Jenny Fleischer-Alt

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Jenny Alt als Carmen (um 1896).
Gedenktafel an Jenny Fleischer-Alts Villa in der Belvederer Allee 6 im thüringischen Weimar.
Stolpersteine vor der Belvederer Allee 6.

Jenny Charlotte Fleischer-Alt, geborene Jenny Alt (* 3. August 1863 in Pressburg; † 7. April 1942 in Weimar) war eine deutsch-ungarische Opernsängerin (Sopran).

Leben

Jenny Alt, Tochter des ungarischen Arztes Leopold Alt, erhielt ihre Ausbildung zuerst bei Viktor Rokitansky in Wien, dann bei Francesco Lamperti in Mailand. 1881 erfolgte ihr Bühnendebüt an der Berliner Kroll-Oper als Marie in Gaetano Donizettis Regimentstochter. In der Spielzeit 1881/82 sang Alt am Stadttheater von Würzburg, von 1882 bis 1884 am Deutschen Theater in Prag, und dann für eine Spielzeit (1884/85) am Hoftheater Wiesbaden. 1885 kam Alt auf Initiative des Lisztschülers und früheren Weimarer Generalintendanten Hans Bronsart von Schellendorf an das Weimarer Hoftheater, wo sie als erste Sopranistin engagiert war. Gastspiele führten Alt an die Wiener Hofoper (1884), an die Hofopern von Berlin und München, an die Hoftheater von Kassel und Braunschweig sowie an das Opernhaus von Budapest. Im Juli 1890 wurde Alt aufgrund ihrer Leistungen von Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach zur Großherzoglichen Kammersängerin ernannt.

Alt war als Carmen in der gleichnamigen Oper von Georges Bizet sehr erfolgreich und trug darüber hinaus insbesondere Partien aus dem Bereich des Koloratursoprans vor, z. B.:

1891 heiratete Alt den Kunstprofessor Friedrich Fleischer und zog sich von der Bühne zurück. Erst im September 1919 nahm sie wieder eine berufliche Tätigkeit auf und wurde Gesangsdozentin an der Staatlichen Landesmusikschule (bis 1927). Das Ehepaar Fleischer zog im Jahr 1900 in die Villa in der Belvederer Allee 6.

Mit dem Tod ihres Mannes verlor Fleischer-Alt 1937 den begrenzten Schutz der „Mischehe“. Zwei Jahre später zogen ihre herzkranke Schwester Ilka Gál sowie die Nichte Edith bei ihr ein. Ab 1939 wurde der Künstlerin der Zugang zu ihren privaten Konten verweigert. 1940 wurden von der Gestapo in das Haus von Fleischer-Alt die alleinstehenden jüdischen Frauen Käthe Friedländer und Martha Kreiß eingewiesen. Ihre Villa diente nunmehr als „Juden- und Ghettohaus“. Im Dezember 1941 kam der Cellist Eduard Rosé (Mitbegründer des Rosé-Quartetts) hinzu. Aus Angst vor der Deportation vergiftete sich Jenny Fleischer-Alt zusammen mit ihrer Nichte Edith Gál am 7. April 1942.

Fleischer-Alt wurde in der Familiengruft in Jena beigesetzt.

Ehrungen

Vor ihrem ehemaligen Weimarer Wohnhaus in der Belvederer Allee 6 wurde 2008 ein Stolperstein für Jenny Fleischer-Alt verlegt[1].

Literatur

  • Lothar Ehrlich (Hrsg.): Das Dritte Weimar. Klassik und Kultur im Nationalsozialismus. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1999, ISBN 3-412-15398-2, S. 289.
  • Siegfried Wolf (Betr.): Juden in Thüringen 1933–1945. Biographische Daten. Band 1. Europäisches Kultur- und Informationszentrum in Thüringen, Erfurt 2000, S. 121.
  • Wolfram Huschke: Zukunft Musik. Eine Geschichte der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar. Böhlau, Köln/Weimar 2006, ISBN 3-412-30905-2, passim
  • Henriette Rosenkranz: „Ich bemerke ausdrücklich, dass ich bei meinem Alter nicht die Absicht habe auszuwandern …“ Unrecht über den Tod hinaus – das Schicksal der Sängerin Jenny Fleischer-Alt, Weimar. In: Monika Gibas (Hrsg.): „Ich kam als wohlhabender Mensch nach Erfurt und ging als ausgeplünderter Jude davon.“ Schicksale 1933–1945. (PDF; 6,7 MB). 2. Auflage. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2010, ISBN 978-3-937967-39-4, S. 67–74.
  • Annette Seemann: Weimar. Eine Kulturgeschichte. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63030-9, S. 307.

Weblinks

Einzelnachweise