Joseph Smith

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Porträt von Joseph Smith, Jr. (etwa 1842)

Joseph Smith Jr [ˈdʒoʊzɪf ˈsmɪθ] (* 23. Dezember 1805 in Sharon, Windsor County, Vermont, USA; † 27. Juni 1844 in Carthage, Illinois) war der Gründer der Kirche Christi. Er wird in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, der Gemeinschaft Christi sowie in allen anderen Kirchen des Mormonentums als Prophet angesehen.

Leben

Herkunft und frühe Jugend

Joseph wurde als viertes von elf Kindern von Joseph Smith, Sr. und Lucy Smith (geb. Mack) in Sharon, Vermont, geboren. Seine Familie war bibelgläubig. Die Eltern arbeiteten als Händler und Bauern. Die Familie hatte häufig mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wegen geschäftlicher Fehlschläge und Missernten zog sie in der Hoffnung, nach dem jeweiligen Neuanfang ein besseres Leben zu finden, mehrmals innerhalb der nordöstlichen USA um. Die Familie Smith besserte ihr geringes Einkommen durch entgeltliche Schatzsucherei auf.[1][2]

Auch Joseph Smith beteiligte sich an der Schatzsuche. In diesem Zusammenhang behauptete er, er besitze die Fähigkeit, mithilfe eines „Sehersteins“ verborgene Schätze aufspüren zu können.[3][4] Um dies zu tun, steckte er einen „Seherstein“ in einen weißen Zylinder und erhielt dadurch die Anhaltspunkte, wo die Schätze verborgen sein sollten.[5][6][7] Im Alter von acht Jahren litt er an einer Knocheninfektion im Bein, die beinahe zur Amputation führte. Mit einer für jene Zeit ungewöhnlichen und äußerst schmerzhaften Operation konnte das Bein gerettet werden. Smith blieb von dieser Erkrankung zeitlebens ein leichtes Hinken.

Entstehung des Buches Mormon und Gründung der Kirche Christi

Die Ereignisse, die schließlich zur Gründung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage führen, begannen nach Smiths Angaben im Jahr 1820. Joseph Smith schildert seine Sicht der Dinge in einem Bericht, den er 1838 verfasste und dessen erster Teil heute unter der Bezeichnung „Joseph Smith – Lebensgeschichte“[8] einen Teil des Buches Köstliche Perle bildet, einer der kanonischen Schriften der von ihm später gegründeten Kirche. Darin behauptet er, im Frühjahr 1820 seien ihm als Antwort auf ein Gebet im Wald Gott der Vater und Jesus Christus erschienen. Dies sei nahe seinem elterlichen Haus in Manchester, New York, geschehen. Dieses Ereignis wird als „Erste Vision“ bezeichnet.

Er berichtet weiter, dass ihm am 21. September 1823, als Antwort auf ein Gebet, ein himmlisches Wesen erschienen sei, das ihn beim Namen nannte, sich als Bote Gottes mit dem Namen Moroni vorstellte und ihm Gottes Auftrag überbrachte, ein Buch von Goldplatten zu übersetzen, welche „die Fülle des immerwährenden Evangeliums“ enthalten und in einem Hügel mit dem Namen Cumorah in der Nähe von Manchester aufbewahrt seien.[9]

1826 wurde Smith wegen „Unruhestiftung und Hochstapelei“ verurteilt.[10] Um diese Zeit arbeitete Joseph Smith auf der väterlichen Farm sowie als Lohnarbeiter in der weiteren Umgebung. Am 22. September 1827 habe Joseph Smith die Goldplatten an sich nehmen dürfen, um von ihnen eine Übersetzung anzufertigen, die als das Buch Mormon bekannt wurde. Da er nur wenig lesen und nicht schreiben konnte, diktierte er Helfern durch einen Vorhang seine Übersetzung des in „reformiertem Ägyptisch“ geschriebenen Textes ins Englische.[10]

Ein Bild aus dem 19. Jahrhundert, das zeigt, wie Joseph Smith vom „Pöbelgeteert und gefedert wird.

Durch finanzielle Hilfe des wohlhabenden Nachbarn Martin Harris, eines der Helfer und eines der drei Zeugen, welche bezeugen, die Platten gesehen zu haben, wurde Anfang 1830 die Übersetzung der Goldplatten – die erste Auflage des Buchs Mormon – in einer Auflage von 5000 Exemplaren in Palmyra, New York, gedruckt und am 26. März veröffentlicht. Am 6. April 1830 gründete Joseph Smith die Kirche Christi mit sechs weiteren Gründungsmitgliedern. 1831 zog er mit der Kirche nach Kirtland (Ohio), zwei Jahre später nach Missouri um. Zwischenzeitlich, am 24. März 1832, wurde er in Hiram vom „Pöbelgeteert und gefedert.[11]

Als Teil des Prozesses der „Wiederherstellung“ der Kirche Jesu Christi[12] behauptete Smith, dass ihm eine Vielzahl von Personen erschienen seien. Diese hätten Botschaften für ihn gehabt, hätten ihm Priesterschaftsautorität verliehen oder andere Instruktionen von Gott mitgeteilt. Sie seien ihm als wiederauferstandene Wesen erschienen. Unter den Mormonen wird Joseph Smith als Prophet verehrt.[13]

Haft, Präsidentschaftskandidatur und Tod

Joseph Smith verbrachte die Zeit von Dezember 1838 bis April 1839 unter der Anschuldigung des Hochverrates im Gefängnis von Liberty im Bundesstaat Missouri. Er gründete 1839 am Flecken Commerce am Mississippi River in Illinois die Stadt Nauvoo und richtete sich dort als Kaufmann und Gastwirt ein. Die Stadt erhielt vom Staat Illinois ein eigenes Statut; Smith wurde Bürgermeister und ernannte sich zum Generalleutnant der von ihm gegründeten Miliz, der Nauvoo Legion.

Smith war von 1842 bis zu seinem Ausschluss Mitglied der Nauvoo Lodge (Illinois), einer der vielen Freimaurerlogen jener Zeit.[14] Daher stammen auch die Vermutungen, Smith habe sich bei der Ausgestaltung der Tempelverordnungen von der freimaurerischen Symbolsprache inspirieren lassen, da die Verordnungen für die Tempel der Kirche erst nach dieser Zeit ihre zunächst endgültige Form erhielten.

1844 kandidierte Smith für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Als Bürgermeister verfügte Smith am 10. Juni 1844 durch gemeinsamen Beschluss des Stadtrates, welcher überwiegend aus Mitgliedern der Kirche bestand, die Vernichtung der Druckstöcke und der Druckerpresse der Zeitung Nauvoo Expositors, da diese von der Gruppe als öffentliches Ärgernis betrachtet wurde. Die Zeitung hatte in ihrer ersten und einzigen Ausgabe über die Kirche und insbesondere Joseph Smith geschrieben, seine polygame Lebensweise sei anstößig und er sei ein „gefallener Prophet“. Dieser Angriff Smiths auf die Pressefreiheit wurde zum Anlass für seine Verhaftung durch Gouverneur Thomas Ford.

Grab von Joseph, Emma (Ehefrau) und Hyrum Smith (Bruder) in Nauvoo

Am 27. Juni 1844 wurde Smith als Untersuchungshäftling in einem Gefängnis in Carthage von einer aufgebrachten Menschenmenge gelyncht. Beim Versuch aus dem Fenster zu springen, wurde er von mehreren Kugeln tödlich getroffen. Kurz zuvor hatte er ein freimaurerisches Notsignal benutzt, um Mitglieder der Freimaurer, die sich in der Menschenmenge befanden, dazu zu bewegen, ihm Hilfe zu leisten.[15] Damit war er der erste US-amerikanische Präsidentschaftskandidat, der während des Wahlkampfs ermordet wurde.

Ehen und Nachkommen

Am 18. Januar 1827 heirateten in Pennsylvania Joseph Smith und Emma Hale aus Harmony. Die Hochzeit fand heimlich statt, da Emmas Vater dagegen war. Das Ehepaar hatte neun Kinder:

  • Alvin Smith (1828–1828)
  • Zwillinge Thaddeus und Louisa Smith (1831–1831)
  • Joseph Smith III (1832–1914)
  • Frederick Granger Williams Smith (1836–1862)
  • Alexander Hale Smith (1838–1909)
  • Don Carlos Smith (1840–1841)
  • Männliches Kind (Totgeburt 1842)
  • David Hyrum Smith (1844–1904)

Darüber hinaus wurden die Zwillinge Joseph Smith Murdock (1831–1832) und Julia Murdock Smith (1831–1880) adoptiert.

Smith praktizierte die Vielehe. Das Bekanntwerden der praktizierten Vielehe war einer der Faktoren, die ab 1837 zu Zerwürfnissen zwischen Joseph Smith und mehreren Führungspersönlichkeiten der Kirche der Heiligen der Letzten Tage führten. Von 1840 bis 1844 wurde Smith an – „nach vorsichtiger Schätzung“ – 30 bis 40 Frauen „gesiegelt“. Die jüngste, Helen Mar Kimball, war 14 Jahre alt, die älteste, Fanny Young, 56 Jahre.

Nach Joseph Smiths Eheschließung mit Louisa Beaman und bevor er weitere alleinstehende Frauen heiratete, wurde er an 12 und 14 Frauen gesiegelt, die bereits verheiratet waren.[16][17] Emma empfand diesen Zustand als qualvoll.[18] Ob damit sexuelle Beziehungen verbunden waren oder nur eine religiöse Verbindung „für die Ewigkeit“, wurde bisher nicht geklärt. Es sind keine Kinder aus jenen Ehen bekannt; DNA-Tests an Nachkommen dieser Frauen verliefen negativ.

Kritik

Die Evangelische Kirche erkennt die Werke von Joseph Smith, insbesondere das Buch Mormon, nicht als weitere heilige Schrift an.[19]

Zeitungen beschrieben Smith schon im Jahre 1829 als Fälscher, eine Sicht, die noch heute von vielen protestantischen Christen und Religionskritikern geteilt wird.[20]

Jerald und Sandra Tanner, Kritiker der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage, bezeichnen Joseph Smith ebenfalls als Fälscher, aber auch als Scharlatan und Freimaurer.[21]

Der Journalist Christopher Hitchens verglich Smith mit Mohammed, da z. B. beide umfangreich aus anderen Werken (u. a. dem Alten Testament) zitiert hätten, beide mehrfach verheiratet waren und beide wegen ihrer religiösen Vorstellungen verfolgt wurden und fliehen mussten. Joseph Smith habe Glück gehabt, in einer Gegend zu leben, die von starkem religiösen Eifer ergriffen war und in der indianische Grabhügel mit Grabbeigaben vorhanden waren, sodass er eine Erklärung für die Herkunft der Goldplatten hatte.[10]

Siehe auch

Portal: Mormonentum – Artikel zum Thema Mormonentum

Literatur

Sachbücher
  • Joseph Fielding Smith (Hrsg.): Die Lehren des Propheten Joseph Smith. Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Frankfurt/M. 1983, ISBN 3-922834-05-1.
  • Norbert M. Borengässer: Joseph Smith. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 692–696.
  • Fawn M. Brodie: No man knows my history. The life of Joseph Smith. Knopf, New York 1978, ISBN 0-394-46967-4.
  • Richard Bushman: Joseph Smith: Rough Stone Rolling. Knopf, New York 2005, ISBN 1-4000-4270-4.
  • Jon Krakauer: Mord im Auftrag Gottes. Eine Reportage über religiösen Fundamentalismus. Piper, München 2004, ISBN 3-492-24276-6.
  • Dan Vogel: Joseph Smith: The Making of a Prophet. Signature Books 2004, ISBN 1-56085-179-1.
  • Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith. Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Salt Lake City, Utah, USA 2007 (PDF; 6,18 MB).
Belletristik
  • Libbie Grant: The Prophet’s Wife: A Novel of an American Faith. William Morrow, New York 2022, ISBN 978-0-06-307062-2.

Weblinks

Commons: Joseph Smith – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Joseph Smith, Jr. – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise

  1. D. Michael Quinn: Early Mormonism and the Magic World View. 2. Auflage. Signature Books, Salt Lake City 1998, ISBN 1-56085-089-2, S. 136 (englisch).
  2. Mössmer: Die Mormonen: Die Heiligen der letzten Tage. Patmos, Düsseldorf 2004, ISBN 3-491-69409-4, S. 20 ff.
  3. Richard Lyman Bushman: Joseph Smith: Rough Stone Rolling. Knopf, New York 2005, ISBN 1-4000-4270-4, S. 49–51 (englisch).
  4. David Persuitte: Joseph Smith and the origins of the Book of Mormon. McFarland & Co., Jefferson, North Carolina 2000, ISBN 0-7864-0826-X, S. 33–53 (englisch).
  5. John L. Brooke: The Refiner's Fire: The Making of Mormon Cosmology, 1644–1844. Cambridge University Press, Cambridge 1994, S. 152–153 (englisch).
  6. D. Michael Quinn: Early Mormonism and the Magic World View. 2. Auflage. Signature Books, Salt Lake City 1998, ISBN 1-56085-089-2, S. 43–44 (englisch).
  7. Harris (1833, S. 253–54); Hale (1834, S. 265); Clark (1842, S. 225); Turner (1851, S. 216); Harris (1859, S. 164); Tucker (1867, S. 20–21); Lapham (1870, S. 305); Lewis & Lewis (1879, S. 1); Mather (1880, S. 199) (englisch).
  8. www.churchofjesuschrist.org: Joseph Smith – Lebensgeschichte.
  9. Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hrsg.): Köstliche Perle. Frankfurt am Main 2003, S. 68.
  10. a b c Christopher Hitchens: Betrügerisches Spiel mit der Offenbarung: Joseph Smith und die Mormonen. Welt.de, 3. Juni 2007, abgerufen am 27. August 2017.
  11. The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints: Aus dem Leben von Joseph Smith. (Memento vom 3. September 2014 im Internet Archive) Abgerufen am 23. März 2011.
  12. Die Wiederherstellung von allem. www.churchofjesuschrist.org, 2017, abgerufen am 18. Dezember 2019.
  13. www.churchofjesuschrist.org: Joseph Smith, der Prophet der Wiederherstellung.
  14. Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon, Überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von 1932, München 2003, 951 S., ISBN 3-7766-2161-3.
  15. Andrew Jenson: Latter-day Saint Biographical Encyclopedia. Bd. 1. Salt Lake City 1901, S. 698; Mervin B. Hogan: Freemasonry and the Lynching at Carthage Jail. Salt Lake City, S. 10 f.; Times & Seasons. 15. Juli 1844 (5:585); Orson Whitney: Life of Heber C. Kimball. Salt Lake City 1888, S. 26; Cecil McGavin: Mormonism & Masonry. Salt Lake City 1956, S. 17 (englisch).
  16. Todd Compton: In Sacred Loneliness : The Plural Wives of Joseph Smith. Signature Books, Salt Lake City 1997, S. 4, 6.
  17. Brian C. Hales: Joseph Smith’s Polygamy. Band 1. Greg Kofford Books, 2013, ISBN 978-1-58958-685-7, S. 253–276, 303–348.
  18. www.churchofjesuschrist.org: Die Mehrehe in Kirtland und in Nauvoo.
  19. www.evangelisch.de: „Unüberbrückbare Differenzen“ mit den Mormonen.
  20. Bushman, 2005, S. 82–83, 88–89 (describing the editorial reaction to the publication of the Book of Mormon); Brodie, 1971, S. 16–17; Richard J. Mouw: The Possibility of Joseph Smith: Some Evangelical Probings in Neilson, Givens, 2008, S. 189 (englisch).
  21. www.utlm.org: The Changing World of Mormonism (PDF; 17,58 MB; englisch).
VorgängerAmtNachfolger
Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
1830–1844
Brigham Young