Kulturfabrik Hoyerswerda

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BW

Die Kulturfabrik Hoyerswerda (kurz: Kufa) ist ein Verein in der sächsischen Stadt Hoyerswerda.[1]

Geschichte

Das Gebäude Braugasse 1, Ecke Schloßstraße, im Mai 2010 vor der Renovierung

Der Verein wurde am 24. Oktober 1994 im „Laden“ gegründet, einem ehemaligen Jugendklub. Die Gründungsmitglieder kamen weitgehend aus der „alternativen“ Jugendkulturszene und wollten ein Zentrum für soziokulturelle Arbeit schaffen. Der „Laden“ stellte sich als zu klein heraus, so dass der Verein 1996 in den Kinder- und Jugendtreff in der Braugasse 1 am Markt umzog und dort das Café „Stilbruch“ eröffnete. 1999 zog der Verein wegen geplanter Umbauten und Erweiterungen des Hauses in ein Ausweichquartier um. Die Zeit in diesem ehemaligen Kinder- und Jugendheim in der Alten Berliner Straße sollte ursprünglich zwei bis drei Jahre dauern. Erst 2010 wurde der Umbau des gegenüber dem Alten Rathaus gelegenen, 1885[2] erbauten Gesellschaftshauses zu einem Bürgerzentrum genehmigt. Nach 16 Jahren am Stadtrand konnte der Verein im September 2015 wieder in das alte Domizil umziehen.[1][3][4][5] In dem denkmalgeschützten Gebäude findet sich Platz für über 40 Initiativen und Vereine, Theater- und Konzertsaal, das Naturwissenschaftlich-Technische Kinder- und Jugendzentrum (NATZ), eine Touristinformation für das Lausitzer Seenland, Werkstätten sowie Medien- und Schulungsräume.[6] Die Besucherzahlen der Kufa stiegen dadurch auf 40.000 jährlich.[3]

Seit den Anfangsjahren zeigt der Verein Filme, mittlerweile im eigenen Programmkino „Blow-Up“.[7] 1997 rief die Kulturfabrik mit dem Verein Profolk und Unterstützung des Hoyerswerdaer Liedermachers Gerhard Gundermann das deutschlandweite Liedermachertreffen „Hoyschrecke“ ins Leben.[8] Gundermann spielte in der Kufa noch kurz vor seinem Tod am 21. Juni 1998 mehrere Konzerte. Die Kulturfabrik baut derzeit ein Archiv von Tonträgern, Videos und Erinnerungsstücken an Gerhard Gundermann auf.[9]

Im Jahr 2007 führte die Kulturfabrik mit Jugendlichen ein Theaterstück zu den Ausschreitungen in Hoyerswerda 1991 auf.[10] Im Jahr 2012 wurde das Projekt „Mitwisser gesucht“, das gemeinsam mit dem RAA Hoyerswerda Jugendliche über diese Ausschreitungen aufklärt, für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie nominiert.[11]

Die Kulturfabrik engagiert sich für die Stadtentwicklung mit besonderer Berücksichtigung der schrumpfenden Einwohnerzahl Hoyerswerdas.[12][13] Im Jahr 2008 wurde ihr für das Projekt „Die dritte Stadt – Hoyerswerda rückt zusammen“ der Sächsische Preis für Soziokulturelles Engagement der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen verliehen.[14][15] 2019 erhielt die Kulturfabrik den Sächsischen Preis für Kulturelle Bildung, der vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst in Kooperation mit dem Landesverband Soziokultur Sachsen vergeben wird. Ausgezeichnet wurde das sechste Tanztheaterprojekt der KuFa-Tanzkompanie, das Stück „Eine Stadt tanzt: Manifest!“, in dem Einwohner zwischen sieben und siebzig Jahren ein Leitbild einer „solidarischen, selbstbewussten und weltoffenen Heimatstadt“ für das Jahr 2030 auf die Bühne brachten.[16][17]

Liedermachertreffen „Hoyschrecke“

Gerhard Gundermann, einer der Initiatoren der „Hoyschrecke“.

Das Liedermachertreffen „Hoyschrecke“ (seit 2006 als Liederfest bezeichnet) findet seit 1997 jedes Jahr im November in der Kulturfabrik Hoyerswerda statt (Stand: 2019). Kooperationspartner ist der Verein Profolk.[8][9][18][19]

Beim Festival wird die „Hoyschrecke“ (ein metallenes Insekt) an den Gewinner eines Publikums- und eines Jurypreises vergeben. Bis 2005 wurde auch ein Preis für den besten Songtext verliehen. Der Wettbewerb besteht aus einer offenen Vorrunde und einem Finalabend, an dem acht nominierte Musiker sowie der Sieger des Vorrundenabends teilnehmen.

Preisträger

Jahr Finaldatum Publikumspreis Jurypreis Textpreis
1997 28. November Martin Sommer Joachim Zawischa Bastian Bandt
1998 28. November Martin Sommer Bastian Bandt Jörg Sieper
1999 27. November Heide Kernchen Geralf Grems Torsten Maxara
2000 25. November Matthias Trommler Wilfried Mengs Heide Kernchen
2001 24. November Martin Sommer Günther Hornberger Frank Oehl
2002 23. November Uwe Felski Manja Präkels Torsten Maxara
2003 22. November Matthias Trommler Matthias Trommler Oliver Ziegler
2004 27. November Judith Rössler Klaus-André Eickhoff Ralph Schüller
2005 26. November Sascha Gutzeit Jan Frisch Jan Frisch
2006 24./25. November[20] Martin Sommer, Michael Günther
2007 24. November Gruppe Hasenscheiße Vanessa Maurischat
2008 29. November Hand in Hand Christoph Weiherer
2009 28. November Schwarze Birne August Schoyfler
2010 27. November Timon Hoffmann TEEater
2011 26. November Viktor Hoffmann Bastian Bandt
2012 24. November Hisztory Schwarz un Schmitz
2013 23. November Schnaps im Silbersee Tim Köhler
2014 29. November Peter Fischer Alexander Entzminger
2015 28. November Lucie Mackert Duo Stellmäcke
2016 25./26. November[21] Heike Mildner, Bastian Bandt
2017 25. November Lari & die Pausenmusik Steinlandpiraten
2018 24. November Tilman Lucke Johanna Moll
2019 23. November Franziska Günther Georg Clementi

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b KulturFabrik – Kulturna fabrika. Rubrik Stadtleben der Website der Stadt Hoyerswerda. Abgerufen am 27. November 2019.
  2. Landesamt für Denkmalpflege Sachsen: Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen - Denkmaldokument, Obj.-Dok.-Nr. 08975523.
  3. a b Rita Seyfert: 25 Jahre Kulturfabrik Hoyerswerda: Große Kufa-Bürgerparty zum 25. Geburtstag. In: Lausitzer Rundschau, 24. Oktober 2019.
  4. Kulturfabrik Hoyerswerda bereitet den Abschied vor. In: Lausitzer Rundschau, 28. März 2014.
  5. Die Geschichte der Braugasse 1 in Hoyerswerda sowie Presseveröffentlichungen auf der Website der Kulturfabrik. Abgerufen am 27. November 2019.
  6. Fabian Störkmann: Denkmalgerechte Sanierung eines historischen Ballhauses in Hoyerswerda: Treffpunkt Ballhaus. In: Deutsche Bauzeitung, 7. März 2018.
  7. Chronik 1995 sowie BlowUp Programmkino, abgerufen am 27. November 2019.
  8. a b „Hoyschrecke“ feiert 20. Geburtstag. In: Welt Online, 25. November 2016.
  9. a b Gundermann – Sammlung & Schaltzentrale. Website der Kulturfabrik Hoyerswerda, abgerufen am 27. November 2019.
  10. Simone Rafael: Klimawandel in Hoyerswerda: Wie eine aktive Zivilgesellschaft um die Kinder ihrer Stadt kämpft. Bundeszentrale für politische Bildung, 6. Juli 2007.
  11. Rupert von Plottnitz: Mutmacher – Kulturfabrik Hoyerswerda und die RAA Hoyerswerda. In: Mut gegen rechte Gewalt, 6. November 2012.
  12. Nico Grunze: Ostdeutsche Großwohnsiedlungen: Entwicklung und Perspektiven. Springer, 2017, S. 183ff., ISBN 978-3-6581-8540-4.
  13. Felix Ringel: Neue Gegenwärtigkeiten in Hoyerswerda: Zur Anthropologie und Zukunft Ostdeutschlands. In: Sandra Matthäus, Daniel Kubiak (Hrsg.): Der Osten: Neue sozialwissenschaftliche Perspektiven auf einen komplexen Gegenstand jenseits von Verurteilung und Verklärung. Springer VS, Wiesbaden 2015, S. 141–167, ISBN 978-3-658-06401-3, doi:10.1007/978-3-658-06401-3_7.
  14. Preis für soziokulturelles Engagement. Website des Landesverbands Soziokultur Sachsen e.V., abgerufen am 5. Dezember 2019.
  15. Projekte Archiv: 2007 – Die dritte Stadt. Website der Kulturfabrik Hoyerswerda, abgerufen am 5. Dezember 2019.
  16. Sascha Klein: Auszeichnung für Hoyerswerdas Tanzprojekt: Kulturfabrik gewinnt Landes-Preis. In: Lausitzer Rundschau, 13. August 2019.
  17. Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst: Medieninformation: „Kultur.LEBT.Demokratie 2019“ – Sächsischer Preis für kulturelle Bildung zum zweiten Mal vergeben. 17. August 2019.
  18. Hoyschrecke Liederfest Hoyerswerda. Abgerufen am 27. November 2019.
  19. Reinhard Ständer, Frank Oehl: Wo die Hoyschrecke startete. In: Sächsische Zeitung, 23. November 2015.
  20. Zum 10. Jubiläum wurden alle ehemaligen Preisträger eingeladen, es gab statt eines Jurypreises an zwei Abenden jeweils einen Publikumspreis.
  21. Zum 20. Jubiläum gab es am ersten Abend einen Wettbewerb mit neuen Teilnehmern, für den zweiten Abend wurden alle ehemaligen Preisträger eingeladen, es gab statt eines Jurypreises an zwei Abenden jeweils einen Publikumspreis.

Koordinaten: 51° 26′ 20,3″ N, 14° 14′ 43,6″ O