Oberbau (Eisenbahn)

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Schotteroberbau mit Holzschwellen

Der Oberbau oder Gleiskörper einer Eisenbahnstrecke besteht aus dem Gleisbett und den darauf montierten Gleisen. Der Unterbau bildet eine feste Vorlage für die Konstruktion des Oberbaus, indem er Höhenunterschiede des Geländes durch Dammschüttungen, Einschnitte oder Kunstbauwerke wie Brücken oder Tunnels ausgleicht.

Der Oberbau und insbesondere das Gleisbett dient der Aufnahme und Verteilung der Kräfte, die durch Masse, Beschleunigung, Sinuslauf, Geschwindigkeit der Schienenfahrzeuge sowie thermische Belastungen durch Witterung entstehen.

Von der Funktionsfähigkeit des Ober- und Unterbaus hängen unter anderem die zulässige Höchstgeschwindigkeit einer Strecke und die zulässige Achslast der Fahrzeuge ab, so werden bei Mängeln im Oberbau aus Sicherheitsgründen Langsamfahrstellen eingerichtet.

Aufbau

Feste Fahrbahn auf der Schnellfahrstrecke Nürnberg–Ingolstadt; System Bögl

Der Oberbau besteht aus den Elementen

  • Schienen,
  • Schienenunterstützung, i. d. R. Schwellen,
  • Schienenbefestigungsmittel,
  • Schienenverbindungsmittel, und
  • Gleisbettung, Schotter oder die festen Tragschichten einer festen Fahrbahn.

Die Schienen zusammen mit der Schienenunterstützung, den Schienenbefestigungs- und Schienenverbindungsmittel bilden das Gleis.

Schienen

Die Schienen übernehmen die Aufnahme und Ableitung der statischen und dynamischen Radkräfte des Rades, die Führung des Rades und die Bereitstellung einer ebenen Fahrbahn.

Schienenunterstützung

Die Schienenunterstützung ist entweder als Querschwellen, Längsschwellen, Einzelstützpunkte, Rahmen oder Platten ausgeführt. Die heute am häufigsten eingesetzte Schienenunterstützung sind Querschwellen, welche quer zur Fahrtrichtung gelegt werden. Die heute in der Regel aus Beton, aber oft noch aus Holz oder Stahl gefertigten Querschwellen halten die Schienen im vorgesehenen Abstand, der Spurweite, zueinander und müssen Kräfte in die Gleisbettung ableiten.

Neben der Unterschwellung mittels Querschwellen sind Längsschwellen bekannt. Diese werden unter beiden Schienensträngen in Längsrichtung montiert. Dabei kommen Schwellenschrauben mit Klemmplatten, Vergußmasse oder Spannbacken zur Fixierung zum Einsatz. Die Anwendung setzt voraus, dass die zu übertragenden Kräfte über eine feste Unterlage auf den Untergrund abgeleitet werden können.

Bei Festen Fahrbahnen sind die Schienenunterstützung in die Gleisbettung integriert.

Schienenbefestigungsmittel

Auf der Schienenunterstützung werden die Schienen durch Schienenbefestigungsmittel gehalten. Diese werden auch Kleineisen genannt. Sie dienen zur Übertragung aller Kräfte und Moment aus den Schienen auf die Schienenunterstützung. Hierfür müssen sie einen hohen Widerstand gegen Verdrehen und Durchschieben der Schiene aufweisen, bei gleichzeitigen elastischen Verhalten. Dabei darf jedoch der Schienenquerschnitt nicht geschwächt werden. Aus Aspekten der Wirtschaftlichkeit müssen die Schienenbefestigungsmittel des Weiteren einfach zu montieren und demontieren sein, einfach zu inspizieren, sowie einen geringen Materialaufwand aufweisen.

Im einfachsten Fall sind dies in die Holzschwellen geschlagene Schienennägel, deren eine Flanke des T-Kopfs über eine Kante des Schienenfußes ragt. Aktuell werden i. d. R. elastische Systeme von Gewindebolzen, Muttern und Klemmen verwendet. In Deutschland gängige Befestigungsverfahren sind auf Betonschwellen der Oberbau W, auf Holzschwellen eine Variante des Oberbaus K. Historisch bedeutsam ist der 1925 entwickelte Reichsbahnoberbau.

Schienenverbindungsmittel

Die Verbindung der zweier Schienen in Längsrichtung an ihren zusammenstoßenden Enden (»Schienenstoß«) erfolgt mittels Schienenverbindungsmittel. Eingesetzt werden dazu lösbare Verbindungselemente (z. B. verlaschter Schienenstoß) oder unlösbare Verbindungen (z. B. Schienenschweißungen). Je nach Ausführung des Schienenverbindungsmittel unterscheidet man dieses wiederum in lückiges oder durchgehend geschweißtes Gleis. Die Schienenverbindungsmittel müssen eine ebene Fahrbahn gewährleisten und die Kräfte und Momente zwischen den Schienen übertragen können.

Gleisbettung

Die Gleisbettung dient als Unterlage des Gleises und zur Ableitung und Verteilung der Kräfte in den Unterbau. Die Gleisbettung besteht heute in der Regel aus Schotter, der sogenannte Schotteroberbau. Das Schotterbett ist elastisch und hilft, sowohl statische als auch dynamische Belastungen gleichmäßig auf den Unterbau zu übertragen. Hierdurch wird auch eine relativ gute Geräuschdämmung sowie die Aufnahme von Schwingungen, die durch den Sinuslauf fahrender Züge entstehen, gewährleistet. Elastizität und Lagesicherheit sind aber nur sicherzustellen, wenn der Unterbau tragfähig und der Schotter sauber und wasserdurchlässig ist. Beides bedingt einen gewissen und regelmäßigen Instandhaltungsaufwand. Des Weiteren ist beim Schotteroberbau die gute Regulierbarkeit und die einfache Anpassbarkeit bei Änderungen vorteilhaft. Das Schotterbett lässt sich dadurch mit einfachen Mitteln instand halten. Weiterhin führt ein Schotterbett die in gemäßigten Zonen (u. a. Europa, Nordamerika) üblichen Niederschlagsmengen in den Boden ab. Nachteilig ist, dass bei Hochgeschwindigkeitsfahrten Schotter vom Luftzug des fahrenden Zuges aus dem Gleisbett hochgerissen werden kann („Schotterflug“) und eine Gefahr für in der Nähe befindliche Menschen und Tiere sowie für die Technik darstellt.

Die Gleisbettung kann auch als Feste Fahrbahn gefertigt werden, bei der die Schienen direkt auf einen aus Beton oder Asphalt bestehenden, festen Oberbau montiert werden. Der Oberbau aus Beton wird vor allem bei modernen Schnellfahr- und Hochgeschwindigkeitsstrecken verwendet, während Oberbauten auf Asphaltbasis vor allem bei straßenbündigen Straßenbahnstrecken eingesetzt werden. Ein festes Gleisbett benötigt als zusätzliches Oberbauelement eine Schallisolierung in Form von Isoliermatten.

Auf geringbelasteten Nebenbahnen wurde in der Vergangenheit auch Kiesbettung angewendet. Diese ist preisgünstiger, doch Lagestabilität und Tragfähigkeit fallen gegenüber dem Schotteroberbau deutlich ab.

Instandhaltung

Der Oberbau benötigt regelmäßige Instandhaltungsarbeiten um den definierten Sollzustand zu bewahren[1], damit dieser seine Aufgaben erfüllen kann. Unzureichende Instandhaltung lässt die Belastbarkeit des Gleisbetts sinken, wodurch Einschränkungen im Betrieb, wie beispielsweise die Einrichtung von Langsamfahrstellen, notwendig sind.

Der Begriff Instandhaltung wird in die Grundmaßnahmen Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung strukturiert.

Wartung

Moderne Oberbausysteme sind sehr wartungsarm. Beispiele für Wartungsarbeiten sind:[1]

Die beweglichen Teile der Weichen müssen regelmäßig geschmiert werden, um den Verschleiß gering zu halten. Schienen werden teilweise in engen Bögen geschmiert, um ebenfalls den Verschleiß zu verringern.

Ziel der Vegetationskontrolle des Oberbau ist das Hochkommen von Pflanzenbewuchs in der Gleisbettung zu unterbinden. Dazu werden heute häufig Herbizide durch Unkrautzüge ausgebracht.

Unter der eigentlichen Schienenpflege sind Maßnahmen, wie beispielsweise die Reinigung der Schienenköpfe von Verschmutzungen, zu verstehen. Eine Reinigung der Schienenköpfe ist insbesondere im Herbst von Laub etc. notwendig. Auch Rillenschienen und Spurrinnen an Bahnübergängen müssen von Sand und anderen Verschmutzungen gereinigt werden.

Inspektion

Durch Inspektionen wird der Ist-Zustand des Oberbaus festgestellt und beurteilt. Maßnahmen im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Inspektionen sind:[1]

Die früher regelmäßig anzutreffenden Streckenwärter, welche teilweise mehrmals täglich den ihnen zugewiesenen Streckenabschnitt zu kontrollieren hatten, werden heute nur noch auf besonders zu überwachenden Strecken, beispielsweise im Hochgebirge eingesetzt. Die Einführung durchgehend geschweißter, lückenloser Gleise mit elastischen Schienenbefestigungen und ohne gelaschte Schienenstöße hat die tägliche Überwachung entbehrlich gemacht.

Heute werden in Abhängigkeit von der Streckengeschwindigkeit und der Streckenbelastung in größeren Intervallen Streckenbegehungen bzw. Gleisbegehungen durchgeführt. Im Bereich der DB Netz finden diese alle drei bis vierzehn Monate statt. Teilweise werden diese auch durch Inspektionsfahrten mit Schwerkleinwagen ersetzt. Zusätzliche Kontrollen erfolgen bei Bauarbeiten und bei besonders hohen Temperaturen.[1]

Bei Geometriemessfahrten wird die Gleislage vermessen, um den geometrischen Zustand des Oberbaus zu beurteilen. In Abhängigkeit von der Streckengeschwindigkeit und der Streckenbelastung finden bei DB Netz alle zwei bis 24 Monate solche Messfahrten statt.[1]

Zur frühzeitigen Erkennung von Schienenfehlern werden heutzutage die Hauptstrecken regelmäßig mit Ultraschall-Messwagen abgefahren.

Instandsetzung

Die Instandsetzung beinhaltet alle Maßnahmen um den Soll-Zustand wiederherzustellen. Typische Instandsetzungsmaßnahmen sind:[1]

  • Beseitigung von Einzelfehlern
  • Stopf-Richtarbeiten, früher von Hand, heute maschinell mit Gleisstopfmaschinen
  • Schienenschleifarbeiten
  • Umbau von Schwellen und/oder Schienen
  • Reinigung, Austausch oder Ergänzung der Bettung

Während die Instandsetzung in der Vergangenheit von Hand ausgeführt wurde, werden heute überwiegend Gleisbaumaschinen eingesetzt.

Schwellen

Folgen für den Oberbau nach der Fahrt eines Güterzugs mit einem entgleisten Wagen im Bahnhof Hofheim (Ried) auf der Bahnstrecke Darmstadt–Worms: Zerstörte Bahnschwellen können dafür sorgen, dass der betroffene Bereich als unbefahrbar erklärt wird.

Ist der Zustand der Schwellen schlechter als der der Schienen, ist ein reiner Schwellenwechsel notwendig.[1] Dieser findet heute in der Regel maschinell statt, jedoch insbesondere bei Einzelfehler werden Schwellen auch heute noch von Hand gewechselt.

Holzschwellen beginnen auch bei bester Imprägnierung nach einiger Zeit zu verrotten und bieten dann keine stabile Unterlage mehr für die Schienen. Sie kommen daher nur selten auf mehr als 25 Jahre Liegezeit. In besonderen Umgebungen, beispielsweise in feuchten Tunneln, kann die Liegedauer auch wesentlich kürzer sein. Wenn die Befestigungsmittel in morschen Schwellen keinen Halt mehr finden, kann es zu Spurerweiterungen kommen, die sogar zu Entgleisungen führen können.

Auch Stahl- und Betonschwellen altern und müssen deshalb beizeiten ersetzt werden.

Neuere Entwicklungen, zum einen die Y-Stahlschwelle für den normalen Oberbau, zum anderen die Stahl-Brücken-Schwelle (SBS), haben in Bezug auf Lagestabilität und Liegedauer deutliche Verbesserungen gebracht. Beide Systeme sind so konzipiert, dass eine lange Liegedauer und geringer Durcharbeitungszeitraum zu erwarten ist.

Schienen

Auch die Schienen selbst müssen regelmäßig ausgewechselt werden, denn die Verkehrsbelastung führt zu einem Materialverlust an der Fahrfläche und gewisse Abnutzungen und Fehler kann man nicht mehr durch Schleifen mit einem Schleifwagen beheben. Die Liegezeit der äußeren Schiene in einem Kehrtunnel der Gotthardbahn beträgt beispielsweise rund drei Jahre. Auch das Schleifen lässt sich nur wenige Male durchführen, weil bestimmte Mindestmaße des Schienenkopfes nicht unterschritten werden dürfen. Auch können durch die dauernde Wechselbelastung der Schiene Haarrisse entstehen, die – wenn sie nicht rechtzeitig erkannt werden – zu einem Schienenbruch führen können.

Schotterbett

Bettungsreinigungsmaschine, die von der Deutschen Bahn AG eingesetzt wird, um den Schotter im Gleisbett auszuwechseln. Zu sehen ist der vordere Teil, der das Gleis anhebt und die Schottersteine einsammelt.
Hinterer Teil, der den Schotter in der richtigen Größe ausschüttet

Auch das Schotterbett bedarf der Pflege, weil dessen Tragfähigkeit und Festigkeit aufgrund von Verschmutzungen und Nässe abnimmt. Mit der Zeit erhöht sich der Verschmutzungsgrad, u. a. durch:[2]

  • Schotterabrieb aufgrund der dynamischen Verkehrslasten
  • Abrieb von Schienen, Rädern, Bremsen und Oberleitungen
  • Ladegut- und Betriebsstoffverluste (z. B. Kohlestaub)
  • Bewuchs durch Pflanzen sowie der durch sie festgehaltene Humus
  • Aufsteigender Schlamm aus dem Unterbau kann durch das Schotterbett aufgrund Bewegung durch Schienenfahrzeuge hochgepumpt werden

Mit zunehmenden Verschmutzungsgrad wird zudem das Abfließen von Oberflächenwasser behindert, was wiederum die Festigkeit des Schotterbettes negativ beeinflusst. Zuletzt verliert der Schotter durch seine Bewegung die scharfen Kanten und wandert dann unter den Schwellen nach außen.

Durch entsprechende Instandhaltungsmaßnahmen wird Sorge getragen, dass

  • stets ein einwandfreies Abfließen von Regenwasser gewährleistet ist,
  • das Schotterbett durch genügend innere Hohlräume elastisch bleibt und
  • die Schottersteine sich durch scharfe Kanten zu einer stabilen Unterlage verkrallen.

Zur Instandsetzung werden deshalb folgende Maßnahmen gesetzt:

  • Abgewanderter Schotter wird durch neuen Schotter ergänzt, der bei einem Stopfdurchgang mit Stopfmaschinen eingebracht wird (dabei wird der Schotter sozusagen unter die Schwellen „gestopft“; tatsächlich ist der Vorgang ein Einrütteln). Im Fachjargon heißt dieses Stopfen Grampen und die Maschine dazu Gleisstopfmaschine, Gramper oder Grampgerät.[3]
  • Wenn das Schotterbett entweder stark verunreinigt ist, also kaum noch Hohlräume enthält, oder stark abgerieben ist, ist eine Bettungsreinigung oder ein Vollaustausch des Schotterbetts nötig.

Die Zeitdauer bis zu einer Durcharbeitung des Schotterbetts ist stark von der Belastung und der gewünschten Lagestabilität abhängig. Dabei wird in der Regel versucht, den vorhandenen Schotter durch Bettungsreinigungsmaschinen zu reinigen und wieder einzubringen, um den Bedarf an neuem Schotter möglichst gering zu halten.

Verbesserung

Im Rahmen einer Verbesserung wird der Einbau eines Oberbausystems mit einem höheren Ausrüstungsstandard verstanden. Dies wird in der Regel während eines Umbaus durchgeführt. Verbesserungen werden häufig bei Ausbaustrecken durchgeführt.

Literatur

  • Ulf Gerber: Auslegung des Eisenbahnoberbaus. In: L. Fendrich, W. Fengler (Hrsg.): Handbuch Eisenbahninfrastruktur. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-30020-2, S. 39–64 (Volltext).
  • Markus Barth, Sepp Moser: Praxisbuch Fahrbahn. AS Verlag, Zürich 2014, ISBN 978-3-906055-29-9.

Weblinks

Commons: Oberbau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Lothar Marx: Arbeitsverfahren für die Instandhaltung des Oberbaues. 5. Auflage. Eisenbahn-Fachverl, Heidelberg 2000, ISBN 3-9801093-7-2.
  2. Werner Affeld: Schotterbettungsreinigung – Grundlagen und Vorstellung der RM900VB. In: Eisenbahn Ingenieur Kompedium. Band 53. Eurailpress, 2011, S. 53–62.
  3. Gramper stopfen Schotter unter die Schwellen