Holocaust im Film

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Der Holocaust ist seit 1945 häufig in Filmen aller Art dargestellt worden. Besonders Spielfilme über Einzelschicksale des Holocaust mit melodramatischem Charakter haben breite öffentliche Debatten hervorgerufen. Darin geht es um die Möglichkeiten und Grenzen der bildhaften Darstellung des Holocaust und ihren Beitrag zu einer dem Ereignis angemessenen Erinnerungskultur. Diese Debatte wird seit 1945 ähnlich auch in der Philosophie (Theodor W. Adorno), der Literaturwissenschaft und Geschichtswissenschaft über die Holocaustliteratur geführt.

Filmdramen

Der Plot eines Holocaust-Dramas wird vom Wissen der Zuschauer um die realen Hintergründe in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern der Zeit des Nationalsozialismus getragen. Einzelschicksale der Hauptdarstellenden versuchen persönliches Heldentum, unwillentliche Verstrickung und Schuld mit dem historischen Hintergrund zu verknüpfen. Sehr oft wird die Authentizität eines Teils der Geschichte betont. Dem Drehbuch liegt oft ein bereits veröffentlichter Roman zugrunde.

Schon früh setzten sich einzelne Filme mit den Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus auseinander (so beispielsweise im deutschen DEFA-Nachkriegsfilm Die Mörder sind unter uns von 1946) und thematisierten vereinzelt auch die Vernichtungs- und Konzentrationslager (z. B. Morituri von Eugen York). Eine breite Aufarbeitung begann jedoch erst viel später. Besondere Aufmerksamkeit fand die vierteilige US-Fernsehserie Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss aus dem Jahr 1978, die auch zu einem allgemeinen Dialog über den Holocaust nicht nur in den USA, sondern auch in deutschsprachigen Ländern führte. Starke Reaktionen rief die Zeitzeugen-Dokumentation Shoah von Claude Lanzmann im Jahr 1985 und schließlich 1993 der bei Publikum und Kritik erfolgreiche Spielfilm Schindlers Liste von Steven Spielberg hervor.

Die Filme lösten immer wieder Diskussionen über die Themenwahl aus. Zum einen wurde auch von Holocaust-Überlebenden angeführt, ein solches Thema ließe sich nicht angemessen verfilmen, wobei die Prämisse der Darstellbarkeit von Realität bereits hinterfragt werden muss. Durch die Darstellung etwa des Lebens im Ghetto und der Konzentrationslager werde deren Schrecken banalisiert bzw. in der Sprache und Kultur der Täter dargestellt. Somit könne nicht unabhängig davon reflektiert werden. Dramatisierung und historische Wahrheit würden kaum miteinander in Deckung zu bringen sein, was jedoch das Problem jeder mimetischen Vorstellung von Darstellung ist. Die Angreifbarkeit des Themas Holocaust durch Rechtsradikale oder Revisionisten würde dadurch unnötig erleichtert, denn wenn etwas nur erinnert wird, weil es im Film spielt und nur dort existiert, kann es durch einen anderen Film ebenso deklamiert werden.

Dem ist entgegengehalten worden, dass es gerade einem Spielfilm gelingen könne, Jugendlichen die Dimensionen des Geschehenen begreifbar zu machen. Ein gutes Beispiel sei Schindlers Liste. Es besteht die Möglichkeit der Identifikation durch Mitgefühl, allerdings kann dies eine Reflexion über das Thema nicht ersetzen.

Siehe auch

Literatur

deutsch
  • Bettina Bannasch, Almuth Hammer: Verbot der Bilder – Gebot der Erinnerung: Mediale Repräsentationen der Schoah. Campus, 2004 ISBN 3593374854
  • Catrin Corell: Der Holocaust als Herausforderung für den Film. Formen des filmischen Umgangs mit der Shoah seit 1945. Eine Wirkungstypologie. Transcript, Bielefeld 2009 ISBN 978-3-89942-719-6 (Rezension von Manuel Köppen)
  • Jürgen Egyptien: Erinnerung in Text und Bild: Zur Darstellbarkeit von Krieg und Holocaust im literarischen und filmischen Schaffen in Deutschland und Polen. Oldenbourg, München 2012 ISBN 305005722X
  • Gertrud Koch: Die Einstellung ist die Einstellung. Visuelle Konstruktionen des Judentums. Suhrkamp, Frankfurt 1992
  • Manuel Köppen, Klaus R. Scherpe: Bilder des Holocaust. Literatur, Film, Bildende Kunst. Böhlau, Wien 1997 ISBN 3412051977
  • Matías Martínez: Der Holocaust und die Künste: Medialität und Authentizität von Holocaust-Darstellungen in Literatur, Film, Video, Malerei, Denkmälern, Comic und Musik. Aisthesis, 2004 ISBN 3895284599
  • Elke Schieber: Tangenten. Holocaust und jüdisches Leben im Spiegel audiovisueller Medien der SBZ und der DDR 1946 bis 1990 – eine Dokumentation, Bertz und Fischer, Berlin, 2016, ISBN 978-3-86505-403-6.
  • Mirjam Schmid: Darstellbarkeit der Shoah in Roman und Film. Kulturgeschichtliche Reihe, 12. Sonnenbergverlag, Annweiler 2012 ISBN 9783933264428[1]
  • Andreas Schmoller: Vergangenheit, die nicht vergeht: Das Gedächtnis der Shoah in Frankreich seit 1945 im Medium Film. Studienverlag, Innsbruck 2010, ISBN 9783706548533
  • Marcus Stiglegger, Alexander Jackob (Hrsg.): Augenblick 36: Zur neuen Kinematographie des Holocaust. Marburg, Schüren 2004 ISSN 0179-2555
  • Martina Thiele: Publizistische Kontroversen über den Holocaust im Film. Lit Verlag, 2008 ISBN 3825858073
  • Waltraud Wende (Hrsg.): Der Holocaust im Film: Mediale Inszenierungen und kulturelles Gedächtnis. Synchron, 2007 ISBN 3939381055
    • Erstauflage: Geschichte im Film: Mediale Inszenierungen des Holocaust und kulturelles Gedächtnis. Metzler, 2002 ISBN 3476453081
englisch
  • Libby Saxton: Haunted images: film, ethics, testimony and the Holocaust. Wallflower Press, 2008, ISBN 1905674368
  • Caroline Joan Picart, David A. Frank, Dominick LaCapra: Frames of Evil: The Holocaust as Horror in American Film. Southern Illinois University Press, 2006, ISBN 0809327244
  • Toby Haggith: Holocaust and the Moving Image. Wallflower Press, 2005, ISBN 1904764517
  • Shelley Hornstein, Florence Jacobowitz: Image and Remembrance: Representation and the Holocaust. Indiana University Press, 2002, ISBN 0253341884
  • Judith E. Doneson: The Holocaust in American Film. Syracuse University Press, 2001, ISBN 0815629265

Weblinks

Notizen

  1. mit ausführlicher Bildbiographie (ca. 40 Titel aus drei Sprachen)