GoldenPassLine
Als GoldenPass Line, vereinfacht auch Goldenpass genannt, wird eine von den Schweizer Bahngesellschaften Montreux-Berner-Oberland-Bahn, Zentralbahn und BLS gemeinsam vermarktete Zugverbindung zwischen Luzern und Montreux bezeichnet. Diese führt über die meterspurige Brünigbahn bis Interlaken Ost, anschliessend über die Normalspurstrecken Thunersee- und Spiez-Erlenbach-Zweisimmen-Bahn nach Zweisimmen und von dort über die wiederum meterspurige Bahnstrecke Montreux–Lenk im Simmental zum Genfersee. Die gesamte Verbindung ist 189 Kilometer lang, davon sind 53 Kilometer normalspurig. Die Fahrtdauer inklusive der beiden Umstiege beträgt etwa vier Stunden und 45 Minuten.
Verworfenes Konzept der dritten Schiene
Schon in den 1930er-Jahren entstand die Idee, auf diesen Strecken durch den Bau eines Dreischienengleises eine durchgehende Meterspurverbindung anzubieten. Danach folgten mehrere Studien, von denen die meisten infolge von Geldmangel auf Eis gelegt wurden. Die letzte Studie aus den Jahren 2005/06 zeigte vor allem das Problem auf, das im Bahnhof Spiez entstünde. Dort kreuzen momentan die Züge über die Gleise der Lötschbergachse. Aus Sicherheits- und Kapazitätsgründen verweigert die BLS hier eine Kreuzung der Meterspur auf dem gleichen Niveau mit der Strecke zum Lötschberg-Basistunnel. Dies hätte somit ein aufwendiges Entflechtungsbauwerk im Raum Spiez erfordert, beispielsweise in Form eines unterirdischen Bahnhofs. Dadurch wären die nötigen Infrastrukturkosten auf 205 Millionen Schweizer Franken gestiegen.[1] Ausserdem wären noch die notwendigen Kosten für die Fahrzeuge hinzugekommen, denn die MOB verwendet eine Fahrspannung von 900 Volt Gleichstrom, die übrigen Strecken sind dagegen mit 15 kV 16,7 Hz Wechselstrom elektrifiziert. Ferner müssten die Zahnstangen-Abschnitte im Zuge der Brünigbahn in die Kalkulation einfliessen. Im September 2006 kam das Konsortium der BLS, SBB und MOB zum Schluss, dass die notwendigen Geldmittel von rund einer viertel Milliarde Schweizer Franken in naher Zukunft nicht zu beschaffen seien.
Gemeinsamer Markenauftritt
In den Jahren 2001/2002 wurde entschieden, die Verbindung mit einem gemeinsamen Markenauftritt zu bewerben[2]. In der Folge wurden entsprechend Fahrzeuge der MOB, der BLS[3] und der Brünigbahn (SBB)[4] mit dem neuen Farbschema weiss/gold/schwarz versehen. Im Verlaufe des Jahres 2013 endete dieser Auftritt.
Geplante Spurwechselwagen
Am 3. Oktober 2008 präsentierte die MOB eine neue Variante, die ein massives Einsparpotenzial gegenüber dem Konzept der dritten Schiene verspricht: die Entwicklung eines neuartigen Spurwechseldrehgestelles für 1435 und 1000 Millimeter Spurweite.[5] Diese Neuentwicklung wurde notwendig, da die vordem entwickelten Spurwechseldrehgestelle in einem viel engeren Bereich arbeiten, beispielsweise der Talgo zwischen 1668 Millimeter Breitspur und Normalspur. Das Wechseldrehgestell, das den gestellten Anforderungen am nächsten kommt, stammt aus Japan. Hier befanden sich bereits seit 1994 Drehgestelle in Erprobung, die zwischen der 1067 Millimeter breiten Kapspur und der Normalspur wechseln können. Jedoch liess sich keine dieser bestehenden Drehgestellarten auf die Schweizer Anforderungen übertragen oder daran anpassen, was vor allem durch die auf der MOB beschränkte Achslast von acht Tonnen verhindert wurde. Die damals verfügbaren Wechseldrehgestellarten sind alle für eine Achslast um 16 Tonnen oder höher ausgelegt und sind somit für die Anwendung auf der GoldenPass-Linie zu schwer. Ausserdem sollte das bestehende Rollmaterial weiter genutzt werden, um die Kosten niedrig zu halten. Es kam somit nur ein Umbau des Drehgestells an den Schmalspurwagen in Frage, der eine Weiterverwendung der Wagenkästen ermöglichen würde.
Das Patent für das neuartige Drehgestell wurde am 18. Februar 2008 angemeldet. Dieses Drehgestell besitzt Einzelräder, welche jeweils einseitig in einem dreieckigen Halbrahmen gelagert sind. Diese sind gegenseitig auf einen Wellenstummel gesteckt und über eine Traverse miteinander verbunden. Während des Spurwechselvorgangs wird diese Traverse angehoben und erlaubt dann ein Verschieben der Halbrahmen und damit die Veränderung der Spurweite. Durch die unterschiedliche Höhe der Auflage bei Normal- und Meterspur kann auch der Wagenkasten auf zwei unterschiedliche Fussbodenhöhen gebracht werden, was vorteilhaft ist, da auf dem Normal- und Meterspurnetz unterschiedliche Bahnsteighöhen vorliegen. In der ersten Erprobungsphase wird auf den Einbau eines Bremszahnrades verzichtet. Daher wird in der ersten Phase des Einsatzes der Zuglauf auf den Abschnitt Montreux–Interlaken Ost beschränkt sein, was zunächst die Einrichtung von lediglich einer Umspuranlage in Zweisimmen erfordert. Die ersten Drehgestell-Prototypen und eine Prototyp-Umspuranlage wurden im Jahr 2010 erfolgreich getestet. Dieses variable Drehgestell wurde von der MOB erdacht und von Alstom in Deutschland gefertigt. Die Pläne der beteiligten Bahnbetreiber BLS und MOB wurden 2011 von kantonalen und Bundesbehörden genehmigt. Mit drei spurwechselfähigen Zugkompositionen soll der fahrplanmässige Betrieb zwischen Montreux und Spiez aufgenommen werden; einzelne Züge werden bis Interlaken Ost fahren.[6] Die Gesamtkosten werden auf 97 Millionen Schweizer Franken geschätzt, von denen 42 Millionen Schweizer Franken für den Infrastrukturteil vorgesehen sind.[7]
Im Zusammenhang mit dem Umbau des Bahnhofes Zweisimmen 2015–2017 wurde eine Umspuranlage gebaut.[8] Auf der Umspuranlage in Zweisimmen wurden im März 2019 550 Passagen von der Normalspur auf die Meterspur durchgeführt und dabei wurden keine Störungen festgestellt. Stand Anfangs 2020 war es geplant, dass der Goldenpass-Express ab dem 13. Dezember 2020 Montreux ohne Umsteigen mit Interlaken verbinden sollte. Eine allfällig durchgehende Verbindung nach Luzern ist erst dann möglich, wenn auf Seiten Interlaken ebenfalls eine Umspuranlage gebaut wird.[9] Die Eröffnung der umstiegsfreien Zugverbindung zwischen Montreux und Interlaken wurde infolge der COVID-19-Pandemie auf Dezember 2022 verschoben.[10]
Literatur
- pd/an: Golden Pass: Spurwechsel-Wagen statt dritte Schiene? In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Ausgabe 11/2008, S. 574–575.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Schweizer Eisenbahn-Revue 11/2008, S. 574.
- ↑ Schweizer Eisenbahn-Revue 7/2001, S. 330.
- ↑ http://www.railpictures.net/viewphoto.php?id=446078 (BLS-Pendelzug im GoldenPass-Anstrich)
- ↑ http://www.railpictures.net/viewphoto.php?id=441260 (Zentralbahn-Komposition (ehemals SBB) im GoldenPass-Anstrich)
- ↑ Spurwechselfähiges Rollmaterial statt dritte Schiene – 3. Oktober 2008
- ↑ Spurweitenwechsel ohne Umsteigezwang (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 107 kB) By.Rail.Now! 2011, S. 80
- ↑ TransGoldenPass – Signale stehen auf Grün Berner Zeitung, 12. April 2011
- ↑ Modernisierung Bahnhof Zweisimmen – Bahnhofumbau ist auf Kurs – umsteigefreie Reise wird ab Ende 2019 möglich. BLS AG, 24. März 2017, abgerufen am 5. Juli 2017.
- ↑ bahnonline.ch: MOB - Die Tests für den Goldenpass Express sind überzeugend vom 2. April 2020
- ↑ blick.ch: Corona bremst Goldenpass Express vom 9. November 2020.