Grete Jahr-Queißer

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Grete Jahr-Queißer (* 28. Dezember 1899 in Strehlen; Provinz Schlesien; † 4. November 1978 in Marburg), geb. Margarethe Queißer, war eine deutsche Malerin und Grafikerin.

Leben und Werk

Margarethe (Grete) Queißer[1] wuchs in der Kleinstadt Strehlen, die rund 40 km von Breslau entfernt liegt, als Tochter eines höheren Beamten auf. Sowohl sie als auch ihre drei Brüder erhielten eine gute Ausbildung. 1918 begann Grete Queißer ein Kunststudium an der Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau. An der vormaligen Königlichen Kunst- und Gewerbeschule waren schon seit den 1880er Jahren Frauen nicht nur für das Zeichenlehrerseminar zugelassen, sondern auch für die Ausbildung als Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen.[2] Ab 1918 lehrte dort der Matisse-Schüler Oskar Moll, ein Jahr später erhielt Otto Mueller eine Professur. Zunächst studierte Queißer bei Moll, wechselte dann zu Mueller, bei dem sie 1923 als Meisterschülerin angenommen wurde. Mueller vermittelte ihr 1925 ein Staatsstipendium, mit dem sie durch Italien reisen konnte.[3]

Gegen Ende ihres Studiums heiratete sie Walther Jahr, der seinen Beruf als Prokurist aufgab, um Schriftsteller zu werden. Jahr-Queißer machte sich nach ihrem Abschluss an der Kunstakademie mit einem eigenen Atelier in Breslau selbständig. Zahlreiche Auftragsporträts von Personen der Breslauer Gesellschaft und ihren Kindern bildeten hierfür eine solide Basis. Grete Queißer setzte für die Bildnisse, die sie vornehmlich im neusachlichen Stil malte, die unterschiedlichsten Techniken ein, so arbeitete sie in Bleistift, Kohle, Rötel, Pastell, Aquarell sowie Öl. Sehr früh war sie Mitglied der neu gegründeten Gruppe Schlesien in der GEDOK. Als größere Auftragsarbeit schuf sie für den Saal der Glaubensgemeinschaft „Erste Kirche Christi“ in Breslau ein christliches Wandgemälde.[4] Neben den Auftragsarbeiten bildeten Landschaftsbilder, Stillleben, Buchillustrationen sowie Holzschnitte ihr Portfolio. In ihren freien Werken arbeitete sie in Anlehnung an ihren Lehrer Otto Mueller vorzugsweise im Stil des Expressionismus.

1945 floh sie mit ihrem Mann und den beiden Töchtern aus Breslau nach Thüringen, wo sich die Familie in Suhl niederließ. Ihre Werke musste sie in ihrem Haus in Breslau zurücklassen, und sie gelten als verschollen. Walther Jahr und Grete Jahr-Queißer engagierten sich im neu gegründeten Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands und beteiligten sich an der Organisation der Kulturwoche in Suhl im Mai 1946. Im Winter 1946/1947 starb Walther Jahr. Grete Jahr-Queißer, die inzwischen noch einen Sohn geboren hatte, engagierte sich weiterhin für die Suhler Kulturwochen, schuf Auftragsporträts, fertigte beispielsweise eine Holzschnittreihe, die die verschiedenen Arbeiten in einer nahegelegenen Fabrik wiedergab, und nahm auch Aufträge für Werbegrafik an. 1950 erhielt sie zusammen mit einem Malerkollegen den Auftrag für zwei große gerahmte Wandgemälde für die Gemeinde Suhl, die die Staatsgründung der DDR thematisierten.

1952 übersiedelte sie nach Hessen, um mit ihren beiden kleineren Kindern in unmittelbarer Nähe zu ihrer inzwischen in Marburg studierenden ältesten Tochter Helga zu leben. In Marburg schloss sie sich dem Marburger Künstlerkreis an und beteiligte sich regelmäßig an dessen Gemeinschaftsausstellungen. Jahr-Queißer trat außerdem dem Kulturwerk Schlesien e.V. sowie der Nordostdeutschen Künstler-Einigung e.V. bei, um ihre Kunst einer größeren Öffentlichkeit in den großen Ausstellungen, die von diesen Vereinigungen damals ausgerichtet wurden, bekannt zu machen. Eine weitere Förderung erhielt sie durch das Bundesministerium des Innern, das aus dem Fördertopf für heimatvertriebene und geflüchtete Künstler in den Jahren 1962–1966 sechs ihrer Bilder ankaufte. Bis zu ihrem Tod 1978 war Grete Jahr-Queißer als Künstlerin tätig.

Literatur

  • Irene Ewinkel (Hg.): Das andere Leben. Rückblick auf Marburger Künstlerinnen. Marburg 2015, ISBN 978-3-942487-06-1, S. 192–203 sowie ein handgeschriebener kurzer biografischer Abriss von Grete Jahr-Queißer, Archiv Marburger Kunstverein.
  • Johanna Brade: Malerei/Handzeichnung. Tradition contra Moderne: akademischer Mal- und Zeichenunterricht im Zeitenwandel. In: Werkstätten der Moderne. Lehrer und Schüler der Breslauer Akademie 1903–1932. Halle an der Saale 2004, ISBN 978-3-89923-061-1, S. 92.
  • Teresa Laudert: Über die freiheitliche Atmosphäre an der Akademie und Otto Mueller. Erinnerungen der Malerin und Grafikerin Grete Jahr-Queißer. In: Dagmar Schmengler u. a. (Hgg.): Maler. Mentor. Magier. Otto Mueller und sein Netzwerk in Breslau. Kehrer, Heidelberg u. a. 2018, ISBN 978-3-86828-873-5, S. 278–285.
  • Rollenwechsel. Künstlerinnen in Schlesien um 1880 bis 1945. (Ausstellungskatalog), Görlitz 2009, ISBN 978-3-938583-44-9, S. 29.
  • Rainer Zimmermann: Besuch im Atelier: Von Otto Mueller inspiriert. Ein Porträt der Malerin Grete Jahr-Queißer. In: Oberhessische Presse, 21. August 1965.
  • Namenskürzel uh: Vielfalt der Themen besticht. Grete Jahr-Queißer stellt aus. In: Oberhessische Presse, 13. Oktober 1978.
  • Helga Bernsdorff: Mit Mut und Fantasie. Die Marburger Malerin Grete Jahr-Queißer wäre jetzt 100 Jahre alt geworden. mex (Marburg extra), Nr. 53, 29. Dezember 1999.

Einzelnachweise

  1. Biografische Angaben siehe Irene Ewinkel: Grete Jahr-Queißer. in: Irene Ewinkel (Hg.): Das andere Leben, S. 192–203.
  2. Johanna Brade: Malerei/Handzeichnung, S. 92; Rollenwechsel, S. 29.
  3. Zimmermann: Besuch im Atelier. In: Oberhessische Presse, 21. August 1965.
  4. Rollenwechsel, S. 115.