Institut national des langues et civilisations orientales

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Inalco & BULAC, 2015

Das Institut national des langues et civilisations orientales (INALCO) ist ein auf orientalische Sprachen und Kulturen spezialisiertes Grand établissement in Paris. Neben der transdisziplinären Erforschung der außerhalb Westeuropas beheimateten Kulturen, liegt das Hauptaugenmerk des Instituts auf der universitären Lehre. Mehr als hundert Sprachen aus Afrika, Asien, Ost- und Mitteleuropa werden am INALCO unterrichtet.[1]

Ursprünglich Ende des 18. Jahrhunderts als École spéciale des langues orientales gegründet, bestand die Hauptaufgabe der Institution zunächst darin, Orientspezialisten (Übersetzer, Offiziere, Gelehrte) auszubilden. Die dort speziell geschulten Experten sollten helfen, französische Interessen in den betroffenen Weltregionen zu wahren. In dieser Tradition gilt das INALCO heute weiterhin als wichtige Kaderschmiede der außenpolitischen Elite Frankreichs.

Geschichte

Unter dem Namen École spéciale des Langues orientales wurde am 30. März 1795 auf Anregung von Joseph Lakanal und Beschluss des Nationalkonvents eine Schule für orientalische Sprachen gegründet, die sich zunächst in den Räumlichkeiten der Bibliothèque nationale befand. Die ersten dort unterrichteten Sprachen waren Arabisch (Hochsprache und Dialekt), Türkisch, Persisch, Krimtatarisch und Malaiisch.[2] Später wurde die Institution mehrmals umbenannt. Zunächst zu École royale, dann École impériale, dann École nationale. Schließlich kam noch der Zusatz vivantes (des langues orientales vivantes) hinzu. 1971 hat das Institut seinen aktuellen Namen «Institut national des langues et civilisations orientales (INALCO)» erhalten. Umgangssprachlich wird es oft

Langues O'

genannt (Kurzform von

Langues Orientales

).

Im 19. Jahrhundert wurden weitere Sprachen in den Lehrplan aufgenommen und es erfolgten zahlreiche Vergrößerungen, insbesondere durch die Fusion mit der École des Jeunes de langues, die 1669 durch Colbert zur Ausbildung von Dolmetschern in den Sprachen der Levante errichtet worden war.

Da das historische Hauptgebäude in der rue de Lille nicht mehr ausreichend Platz für die wachsende Studentenschar bot, bezog das INALCO im September 2011 seine neuen Räumlichkeiten in der rue des Grands Moulins im 13. Arrondissement. Nun ist man auch mit der « Bibliothèque universitaire des langues et civilisations (BULAC) » unter einem Dach vereint.[3]

Struktur und Studium

Im Studienjahr 2016/2017 waren am INALCO 9272 Personen eingeschrieben. Die Studentenschaft setzt sich zu mehr als zwei Dritteln (67,3 %) aus Frauen zusammen. Darüber hinaus ist auch das hohe Durchschnittsalter der Studenten von 29 Jahren hervorzuheben. Diese Zahlen lassen sich damit erklären, dass viele Studenten bereits berufstätig sind und sich in Teilzeit am INALCO weiterbilden.[4]

Organisatorisch teilt sich das INALCO in 12 Fachbereiche (départements) auf: (1) Afrika und Indischer Ozean, (2) Südasien und Himalaya, (3) Südostasien und Pazifik, (4) Arabistik, (5) Sinologie, (6) Koreastudien, (7) Hebraistik und Judaistik, (8) Japanologie, (9) Russlandstudien, (10) Eurasien, (11) Europa sowie (12) amerikanische Sprachen und Kulturen.[5]

Im Studium spezialisiert man sich üblicherweise auf eine (Haupt-)Sprache (bspw. Arabisch) und studiert diese in ihren verschiedenen Facetten: Dialekt (Ägyptisch, Syrisch-Libanesisch, Maghreb- und Golf-Dialekte), Hochsprache (Presse Literatur), Fachsprache (Wirtschaft, Politik, Poesie, Religion). Neben dem Erwerb der Sprachkenntnisse stellt das INALCO die civilisations in den Mittelpunkt. Unter diesem Oberbegriff werden die sozialwissenschaftliche Lehrveranstaltungen zusammengefasst, in denen bestimmte Themen des Kulturraums unter politikwissenschaftlichen, anthropologischen oder geschichtlichen Aspekten behandelt werden.[6]

INALCO als Ausbildungsstätte

In Hinblick auf das spätere Berufsleben kann man sich am INALCO auf bestimmte Fachrichtungen spezialisieren. So stehen beispielsweise die Optionen Französisch als Fremdsprache (FLE), Internationaler Handel oder Internationale Beziehungen zur Auswahl. Auch wenn ehemalige Studenten des Instituts heute in sehr unterschiedlichen Berufszweigen tätig sind, fällt doch deren überverhältnismäßige Präsenz in französischen Ministerien und Behörden auf. Eine beträchtliche Anzahl der Absolventen finden dort Anstellung.[7] 2017 hob der Vizepräsident Vincent Benet die hohe Anzahl französischer Botschafter und hoher Offiziere hervor, die am Institut studiert haben.[8] Aufgrund ihres Studienprofils sowie ihrer besonderen Sprach- und Regionalkenntnisse werden Studenten des INALCO auch von französischen Nachrichtendiensten (DGSE, DGSI) gesucht.[9]

Darüber hinaus kooperiert das INALCO mit zahlreichen Ministerien und Behörden (bspw. Ministère des Armées, Ministère de l’Intérieur, Ministère de l'Europe et des affaires étrangères, Cour des comptes, Gendarmerie nationale, Collège de France) und bildet ausgewählte Mitarbeiter regelmäßig fort.[10] Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit der der französischen Armee. Sie ordnet jedes Jahr mehrere Offiziere an das INALCO ab, damit sie dort ein mehrjähriges Studium absolvieren. Nach Studienabschluss werden die Offiziere zumeist als Militärattachés an Botschaften eingesetzt.[11]

Bekannte Absolventen (Auswahl)

Professoren (Auswahl)

  • Ryōko Sekiguchi (* 1970), japanische Dichterin, Kunsthistorikerin und Übersetzerin
  • Peter Stockinger (* 1956), Professor für Kognitive Semantik, Kultursemiotik, Diskurssemiotik sowie Semiotik und Neue Medien

Literatur

  • Notice historique sur l’École Spéciale des Langues Orientales Vivantes. Ernest Leroux, Paris 1883, online (PDF; 3,7 MB)
  • Louis Bazin: L'École des langues orientales et l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (1795–1995), in: Comptes rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 1995, S. 983–996, online
  • Marie-Claire Bergère und Angel Pino (Hrsg.): Un siècle d'enseignement du chinois à l'École des langues orientales : 1840-1945 : bicentenaire des Langues orientales. Paris, l'Asiathèque, 1995 ISBN 2-911053-06-0
  • Pierre Labrousse (Hrsg.): Langues O' 1795–1995. Deux siècles d'histoire de l'École des langues orientales. Paris, Éditions Hervas, 1995, ISBN 2-903118-90-6
  • Marie de Testa, Antoine Gautier: Drogmans et diplomates européens auprès de la Porte ottomane. Éditions ISIS, Istanbul, 2003, ISBN 975-428-258-7

Weblinks

Commons: Institut national des langues et civilisations orientales – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Une centaine de langues et civilisations. 22. Juni 2015, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).
  2. Une histoire riche. 24. September 2013, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).
  3. Une histoire riche. 24. September 2013, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).
  4. L'Inalco en chiffres. 25. September 2013, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).
  5. Départements, filières et sections. 6. Dezember 2013, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).
  6. http://www.inalco.fr/sites/default/files/asset/document/formation_coreen_licence_llcer_2018-2019.pdf Broschüre zur Verdeutlichung der Rolle der civilisations
  7. https://alumni.inalco.fr/article/cocktail-des-ambassadeurs/13/09/2017/161 Mehr als dreißig ehemalige Studenten des INALCO waren 2017 als Botschafter tätig.
  8. http://cdec.terre.defense.gouv.fr/content/download/6098/77884/file/20170210_70-ans_portraits_CNE_CASTETS.pdf
  9. Le nouveau profil des espions. 1. Juli 2013, abgerufen am 20. Februar 2019.
  10. Signature d’une convention entre le CDEC et l’Inalco. 14. Januar 2019, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).
  11. Formation des officiers de l'armée de terre dans les grandes écoles. 19. Oktober 2011, abgerufen am 20. Februar 2019 (französisch).

Koordinaten: 48° 49′ 38″ N, 2° 22′ 34″ O