Samuel (Chaim) Granovsky

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Samuel (Chaim) Granovsky (geboren 5. August 1882 in Jekaterinoslaw; gestorben 1942 im KZ Auschwitz) war ein jüdischer ukrainischer Maler, Grafiker und Bildhauer in Frankreich.

Leben und Werk

Nu accroupi

Samuel Granovsky kam aus einer jüdischen Bauernfamilie im zaristischen Russland. Ab 1901 studierte er an der Odessaer Kunstschule. Nach dem Beginn des Russisch-Japanischen Krieges wurde er 1904 zum Militärdienst eingezogen. 1908 ging er zum Kunststudium nach München. 1909 zog er nach Paris. Dort begann seine künstlerische Karriere.

Er ließ sich am Rande des Montparnasse-Viertels in der berühmten Künstlersiedlung „La Ruche“, Zentrum avantgardistischerer Aktivitäten, nieder und betätigte sich als Maler, Grafiker und Bildhauer. Er malte vor allem Straßenszenen und Akte, vor allem mit Ölfarben, Pastellfarben, Sepia und Rötel, und schuf abstrakte Skulpturen im Geist des Dadaismus. Zum Broterwerb arbeitete er u. a. als Reinigungskraft im legendären Café „La Rotonde“ und an der Académie de la Grande Chaumière als Modell. Er wurde zu einer prominenten Figur der Pariser Künstler-Bohème. Weil er gerne in einem hell karierten Hemd und einem Texas-Hut durch die Straßen von Paris spazierte hatte er den Spitznamen „Montparnasse-Cowboy“.

Granovsky verließ Paris mit Beginn des Ersten Weltkriegs und zog nach Odessa. 1920 ging er wieder nach Paris. Dort stand er in Kontakt zur Pariser Gemeinschaft russischer Künstler. Er war Mitglied der Union des Artistes Russes à Paris und ab 1921 Mitglied der Gruppe „Cherez“, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die russischen Emigranten mit Vertretern der französischen Kultur zusammenzuführen.

Granovsky war auf wichtigen Ausstellungen vertreten. 1918 nahm er mit fünf Werken an einer Ausstellung der Society of Independent Artists teil. Ab 1920 stellte er mehrmals beim Salon d’Automne und ab 1921 beim Salon des Indépendants aus. 1921 beteiligte er sich an der Ausstellung russischer Künstler in London-Whitechapel. In Paris war er auf Ausstellungen u. a. 1923 in der Galerie „La Licorne“, 1924 im Café „Port-Royal“, 1925 im Café „La Rotonde“, 1926 im Musée Galliera und 1937 in der Galerie Zak vertreten.

1923 entwarf er, u. a. mit Sonia Delaunay, die Bühnenausstattung für die zweite Inszenierung von Tristan Tzaras dadaistischem Stück Le Cœur à gaz.

Der Kunstkritiker Maurice Reynal urteilte damals, dass „Werke von Granovsky nicht der Realität unseres Lebens ähnelten. Elemente in seinen Werken entsprachen nicht unserer Vorstellung von existierenden Objekten, obwohl sie ihre Ähnlichkeit mit Kugel und Würfel in der Konstruktion beibehielten. Seine Kunst könnte ein neuer Weg oder eine neue Kunstbewegung sein, die ihre eigene Ästhetik finden würde.“

Nachdem Deutschland im Zweiten Weltkrieg Frankreich überfallen hatten, blieb Granovsky in Paris. Dort wurde er am 17. Juni 1942 beim Rafle du Vélodrome d’Hiver, einer Massenfestnahme von Juden, verhaftet und in das Sammellager Drancy gebracht. Von dort kam er am 22. Juli nach Auschwitz, wo er umkam.

Bilder Granovskys sind auf dem internationalen Kunstmarkt präsent.[1][2]

Werke (Auswahl)

  • Selbstporträt (Öl auf Leinwand, 61 × 46 cm, um 1920)[3]
  • Stehende Nackte (Rötel; 48,5 × 31 cm, 1926)[4]
  • Weiblicher Akt mit Kopfbedeckung (Pastell, 88 × 72 cm, 1926; Museum Kunst der Verlorenen Generation, Salzburg)[5]
  • Le maisons (Öl auf Leinwand, 46 × 55 cm, 1928)[6]

Postume Ausstellungen

  • 1955: Paris, Galerie Zak. Ausstellung der in der Deportation verstorbenen Künstler und Bildhauer
  • 1961: Paris, Ausstellung Russische Künstler der Pariser Schule
  • 1968: Tel Aviv, Tel Aviv Museum of Art. Jüdische Künstler, die im Holocaust starben
  • 2001: Paris, Paris School. Jüdische Künstler in Paris, 1905–1939
  • 2006: Ramat Gan. Odessa Parisians
  • 2007: Turin, Museo Diffuso della Resistenza, della Deportazione, della Guerra, dei Diritti e della Liberta. Montparnasse déporté. Artisti europei da Parigi ai lager
  • 2015: Wien, Auktionshaus Articurial. Paris School. Jüdische Künstler in Paris, 1905–1939

Literatur

  • Heinz R. Böhme (Hrsg.): Wir haben uns lange nicht gesehen. Kunst der Verlorenen Generation – Sammlung Böhme. Hirmer, München 2020.
  • Hersh Fester: Undzere farpaynikte kinstler. Musée d’art et d’histoire du Judai͏̈sme. 2021, ISBN 978-2-75411193-5.

Weblinks

Einzelnachweise