Für ein humanes Lettland

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Par cilvēcīgu Latviju
Für ein humanes Lettland
Partei­vorsitzender Maris Mozvillo
Gründung 3. Mai 2016
Haupt­sitz Aldaru iela 10 - 2
Riga, LV-1050
Aus­richtung Rechtspopulismus
Konservatismus
EU-Skepsis
Parlamentssitze
2/100
(Saeima)
Website cilvecigi.lv

Für ein humanes Lettland (lettisch Par cilvēcīgu Latviju), gegründet als Politiskā partija „KPV LV“, ist eine populistische, rechtskonservative und EU-skeptische[1] Partei in Lettland. Die Abkürzung „KPV“ war abgeleitet vom Slogan

Kam pieder valsts?

, was mit „Wem gehört der Staat?“ übersetzt werden kann.

Geschichte

Die Partei wurde am 3. Mai 2016 von Artuss Kaimiņš,[2] einem ehemaligen Schauspieler und Abgeordneten der Saeima aus der Partei der Regionen Lettlands, gegründet, der seit dem Dezember 2015 parteilos war. Bei der Parteigründung forderte er einen neuen Gesellschaftsvertrag zwischen den Steuerzahlern und der Regierung, durch den die Bürger Rechte erhalten, die Regierenden hingegen verpflichtet werden sollten (bislang sei es laut Kaimiņš umgekehrt). Die Partei wolle sich für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen.[3] Während die Partei „Wem gehört der Staat?“ ursprünglich noch KPV hieß, wurde sie am 21. Juni 2016 in KPV LV umbenannt, da bereits eine andere Vereinigung namens KPV registriert war.[4]

Parteilogo im Wahljahr 2018
Parteilogo vor der Umbenennung

Aldis Gobzems wurde als Spitzenkandidat der KPV LV für die Parlamentswahl 2018 aufgestellt. Die Partei wurde bei dieser mit 14,3 % der Stimmen und 16 der 100 Sitze in der Saeima auf Anhieb zweitstärkste Kraft. Seit Januar 2019 war sie Teil der Koalitionsregierung unter Krišjānis Kariņš. In dessen Kabinett stellte die KPV LV drei Minister: Ralfs Nemiro / Jānis Vitenbergs (Wirtschaft), Sandis Ģirģens (Innen) und Ramona Petraviča (Soziales). Allerdings stützten nur elf der 16 Abgeordneten die Regierung, fünf Abgeordnete stimmten mit der Opposition.[5]

Aufgrund der anhaltenden Spannungen in Partei und Fraktion wurde daraufhin Aldis Gobzems im Februar 2019 aus beiden ausgeschlossen.[6] In den folgenden Monaten wurden zahlreiche weitere Abgeordnete aus der Fraktion ausgeschlossen oder verließen diese freiwillig. Darunter befanden sich auch prominente Parteimitglieder, wie der ehemalige Präsidentschaftskandidat Didzis Šmits oder der Mitbegründer Artuss Kaimiņš. Dem damit verbundenen Niedergang und den niedrigen Umfragewerten, versuchte man durch Wechsel beim Führungspersonal und der Umbenennung in Für ein humanes Lettland gegen zu steuern. Im März 2021 wurde die Parlamentsabgeordnete Ieva Krapāne zur neuen Vorsitzenden gewählt.[7] Nach dem Parteiaustritt von Jānis Vitenbergs und einigem Hin und Her um seine Abberufung als Minister wurde die Partei schließlich im Juni 2021 aus der Regierung ausgeschlossen. Im August 2021 wurde ein neuer Tiefpunkt erreicht, als der Fraktionsstatus im Parlament nur noch dadurch gehalten werden konnte, dass man eine Fraktionsgemeinschaft mit den ehemaligen Parteimitgliedern Aldis Gobzems und Katrina Sprūde bildete. Nach kurzer Amtszeit trat im Oktober 2021 auch Ieva Krapāne von ihrem Posten als Parteivorsitzende zurück und aus der Partei aus.[8]

Politisches Profil

Im Wahlkampf 2018 stellte die Partei die bisherige politische Elite als korrupt, elitär und am eigenen Machterhalt interessiert dar. Die Mehrheit der Bevölkerung sei hingegen in Armut und Hoffnungslosigkeit gefangen. Ihr Spitzenkandidat Gobzems bediente sich im Wahlkampf auf Facebook veröffentlichter Videos, in denen er Behörden und Medien vorwarf, gemeinsame Sache beim Vertuschen von Skandalen zu machen. Artuss Kaimiņš ging oft mit einer kleinen Videokamera in Ausschuss- und Plenarsitzungen und übertrug die Aufnahmen live über das Internet. Etablierten Medienvertretern, vor allem des öffentlichen Rundfunks, warf er Abgehobenheit und Herablassung vor und drohte, diese persönlich entlassen zu wollen.[9]

Die Anhängerschaft von PCL (vormals KPV) besteht vorwiegend aus jüngeren, lettischsprachigen Männern. Der Journalist Ivo Leitāns vom lettischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk LSM ordnete KPV LV der „populistischen Welle“ in Europa, der Türkei (Erdoğan) und den USA (Donald Trump) zu.[10] Flora Mory, Korrespondentin des Standard, verglich die Partei mit der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung.[11]

Wahlergebnisse

Ergebnisse bei den Parlamentswahlen
Jahr Stimmen Anteil Mandate Platz
2018 120.264 14,3 %
16/100
2.
Ergebnisse bei den Europawahlen
Jahr Stimmen Anteil Mandate Platz
2019 4.362 0,9 %
0/8
10.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bernd Henningsen, Tobias Etzold, Hanne Krister: The Baltic Sea Region: A Comprehensive Guide. BWV Verlag, 2017, ISBN 978-3-8305-1727-6, S. 341 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Today is the day of founding for Artuss Kaimins’ new political Party. In: LETA. Baltic News Network, 3. Mai 2016, abgerufen am 19. Juni 2018.
  3. Firebrand MP founds new party. In: LETA. Public Broadcasting of Latvia, 5. Mai 2016, abgerufen am 19. Juni 2018.
  4. Artuss Kaimins new party to be renamed. In: LETA. Baltic News Network, 15. Juni 2016, abgerufen am 20. Juni 2018.
  5. Our faction must find consensus on how we will work with one another – KPV LV MP Puga baltictimes.com, 28. Januar 2019, abgerufen am 26. Februar 2019 (englisch).
  6. Gobzems booted from KPV LV's Saeima faction as well lsm.lv, 6. Februar 2019, abgerufen am 26. Februar 2019 (englisch).
  7. Ieva Krapāne, Member of the Saeima, has been elected Chairman of the Board of the Party for a Human Latvia baltics.news, 7. März 2021, abgerufen am 14. März 2021 (englisch).
  8. Krapāne has left the position of the chairman of the “For a Human Latvia” and the party baltics.news, 19. Oktober 2021, abgerufen am 25. Dezember 2021 (englisch).
  9. Juris Kaža: Who is who in upcoming Latvian parliamentary elections. Re:Baltica, 14. August 2018, abgerufen am 17. August 2018.
  10. Echoes of the wave of populism: voters of Kaimiņš – young angry males. Public Broadcasting of Latvia, 18. Dezember 2016, abgerufen am 5. März 2017 (lettisch).
  11. Flora Mory: Lettland-Wahl – Populisten könnten die Karten neu mischen. In: derStandard.at, 5. Oktober 2018.