Hamburger Arbeiterkolonie Schäferhof

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Haupthaus des Schäferhofs

Die Hamburger Arbeiterkolonie Schäferhof in Appen ist eine soziale Einrichtung des Diakonischen Werks Schleswig-Holstein. Das Stiftungsvermögen besteht zum größten Teil aus dem landwirtschaftlichen Betrieb Schäferhof und den dazugehörigen Ländereien. Die Einrichtung bietet stationäre Hilfe für Wohnungslose und stationäre Hilfe für alkoholkranke Menschen. Sie unterstützt spezielle Notunterkünfte für Durchreisende in Pinneberg.

Hilfsangebote und Projekte

Stationäre Wohnungslosenhilfe

Zielgruppen sind alleinstehende Menschen, die sich in besonderen sozialen Schwierigkeiten befinden und wohnungslos sind. Die Probleme und Schwierigkeiten sind häufig so groß, dass sie ohne den stützenden Rahmen einer stationären Einrichtung ihre Situation nicht ändern können. Die Hilfesuchenden erhalten persönliche Beratung von Fachkräften. Insbesondere werden sie unterstützt bei der Arbeitsplatzsuche und der Suche nach einer eigenen Wohnung. Sie erhalten Arbeit und Beschäftigung im Schäferhof sowie Unterkunft und Verpflegung. Dazu gibt es im Haupthaus 26 Einzelzimmer mit Nasszelle. Grundlage ist § 67 des Sozialgesetzbuches XII.

Stationäre Hilfe für alkoholkranke Menschen

Haus Raboisen

Für chronisch mehrfach beeinträchtige, alkoholkranke Menschen (CMA) gibt es im Haus Raboisen zwölf stationäre Plätze. Eine feste Tagesstruktur mit gemeinsamen Mahlzeiten, therapeutischen und sozialpädagogischen Angeboten soll Halt und Orientierung geben. Abstinenz ist keine Aufnahmevoraussetzung. Es gibt die Möglichkeit des fremdkontrollierten Trinkens. Das Angebot gehört konzeptionell und sozialhilferechtlich zur Suchthilfe, Grundlage ist § 53 des Sozialgesetzbuches XII.

Unterkunft für Durchreisende

Durchreisende Wohnungslose können in Pinneberg einen Platz in einer speziellen Notunterkunft erhalten, die vom Diakonischen Werk des Kirchenkreises Pinneberg betrieben wird. Die Unterkunft wird vom Schäferhof hauswirtschaftlich und hausmeisterlich unterstützt. Während des Aufenthalts prüft man, ob ein Bedarf für stationäre Hilfe nach §§ 67 ff Sozialgesetzbuches XII vorliegt. Dann ist eine Aufnahme im Schäferhof möglich.

Projekte und Beschäftigungsangebote

Die Beschäftigungsangebote sorgen für Struktur und Orientierung. Die Beschäftigung soll sinnstiftend sein.

Der Schäferhof verfügt über eine gut eingerichtete Holzwerkstatt, zur Unterstützung der Bewohner sind drei Arbeitsanleiter angestellt. Der Bereich Beschäftigung ist als Zweckbetrieb anerkannt. Hergestellt werden Gartenbänke, Nistkästen, Müllcontainerboxen und weitere Holzprodukte.

Gebäude mit dem Hofcafé

Das Hofcafé öffnet an Wochenenden in den Sommermonaten für den Publikumsverkehr. Maßnahmeteilnehmer sind im Service tätig.

Das integrative Reitsportzentrum Hamburg-West wird vom Lebenshilfewerk Pinneberg in Zusammenarbeit mit der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie betrieben. Menschen mit Behinderung oder sozialer Benachteiligung finden in den Ställen, auf der Hofanlage sowie in der Weidewirtschaft passende Angebote der Beschäftigung und Qualifizierung.

Der Naturerlebnisraum besteht aus einem Schau- und Lehrgarten und einer Beobachtungsstation am Appener See mit Robustrinderhaltung. Auch hier finden Menschen aus Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten der Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie eine sinnvolle Einsatzstelle.

Geschichte

Die Hamburger Arbeiterkolonie wurde 1891 von Hamburger Kaufleuten gegründet. Der Standort lag zunächst nahe der Hamburger Michaeliskirche am Neustädter Neuerweg 43, dann im Stadtteil Rothenburgsort an der Billhorner Kanalstraße 50. Der Schwerpunkt der Einrichtung war die Hilfe für vagabundierende Wohnungslose, sogenannte Wanderarme. Ausschließlich Männer wurden aufgenommen, sofern sie arbeitswillig waren. Der Aufenthalt war befristet, die selbstständige Lebensgestaltung außerhalb der Kolonie war das Ziel.

Vielen Kolonisten gelang es nicht, sich eine Existenz aufzubauen, sodass sie immer wieder zur Arbeiterkolonie zurückkehrten. Um diesen eine dauerhafte Perspektive zu bieten, wurde 1898 der Schäferhof als Heimatkolonie, eine 300 ha große Immobilie außerhalb der Stadt Hamburg bei Appen, erworben. Die Wohnanlage ermöglichte den Aufenthalt von bis zu 120 Männern. Bis in die Zeit weit nach dem Zweiten Weltkrieg galt das Prinzip Hilfe gegen Arbeit. Die Kolonisten waren in Landwirtschaft, Gartenbau und Hauswirtschaft tätig.

Da die Landwirtschaft durch Mechanisierung immer weniger Beschäftigungsmöglichkeiten bot, wurde im Schäferhof in den 1970er Jahren zusätzlich eine Kisten- und Palettenproduktion aufgebaut. 1996 wurde die Landwirtschaft des Schäferhofs verpachtet, außerdem musste man wegen der geänderten Marktlage die Palettenproduktion einstellen. Um weiterhin Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, wurde eine Holzwerkstatt eingerichtet. Hofcafé, Reitsportzentrum und Naturerlebnisraum kamen später dazu.

Im Wohnbereich wurde von Mehrbettzimmern auf Einzelzimmer umgestellt. Im Haupthaus sind seit 2013 alle 26 Zimmer mit Nasszelle ausgestattet.

Literatur

  • Jürgen Scheffler (Hrsg.): Bürger & Bettler. Materialien und Dokumente zur Geschichte der Nichtseßhaftenhilfe in der Diakonie, Band 1, 1854 bis 1954, Bielefeld 1987.
  • Zentralverband Deutscher Arbeiterkolonien (Hrsg.), Hannes Kiebel, Heinz Oelhoff (Red. u. Gestaltung): Ein Jahrhundert Arbeiterkolonien. „Arbeit statt Almosen“ – Hilfe für obdachlose Wanderarme 1884–1984. VSH-Verlag Soziale Hilfe, Bielefeld 1984, ISBN 3-923074-01-8.

Weblinks

Commons: Hamburger Arbeiterkolonie Schäferhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 53° 38′ 57,1″ N, 9° 44′ 29,3″ O