Orangekehl-Schattenkolibri

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Orangekehl-Schattenkolibri

Orangekehl-Schattenkolibri

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Seglervögel (Apodiformes)
Familie: Kolibris (Trochilidae)
Unterfamilie: Eremiten (Phaethornithinae)
Gattung: Threnetes
Art: Orangekehl-Schattenkolibri
Wissenschaftlicher Name
Threnetes leucurus
(Linnaeus, 1766)

Der Orangekehl-Schattenkolibri (Threnetes leucurus), auch Schwarzkinn-Schattenkolibri, Hellschwanz-Schattenkolibri oder Hellschwanzeremit, ist eine Vogelart aus der Familie der Kolibris (Trochilidae), die in Kolumbien, Venezuela, Guyana, Suriname, Französisch-Guayana, Brasilien, Ecuador, Peru und Bolivien vorkommt. Der Bestand wird von der IUCN als „nicht gefährdet“ (least concern) eingeschätzt.

Merkmale

Der Orangekehl-Schattenkolibri erreicht bei einem Gewicht von 4 bis 7 g eine Körperlänge von 10 bis 12,2 cm, wobei die Flügel 6,2 cm, der Schwanz 3,6 cm und der Schnabelrücken 2,9 cm ausmachen. Die Oberseite, die Halsseiten, die Flügeldecken und Flanken sind bronzegrün. Das Kinn ist schwarz, Ohrdecken und Brust schwarzbraun. Die Kehle ist rostrot, der Bauch graubräunlich. Die graugrünlichen Unterschwanzdecken haben helle Säume. Die Flügel sind schwärzlich purpurn gefärbt. Die mittleren Steuerfedern sind bronzegrün mit kleinen weißen Spitzen, die seitlichen Steuerfedern sind weiß, wobei die äußersten schwarze Spitzen haben. Der Oberschnabel ist schwarz, der Unterschnabel weißlich mit dunkler Spitze. Die Füße sind gelbbraun.[1]

Verhalten und Ernährung

Der Orangekehl-Schattenkolibri bezieht seinen Nektar von Helikonien, Costus, Monotagma und anderen blühenden Pflanzen. In Kolumbien wurde er an Palicourea lasiantha und Psychotria bahiensis aus der Familie der Rötegewächse, Heliconia standleyi und Heliconia stricta aus der Familie der Helikonien, Drymonia coccinea und Drymonia semicordata aus der Familie der Gesneriengewächse, Arten aus der Gattung Pseudobombax aus der Familie der Wollbaumgewächse und Sanchezia peruviana aus der Familie der Akanthusgewächse beobachtet. Als sogenannter Trapliner fliegt er regelmäßig in rascher Folge Blüten dieser Pflanzen an. Ebenso ernährt er sich von kleinen Gliederfüßern.[2]

Fortpflanzung

Die Brutzeit für T. l. medianus ist von September bis März, mit vereinzelten Berichten über Nester im Mai, September und Oktober im Nordosten südlich des Amazonas. In Guyana brütet er von Januar bis März. Gonadenaktivitäten weisen in Pará darauf hin, dass er dort von Juli bis Oktober brütet. Aus Peru werden Brutaktivitäten von August bis September, aus Ecuador und dem extremen Südwesten Venezuelas im Februar berichtet. Sein Nest ist ein gepflegter, konischförmiger Kelch aus fasrigen Wurzeln, dünnen Zweigen, abgestorbenen Blättern und grünlich weißen Flechten, das an der Unterseite der Spitze eines Palmwedels von z. B. Euterpe oleracea oder Oenocarpus bacaba angebracht wird. Das Nest ähnelt dem des Sägeschnabel-Schattenkolibris (Ramphodon naevius) und des Rotschwanz-Schattenkolibris (Glaucis hirsutus), ist aber dichter gebaut und mit mehr Flechten an der Außenseite dekoriert. Das Nest wird zwischen 0,6 und 3,5 Metern über dem Boden gebaut.[2] Es ist ca. 120 mm hoch, der Außenradius beträgt ca. 55 mm und der Innenradius ca. 40 mm bei einer Nesttiefe von ca. 30 mm. Die zwei ca. 0,72 g schweren Eier sind ca. 17 × 9,5 mm groß.[1] Die Brutdauer beträgt 16 bis 18 Tage, wobei die Jungvögel nach dem Schlüpfen 21 bis 25 Tage lang Nesthocker sind. Das Ausbrüten erfolgt ausschließlich durch das Weibchen. Die Küken haben eine dunkle pinke Haut, sind auf der Unterseite dunkel und haben einen gelblich schwarzen Schnabel.[2]

Lautäußerungen

Der Gesang des Orangekehl-Schattenkolibris besteht aus einer schnellen hellen Phrase aus fünf bis zehn Tönen über einige Sekunden. Der Gesang ähnelt dem des Weißbinden-Schattenkolibris (Threnetes ruckeri), doch stößt er diesen in höherem Tempo aus. Die Laute beinhalten helle scharfe tsit-Töne, die er manchmal doppelt.[2]

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitungsgebiet (grün) des Orangekehl-Schattenkolibris

Der Orangekehl-Schattenkolibri bevorzugt Gegenden im feuchten Tiefland und höher gelegene tropische Wälder, Flussufer an Wäldern, Übergangs- und Überflutungswälder wie Várzea und Igapó-Wald, Sekundärvegetation, buschige Weideflächen und Plantagen. In Französisch-Guayana kommt er in Höhenlagen unter 500 Meter, im Süden Venezuelas bis 850 Meter, in Peru von Meeresspiegel bis 1800 Meter, meist aber unter 1200 Meter und in Ecuador bis 1600 Meter, meist aber unter 1100 Meter, vor.[2]

Migration

Der Orangekehl-Schattenkolibri gilt als Standvogel.[2]

Unterarten

Bisher sind vier Unterarten bekannt:[3]

  • Threnetes leucurus cervinicauda Gould, 1855[4] kommt im Osten Kolumbiens, dem Osten Ecuadors, dem Osten Perus und dem Westen Brasiliens vor. Diese Subspezies hat eine leicht grau ockerfarbene Färbung am Bauch und hell zimtfarbene seitliche Schwanzfedern mit dunklen Spitzen.[2]
  • Threnetes leucurus rufigastra Cory, 1915[5] ist vom zentralen Peru bis ins nordwestliche Bolivien verbreitet. Diese Unterart hat eine leicht rotbraune bis ockerfarbene Färbung am Bauch und weiße seitliche Schwanzfedern mit dunklen Spitzen wie die Nominatform.[2]
  • Threnetes leucurus leucurus (Linnaeus, 1766)[6] – die Nominatform kommt von Venezuela bis Suriname, den Amazonas Brasiliens und den Norden Boliviens vor.
  • Threnetes leucurus medianus Hellmayr, 1929[7] ist im Nordosten Brasiliens südlich des Amazonas verbreitet. Diese Unterart hat eine leicht grau ockerfarbene Färbung am Bauch und hell ockerfarbene seitliche Schwanzfedern mit schwärzlichen Spitzen.[2]

Threnetes hauxwelli Boucard, 1895[8] ist ein Synonym für T. l. cervinicauda. Polytmus Surinamensis Brison, 1760[9][A 1] ist ein Synonym für die Nominatform.

Lange galt der Orangekehl-Schattenkolibri als Unterart des Rußschattenkolibris, doch hat das South American Classification Committee eine Abspaltung in zwei Arten beschlossen.[10] Threnetes niger loehkeni Grantsau, 1969 wird gelegentlich als Unterart des Orangekehl-Schattenkolibris betrachtet.

Etymologie und Forschungsgeschichte

Die Erstbeschreibung des Orangekehl-Schattenkolibris erfolgte 1766 durch Carl von Linné unter dem wissenschaftlichen Namen Trochilus leucurus. Als Lebensraum gab er pauschal Südamerika (America Meridionalis) an.[6] Erst 1852 führte John Gould die Gattung Threnetes ein.[11][A 2] Dieser Name leitet sich vom griechischen

θρηνητης, θρηνος, θρεομαι

für „Trauernder, klagen, kreischen“ ab.[12] Der Artname leucurus ist ein griechisches Wortgebilde aus

λευκός

für „weiß“ und

-οὐρός, οὐρά

für „-schwänzig, Schwanz“.[13] Cervinicauda bildet sich aus dem lateinischen cervinus für „hirschfarben“ und cauda für „Schwanz“.[14] Rufigastra setzt sich aus rufus für „rot“ und gaster für „Bauch“ zusammen.[15] Medianus, medius ist das lateinische Wort für „Mitte“.[16] Hauxwelli ehrt den britischen Forschungsreisenden John Hauxwell (1827–1919), der das Exemplar in Pebas im Jahr 1867 gesammelt hatte.[8] Surinamensis bezieht sich auf das Land Suriname.[9]

Literatur

  • Josep del Hoyo, Nigel James Collar, Guy Maxwell Kirwan, Peter Boesman: Barbthroat (Threnetes leucurus). In: Josep del Hoyo, Andrew Elliott, Jordi Sargatal, David Andrew Christie, Eduardo de Juana (Hrsg.): Handbook of the Birds of the World Alive. Lynx Edicions, Barcelona (englisch, hbw.com).
  • Rolf Grantsau: Die Kolibris Brasiliens. Ein Bestimmungsschlüssel für alle Kolibriformen Brasiliens. Expressão e Cultura, Rio de Janeiro 1988, ISBN 85-208-0101-3.
  • James A. Jobling: Helm Dictionary of Scientific Bird Names. Christopher Helm, London 2010, ISBN 978-1-4081-2501-4.
  • Carl von Linné: Systema Naturae per Regna Tria Naturae, Secundum Classes, Ordines, Genera, Species, Cum Characteribus, Differentiis, Synonymis, Locis. 12. Auflage. Band 1. Imprensis Direct Laurentii Salvii, Stockholm 1766 (biodiversitylibrary.org).
  • John Gould: A monograph of the Trochilidæ, or family of humming-birds. Band 1, Lieferung 4. Taylor and Francis, London 1852 (biodiversitylibrary.org).
  • John Gould: Description of a New Species of Humming Bird, from Quijos. In: Proceedings of the Zoological Society of London. Band 22, Nr. 266, 1854, S. 109 (biodiversitylibrary.org).
  • Charles Barney Cory: Notes on South American Birds, with descriptions of new subspecies. In: Field Museum of Natural History Publication 183 (= Ornithological Series). Band 1, Nr. 9, 1915, S. 303–335 (biodiversitylibrary.org).
  • Charles Barney Cory: A contribution to the ornithology of north-eastern Brazil. In: Field Museum of Natural History Publication 255 (= Zoological Series). Band 12, Nr. 18, 1929, S. 233–501 (biodiversitylibrary.org).
  • Frederick Herschel Waterhouse: The dates of publication of some of the zoological works of the late John Gould, F.R.S. R. H. Porter, London 1885 (biodiversitylibrary.org).
  • Adolphe Boucard: Genera of humming birds: being also a complete monograph of these birds. Pardy & Son, Bournemouth 1895, S. 207–412 (biodiversitylibrary.org).
  • Mathurin-Jacques Brisson: Ornithologie, ou, Méthode contenant la division des oiseaux en ordres, sections, genres, especes & leurs variétés: a laquelle on a joint une description exacte de chaque espèce, avec les citations des auteurs qui en ont traité, les noms quils leur ont donnés, ceux que leur ont donnés les différentes nations, & les noms vulgaires. Band 3. Ad Ripam Augustinorum, apud Cl. Joannem-Baptistam Bauche, bibliopolam, ad Insigne S. Genovesae, & S. Joannis in Deserto, Paris 1760 (biodiversitylibrary.org).
  • Richard Valentine Melville, Jeremy D. D. Smith: Official lists and indexes of names and works in zoology. International Trust for Zoological Nomenclature, c/o Natural History Museum, London 1987, ISBN 0-85301-004-8 (biodiversitylibrary.org).

Weblinks

Commons: Orangekehl-Schattenkolibri (Threnetes leucurus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Rolf Grantsau, S. 28.
  2. a b c d e f g h i Josep del Hoyo u. a.
  3. IOC World Bird List Hummingbirds
  4. John Gould, S. 109.
  5. Charles Barney Cory, S. 303.
  6. a b Carl von Linné, S. 190.
  7. Carl Eduard Hellmayr, S. 381.
  8. a b Adolphe Boucard, S. 371.
  9. a b Mathurin-Jacques Brisson, S. 674.
  10. Proposal (77) to South American Classification Committee: Split Threnetes leucurus from Threnetes niger
  11. John Gould (1852), S. 95f.
  12. James A. Jobling, S. 385.
  13. James A. Jobling, S. 225.
  14. James A. Jobling, S. 97.
  15. James A. Jobling, S. 342.
  16. James A. Jobling, S. 244.

Anmerkungen

  1. Laut Richard Valentine Melville & Jeremy D. D. Smith Official lists and indexes of names and works in zoology S. 313 wird der Name nicht für die binäre Nomenklatur berücksichtigt.
  2. Laut Frederick Herschel Waterhouse S. 55 erschienen die Tafel 13 und 15 als Teil der Lieferung 4 aus dem Jahre 1852. Hier ordnete Gould den Orangekehl-Schattenkolibri (Threnetes leucurus (Linnaeus, 1766)) und Threnetes antoniae (Bourcier & Mulsant, 1852), ein Synonym für den Rußschattenkolibri (Threnetes niger (Linnaeus, 1758)) der Gattung zu.