Kirche Großröhrsdorf

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Kirche Großröhrsdorf
Blick von Norden über den Friedhof zur Kirche
Ansicht von Westen

Die evangelische Kirche Großröhrsdorf ist eine barocke Saalkirche in Großröhrsdorf im Landkreis Bautzen in Sachsen. Sie gehört zur Kirchengemeinde Großröhrsdorf im Kirchenbezirk Bautzen/Kamenz der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und kann zu festgelegten Zeiten besichtigt werden.[1]

Geschichte und Architektur

Die Dorfkirche Großröhrsdorf wird im Dehio-Handbuch zu den schönsten barocken Kirchenbauten der Oberlausitz gezählt. Sie ist eine stattliche Saalkirche mit eingezogenem Chor und Dreiachtelschluss aus den Jahren 1731–1736. Die Weihe erfolgte 1736 durch den Superintendenten Valentin Ernst Löscher.[2] Restaurierungen wurden in den Jahren 1886–1888 und 1933–1936 vorgenommen; im Jahr 1903 erfolgte der Anbau eines Treppenturmes in der Nordostecke an die Herrschaftsloge. In den Jahren 2012–2017 erfolgte eine umfassende Restaurierung außen und innen.[2] Das Bauwerk ist ein verputzter Bruchsteinbau, der durch Korbbogenfenster mit verkröpftem Verdachungsgesims erhellt wird. Ein zweigeschossiger quadratischer Westturm ist mit einem achtseitigen Glockengeschoss, Haube und Laterne bekrönt. Das Innere wird durch eine flache, mit geometrischen Stuckornamenten verzierte Putzdecke über großer Voute und Gesims abgeschlossen. Der Raum wird von doppelgeschossigen Holzemporen an den Langseiten und einer konvex vorschwingenden Orgelempore eingefasst. An der Chornordseite ist eine Loge mit drei Fenstern angebracht, darüber eine zweite, etwas vorkragende Loge. An der Chorsüdseite befindet sich die Sakristei.

Ausstattung

Das Bauwerk zeigt eine einheitliche Ausstattung aus der Erbauungszeit. Der den Raum beherrschende Altar aus Holz stammt von 1745 und zeigt zwei übereck gestellte Pilaster korinthischer Ordnung mit vorgestellter Säule, welche die Altarnische mit Kruzifix flankieren; darüber ist eine Kartusche mit flammendem Herz angeordnet. Ein seitlich ausschwingender Aufsatz mit Strahlengloriole und Urnen über den Säulen bekrönt den Aufbau. Zwischen Altar und Chorwand ist je ein Durchgang mit geschweiftem Bogen angeordnet, der mit Rokoko-Ornament geschmückt ist.

Die fünfeckige Kanzel aus Holz von 1736 zeigt am Kanzelkorb Evangelistenbilder und den segnenden Christus. Der Kanzelkorb ruht auf einer mächtigen Volute. Das Gemälde im Schalldeckel ist ein Werk von Johann Adolph Pöppelmann, dem Sohn des Zwingerarchitekten Matthäus Daniel Pöppelmann.[3]

Die Taufe aus Holz auf vier volutenartigen Beinen ist mit Akanthus geschmückt und stammt von 1745.

Eine beachtenswerte ungefasste Schnitzfigur aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt vom Flügelaltar des Vorgängerbaus und stellt Maria mit dem Kind dar.

Ein großes, prachtvolles Sandstein-Epitaph der Christiane Sophie Nicolai, geborene Troppanneger († 1756) ist an der Südseite der Chorwand zu sehen. Eine liegende Gestalt hält ein ovales Relief mit der Darstellung der Verstorbenen und ist von Pietas und Fides flankiert. Abschließend sind eine Glorie und ein einen Kranz herabreichender Putto dargestellt. Das an der Südwand des Chores befestigte, 2,5 t schwere Epitaph warf Fragen der statischen Festigkeit auf, die sich jedoch bis heute als unbegründet erwiesen.[2]

Zwei ganzfigurige, feingearbeitete, jedoch stark typisierte Bildnisse von Martin Luther und Philipp Melanchthon in Öl auf Leinwand stammen von 1614.

Die Orgel ist ein Werk von Schuster Orgelbau aus dem Jahr 1904 in einem Prospekt von Pfützner & Mayer aus den Jahren 1760/61, das von Eule Orgelbau in den Jahren 1935/36 verändert wurde. Sie ist mit 48 Registern auf drei Manualen und Pedal ungewöhnlich groß.[4]

Geläut

Das Geläut besteht aus vier Eisenhartgussglocken, der Glockenstuhl ist aus Stahl und die Glockenjoche sind aus Stahlguss gefertigt.[5] Im Folgenden eine Datenübersicht des Geläutes:[5]

Nr. Gussdatum Gießer Material Durchmesser Masse Schlagton
1 1919 Glockengießerei Schilling & Lattermann Eisenhartguss 1660 mm 1910 kg es′
2 1919 Glockengießerei Schilling & Lattermann Eisenhartguss 1300 mm 895 kg g′
3 1919 Glockengießerei Schilling & Lattermann Eisenhartguss 1080 mm 518 kg b′
4 1919 Glockengießerei Schilling & Lattermann Eisenhartguss 960 mm 368 kg c″

Literatur

  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen I. Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 424.
  • Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg. vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner. 2., aktualisierte und ergänzte Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 304.

Weblinks

Commons: Kirche Großröhrsdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Informationen zur Kirche Großröhrsdorf auf der Website der Gemeinde. Abgerufen am 9. September 2020.
  2. a b c Norbert Littig: Der Neubau der Großröhrsdorfer Kirche und seine Beziehung zur Residenzstadt Dresden. In: Die Dresdner Frauenkirche. Jahrbuch 2018. Band 22. Schnell & Steiner, Regensburg 2018, ISBN 978-3-7954-3371-0, S. 135–146.
  3. Gernot Klatte: Die Kirche zu Großröhrsdorf. Eine kunstgeschichtliche und bautypologische Würdigung. In: Die Dresdner Frauenkirche. Jahrbuch 2018. Band 22. Schnell & Steiner, Regensburg 2018, ISBN 978-3-7954-3371-0, S. 147–158.
  4. Website der Stadt Großröhrsdorf. Abgerufen am 13. September 2020.
  5. a b Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg.: Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. 2., aktualisierte und ergänzte Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 304 ff. (Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner).

Koordinaten: 51° 8′ 39,3″ N, 14° 0′ 56″ O