Asta Gröting

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Asta Gröting (2018). Foto: Angelika Platen

Asta Gröting (* 1961 in Herford) ist eine deutsche Künstlerin. Gröting arbeitet in unterschiedlichen Medien wie Skulptur, Performance und Video. Ihre Arbeiten stellen das gesellschaftliche Miteinander in den Mittelpunkt. Sie verflechten psychologische wie soziale Bezüge zu persönlichen und kollektiven Aussagen.[1]

Leben

Foto: Angelika Platen, 2018

Gröting studierte von 1981 bis 1987 Bildhauerei an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Von 1996 bis 1997 war sie als Gastprofessorin an der Kunsthochschule Valand der Universität Göteborg, an der Gesamthochschule Kassel und an der Städelschule in Frankfurt am Main tätig. Von 1997 bis 2003 war sie Professorin für Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Seit 2009 lehrt sie an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.

Grötings frühe Arbeiten befassen sich hauptsächlich mit Skulptur, bevor sie sich ab 1993 auch Video und Performance zuwandte. Grötings charakteristische Methode besteht darin, dass sie sich vom Ausgangsobjekt löst, Materialien frei wählt, Größen verändert, Inneres nach außen kehrt und Unsichtbares sichtbar macht und dann betitelt, als wäre alles ganz einfach. In Grötings Arbeiten liegt der Fokus auf dem Unsichtbaren, wie der inneren Stimme, dem Zwischenraum zwischen Liebenden, dem Verdauungssystem oder dem Inneren von Einschusslöchern und wie das Unsichtbare an die Oberfläche gebracht werden kann.[2]

Gröting lebt in Berlin.

Werke (Auswahl)

Für den Werkkomplex Berlin Fassaden (2016–2018), formte Gröting Fassaden öffentlicher Gebäude, die im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden waren, in Silikon ab. Die Negativabdrücke zeichnen die Spuren von Einschusslöchern in Fassaden auf, die noch nicht renoviert wurden. Die Silikonabformungen zeigen nicht nur die architektonische Struktur der Gebäude, sondern sie bringen auch die Tiefe der Einschusslöcher an die Oberfläche mit Staub, Schmutz und Graffiti. Da diese Fassaden durch Sanierungen verschwinden – die Strategie der Städte, die Spuren des Krieges auf öffentlichen Flächen auszuradieren – kann man Grötings forensischen Ansatz gegenüber den beschädigten Fassaden Berlins in diesem Kontext als einen Protest gegen das Vergessen verstehen. Die Fassaden sind eine „plastische Langzeitbelichtung, eine einzige, ununterbrochene Aufnahme, die sich durch das ganze 20. bis ins 21. Jahrhundert hineinschiebt.“ (Deborah Levy: Berlin Fassaden. Die archäologische Metapher.)[3]

Für Touch (2015–2018) lud Gröting Personen ein, die auf die eine oder andere Weise ihr Leben berührt haben – darunter Kollegen, Freunde, Familienmitglieder oder Personen des öffentlichen Lebens, die porträtiert werden. Jede Person blickt der Künstlerin über die gesamte Zeit in die Augen, während diese die Konturen ihrer Gesichtszüge mit den Händen nachfährt. Durch diesen Akt des Tastens, Abmessens und Befühlens setzt Gröting eine Form des Porträtierens in Szene, die an traditionelle bildhauerische Bewegungsabläufe denken lässt und auch an medizinische Handgriffe erinnert.[4]

Goethes Reisekutsche, Adenauers Mercedes und mein smart

In Goethes Reisekutsche, Adenauers Mercedes und mein smart (2012) setzt sich Gröting mit Formen handwerklicher und mechanischer Produktion und deren Übergängen in digitalisierte Arbeitsschritte auseinander. Gröting fasst hier drei Karosserien aus drei Jahrhunderten als Skulpturen neu, indem sie ihnen von ihrem Inneren aus begegnet, von der Unterseite der Fahrzeuge aus, vom Abdruck ihrer Antriebsmechanismen, der Sichtbarkeit ihrer Bewegungsgesetze. Die Formen, die sie dabei antrifft, sind, wie die der Körper, die sie in früheren Arbeiten nach ihren möglichen Abdrücken untersuchte, von ihrer Zeit gezeichnet; von der in ihnen gelebten ebenso wie von derjenigen unseres Blicks auf sie.[5]

2008, silicone, 23 × 62 × 144 cm
Space Between Lovers / Unfolded

Space Between Lovers (2008–2015) ist die Materialisierung eines physisch intimen Momentes. Zwei Personen wurden während des Geschlechtsaktes mit Silikon abgeformt. So konnte das Dazwischen zweier Körper skulptural dargestellt werden.

Sowohl Intimität als auch Distanz definieren auch die Werkgruppe Space Between a Family (2010–2015). Diese Serie besteht aus lebensgroßen Abgüssen der engsten Familienangehörigen der Künstlerin. Die Figurengruppe verändert und wandelt sich im Laufe der Jahre, einige wachsen, während andere ganz verschwinden. Deborah Levy, die britische Autorin, die ebenfalls in TOUCH erscheint, beschreibt diese Skulpturen-Serie mit den Worten: This series of sculptures is „a celebration and conservation of life, it is also an unsentimental gaze at family relations – the empty but haunted space of all that is unspoken between them.“

The Inner Voice (1993–2016) ein Werkkomplex mit Bauchrednern weltweit, der für Grötings Schaffen der letzten Jahre zentral ist – verbindet das Innen mit dem Außen und kommuniziert Erkenntnisse über die menschliche Psyche im Alltagsleben. Die jeweiligen Bauchredner führen mit einer eigens von der Künstlerin geschaffenen Puppe Gespräche über Freundschaft, Selbsterkenntnis, Altern, Liebe oder Tod. Das Drehbuch für dieses unterschiedliche Disziplinen, Sprachen und Kulturen überspannende und psychologische Eigenheiten verbindende Projekt stammt von der Künstlerin, manchmal in Zusammenarbeit mit anderen Autoren, wie Deborah Levy und Tim Etchells.[6]

Ausstellungen (Auswahl)

  • 2020 Infinite Sculpture. From the Antique Cast to the 3D Scan, Museu Calouste Gulbenkian, Lisbon, Portugal
  • 2020 On Celestial Bodies, Arter, Istanbul, Turkey
  • 2020 Abduction, BOA In Public Space Program (BOA IPSP), Oslo, Norway
  • 2019 Sculptures infinies, Palais des Beaux Arts, Paris, France
  • 2019 Where do you see yourself in 20 years, Kunsthaus Pasquart, Biel/Bienne, Switzerland
  • 2019 Nah am Leben, James-Simon-Galerie, Staatliche Museen zu Berlin, Berlin, Germany
  • 2019 Kleinplastik Triennale, Fellbach, Germany
  • 2017 Berlin Fassaden, im Kindl Zentrum für zeitgenössische Kunst, Berlin-Neukölln
  • 2017 Das Auto in der Kunst seit 100 Jahren, Kunsthalle Emden, Emden, Germany
  • 2017 Das Gesicht. Eine Spurensuche, Deutsches Hygiene-Museum, Dresden, Germany
  • 2017 This is a Voice, Maas Museum, Sydney, Australia
  • 2017 Die Geschichte der Werkzeuge ist das aufgeschlagene Buch der menschlichen Psychologie, Kunstraum Dornbirn, Dornbirn, Austria
  • 2016 Common Ground, The Moscow State Vadim Sidur Museum, Moscow, Russia
  • 2016 This is a voice, Wellcome Collection, London, United Kingdom
  • 2016 The Withdrawal of the Red Army, Northern Norway Art Museum, Tromsø, Norway
  • 2015 Terrapolis, Whitechapel Gallery & NEON Foundation, École Français, Athens, Greece
  • 2015 Flying over the Abyss, NEON & The Museum of Contemporary Art of Crete, Rethimno, Greece
  • 2014 The International Biennial of Contemporary Art of Cartagena, Cartagena de Indias, Bogotá, Kolumbien
  • 2014 Asta Gröting, carlier | gebauer, Berlin
  • 2010 Asta Gröting, Lentos, Linz; Neuer Berliner Kunstverein, Berlin, Wanderausstellung
  • 2009 Asta Gröting – Sculptures, Henry Moore Institute, Leeds, UK
  • 2008 The Immediate Touch: German, Austrian, and Swiss Drawings from St. Louis Collections, Saint Louis Art Museum, USA
  • 2007 Voice and Void, The Alderich Art Museum, Ridgefield, CT, USA
  • 2006 The Inner Voice, Marta Herford
  • 2005 The Inner Voice/ I AM BIG, Theater der Welt, Stuttgart
  • 2004 With Hidden Noise, at City Varieties presented by the Henry Moore Institute, Leeds, UK
  • 2004 EmotionReason, Biennale of Sydney, Sydney
  • 2003 The Inner Voice/ it seems too loud to come from so far, Freud Museum, London
  • 2002 8th Triennial of International Art, Centre of Attraction, Vilnius
  • 2001 Arbeit Essen Angst, Kokerei Zollverein, Essen 2000
  • 2000 Video as a Female Terrain, Steirischer Herbst, Landesmuseum Joanneum, Graz
  • 1999 Leiblicher Logos, Osaka Nationalmuseum; Tochigi Präfekturmuseum, Japan
  • 1998 The Dreamcatchers, La Biennale de Montréal '98, Centre International d'Art Contemporain de Montréal, Montréal
  • 1997 Hommage à Lidice, České muzeum výtvarných umění, Praha
  • 1996 Homo Ecologicus, KRTU, Departamento de Cultura, Barcelona
  • 1995 Ars 95, Museum of Contemporary Art, Finnish National Gallery Helsinki
  • 1994 22. Biennale von São Paulo
  • 1993 Passageworks, ROOSEUM–Center for Contemporary Art, Malmö
  • 1992 Périls et Colères, capc Musée d'art contemporain Entrepôt, Bordeaux
  • 1991 Umwandlungen, Museum of Contemporary Art, Seoul
  • 1990 The Readymade Boomerang, 8. Biennale Sydney; Aperto, Biennale Venedig, Possible Worlds, ICA und Serpentine Gallery, London

Preise

Literatur

  • Asta Gröting Berlin Fassaden. Herausgegeben von Andreas Fiedler, Autoren: Deborah Levy, Andreas Fiedler, Sternberg Press, Berlin, 2017, ISBN 978-3-95679-356-1[7]
  • Asta Gröting: Die Geschichte der Werkzeuge ist das aufgeschlagene Buch der menschlichen Psychologie. Herausgegeben von Kunstraum Dornbirn, Thomas Häusle, Verlag für Moderne KunstVerlag für moderne Kunst, Nürnberg, 2017, ISBN 978-3-903153-88-2[8]
  • Asta Gröting. König, Köln 2010, ISBN 978-3-86560-786-7. (n.b.k-Ausstellungen. Band 6).
  • Asta Gröting Sculpture: 1987-2008. Henry Moore Sculpture Institute, Leeds 2009.
  • Asta Gröting: The inner voice. Herausgegeben von Jan Hoet und Christoph Keller. mit Beiträgen von Tim Etchells, Asta Gröting, Deborah Levy und Stella Rollig. Revolver, Archiv für Aktuelle Kunst, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-86588-003-7, (englisch und deutsch).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Galerie calier | gebauer. Abgerufen am 3. März 2021.
  2. Stella Rolling: Asta Gröting. In: Marius Babias, Stella Rolling (Hrsg.): n.b.k. Band 7. Walther König, Köln 2010, ISBN 978-3-86560-786-7, S. 12–25.
  3. Deborah Levy: Die archäologische Metapher. In: Andreas Fiedler (Hrsg.): KINDL - Zentrum für Zeitgenössische Kunst, Berlin. Asta Gröting – Berlin Fassaden. Sternberg Press, Berlin 2017, ISBN 978-3-95679-356-1.
  4. Galerie calier | gebauer: TOUCH and Ghost. In: Galerie calier | gebauer. Galerie calier | gebauer, abgerufen am 22. März 2021.
  5. Galerie carlier | gebauer: Pressetext. In: Galerie carlier | gebauer Website. Galerie carlier | gebauer, abgerufen am 22. März 2021.
  6. Marius Babias, Stella Rollig: Asta Gröting. In: Marius Babias, Stella Rollig (Hrsg.): n.b.k. Buchhandlung Walther König, Köln 2010, ISBN 978-3-86560-786-7, S. 6.
  7. Deborah Levy, Andreas Fiedler: Asta Gröting Berlin Fassaden. In: Sternberg Press Website. Andreas Fiedler, 2017, abgerufen am 30. März 2021.
  8. Website Publikation. In: https://vfmk.org/shop/asta-groeting. Kunstraum Dornbirn, Thomas Häusle, 2017, abgerufen am 30. März 2021 (deutsch, englisch).