Joseph von Scheda

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Joseph Scheda, ab 1864 Ritter von Scheda, (* 21. September[1] 1815 in Padua; † 23. Juli 1888 in Mauer bei Wien) war ein österreichischer Generalmajor, Geograf und Kartograf. Er leitete die kartografischen Arbeiten des k.u.k. Militärgeographischen Instituts in Wien.

Leben

Joseph Scheda wurde als Sohn des Feldstabsarztes Zacharias Scheda aus Fulda (1763–1827) und seiner Gattin Johanna Pennecke (Pencke, 1799–nach 1838) geboren. Der Name Scheda leitet sich ab aus lat. scheda, scida, einem Wort mit griechischem Ursprung, das mit „Abgespaltenes“ ein kleines Stück (Schreibstoff) bezeichnet oder einen der Streifen, aus denen ein Papyrusblatt bestand (später das ganze Blatt selbst).[2]

Er besuchte 1829 bis 1832 das k. k. Militärerziehungsinstitut (Kadettenkompanie) in Graz. Am 1. Mai 1832 wurde er als Kadett ausgemustert und leistete danach Militärdienst im Bukowinischen Infanterie-Regiment Nr. 41 (damals: Freiherr von Watlet)[3] in Czernowitz, wo er im selben Jahr zum Fähnrich befördert wurde. 1835 wurde er wegen seiner Fähigkeiten im Kartenzeichnen dem Generalquartiermeisterstab zugeteilt und arbeitete in der Militärzeichnungskanzlei. 1836 wurde Joseph Scheda Unterleutnant.

Am 1. Oktober 1842 wurde ihm als Leutnant im Militärgeographischen Institut (MGI) die Leitung der Lithographischen Abteilung übertragen, von 1854 bis 1857 auch provisorisch die Kupferstichabteilung. Am 20. Juli 1851 wurde er Hauptmann, mit 27. März 1857 Major und am 11. Februar 1860 Oberstleutnant. Bei der Auflösung des Militäringenieur-Geographencorps (auch „Genieoffiziere“ genannt) wurde er dem Ungarischen Infanterie-Regiment Nr. 61 zugeteilt (zur „Rangsevidenz“[4]) und im Jänner 1868 zum Oberst ernannt. 1869 wurde er Leiter der 1. Gruppe im MGI, damit leitete er mit den Abteilungen für Topographie, Lithographie und Kupferstich alle kartographischen Arbeiten des Institutes. 1876 trat er in den Ruhestand und wurde ehrenhalber zum Generalmajor ernannt.

Die Scheda-Insel im Nordwesten von Nowaja Semlja

Mit Diplom vom 10. Juli 1864 wurde Joseph Scheda in den Ritterstand erhoben.

Eine der Barentsinseln[5] südwestlich des Kap Nassau vor Nowaja Semlja wurde im Rahmen der österreichischen Polarexpedition 1872 nach Joseph Scheda benannt.[6]

Er erhielt Auszeichnungen aus den Niederlanden, Hannover, Hessen, Preußen, Sachsen, Spanien, der Toskana, Belgien, Italien, Rumänien, Russland und dem Osmanischen Reich. Joseph Scheda trug den Orden der Eisernen Krone III. Klasse, das Komturkreuz mit Stern des Franz-Joseph-Ordens und war Mitglied geographischer Gesellschaften in Darmstadt, Berlin, Wien und London. Er war Korrespondent der Geologischen Reichsanstalt in Wien.

Joseph Scheda hatte mit seiner Gattin Hypolite (1825–1884) vier Söhne und fünf Töchter. Die Familie wohnte in der „Villa Scheda“ in der Grinzinger Straße Nr. 18 in Wien-Döbling (später Billrothstraße Nr. 73, „Villa Boesch“ genannt, 1965 abgebrochen).[7] Sein Sohn Arthur war Obergeometer der Staats-Eisenbahn-Gesellschaft, sein Sohn Hugo Lithograf, Sohn Otto Geiger. Die Tochter Adrienne heiratete den österreichischen Feldzeugmeister Anton von Scudier. Sein Bruder Emil (1821–1899) war Polizeipräsident von Prag.

Der Nachlass von Joseph Scheda befindet sich im Österreichischen Staatsarchiv.

Leistungen

Joseph Scheda trug wesentlich dazu bei, dass das Militärgeographische Institut Weltruf erlangte.

Er führte neue topographische Behelfe und neue Zeichenschlüssel ein. Er beeinflusste den Landkartendruck in Österreich durch die Verwendung von Kupferstich und Lithographie, unter seiner Leitung wurde erstmals der lithographische Linienfarbdruck in der Kartographie angewendet. Seine Tätigkeit war grundlegend für die Entwicklung der Landkarten im 19. Jahrhundert, insbesondere für die franzisco-josephinische Landesaufnahme.

1846 war am MGI die Galvanoplastik eingeführt worden: Mit dieser Technik wurde von neu gestochenen Kupferstichplatten zunächst ein Abzug erzeugt, von diesem Abzug konnten auch mehrfach Druckplatten erstellt werden. Diese Vorgangsweise erleichterte die Produktion großer Auflagen von Kartenblättern in gleichbleibender Qualität bereits vor Einführung des fotomechanischen Tiefdrucks im Jahr 1869. Seit 1876 wurden Steindruck­schnellpressen eingesetzt, später Aluminiumdruck­platten.[8] Die Fortschritte in der Drucktechnik und deren Nutzung unter der Leitung von Joseph Scheda sicherten den Kartenwerken Schedas weite Verbreitung. Die Landkarten aus dem MGI, die für die öffentliche Verbreitung freigegeben waren, wurden durch die Kunsthandlung Artaria in Wien vertrieben.

Unter seiner Leitung erschienen umfangreiche Kartenwerke zu den Gebieten Mitteleuropas und Südosteuropas.

Die Erfahrungen mit der Erstellung dieser Kartenwerke waren Grundlage für die franzisco-josephinische Landesaufnahme, die in den Jahren 1869 bis 1887 entstand. Die kurze Zeit von nur 18 Jahren für die Erstellung des umfangreichen Kartenwerkes war beispiellos, erregte internationales Aufsehen und trug dem Militärgeographischen Institut eine Reihe von Auszeichnungen ein.[9]

Werke

Die folgenden Werke entstanden unter der Leitung von Joseph Scheda, teilweise im MGI, teilweise im Rahmen privater Aktivitäten. Die Generalkarte von Central-Europa wurde wegen ihrer Qualität vom MGI angekauft und in anderem Maßstab herausgegeben.[10]

  • Spezialkarten von Mittelitalien und Lombardo-Venetien im Maßstab 1:86.400
  • 1845–1847 „Generalkarte von Europa“, 25 lithographierte mehrfarbige Blätter im Maßstab 1:2.592.000 (erste Karte im Linienfarbdruck, eine zweite veränderte Auflage dieses Werkes erschien 1859)
  • Geognostische Karte des österreichischen Kaiserstaates“. Wien 1847
  • „Schulwandkarte von Europa“. Wien 1855
  • „Leitfaden zum Gebrauche der Situations-Zeichnungs-Schule“. Wien 1854
  • 1856–1859 „Generalkarte des österreichischen Kaiserstaates mit einem großen Theile der angränzenden Länder“, 20 Kupferstich-Blätter im Maßstab 1:576.000, teilweise handkoloriert, in zweiter Auflage als „General-Karte der österr.-ungar. Monarchie“ später erweitert zur
  • 1873–1876 „Generalkarte von Central-Europa“, 47 Blätter im vergrößerten Maßstab 1:300.000, bekannt als „Scheda-Karte“[11]
  • mit Anton Steinhauser: „Handatlas der neuesten Geographie“, Wien 1868–1881
  • 1869 „General-Karte der europ. Türkei und des Königreiches Griechenland“ mit 13 Blättern im Maßstab 1:864.000
  • 1874 „Karte des österreichisch-ungarischen Reiches“, vier mehrfarbige lithographierte Blätter im Maßstab 1:1.000.000

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Scheda, Joseph Ritter von. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 29. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1875, S. 146 f. (Digitalisat).
  • Peter Broucek, F. Hillbrand-Grill: Scheda, Josef von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 56 f. (Direktlinks auf S. 56, S. 57).
  • Oscar Criste: Scheda, Joseph Ritter von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 53, Duncker & Humblot, Leipzig 1907, S. 737 f.
  • Johannes DörflingerScheda, Joseph v.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 598 f. (Digitalisat).
  • Ernst Hofstätter: Beiträge zur Geschichte der österreichischen Landesaufnahmen: Ein Überblick der topographischen Aufnahmeverfahren, deren Ursprünge, ihrer Entwicklungen und Organisationsformen der vier österreichischen Landesaufnahmen. Herausgegeben vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. 2 Bände. Wien 1989. Keine ISBN.
  • Anton von Scudier: † Generalmajor Joseph Ritter v. Scheda. In: Neue Freie Presse Nr. 8589. Wien 23. Juli 1888. Seiten 2–3.
  • Anton von Scudier, in: Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik. 11. Jahrgang. Wien, Verlag Hartleben 1889. Seiten 45–47.
  • Österreichisch-Ungarische Wehr-Zeitung. Der Kamerad. Wien, Jahrgang 1889, Nr. 59.
  • Geographisches Jahrbuch. XIV. Band. Gotha 1890/91.
  • Die Vedette. Oesterreichisch-ungarische Militärzeitschrift. Jahrgang 1888, Nr. 62.
  • v. Löbell, in: Löbell’s Jahresberichte über die Veränderungen und Fortschritte im Militärwesen. Berlin 1888.
  • Literarisches Centralblatt für Deutschland. Verlag Avenarius, Leipzig 1865 und 1867.
  • L. Baumgarten, in: Kartographische und Schulgeographische Zeitschrift. Band 9. Wien, Verlag der Kartographischen Anstalt G. Freytag & Berndt 1921. Seite 114.
  • Ernst Nischer: Österreichische Kartographen. Ihr Leben, Lehren und Wirken Wien 1925. Seiten 178–183.
  • Ingrid Kretschmer, Johannes Dörflinger und Franz Wawrik: Lexikon zur Geschichte der Kartographie. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg. Band II Wien 1986. Seite 703.
  • Ingrid Kretschmer, in: Kartographische Nachrichten. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Kartographie e.V. 38. Jahrgang 1988. Seiten 212–214.
  • (zur Familie): Wiener Genealogische Tabellen 1. 1926, Seiten 314 f.

Weblinks

Wikisource: Joseph von Scheda – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. oder „23.“: Neue deutsche Biographie 2005, Band 22, Seite 598. Datum „21.“ laut Österreichischem Biographischen Lexikon, hrsg. 1994 von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Band 10, Seite 56. Die Website aeiou beruft sich zwar auf das ÖBL, nennt aber den 23. als Geburtsdatum (abgefragt 19. Februar 2009).
  2. Severin Corsten: Lexikon des gesamten Buchwesens (LGB). Band VI Phraseologie–Schütz-Hufeland, 2. Auflage. Stuttgart 2003, Anton Hiersemann Verlag. Seite 526. ISBN 3-7772-0327-0.
  3. Wurzbach, Seite 146.
  4. Wurzbach, Seite 146, wo als Regimentsnummer „62“ angegeben ist.
  5. ÖBL, Seite 56.
  6. ADB, Seite 737. NDB, Seite 599.
  7. Christian Hlavac: Die Henikstein-Villa und ihr Park in Ober-Döbling. In: Wiener Geschichtsblätter. Hg. vom Verein für Geschichte der Stadt Wien. ISSN 0043-5317. 64. Jahrgang 2009, Heft 1. Seite 49.
  8. Anton Durstmüller, Norbert Frank: 500 Jahre Druck in Österreich: Die Entwicklungsgeschichte der graphischen Gewerbe von den Anfängen bis zur Gegenwart. Band 2: Die österreichischen graphischen Gewerbe zwischen Revolution und Weltkrieg: 1848 bis 1918. Hauptverband der Graphischen Unternehmungen Österreichs, Wien 1986. Seiten 220–222. ISBN 3-85104-500-9.
  9. Hofstätter, Seiten 173–174.
  10. NDB, Seite 599.
  11. Hofstätter, Seite 94.