Stift Břevnov

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Benediktiner-Erzabtei Břevnov in Prag

Das Stift Břevnov, auch Erzabtei Břevnov (tschechisch: Arciopatství sv. Vojtěcha a sv. Markéty oder Břevnovský klášter; deutsch: Stift Breunau), ist ein dem Hl. Adalbert von Prag und der Hl. Margareta von Antiochien geweihtes Kloster des Benediktinerordens in der Markétska ulice im Prager Stadtteil Břevnov. Es birgt die barocke Klosterkirche Basilika St. Margareta. Zusammen mit Stift Broumov (deutsch Braunau) bildet es die Doppelabtei Břevnov-Broumov.

Geschichte

Das Stift Břevnov wurde 993 als erstes Benediktinermännerkloster auf böhmischem Gebiet vom Hl. Adalbert, dem zweiten Bischof von Prag, mit Unterstützung Herzogs Boleslav II. dem Frommen bei dem im herzoglichen Besitz befindlichen Hof Břevnov gegründet. Es wurde mit Mönchen aus dem bayerischen Kloster Niederaltaich besiedelt. Die Benediktinerklöster Broumov und Politz wurden im 13. Jahrhundert von Břevnov aus gegründet. Eine Urkunde von Papst Innozenz IV. belegt eine Klosterbrauerei. Es handelt sich um die älteste belegte Bierbrauerei in Böhmen.[1]

Romanische Krypta

Die erste dreischiffige romanische Krypta, deren Mauerwerk unter dem Chorraum der Klosterkirche erhalten ist, entstand im 11. Jahrhundert während der Regierungszeit von Abt Meginhard. Im 13. Jahrhundert wurde an deren Stelle eine gotische Kirche errichtet. Nachdem in den Hussitenkriegen Kloster und Kirche zerstört worden waren, flohen Abt und Konvent 1420 in das Stift Broumov. Damit begann die Epoche des Doppelklosters Břevnov-Broumov, dessen Abt bis zum 20. Jahrhundert seinen Sitz in Břevnov hatte. 1672 erwarb das Kloster die auf halben Wege zwischen Břevnov und Broumov gelegene Herrschaft Sloupno.

Abteikirche St. Margareta
Innenraum der Basilika St. Margareta

Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden Klostergebäude und Klosterkirche unter Abt Thomas Sartorius († 1700) wieder aufgebaut. Die heutige, kunsthistorisch bedeutende Barockanlage entstand 1708–1740 unter Abt Othmar Daniel Zinke nach Plänen von Christoph Dientzenhofer. Die Innenraumgestaltung der Basilika St. Margareta (bazilika sv. Markéty) leitete 1708–1715 dessen Sohn Kilian Ignaz Dientzenhofer. Karl Joseph Hiernle schuf die Statuen des hl. Benedikt und des hl. Nepomuk, die Fassadenplastiken schuf Mathias Wenzel Jäckel. Die Altargemälde stammen von Peter Johann Brandl, die Deckenmalerei von Johann Jakob Stevens von Steinfels.

Das Deckenfresko Das Wunder des hl. Günther im Prälatensaal (tschechisch Tereziánský sál) des Klosters schuf Cosmas Damian Asam. Die Stuckaturen stammen von seinem Bruder Egid Quirin Asam.

Auch im 20. Jahrhundert erlebten das Stift Břevnov und seine Mönche eine schwere Zeit. Im Jahr 1939 kam es zur Trennung der beiden Häuser: die deutschen Benediktiner verblieben unter Abt Dominik in Braunau (Broumov), während die tschechischen Mönche in Břevnov mit einem eigenen Klostervorsteher eine unabhängige Abtei bekamen.[2] Das Klostergebäude wurde im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht besetzt. Der Unterdrückung durch die kommunistische Regierung der Tschechoslowakei folgte 1950 die Enteignung, nachdem die Kirche 1948 durch Papst Pius XII. zur Basilica minor erhoben worden war.[3]

Abt Anastáz Opasek wurde 1949 verhaftet und in einem Schauprozess wegen „Hochverrats und Spionage“ zu lebenslanger Haft verurteilt und zehn Jahre später auf Bewährung freigelassen. Er wurde mit Berufsverbot belegt, arbeitete als Maurer und Lagerarbeiter und kam 1968 für kurze Zeit in sein Amt zurück. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings ging er von 1969 bis 1990 nach Deutschland ins Exil. In der Benediktinerabtei Braunau in Rohr in Bayern fanden er und weitere Mitbrüder für 21 Jahre Zuflucht. Das seit 1803 säkularisierte ehemalige Augustiner-Kloster im niederbayerischen Rohr war 1946 von den aus Broumov nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen deutschen Benediktinern wiederbelebt worden.

→ Zur weiteren Geschichte der vertriebenen Benediktiner siehe den Eintrag Kloster Rohr (Niederbayern).

Restaurierte barocke Orangerie

Nach dem politischen Umbruch von 1989 wurden die verfallenen Klostergebäude den Benediktinern durch die Tschechoslowakei zurückgegeben. Mit Unterstützung ausländischer Benediktinergemeinschaften und der staatlichen Behörden konnten die Bausubstanz gerettet und nachfolgend die Klosterkirche und die Klostergebäude renoviert werden. 1993 wurde das 1000-jährige Jubiläum gefeiert. Papst Johannes Paul II. erhob Stift Břevnov aus diesem Anlass zur Erzabtei und besuchte es 1997 im Rahmen einer Pastoralreise.

Die Mönche betreuen heute die dortige Pfarrgemeinde und die Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau vom Siege am Weißen Berg seelsorgerisch. Seit 1998 gibt die Erzabtei Werke zur frühchristlichen Spiritualität und die Reihe „Pietas Benedictina“ heraus. Letztere soll den Lesern die monastischen Tradition von der Antike und bis zum Mittelalter vermitteln.[4] 2011 wurde, anknüpfend an die jahrhundertealte Tradition des Bierbrauens im Stift Břevnov, die Klosterbrauerei Břevnovský pivovar gegründet.

Am 21. November 2017 wählte der Konvent des Klosters seinen langjährigen Prior-Administrator Pater Prokop Siostrzonek zum 2. Erzabt des Stiftes.[5] Am 7. Februar 2018 ist die schon länger angestrebte Wiedervereinigung der Abteien Břevnov (Breunau) und Broumov (Braunau) durch ein Dekret der vatikanischen Ordenskongregation rechtskräftig geworden. Der Erzabt darf nun (wieder) den Titel Erzabt von Břevnov und Broumov tragen.

Klostervorsteher

  • Meginhard (11. Jahrhundert)
  • (Jan) Benno I. Falkus von Falkenberg (1621–1646)
  • Alexius Hübner (1646–1652)
  • Augustin Jeronim Seifert von Löwenthal (1652–1663)
  • Thomas Sartorius (1663–1700)
  • Othmar Daniel Zinke (1700–1738)
  • Benno II. Löbel (1738–1751)
  • Fridrich Grundtmann (1752–1772)
  • Franz Stephan Rautenstrauch (1773–1785)
  • Jakub II. Chmel (1786–1805)
  • Fortunat Böhm (1805–1818)
  • Placidus Benes (1818–1844)
  • Jan Nepomuk Rotter (1844–1886)
  • Rupert Smolík (1886–1887)
  • Bruno Čtvrtečka (1887–1922)
  • Wilhelm Rudolf (1922–1926)
  • Dominik Prokop (1929–1939, bis 1969 Abt des Klosters Braunau)
  • Anastáz Opasek (als Prior 1938–1947, als Abt 1947–1999, ab 1993 Erzabt)
  • Prokop Siostrzonek (als Prior-Administrator 1999–2017; als Erzabt seit 2017)

Literatur

  • Dagmar Hejdová / Pavel Preiss / Libuše Urešowá (Red.), Tausend Jahre Benediktiner-Kloster in Břevnov [993- 1993]. Hrsg. von [der] Benediktinerabtei der Hl. Margarethe in Prag-Břevnov. Prag 1993 [Ausstellungskatalog anlässlich der Tausend-Jahr-Feiern der Gründung des Klosters, vom 17. April – 10. Oktober 1993]
  • Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Böhmen und Mähren (= Kröners Taschenausgabe. Band 329). Kröner, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8.
  • Erhard Gorys, Tschechische Republik. Kultur, Landschaft und Geschichte in Böhmen und Mähren (= DuMont Kunst-Reiseführer Tschechische Republik), DuMont, Köln 1994, ISBN 3-7701-2844-3.
  • Knaurs Kunstführer Tschechische Republik, Droemer Knaur, München 1993, ISBN 3-426-26609-1.
  • Milada Vilimková, Johannes Brucker: Dientzenhofer. Eine bayerische Baumeisterfamilie in der Barockzeit. Rosenheimer Verlagshaus, Rosenheim 1989, ISBN 3-475-52610-7.
  • Johannes Hoffmann (als Bearbeiter): Tausend Jahre Benediktiner in den Klöstern Břevnov, Braunau und Rohr (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige. Ergänzungs-Band 33). EOS, St. Ottilien 1993, ISBN 3-88096-623-0 (im Auftrag der Benediktiner-Abteien Břevnov in Prag und Braunau in Rohr, Niederbayern).
  • Edmund Wagenhofer OSB: Wiedervereinigung in Tschechien. Die Abteien Brevnov und Broumov. In: Erbe und Auftrag, 94 (2018), S. 215.

Weblinks

Commons: Kloster Břevnov – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Břevnovský pivovar Website der Brauerei
  2. Abteigeschichte. Die Geschichte der Benediktiner von Braunau in Rohr auf kloster-rohr.de, abgerufen am 23. November 2018
  3. Bazilika sv. Markéty auf gcatholic.org
  4. [1]
  5. Oznámení o volbě břevnovského arciopata, abgerufen am 27. November 2017.
  6. Johann Christoph Welak: Chronik der Stadt Habelschwerdt, zitiert von Franz Volkmer in: Geschichte der Stadt Habelschwerdt, Frankes Buchhandlung, Habelschwerdt, 1897

Koordinaten: 50° 5′ 4″ N, 14° 21′ 25″ O