Institut für Marxistische Studien und Forschungen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) war eine am 5. Dezember 1968 in Frankfurt am Main gegründete marxistische Denkfabrik, die der DKP nahestand und mit dieser personell eng verflochten war. Das Institut verfolgte das Ziel, durch seine Forschungsarbeiten wie durch die Popularisierung seiner wissenschaftlichen Ergebnisse und der marxistischen Theorie einen Beitrag zu leisten für die Praxis der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung in der Bundesrepublik.[1] Dazu wurden Konferenzen durchgeführt und Publikationen in Form von Beiträgen, Informationsberichten, Arbeitsmaterialien, Tagungsberichte, Jahrbücher herausgegeben. Bücher wurden in linken Verlagen veröffentlicht.[2] Mit dem Ende der realsozialistischen Diktaturen in Osteuropa nach den Revolutionen im Jahr 1989 und dem damit verbundenen Ende der Finanzierung durch die DDR wurde die Organisation aufgelöst.

Das IMSF

Erster Leiter des IMSF war das DKP-Parteivorstandsmitglied Josef Schleifstein. Sein Stellvertreter war Heinz Jung, der 1981 Schleifstein als Leiter des IMSF ablöste und im selben Jahr in den Parteivorstand der DKP aufrückte. Neue stellvertretende Leiter des IMSF wurden Jürgen Reusch und André Leisewitz.[3]

Das IMSF arbeitete eng mit der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, dem Institut für internationale Politik und Wirtschaft der DDR, der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU, der Marx-Engels-Stiftung der DKP, der Marxistischen Arbeiterbildung (MAB) und dem Marxistischer Studentenbund Spartakus zusammen. Das IMSF gab vom 1. Januar 1970 bis zum 31. Dezember 1977 vierteljährlich die Zeitschrift Marxismus Digest heraus.

Wissenschaftlicher Beirat

Zum 15-jährigen Bestehen wurde Anfang Dezember 1983 ein Wissenschaftlicher Beirat gegründet, der die Beiräte der Publikationsreihen des IMSF ablöste. Dem Wissenschaftlichen Beirat gehörten 1983 an:

Wolfgang Abendroth, Hermann Bömer, Dieter Boris, Christoph Butterwegge, Frank Deppe, Heike Fleßner, Georg Fülberth, Jörg Huffschmid, Johanna Hund, Hans Jürgen Krysmanski, Lothar Peter, Jan Priewe, Hans Jörg Sandkühler, Josef Schleifstein, Angelina Sörgel, Robert Steigerwald, Kurt Steinhaus.[4]

Später wurden Wolfgang Abendroth und Kurt Steinhaus durch Ursula Schumm-Garling und Martin Kutscha, ersetzt.

1988 bestanden folgende Arbeitsrichtungen:[5]

Kapitalismustheorie Heinz Jung
Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und soziale Folgen André Leisewitz
Wirtschaftanalyse und Wirtschaftstheorie Jörg Goldberg
Reproduktionsbedingungen der Arbeiterklasse Eberhard Dähne
Soziale Bewegungen und Gewerkschaftstheorie Klaus Pickshaus
Lebensweise und Bewusstsein der Arbeiterklasse Kaspar Maase
Frauenforschung Alma Steinberg
Marx-Engels-Forschung Winfried Schwarz

Zentrum für Marxistische Friedensforschung

1987 wurde als Nebenabteilung des IMSF das Zentrum für Marxistische Friedensforschung gegründet, das aus einem IMSF-Arbeitskreis hervorging. Geleitet wurde es von Jürgen Reusch. Seinem Wissenschaftlichen Kuratorium gehörten 1987 bis 1989 an:

Wolfgang Bartels, Christoph Butterwegge, Peter Dietzel, Helga Genrich, Georg Grasnick, Bernd Greiner, Karl-Heinz Hansen, Wolfgang Hofkirchner, Hans Heinz Holz, Jörg Huffschmid, Jürgen Jürgens, Gerhard Kade, Lorenz Knorr, Hans Jürgen Krysmanski, Kurt Lund, Werner Pfennig, Wladimir W. Rasmerow, Fred Schmid.

Auflösung 1989

Mit der Wende und friedlichen Revolution 1989 fiel die finanzielle Unterstützung der DKP und ihrer Nebenorganisationen durch die SED weg.[6][7] Die neun hauptamtlichen Mitarbeiter wurden entlassen. Das Institut wurde 1989 aufgelöst und ein eingetragener Verein gegründet, der die „Z. Zeitschrift Marxistische Erneuerung“ herausgibt.

Publikationen

  • Marxistische Studien. Jahrbuch des IMSF. 15 Bände. 1978–1989 (Digitalisat).
  • Matriarchat und Patriarchat. Frankfurt am Main 1986.
  • Gert Hautsch/Bernd Semmler: Stahlstreik und Tarifrunde 78/79, Frankfurt am Main 1979.
  • 10 Jahre IMSF Marxistische Forschung für die Arbeiterbewegung. Druck: Busse GmbH, Frankfurt am Main 1978, 109 S.
  • IMSF 1968–1988. Arbeitsgebiete Bibliographie Veranstaltungsübersicht. Druck: Schmoll Klug, Mörfelden 1988, 136 S. ISBN 3-88807-062-7
  • Hrsg. IMSF: Der staatsmonopolistische Kapitalismus – Einführungen in marxistische Analysen aus der DDR, Frankreich und der Sowjetunion, Marx. Blätter, Frankfurt am Main 1972
  • Heinz Jung: Abschied von einer Realität. Zur Niederlage des Sozialismus und zum Abgang der DDR. Ein politisches Tagebuch Sommer 1989 bis Herbst 1990. IMSF Forschung & Diskussion 6. Frankfurt am Main 1990.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joseph Schleifstein: An der Praxis orientierte marxistische Forschung, in: 10 Jahre IMSF Marxistische Forschung für die Arbeiterbewegung, Frankfurt am Main 1978, S. 7
  2. 10 Jahre IMSF Marxistische Forschung für die Arbeiterbewegung, Frankfurt am Main 1978, S. 70, 107
  3. IMSF 1968–1998. Arbeitsgebiete Bibliographie Veranstaltungsübersicht, S. 11.
  4. IMSF 1968–1998. Arbeitsgebiete Bibliographie Veranstaltungsübersicht, S. 11 f.
  5. IMSF 1968–1998. Arbeitsgebiete Bibliographie Veranstaltungsübersicht, S. 13 f.
  6. Peter Schütt: Wes Geld ich nehm’, des Lied ich sing’. In: Die Zeit, 5. Juni 1990: „Was die DKP immer bestritten hat, das bestätigt jetzt der Schriftsteller Peter Schütt, von 1971 bis 1989 selbst Mitglied im Bundesvorstand der Partei: Von Anbeginn an hingen die westdeutschen Kommunisten am Ostberliner Tropf.“
  7. Armin Pfahl-Traughber, Rezension in Humanistischer Pressedienst (HPD) 20. April 2014: Die Marburger Schule von Lothar Peter