Gustav Peichl
Gustav Peichl (* 18. März 1928 in Wien, Österreich; † 17. November 2019 ebenda[1]) war ein österreichischer Architekt, Hochschullehrer sowie Autor und Karikaturist. Unter dem Pseudonym Ironimus zeichnete er Karikaturen für Die Presse, die Süddeutsche Zeitung und den ORF.
Leben
Peichl besuchte ab 1938 die Oberschule für Jungen in Mährisch-Trübau und von 1943 bis 1944 die Bundesgewerbeschule in Wien-Mödling, Abt. Hochbau. Er kehrte nach seinem Abschluss wieder zurück nach Mährisch-Trübau und war bis 1947 technischer Zeichner am Stadtbauamt. Nach seiner Matura an der Staatlichen Gewerbeschule Linz 1949 studierte er bis 1953 Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien; er war unter anderem Schüler von Clemens Holzmeister. Von 1952 bis 1954 war Peichl Mitarbeiter im Atelier von Roland Rainer.
1955 eröffnete er ein eigenes Architekturbüro; 1991 erfolgte die Gründung des Ateliers Peichl & Partner und 2002 die Neugründung Peichl & Partner ZT mit Rudolf Weber.
Von 1973 bis 1996 war er an der Akademie der bildenden Künste Wien Professor und Leiter der Meisterschule für Architektur, sowie ab 1987 einige Jahre lang als Rektor tätig.
Peichl wohnte in einem von ihm selbst entworfenen Haus im 19. Bezirk (Himmelstraße) in Wien. Er war verheiratet (seine Frau starb 2013) und hat zwei Söhne und eine Tochter, Markus (Journalist, 2003–2007 Redaktionsleiter der Talkshow von Reinhold Beckmann) und Sebastian (Diplomkommunikationswirt, ehemaliger Vorstand der Designagentur ART+COM, Berlin) und Ina, Bühnenbildnerin und Kostümbildnerin.
Wirken
1964 gründete Peichl die Zeitschrift Bau – Schrift für Architektur und Städtebau mit Hans Hollein, Walter Pichler und Oswald Oberhuber. Auch der Weltausstellungspavillon für die Weltausstellung im Jahr 1964 wurde von ihm entworfen.[2]
Als Architekt wurde er durch den Bau von sechs Studios für den ORF bekannt, die alle nach dem gleichen architektonischen Prinzip gebaut sind: Die Räume sind um einen Zentralraum in Form von Kreissegmenten angeordnet, weshalb der Spitzname Peichl-Torte[3][4] entstanden ist. In Deutschland sind die Bundeskunsthalle in Bonn und die Kindertagesstätte in Berlin nahe dem Reichstagsgebäude seine prominentesten Werke. Charakteristisch für Peichls Bauten ist die Verwendung von Sichtbeton.
Als politischer Karikaturist trat Peichl unter dem Pseudonym Ironimus 1954 erstmals in der Tageszeitung Die Presse mit „Julius Raab träumt vom Staatsvertrag“ auf. Laut Eigenaussage wählte er dieses zum Eigenschutz, da er sonst in der sowjetischen Besatzungszone unter seinem Realnamen keine Karikaturen über sowjetische Offiziere veröffentlichen konnte. Seit 1964 zeichnete Peichl unter diesem Pseudonym auch für die Süddeutsche Zeitung. Zwischen 1971 und 1996 gestaltete er zu Silvester im ORF einen Jahresrückblick. Er hat eine permanente Ausstellung gemeinsam mit Manfred Deix im Karikaturmuseum in Krems an der Donau.
Gustav Peichl war Mitglied des Künstlerhauses Wien und gehörte ab dem Ende der 1960er-Jahre der Künstlervereinigung MAERZ an.
Bauten
- Atriumschule Krim, 1962–1963, in Wien.
- Internatsgebäude, 1964–1966, Schulen der Dominikanerinnen, Wien[5]
- Rehabilitationszentrum Meidling, 1965–1967, in Wien-Meidling, Österreichischer Bauherrenpreis 1968
- ORF-Landesstudios, 1969–1982, in Dornbirn, Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg.
- Phosphateliminierungsanlage, 1980–1985, in Berlin im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1987 am Tegeler See errichtet.[6]
- Bühne für den Papstbesuch am Wiener Heldenplatz, 1983
- Bundeskunsthalle (Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland), 1985–1992 in Bonn
- Anbau des Städelmuseums, 1987–1991, in Frankfurt am Main
- ORF-Landesstudio Niederösterreich, 1997, in St. Pölten
- Probengebäude der Münchner Kammerspiele, 1997–2001 in München
- mit Boris Podrecca und Rudolf F. Weber: Millennium Tower, 1997–1999, in Wien, mit 202 Metern ehemals höchstes Gebäude in Österreich
- Büro- und Geschäftshaus Wilhelm Eck – Wilhelmstraße 72, 1999–2003 in Berlin
- Kindertagesstätte des Deutschen Bundestags, 1998–1999, im neu geschaffenen Regierungsviertel von Berlin
- Karikaturmuseum Krems 2001, Krems, Niederösterreich
- Messe Wien Neu, 2002–2003, in Wien
- Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße, 2003–2006, in Wien-Donaustadt[7]
Ehrungen und Auszeichnungen
- Preis der Stadt Wien für Architektur (1969)
- Großer Österreichischer Staatspreis für Architektur (1971)
- Reynolds Memorial-Award des AIA (1975)
- Ehrenmitgliedschaft des Bundes Deutscher Architekten BDA (1983)
- Steirischer Architekturpreis (1984)
- Berliner Architekturpreis (1989)
- Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (1993)
- Großer Sudetendeutscher Kulturpreis (1993)
- Auszeichnung zum deutschen Architekturpreis (1993)
- Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1996)
- Ehrenmitglied des American Institute of Architects (1996)
- Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1996)[8]
- Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold (1998)
- Politischer Karikaturist (Pseudonym „IRONIMUS“) (1998)
- Mitglied des österreichischen Kunstsenats (1998)
- Ehrenmitglied der Akademie der Künste (Berlin) (1998)
- Ehrenmitglied des Royal Institute of British Architects (1998)
- Nestroy-Ring (1999)
- Goldenes Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Niederösterreich (2003)
- 2004 wurde er in die Liste der 50 wichtigsten Österreicher der letzten 50 Jahre bei einer Leserumfrage der Tageszeitung Kurier gewählt.
- Goldener Rathausmann der Stadt Wien (2008)
- Julius-Raab-Medaille (2012)[9]
- Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (2013)
Ausstellungen
- als Ironimus: Weltcircus: Zeitgeschehen in Karikaturen, Molden, Wien / München / Zürich / Innsbruck 1977, ISBN 3-217-00871-5.
Literatur
- August Sarnitz (Hrsg.): Drei Wiener Architekten: Wilhelm Holzbauer, Gustav Peichl, Roland Rainer, Katalog zur Ausstellung: Three Viennese architects, 2., korrigierte Auflage. Edition Tusch, Wien 1984, ISBN 3-85063-148-6.
- 2018: GUSTAV PEICHL. 15 Bauten zum 90sten im Museum für angewandte Kunst Wien
- 2018: IRONIMUS 90. Jetzt mal keine Politik! Cartoons von 1948 bis 2018 im Karikaturmuseum Krems
Weblinks
- Literatur von und über Gustav Peichl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gustav Peichl. In: archINFORM.
- Ulrike Springer: Von der Avantgarde zur Baukunst. In: RWR 4/2009, S. 18
- Karikaturen von Ironimus
- Audio-Aufnahmen mit und über Gustav Peichl im Online-Archiv der Österreichischen Mediathek (Porträts, Radiobeiträge)
- Gustav-Peichl-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
Einzelnachweise
- ↑ Stararchitekt Gustav Peichl verstorben. In: wien.orf.at. 18. November 2019, abgerufen am 18. November 2019.
- ↑ Eintrag zu Gustav Peichl im Austria-Forum (Biographie) abgerufen am 15. Dezember 2011
- ↑ Peichl-Torte – Gebäude der ORF-Landesstudios in Ostaricchi.org
- ↑ 40 Jahre Funkhaus: Alles Gute, Peichltorte!, ORF Vorarlberg am 20. Oktober 2012
- ↑ [1] Realisierung 1964–1966 eines Internatsgebäudes für die Schulen
- ↑ Denkmaldatenbank – Phosphateliminationsanlage
- ↑ Peichl&Partner (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Realisierung Haus der Barmherzigkeit Tokiostrasse 2003–2006
- ↑ Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
- ↑ Christoph Leitl verleiht Julius Raab-Ehrenmedaille an Hugo Portisch, Gustav Peichl und Helmut Krätzl. APA-Meldung vom 26. Jänner 2012, abgerufen am 19. März 2015.
Personendaten | |
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NAME | Peichl, Gustav |
ALTERNATIVNAMEN | Ironimus |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Architekt und Karikaturist |
GEBURTSDATUM | 18. März 1928 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 17. November 2019 |
STERBEORT | Wien |