Indusschrift

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Datei:The 'Ten Indus Scripts' discovered near the northen gateway of the citadel Dholavira.svg
Eine interpretative Vereinfachung der Symbole, die am Nordtor der Dholavira-Zitadelle in Indien gefunden wurden.

Als Indusschrift bezeichnet man das Korpus linearer und piktographischer Zeichen auf Gegenständen der Indus-Kultur. Diese Zeichen fanden während der urbanen Phase der Indus-Kultur (ca. 2500–1900 v. Chr.) auf diversen Objekten Verwendung. Mit dem Ende der urbanen Phase der Indus-Kultur verschwanden sie ebenso plötzlich, wie sie in Erscheinung getreten waren. Bis zum Aufkommen der Brahmi-Schrift (ab ca. 3. Jh. v. Chr.) blieben sie lange Zeit die einzige Schrift des indischen Subkontinents. Die Zeichen sind bislang nicht entschlüsselt. Ihr Charakter als Schrift wird von den meisten Forschern akzeptiert, ist aber bei einigen umstritten.[1]

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Ausbreitung bzw. Verbreitung der Indus-Kultur im 26. Jahrhundert v. Chr.

Details

Herkunft

Die Herkunft der Indus-Schrift ist bislang nicht zweifelsfrei geklärt. Vermutungen, dass sie mit der proto-elamischen Schrift gemeinsame Ursprünge haben könnte, haben sich nicht erhärtet. Möglicherweise wurde das System in der Übergangszeit von der protourbanen zur urbanen Phase (≈ 26. Jh. v. Chr.) aus einzelnen, auf Gebrauchskeramik nachweisbaren Zeichen entwickelt.

System

Bislang geht man davon aus, dass es sich um eine logo-syllabische Schrift handelt, da die Zahl der Zeichen (je nach Autor 400–650) zu klein für eine rein logografische und zu groß für eine rein syllabische Schrift ist. Damit wäre das System strukturell etwa mit der Keilschrift oder der Maya-Schrift vergleichbar. Eine rege Diskussion wird um die genaue Anzahl der Zeichen geführt, da in vielen Fällen unklar ist, ob bestimmte Zeichen Varianten (Allographen) desselben Grundzeichens (Graphems) sind oder jeweils als eigenständige Symbole (Grapheme) gewertet werden müssen. Konsens herrscht darüber, dass von rechts nach links geschrieben wurde. Die längste Inschrift besteht aus 27 Zeichen, der Durchschnitt liegt bei 4,7 Zeichen pro Text. Zahlreiche „Texte“ bestehen nur aus einem einzigen Zeichen.

Verwendung

Die Zeichen der Indus-Schrift finden sich vornehmlich auf den zumeist rechteckigen Stempelsiegeln der Indus-Kultur sowie in geringem Umfang auf deren Siegelabdrücken und auf Kupfertafeln und Metallgegenständen. Insgesamt wurden ca. 4.350 Objekte aus diversen Grabungen vor allem in Pakistan, aber auch in Indien, Afghanistan und vereinzelt in Mesopotamien geborgen.[2]

Ende

Mit dem Ende der urbanen Phase, der Partialisierung und Regionalisierung der Gemeinschaften des indischen Subkontinents bricht um 1900 v. Chr. ebenso wie das einheitliche Gewichtssystem und die Tradition der Indus-Siegel auch die Tradition der Verwendung des Schriftsystems vollständig ab.

Entzifferung

Es ist trotz vieler seriöser und etlicher weniger seriöser Versuche bislang nicht gelungen, die Indus-Schrift zu entziffern. Dafür gibt es zahlreiche Gründe, u. a. die Kürze der Texte, das Fehlen einer Bilingue und die ungelöste Frage, welche Sprache in den Texten geschrieben wird. Am plausibelsten scheint der Ansatz, dass es sich dabei um eine frühe drawidische Sprache handelt. Das Indoarische (Sanskrit) ist unwahrscheinlich, da die Indoarier vermutlich erst um 1700 v. Chr., also nach dem Ende der Induskultur, in Nordindien eintrafen. Eine weitere Möglichkeit ist eine frühe Munda-Sprache, allerdings gibt es kaum Vertreter dieser Hypothese. Alle anderen Hypothesen wie das Sumerische, Ägyptische oder eine aufgrund der Ähnlichkeit zur Rongorongo-Schrift angenommene malayo-polynesische Sprache sind bislang theoretisch.

Alles in allem sind seit den ersten Publikationen zu diesem Thema in den 1920er Jahren in der Entzifferung der Schrift nur geringe Fortschritte zu verzeichnen. Dies führte zu Vermutungen, dass es sich bei den Indus-Zeichen nicht um eine eigentliche Schrift, sondern lediglich um ein Symbolsystem handelt. Eine neuere, computerunterstützte Studie aus dem Jahr 2009, die im Wissenschaftsjournal Science veröffentlicht wurde, favorisiert jedoch die Ausgangsvermutung, dass es sich wirklich um eine Schrift handelt, und zwar mit logografischen und phonetischen Zeichen.[3] Immerhin wurden inzwischen einige mehr oder weniger vollständige Zeichensätze erstellt, die die Basis für weitere Forschungen bieten können.

Literatur

  • Iravatham Mahadevan: What do we Know about the Indus Script. In: Journal of the Institute of Asian Studies. Band 7, Nr. 1, 1989, ISSN 0970-2814, S. 1–37.
  • Walter A. Fairservis: The Harappan Civilization and its Writing. A Model for the Decipherment of the Indus Script. Brill, Leiden u. a. 1992, ISBN 90-04-09066-5.
  • Asko Parpola: Deciphering the Indus Script. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1994, ISBN 0-521-43079-8.
  • Michael D. Coe: On not Breaking the Indus Code. In: Antiquity. Band 69, Nr. 263, 1995, S. 393–395, doi:10.1017/S0003598X00064826, (Reaktion auf Parpola 1994).
  • Gregory L. Possehl: Indus Age. The Writing System. University of Pennsylvania Press, Philadelphia PA 1996, ISBN 0-8122-3345-X.
  • Andrew Robinson: Lost Languages. The Enigma of The World’s Undciphered Scripts. McGraw-Hill, New York NY u. a. 2002, ISBN 0-07-135743-2, Kapitel X.
  • Steve Farmer, Richard Sproat, Michael Witzel: The Collapse of the Indus-Script Thesis: The Myth of a Literate Harappan Civilization. In: Electronic Journal of Vedic Studies. (EJVS). Band 11, Nr. 2, 2004, S. 19–57.
  • Andrew Robinson: The Indus. Reaktion Books, London 2015, ISBN 978-1-78023-502-8, insbesondere Kapitel 10.
  • Bryan K. Wells: The Archaeology and Epigraphy of Indus Writing. Archaeopress, Oxford 2015, ISBN 978-1-78491-047-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Steve Farmer, Richard Sproat, Michael Witzel: The Collapse of the Indus-Script Thesis: The Myth of a Literate Harappan Civilization. In: Electronic Journal of Vedic Studies. (EJVS). Band 11, Nr. 2, 2004, S. 19–57.
  2. Andreas Fuls: Ancient Writing and Modern Technologies – Structural Analysis of Numerical Indus Inscriptions. In: Studies on Indus Script. Conference on Indus Script. Mohenjodaro 2020. National Fund for Mohenjodaro, s. l. 2020, S. 57–90, hier S. 58.
  3. Rajesh P. N. Rao, Nisha Yadav, Mayank N. Vahia, Hrishikesh Joglekar, Ronojoy Adhikari, Iravatham Mahadevan: Entropic Evidence for Linguistic Structure in the Indus Script. In: Science. Band 324, Nr. 5931, 2009, S. 1165, doi:10.1126/science.1170391.