Die neuen Gerätekraftwagen baut Binz auf einem Atego-Fahrgestell. In: THW Fahrzeug-News. 27. Jg, 2. Quartal, 2022, S. 11.
- ↑ https://bos-fahrzeuge.info/einsatzfahrzeuge/159982/HH-7481_-_MAN_TGM_18290_-_GGkW
- ↑ http://www.polizeiautos.de/show_one.php?id=10121