Gönnern

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Gönnern
Gemeinde Angelburg
Koordinaten: 50° 49′ 34″ N, 8° 26′ 55″ O
Höhe: 376 m ü. NHN
Fläche: 7,07 km²[1]
Einwohner: 1541 (Nov. 2015)[2]
Bevölkerungsdichte: 218 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 35719
Vorwahl: 06464

Gönnern (mundartlich Gennern) ist ein Ortsteil der Gemeinde Angelburg im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Er liegt historisch gesehen im sogenannten Hessischen Hinterland.

Geographie

Gönnern liegt im Tal des Gansbachs, einem Seitenbach der Perf im Gewässersystem der oberen Lahn im Breidenbacher Grund (Gladenbacher Bergland). Der Ort befindet sich etwa 12 Kilometer Luftlinie südlich der Städte Bad Laasphe und Biedenkopf, 15 bis 18 Kilometer nordöstlich von Dillenburg und Herborn, sowie rund 30 Kilometer westlich von Marburg an der Lahn. Im Südwesten grenzt Gönnern an den Kneippkurort Bad Endbach.

Geschichte

Urkundlich wurde Gönnern erstmals im Jahr 1296 als Gindernahe, „Wolfswasser“ erwähnt. In späteren Urkunden als Gindernawe (1351), Gynderna (1365), Gindern (1630), und Gönnre (1677). In Klammern jeweils das Jahr der Erwähnung.[1]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Gönnern:

„Gönnern (L. Bez. Gladenbach) evangel. Filialdorf; liegt 212 St. von Gladenbach, und gehört dem Freiherrn von Breidenstein, hat 70 Häuser und 435 evangelische Einwohner, so wie 1 Kirche und 3 Mahlmühlen, womit 1 Oelmühle verbunden ist. Jährlich werden 2 Märkte gehalten. – Der Ort kommt früher unter dem Namen Ginderna vor. Am 20 Juni 1826 hat hier ein Brand mehrere Gebäulichkeiten in Asche gelegt, wovon die Brandentschädigung 5269 fl. 12 kr. betrug.“[3]

Gebietsreform

Am 1. Juli 1974 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetz die Gemeinden Angelburg mit Gönnern zu erweiterten Großgemeinde Angelburg zusammengeschlossen.[4] Die Gemeinde Angelburg war am 1. April 1972 durch den Zusammenschluss der Gemeinden Frechenhausen und Lixfeld entstanden.[5] Zuvor, am 16. Dezember 1971, hatte der Kreistag einen freiwilligen Zusammenschluss von Ober- und Niederhörlen, Ober- und Niedereisenhausen sowie Gönnern zu einer Großgemeinde Steffenberg abgelehnt.[6] Diese wurde etwa ein halbes Jahr später ohne Beteiligung von Gönnern neu gegründet.

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Gönnern lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1577: 048 Hausgesesse
• 1630: 040 Hausgesesse (9 zweispännige, 23 einspännige Ackerländer, 8 Einläuftige).
• 1677: 028 Männer, 3 Witwen, 6 Jungmannschaften, 8 ledige Mannschaften.
• 1742: 051 Haushalte
• 1791: 308 Einwohner[14]
• 1800: 284 Einwohner[15]
• 1806: 329 Einwohner, 61 Häuser[12]
• 1829: 435 Einwohner, 70 Häuser[3]
Gönnern: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2011
Jahr  Einwohner
1791
  
308
1800
  
284
1806
  
329
1829
  
435
1834
  
511
1840
  
537
1846
  
531
1852
  
501
1858
  
481
1864
  
447
1871
  
426
1875
  
472
1885
  
478
1895
  
499
1905
  
521
1910
  
648
1925
  
720
1939
  
776
1946
  
1.210
1950
  
1.254
1956
  
1.251
1961
  
1.264
1967
  
1.360
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
1.479
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[16]

Religionszugehörigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1830: 435 evangelische Einwohner
• 1885: 448 evangelische, keine katholischen und 30 andere Christen
• 1961: 977 evangelische (= 77,29 %), 187 römisch-katholische (= 14,79 %) Einwohner

Erwerbstätigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1867: Erwerbspersonen: 235 Landwirtschaft, 5 Forstwirtschaft, 47 Gewerbe und Industrie, 6 Verkehr, 1 Gesundheitspflege, 1 Erziehung und Unterricht, 3 Gemeindeverwaltung.
• 1961: Erwerbspersonen: 149 Land- und Forstwirtschaft, 276 produzierendes Gewerbe, 94 Handel und Verkehr, 66 Dienstleistungen und Sonstiges.

Wappen

Am 15. Juni 1956 genehmigte der Hessische Minister des Innern das Wappen mit folgender Beschreibung:[17]

Wappen von Gönnern
Blasonierung: „Im schräg links geteilten Schild oben in Blau ein silberner Löwenkopf mit zwei roten Streifen, unten in Silber ein roter Flügel.“

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Backhaus

Im Ortskern an der alten Hauptstraße befindet sich ein für Hessen seltenes kulturhistorisches Bauwerk, das 1712 aus Stein in Pyramidenform errichtete alte Backhaus.

Sehenswert sind auch die vorbildlich restaurierte Alte Schule (spätere Bürgermeisterei) und die Rots-Villa, ein mit Kratzputz reich verzierter Fachwerkbau.

Viele historische Kleinodien und Baudenkmale fielen in den 1960er Jahren der Spitzhacke zum Opfer: das Hirtenhaus, die Assmanns-Mühle und die 1340 erbaute Wehrkirche (Abriss 1959).

Sport

International sportlich bekannt wurde Gönnern durch den Tischtennis-Bundesligisten und zweimaligen Championsleague-Gewinner TTV Gönnern. Bekannteste Spieler des Vereins waren Timo Boll und Jörg Roßkopf.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaftsstruktur

Die hügelige und waldreiche Umgebung des Ortes (mittlere Höhe 400 Meter über NN) erlaubt keine Landwirtschaft mit hohen Erträgen. Viehzucht, Forstwirtschaft und steinverarbeitendes Handwerk (Diabas), sowie Handwerksbetriebe der Metallverarbeitung und des Bauhandwerks bilden die Grundlage der heimischen Wirtschaft.

Eine regionalgeschichtliche Besonderheit ist der jährlich im Februar stattfindende Wintermarkt, ein Kram- und ehemaliger Viehmarkt in der Hauptstraße, der Gönnern einst als Marktflecken im Breidenbacher Grund auswies.

Verkehr

Gönnern liegt, wie die anderen Ortsteile der Gemeinde Angelburg, Lixfeld und Frechenhausen, an der Scheldetalbahn DillenburgWallauBiedenkopf, die 1911/12 erbaut und 1987 stillgelegt wurde. Wenige Jahre danach wurde der gesamte Gleiskörper der Strecke abgebaut und verschrottet, Gleisdämme und Viadukte dem Zerfall preisgegeben oder eingeebnet. Heute wird der öffentliche Nahverkehr mit Bussen über die Schelde-Lahn-Straße betrieben.

Söhne und Töchter der Gemeinde

Literatur

  • Günter Debus, in Zusammenarbeit mit Elisabeth Debus und Inge Debus: Geschichten aus unserem Dorf – Gönnern 1296–1996. Eine historische Ortsvermessung, Geschichten und Familienchroniken mit Dokumenten und historischen Fotografien. 1996, ISBN 3-00-001109-9.
  • Karl Huth: Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Landkreises Biedenkopf. Biedenkopf 1962.
  • Hans Friebertshäuser: Mundart und Volksleben im Altkreis Biedenkopf. Biedenkopf 1998.
  • Kerstin Werner: Wandern zwischen zwei Welten – Die Geschichte der Hinterländer / Arbeitsmigration in der Wetterau. In: Michael Keller, Herfried Münkler (Hrsg.): Die Wetterau. Verlag Sparkasse Wetterau, 1990, ISBN 3-924103-06-2.
  • Regina Klein: In der Zwischenzeit. Psychosozialverlag Gießen, 2003, ISBN 3-89806-194-9.
  • Kurt Werner Sänger: schwortswaise raabooche – Stille rauhe Wörter aus dem Hinterland. Illustrationen von Klaus Schlosser, Jonas Verlag, Marburg 1987, ISBN 3-922561-53-5.
  • Kurt Werner Sänger: Hinterländer Totentanz – Gönnernsche Ode an den Tod. Fotos von Rudolf Kraft, Europäische Totentanz-Vereinigung/Danses Macabres d’Europe, Düsseldorf, ISSN 1618-7962.
  • Gruppe Odermennig: Gemorje Hinnerlaand. Lieder, Lyrik & Burlesken. Langspielplatte, Regie: Alwin Michael Rueffer, Illustrationen von Wolfgang Rudelius, Quadriga Ton, Frankfurt 1984, GEMA QU 9083.
  • Odermennig: deheem – odermennig und das hinterland. Fernsehfilm, Regie: Wolfgang Würker, Hessischer Rundfunk, Frankfurt 1987.
  • Ulrike Koeppchen: Bembelsänger, Dippegucker, Ossenköppe – Dialekte und regionale Identität. Sendemanuskript, Regie: Volker Bernius, Hessischer Rundfunk, Frankfurt 2004.
  • Kurt Werner Sänger: Moiserisch Emil, zweisprachig, mit Illustrationen von Leonore Poth, CoCon Verlag Hanau 2017, ISBN 978-3-86314-333-6.
  • Literatur über Gönnern nach Register In: Hessische Bibliographie

Weblinks

Anmerkungen

  1. Bis 1823 Patrimonialgericht Grund Breidenbach; 1923: Trennung von Justiz (Landgericht Biedenkopf) und Verwaltung.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Gönnern, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Zahlen/Daten/Fakten (Memento vom 25. September 2015 im Internet Archive) In: Webauftritt der Gemeinde Angelburg, abgerufen am 27. März 2018.
  3. a b Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 101 (Online bei google books).
  4. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 17 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 350–351.
  6. VRM Mittelhessen GmbH & Co KG: Vor 50 Jahren: Die Geburt von "Angelburg". 31. März 2022, abgerufen am 31. März 2022.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  9. Die Zugehörigkeit des Amtes Blankenstein anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  10. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 7, 430 (Online bei google books).
  11. a b Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 27 ff., § 40 Punkt 6c) (google books).
  12. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 247 (Online in der HathiTrust digital library).
  13. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 416 (online bei Google Books).
  14. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 190 (Online in der HathiTrust digital library).
  15. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 203 (Online in der HathiTrust digital library).
  16. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt;
  17. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Gönnern im Landkreis Biedenkopf, Regierungsbezirk Wiesbaden vom 30. Juni 1956. In: Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1956 Nr. 7, S. 639, Punkt 578 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF]).