Berührungslose Dosierung

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Die berührungslose Dosierung – auch als Jetten oder als kontaktlose Dosierung bezeichnet – ist eine Dosierung, bei der eine abdosierte, zusammenhängende Flüssigkeitsmenge frei – also vollständig von der Dosieröffnung losgelöst – auf den Zielort zufliegt.
In diesem Zusammenhang wird unter dem Verfahren des „Dosierens“ ein hochgenaues Portionieren von flüssigen oder pastösen Medien innerhalb einer zu entwickelnden Folge von Produktionsprozessschritten verstanden. Dabei geht es üblicherweise um irgendwelche Produktionsprozesse in der Industrie, in denen „Dosieren“ sich als zweckmäßig bzw. passend erweist, um ein bestimmtes Produktionsziel zu erreichen.

Charakterisierung

Für hochproduktive, industrielle Anwendungen und für die „Industrie 4.0“ wurde „Jetten“[1] zum Begriff für berührungsloses Dosieren, da es Schnelligkeit, Fliegen und impulsives Herauswerfen impliziert.

Wesentlich für die produktive Anwendbarkeit des Jettens ist die wiederholbare, rückstandsfreie Ablösung einer definierten Flüssigkeitsmenge von der Dosieröffnung, sowie der definierte Bewegungsimpuls der dann frei fliegenden Abgabemenge.

Beim Jetten „überfliegt“ das Dosiergerät (Dosierventil) die Ziele und gibt zum geeigneten Zeitpunkt eine Flüssigkeitsmenge ab, die dann aufgrund ihres Gesamtimpulses und z. B. der Schwerkraft frei fliegend den Zielort erreicht.

Typische Flughöhen der Dosieröffnung über dem Zielort liegen eher im Millimeter- als im Zentimeterbereich, da Kugelbildungskräfte, inneres Impulsgeschehen, Wärmetransfer oder andere Reaktionen mit der Umwelt Form und Eigenschaften der Dosiermenge in der Flugphase ändern.

Abgabemengen liegen typisch zwischen 3 nl und 0,5 ml mit Schwerpunkt bei etwa 10 µl.

Die in der Fügetechnik verbreitete Methode des "Jettens" sollte nicht verwechselt werden mit der häufig als "Jet-Dosierung" bezeichneten, sprühenden Flüssigkeitsabgabe zum Beschichten von Oberflächen, welche nur prozesstechnisch bedingt ebenfalls ohne Berührung des Zielobjektes erfolgt.

Technische Anforderungen des Jettens

Aufgrund des notwendigen kinematischen Impulses der Abdosiermenge und der Umwelteinwirkungen in der Flugphase ergeben sich spezifische Themen beim Jetten:

  • Checklistenerstellung zu sämtlichen Prozessszenarien, welche zu vermeiden sind / Kontrolle:
    • Restanhaftungen an der Dosieröffnung, Kumulation und Veränderung des Ablöseverhaltens (durch Impulsänderung) bis zur Verstopfung
    • „Satellitenbildung“ durch verspätete Teilablösungen im Dosieröffnungsbereich
    • „Satellitenbildung“ und/oder Zerstäuben[2][3] durch innere Impulsgradienten der „Tropfen“ und deren „Kugelbildungskräfte
    • dynamische Formänderungen bis hin zur Aufteilung während des Fluges (z. B. Knochen- oder Torusformbildung)
    • Zerspritzen durch Aufprall am Zielort
    • Temperatur- und Viskositätsänderungen verändern u. a. die Fluiddynamik
  • Anforderungen an den Abdosiermechanismus:
    • Anwendungsspezifisch definierbare Öffnungs-, Durchlass- und insbesondere Schließkinetik
    • Je kleiner die einzelne Abgabemenge („Dot“) sein soll, desto wesentlicher ist der beim Schließen erzeugte kinematische Impulsanteil für die einwandfreie Ablösung von der Dosieröffnung
    • Hochviskose oder stark adhäsive Flüssigkeiten bzw. Pasten benötigen kräftige Schließimpulse zur Ablösung
  • Bewerkstelligung der Beherrschung relevanter Prozessparameter:

Dosiermechanismen

Zumeist druckbeaufschlagte Kugelsitzventile, deren Kugelverschluss durch pneumatische, elektromagnetische, elektropneumatische oder piezoelektrische Aktoren betätigt wird, wobei letztere die höchste Leistungsdichte und Dosierfrequenzen im Kilohertzbereich und extrem steile Schaltflanken erreichen. Damit einhergehend wird die Einbindung von Dosiergeräten und Wägeverstärkern in Steuerungssysteme häufig zu einer integralen Teilaufgabe in dosiertechnischen Projekten.[4]

Jettende Dosierventile können als Spezialfälle einer Dosierpumpe[5] angesehen werden, da mindestens in der Tropfenablösungsphase aktive Verdrängung angewendet wird.

Anwendungsverfahren

Die Menge je Abdosierung kann bei den führenden Dosiersystemen online multifaktoriell am Kugelverschluss variiert werden. Sie ist weit größer möglich als bei altbekannten Druckerköpfen, die nur jeweils identische Einzelmengen abgeben konnten. Da das Variieren der Abdosiermenge komplexe Auswirkungen auf das Ablöseverhalten und Dosierergebnis zeigt und von einfachen Dosiergeräten nicht beherrscht wird, haben sich verschiedene Anwendungsweisen etabliert:

  • Standardisierte Einzeldosierung je Zielort ohne Mengenmodulation
  • Kumulation standardisierter Einzeldosierungen je Zielort
  • Individualisierte Einzeldosierung mit Mengenmodulation je Zielort

Anwendungsgebiete

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Lift-off method by means of jets. Dt. Bezeichnung: Lift-off Verfahren mittels Jetten. (Patentanmeldung zum internationalen Patent, Registriercode: "WO 2019/214844 A1".) depatisnet.dpma.de-Internetportal, Deutsches Patent- und Markenamt, Sektion "DEPATISnet", Internationales Veröffentlichungsdatum: 14. November 2019 (PDF).
  2. Günter Wozniak: Zerstäubungstechnik: Prinzipien, Verfahren, Geräte. Springer, Berlin 2002, ISBN 3-540-41170-4.
  3. Thomas Richter: Zerstäuben von Flüssigkeiten: Düsen in Theorie und Praxis. expert-Verlag, Renningen 2016, ISBN 978-3-8169-3359-5.
  4. E. Gassmann: Einbindung von Wägeverstärkern und Dosiergeräten in Steuerungssysteme. In: Abfüllen und Dosieren von Flüssigkeiten und Feststoffen: Anwendungen und neue Trends. Tagung, Langen, 4. und 5. März 2002. / VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (Hrsg.). (VDI-Berichte; 1652) VDI-Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-18-091652-4, S. 101–116.
  5. Gerhard Vetter: Meilensteine der Dosiertechnik. In: Chemie – Ingenieur – Technik (ISSN 0009-286X). Bd. 75, H. 10, S. 1415–1418, (2003).
  6. W. Stiehl: Prozessautomatisierung mit integrierter Wäge- und Dosiertechnik. In: Abfüllen und Dosieren von Flüssigkeiten und Feststoffen: Anwendungen und neue Trends. Tagung, Langen, 4. und 5. März 2002. / VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (Hrsg.). (VDI-Berichte; 1652) VDI-Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-18-091652-4, S. 117–126.