Glykämischer Index

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Datei:Der glykämische Index.webm Der glykämische Index (GI) ist ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Teilweise wird dafür auch die Bezeichnung Glyx verwendet. (Formelzeichen bzw. ). Je höher der Wert ist, desto mehr Zucker gelangt innerhalb eines definierten Zeitraumes nach dem Verzehr einer definierten Menge des Lebensmittels ins Blut. Er ist nicht zu verwechseln mit dem Insulin-Index, der statt des Blutzuckerspiegels den Insulin-Spiegel angibt.

Der Begriff des glykämischen Index wurde in den 1980er Jahren im Rahmen der Diabetes-Forschung eingeführt. So stellte man fest, dass etwa Weißbrot den Blutzucker nach dem Verzehr stärker ansteigen lässt als Haushaltszucker. Der Unterschied ließ sich aber nicht durch die Struktur der Kohlenhydrate (also komplexes oder kleines Molekül) erklären.

Es gibt verschiedene Diäten, die dem GI Bedeutung beimessen, zum Beispiel die Montignac-Methode, die Glyx-Diät und die Logi-Methode. Neuere Forschungsergebnisse bestätigen die Relevanz des GI bezüglich der Therapie des Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und Übergewicht.[1] Bezüglich der Gewichtsveränderung gibt es konträre Studien,[2] da der GI individuell sehr variabel ist[3] und er u. a. von der Darmflora abhängig ist.[4]

Bestimmung

Glykämischer Index (GI)

Der glykämische Index gibt in Zahlen die blutzuckersteigernde Wirkung der Kohlenhydrate bzw. der Lebensmittel an. Die blutzuckersteigernde Wirkung von Traubenzucker dient als Referenzwert (100). Dabei wird von einer Testperson so viel Traubenzucker bzw. so viel des zu testenden Lebensmittels gegessen, dass jeweils 50 g Kohlenhydrate in der verzehrten Portion enthalten sind. Im Bild ist die Veränderung des Blutzuckers als schwarze Linie dargestellt (hier eine Vereinfachung!). Der glykämische Index wird über den Quotienten der Flächen (mathematisch: der Integrale) unter der Linie der Blutzuckerwerte während der ersten zwei Stunden nach Mahlzeitenverzehr definiert.

Wie der GI bestimmt wird

Diagramme, mit denen der Glykämische Index bestimmt wird

Ein GI von 50 sagt aus, dass der über die Zeit integrierte Blutzucker des bewerteten Lebensmittels nur die Hälfte des Blutzuckers durch Traubenzucker ausmacht, hier also die gelbe Fläche halb so groß ist wie die rote Fläche.

Kohlenhydrathaltige Lebensmittel, die einen schnellen und hohen Blutzuckeranstieg auslösen, besitzen nicht zwangsläufig einen hohen glykämischen Index. Fällt der Blutzuckerspiegel nach dem schnellen, hohen Anstieg rasch wieder ab, kann der Index trotz des kurzzeitig hohen Blutzuckerspiegels gering sein. Umgekehrt haben Lebensmittel, nach deren Genuss sich der Blutzuckerspiegel geringfügig bzw. langsam erhöht, nicht zwangsläufig einen niedrigen glykämischen Index. Hält die geringe Erhöhung lange an, kann der Index durchaus hoch sein. Für eine zuverlässige Aussage über die Wirkung eines Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel einer Person ist daher das Blutzuckerspiegel-Diagramm maßgebend und weit aussagekräftiger als der Index.

In den USA sind teilweise GI-Tabellen in Verwendung, die den GI in Verhältnis zu Weißbrot mit definiertem GI-Wert von 100 setzen; deren Werte lassen sich mit dem Faktor 0,7 in die auf Glucose als Referenz basierenden umrechnen.

Ab welchem Wert der GI als hoch anzusehen ist, wird bei verschiedenen Diäten unterschiedlich bewertet.

Im Allgemeinen wird folgende Einteilung verwendet:

  • Hoch ist ein GI-Wert größer als 70
  • Mittel ist ein GI-Wert zwischen 50 und 70
  • Niedrig ist ein GI-Wert kleiner als 50.

Diese Einteilung wird bei der Glyx-Diät und Logi-Methode angewendet.

Eine andere Einteilung nimmt die Montignac-Methode vor. Dabei werden Lebensmittel mit einem GI-Wert größer als 50 als schlecht, zwischen 35 und 50 als gut und kleiner als 35 als sehr gut erachtet.

Glykämische Last (GL)

Im Unterschied zum reinen Glyx berücksichtigt die so genannte Glykämische Last (GL) auch die Kohlenhydratdichte des einzelnen Lebensmittels. So haben beispielsweise gekochte Möhren und Baguette zwar ungefähr den gleichen glykämischen Index (≈70), die Kohlenhydratdichte bei den Möhren liegt allerdings mit 7,1 g pro 100 g Lebensmittel deutlich unter der des Baguettes mit 51,0 g pro 100 g. Die glykämische Last ist im Vergleich bei den Möhren deutlich geringer als beim Baguette. Folglich bewirken 100 g verzehrte gekochte Möhren einen weitaus geringeren Anstieg des Blutzuckerspiegels als 100 g Baguettebrot, obwohl der gleiche glykämische Index zugrunde liegt.

Allgemeine gesundheitliche Bedeutung

Eine Studie mit über 130.000 Teilnehmern, die in The New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde, kam zum Schluss, dass eine Ernährung mit einem hohen Glykämischen Index zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zu einer erhöhten Mortalität führte.[5]

Bedeutung des GI für Sportler

Hauptfaktor zur Beeinflussung des GI ist der Trainingszustand. Welches Lebensmittel verzehrt wird, ist nachrangig.[6]

Die Erkenntnisse um den GI von Lebensmitteln trugen zu einem besseren Verständnis der Energiebereitstellung bei körperlicher Belastung bei. Dieses Wissen wird sowohl von Ausdauer- als auch von Kraftsportlern genutzt. In Studien wurde nachgewiesen, dass eine Einnahme von Lebensmitteln mit hohem GI zu einem Zeitpunkt von 30 bis 60 Minuten vor der Belastung zu einer frühzeitigen Ermüdung führt. Es kommt dann nämlich nach einer Insulinspitze gleich zu Beginn der Belastung zu einem Abfall des Glukosespiegels und zu einer Entleerung des Glykogenspeichers, sowie einem raschen Abbau von freien Fettsäuren. Stattdessen sollten stark kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel mit einem mittleren GI verzehrt werden, um eine stetige Energiebereitstellung aus Kohlenhydraten zu gewährleisten, was eben durch das Ausbleiben eines hohen Insulinspiegels erst möglich ist. Es hat sich ebenfalls herausgestellt, dass die Einnahme einer nicht übertrieben großen Menge an Kohlenhydraten mit hohem GI unmittelbar nach der körperlichen Belastung günstig ist, da diese besonders schnell ins Blut gelangt und auch die Aufnahme von Calcium- und Magnesium-Ionen im Darm beschleunigt, was zu einem sehr schnellen Wiederauffüllen von Energiereserven führt. Diese sind nicht für die nächste Belastung gedacht, sondern sollen dem Körper eben während der Erholung zur Verfügung stehen.

Bedeutung des GI für Übergewichtige

Lebensmittel mit einem hohen GI führen zu einem hohen oder lang andauernden Blutzuckerspiegel, was dann zu einer starken Ausschüttung von Insulin führt. Das wiederum führt zu einer Steigerung der Aufnahme von Glukose in Muskel- und Fettzellen und regt auch die Fettspeicherung und die Kohlenhydratspeicherung in Form von Glykogen an. Deshalb nehmen einige Autoren an, dass sich als Folge des Verzehrs von Lebensmitteln mit einem hohen GI nach etwa 2 bis 4 Stunden eine Unterversorgung mit Energieträgern im Blut (Unterzucker) ergebe. Das wiederum rege den Verzehr von solchen Lebensmitteln an, die den Blutzucker schnell steigern, und führe damit angeblich in einen Teufelskreis und schließlich zu Übergewicht. Tatsächlich treten Unterzuckerungen beim Gesunden aber nicht auf, da aus den Glykogenspeichern bei Bedarf auch wieder Kohlenhydrate freigesetzt werden können. Zu dieser Theorie gibt es widersprüchliche Studien.

Im Allgemeinen wird jedoch davon ausgegangen, dass der starke Abfall des Blutzuckerspiegels bei Lebensmitteln mit hohem GI zu Veränderungen im Verdauungsprozess einschließlich eines Hungergefühls[7] und dadurch zur erneuten Nahrungsaufnahme führt.[8] Die Umstellung auf Nahrungsmittel mit geringerem GI und glykämischer Belastung (GL) scheint bei Übergewichtigen eine wirkungsvolle therapeutische Maßnahme darzustellen.[9] Es wird neben der Auswirkung auf das Übergewicht vor allem auf den direkten Zusammenhang des GI mit Typ-2 Diabetes mellitus (Altersdiabetes) und Herz-Kreislauferkrankungen, gerade bei Kindern und Jugendlichen, hingewiesen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zitiert in einer Stellungnahme mehrere Studien, die teilweise eine Erhöhung des Risikos zur Entwicklung einer Adipositas in Abhängigkeit vom Glykämischen Index nahelegen. Dies trifft auf Frauen eher zu als auf Männer. Auch ein gewisser Einfluss auf verschiedene Zivilisationskrankheiten wie koronare Herzerkrankungen und die Entstehung von Krebs wird vermutet.[10]

Andere Studien kommen zum Ergebnis, dass für den Abbau von Fettgewebe weniger der Insulinspiegel, als die Energiebilanz bei der Nahrungsaufnahme ausschlaggebend ist.[2] Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen äußert: „Es ist wissenschaftlich nicht begründbar, das Konzept des GI umzusetzen und beispielsweise vom Verzehr von Kartoffeln und (Vollkorn-) Getreideprodukten mit hohem GI bzw. hoher GL abzuraten. Der Einfluss auf den Abbau von Übergewicht ist umstritten und bislang kaum systematisch untersucht worden.“[11] Im Rahmen einer Interventionsstudie des pan-europäischen DIOGENES (Diet, Obesity and Genes) Projekts wurde gezeigt, dass eine Diät mit niedrigem glykämischem Index keinen Vorteil hinsichtlich einer (Wieder-)Zunahme des Körpergewichts bringt.[12]

Einflussfaktoren und Wirkung auf den Stoffwechsel

  • Die tatsächliche Blutzuckerreaktion hängt stark davon ab, welche Lebensmittel bei einer Mahlzeit zusammen verzehrt werden. Der Verlauf des Blutzuckerspiegels hängt weniger von der Summe der GI-Werte der gemeinsam konsumierten Lebensmittel ab, als vielmehr von einer Vielzahl von enthaltenen Inhaltsstoffen und deren Wechselwirkungen.[10]
  • Es gibt starke individuelle Schwankungen: das gleiche Lebensmittel verursacht bei verschiedenen Personen nicht denselben Anstieg des Blutzuckerspiegels. Selbst bei derselben Person sind in Studien unterschiedliche Werte gemessen worden.
  • Fette verzögern die Magenentleerung und dämpfen somit die glykämische Antwort, da die Kohlenhydrate erst später den Dünndarm erreichen, wo sie resorbiert werden.[10]
  • Je nach Zubereitungsart kann der GI stark variieren. Erhitzen, Kochen und Zerkleinern lassen den GI ansteigen. Nudeln, die nur fünf Minuten gekocht wurden, haben einen geringeren Einfluss auf die Reaktion des Blutzuckers (GI: 37) als Nudeln, die 10–15 Minuten gekocht wurden (GI: 44) oder sogar 20 Minuten (GI: 61). Genaue Angaben zum GI bei verarbeiteten Produkten sind somit kaum möglich.[13]
  • Kartoffeln haben einen hohen Glykämischen Index. Bei gekochten Kartoffeln (und insbesondere bei einigen festkochenden Sorten) liegt er jedoch teilweise deutlich niedriger als bei Kartoffelbrei und gebackenen oder frittierten Kartoffeln.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. LS Augustin et al.: Glycemic index, glycemic load and glycemic response: An International Scientific Consensus Summit from the International Carbohydrate Quality Conso. PMID 26160327
  2. a b S. K. Das, C. H. Gilhooly, J. K. Golden, A. G. Pittas, P. J. Fuss, R. A. Cheatham, S. Tyler, M. Tsay, M. A. McCrory, A. H. Lichtenstein, G. E. Dallal, C. Dutta, M. V. Bhapkar, J. P. Delany, E. Saltzman, S. B. Roberts: Long-term effects of 2 energy-restricted diets differing in glycemic load on dietary adherence, body composition, and metabolism in CALERIE: a 1-y randomized controlled trial. In: Am J Clin Nutr., 2007 Apr, 85(4), S. 1023–1230, PMID 17413101.
  3. S. Vega-Lopez, L. M. Ausman, J. L. Griffith, A. H. Lichtenstein: Interindividual variability and intra-individual reproducibility of glycemic index values for commercial white bread;. In: Diabetes Care, 2007 Jun, 30(6), S. 1412–1417. Epub 23. März 2007.
  4. Individuell angepasste Ernährung. Deutschlandfunk, Forschung aktuell
  5. David J.A. Jenkins, Mahshid Dehghan, Andrew Mente, Shrikant I. Bangdiwala, Sumathy Rangarajan: Glycemic Index, Glycemic Load, and Cardiovascular Disease and Mortality. In: New England Journal of Medicine. Band 384, Nr. 14, 8. April 2021, ISSN 0028-4793, S. 1312–1322, doi:10.1056/NEJMoa2007123, PMID 33626252.
  6. S Mettler, F Lamprecht-Rusca, N Stoffel-Kurt, C Wenk, P C Colombani: The influence of the subjects’ training state on the glycemic index. In: European Journal of Clinical Nutrition. Band 61, Nr. 1, Januar 2007, S. 19–24, doi:10.1038/sj.ejcn.1602480.
  7. C. K. Rayner, M. Samsom, K. L. Jones, M. Horowitz: Relationships of Upper Gastrointestinal Motor and Sensory Function With Glycemic Control. In: Diabetes Care. 2001 Feb;24(2):371–381.
  8. S. B. Roberts: High-glycemic index foods, hunger, and obesity: is there a connection? Nutr Rev. 2000 Jun;58(6):163–169.
  9. D. S. Ludwig: Novel treatments for Obesity. In: Asia Pac J Clin Nutr., 2003, 12 Suppl, S. S8.
  10. a b c d Daniela Strohm, Bonn: Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept? (PDF; 334 kB) Wissenschaftliche Stellungnahme der DGE
  11. Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: ABC der Schlankmacher; 2004
  12. Wim Saris u. a.: The Diogenes Project – Diet, Obesity & Genes Targeting the obesity problem: seeking new insights & routes to prevention. (PDF; 236 kB) Pressemitteilung, 2. Juni 2008.
  13. Stefan Weigt: Was taugt der glykämische Index? In: UGB-Forum spezial Ernährungsrichtungen aktuell bewertet, 2007, Jahrgang, S. 39–41.