Volksdeputiertenkongress

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Volksdeputiertenkongress (auch: Kongress der Volksdeputierten; russisch Съезд народных депутатов) bezeichnet einen direkt gewählten Rat, der als gesetzgebendes Organ fungiert. Kongresse dieser Art gab es in der Sowjetunion und deren ehemaligen Unionsrepubliken wie der RSFSR.[1]

Kongress der Volksdeputierten der Sowjetunion

Der Kongress der Volksdeputierten der Sowjetunion wurde durch Änderung der sowjetischen Verfassung vom 1. Dezember 1988 als höchstes gesetzgebende Organ der UdSSR ins Leben gerufen. Er wurde, auf Vorschlag von Michail Gorbatschow, am 26. März 1989 im Zuge der Perestroika und Demokratisaziya in den einzigen verhältnismäßig freien nationalen Parlamentswahlen der UdSSR gewählt.

Der sowjetische Kongress der Volksdeputierten umfasste 2250 Delegierte, die in folgender Weise gewählt wurden:

  • 750 Vertreter wurden nach dem Wahlsystem des Unionssowjet des Obersten Sowjet der UdSSR gewählt, wie es 1936–1988 ausgeübt worden war (in territorialen Wahlkreisen).
  • 750 Vertreter wurden nach dem Wahlsystem des Nationalitätensowjet des Obersten Sowjet der UdSSR gewählt (in national-territorialen Wahlkreisen).
  • 750 Vertreter wurden aus „öffentlichen Organisationen“ wie KPdSU, Komsomol und Gewerkschaften entsandt. Das Wahlgesetz sah eine bestimmte Zahl für jede Organisation vor und überließ es der Organisation, darüber zu entscheiden, wen sie entsandte.

Nachdem eine weitere Verfassungsänderung am 14. März 1990 das Amt des Präsidenten der UdSSR einführte, war der Volksdeputiertenkongress unter anderem in der Lage, dem Präsidenten Vollmachten zu erteilen oder zu entziehen.

Der Kongress wurde am 5. September 1991, auf eigenen Beschluss hin, ständig vertagt und ist mit dem Ende der Sowjetunion am 26. Dezember 1991 aufgelöst worden.

Kongress der Volksdeputierten der RSFSR

Der Kongress der Volksdeputierten der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) bestand vom 4. März 1990 bis zu seiner Auflösung am 21. September 1993 bzw. bis zu seiner gewaltsamen Zerschlagung in der Nacht vom 4. zum 5. Oktober 1993. Gewählt wurde er nach der Verfassungsänderung vom 27. Oktober 1989 am 4. März 1990 in den ersten verhältnismäßig freien Parlamentswahlen der RSFSR (bzw. Russlands) nach 1917.[2]

Er hatte ähnliche Rechte (Verfassungsänderungen, wichtige Gesetze) für die RSFSR / Russland, wie der Volksdeputiertenkongress der UdSSR für die gesamte Sowjetunion. So konnte er z. B. 1991 dem russischen Präsidenten Boris Jelzin die Kontrolle über die Kommunalverwalter erst zugestehen und dann wieder entziehen.

Die verfassungswidrige Auflösung des russischen Kongresses der Volksdeputierten erfolgte am 21. September 1993 im Zuge der Russischen Verfassungskrise per Dekret des damaligen russischen Präsidenten Jelzin. Der Kongress wies damals seine Auflösung zurück, enthob Boris Jelzin seines Amtes, ernannte stattdessen seinen Stellvertreter Ruzkoi zum Präsidenten und verbarrikadierte sich im Weißen Haus von Moskau (dem Parlamentsgebäude). Beendet wurde diese Besetzung durch den Beschuss des Gebäudes durch das Militär in der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober 1993.[3]

Danach wurde der russische Kongress der Volksdeputierten, entsprechend der neuen Verfassung vom 12. Dezember 1993, durch die Föderationsversammlung Russlands, bestehend aus der Staatsduma und dem Föderationsrat, ersetzt.

Einzelnachweise

  1. Vlg. Manfred Hildermeier: Die Sowjetunion. 1917–1991. R. Oldenbourg, München 2001, ISBN 3-486-56179-0.
  2. Rußland ohne Kommunisten? In: Der Spiegel. Nr. 11, 1990 (online).
  3. Johannes Baur: Straßenkrieg in Moskau. In: Spiegel Online. 15. Oktober 2007, abgerufen am 7. Dezember 2014.