Inzidentprüfung

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Eine Inzidentprüfung (von lat. inzident(er) = beiläufig, zufällig), teils auch Inzidentkontrolle, ist die juristische Prüfung eines vorgreiflichen Rechtsverhältnisses (der sog. Vorfrage[1]), von dessen Bestehen oder Nichtbestehen es abhängt, wie eine andere Rechtsfrage (die sog. Hauptfrage[1]) zu entscheiden ist.[2]

Statt das Verfahren auszusetzen, um die Vorfrage in einem anderweitig anhängigen Gerichts- oder Verwaltungsverfahren klären zu lassen, etwa nach § 148 ZPO, wird die Vorfrage in dem betreffenden Verfahren selbst geprüft und der Entscheidung zugrundegelegt. Im Fall einer Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) erwächst auch die Entscheidung über die Vorfrage mit dem Endurteil in Rechtskraft.

Im Strafrecht ist zum Beispiel bei der Frage, ob sich ein Anstifter der Teilnahme an einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Tat (Haupttat) strafbar gemacht hat, nicht nur alleine die Strafbarkeit des Anstifters zu prüfen, sondern inzident auch die Haupttat selbst. Denn ohne teilnahmefähige Haupttat ist eine Anstiftung dazu rechtslogisch unmöglich.

Im Verwaltungsrecht spielt die inzidente Normenkontrolle beispielsweise bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung eine Rolle. Im Anfechtungsprozess kann die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans inzident zu prüfen sein, auf dem die Baugenehmigung beruht.[3]

Ähnliches gilt für das Verhältnis von Europarecht zum nationalen Recht der Mitgliedstaaten. In rechtlich eindeutigen Fällen haben die nationalen Gerichte die nationalen Regelungen unangewendet zu lassen, wenn sich bei einer Inzidentkontrolle ergibt, dass das nationale Recht mit dem primären oder abgeleiteten Unionsrecht nicht vereinbar ist.[4]

Wegen des Verwerfungsmonopols des Bundesverfassungsgerichts müssen die Fachgerichte, die entscheidungserhebliche Gesetze für verfassungswidrig halten, nach Art. 100 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeiführen.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Klaus Dresenkamp, Ole Sachtleber: Zivilakte: Von der Klageschrift bis zum Urteil. Verlag Franz Vahlen GmbH, 2020, ISBN 978-3-8006-6133-6, Randnummer 199, doi:10.15358/9783800661336 (vahlen.de [abgerufen am 23. März 2022]).
  2. Carl Creifelds: Rechtswörterbuch. 21. Aufl. 2014. ISBN 978-3-406-63871-8
  3. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 4 BN 29.06
  4. Ronald Bresich, Alexander Klingenbrunner: Grundlegendes zur Prüfung des Gemeinschaftsrechtes durch nationale Gerichte (ohne Jahr)