Hans Heinrich Gerth

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Hans Gerth)

Hans Heinrich Gerth (* 24. April 1908 in Kassel; † 29. Dezember 1978 in Glashütten, Taunus) war ein US-amerikanischer Soziologe deutscher Herkunft.

Leben und Wirken

Hans Heinrich Gerth studierte in Heidelberg bei Karl Jaspers, Emil Lederer, Alfred Weber und besonders Karl Mannheim. Später waren Paul Tillich und Adolph Löwe seine akademischen Lehrer an der Universität Frankfurt am Main. Das Studienjahr 1929/30 verbrachte er an der London School of Economics. Nach seiner Frankfurter Promotion[1] 1933 wurde er Forschungsassistent von Rudolf Heberle an der Universität Kiel. Anschließend war er bis 1937 als Journalist tätig, unter anderem als Berlin-Korrespondent der Chicago Daily News. Gerth emigrierte 1938 über Großbritannien in die USA. Dort stieß er anfänglich auf das Misstrauen von Emigranten, die Deutschland schon 1933 verlassen hatten. Nach einem von ihm selbst geprägten Ausdruck war er im Exil der Prototyp des „arischen Spätankömmlings“.[2]

Bis 1940 lehrte er als Assistenz-Professor Soziologie an der University of Illinois, anschließend erst ebenfalls als Assistenz-Professor und seit 1947 als Professor an der University of Wisconsin. Während dieser Jahre widmete er sich intensiv der Übersetzung der Werke von Max Weber. In den USA arbeitete Gerth eng mit C. Wright Mills zusammen, der anfangs sein Student gewesen war. 1971 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er bis 1975 Professor für Soziologie an der Universität Frankfurt am Main war.

Gerth gilt als „Mentor einer ganzen Generation namhafter amerikanischer Sozialwissenschaftler“.[3] Er war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie.

Schriften (Auswahl)

  • Die sozialgeschichtliche Lage der bürgerlichen Intelligenz um die Wende des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Soziologie des deutschen Frühliberalismus (Dissertation 1933), VDI, Berlin 1935. Neudruck unter dem Titel:
  • From Max Weber: Essays in sociology. Herausgegeben und kommentiert mit C. Wright Mills, Oxford university press, New York 1946 (Neuausgabe: Routledge, New York 2009, ISBN 978-0-415-48269-1).
  • Zusammen mit C. Wright Mills: Character and social structure. The psychology of social institutions. Harcourt, New York 1953.
    • Person und Gesellschaft. Die Psychologie sozialer Institutionen. Athenäum-Verlag, Frankfurt am Main/Bonn 1970.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Doktorarbeit, die als maschinenschriftlicher Druck 1935 bei VDI, Berlin erschien, war von formalen Schwierigkeiten begleitet, weil Karl Mannheim und seine übrigen akademischen Lehrer bereits „beurlaubt“ und zum Teil schon emigriert waren. Die Promotion wurde nur über einen Sonderantrag beim Universitätsrektor möglich. Eine wissenschaftliche Laufbahn war für Gerth im nationalsozialistischen Deutschland aber nicht mehr möglich. Ruth Meyer: Hans Gerth † (24.4.1908–29.12.1978). In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. 32. Jahrgang, 1980, S. 195.
  2. Robert Jackall in der Einleitung zu: Hans Speier: Die Intellektuellen und die moderne Gesellschaft. Nausner & Nausner, Graz/Wien 2007, ISBN 978-3-901402-41-8, S. 11–34, hier S. 17, Anm. 13.
  3. Robert Jackall in der Einleitung zu: Hans Speier: Die Intellektuellen und die moderne Gesellschaft. Nausner & Nausner, Graz/Wien 2007. ISBN 978-3-901402-41-8, S. 11–34, hier S. 17.