Landkreis Naugard

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Der Landkreis Naugard, bis 1938 Kreis Naugard, war bis 1945 ein preußischer Landkreis in Pommern. Er ging 1818 aus dem 1724 gegründeten Daber-Naugard-Dewitzschen Kreis hervor. Der Landkreis lag in Hinterpommern nordöstlich von Stettin. Kreisstadt war die Stadt Naugard. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kreisgebiet im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. Das Kreisgebiet entspricht heute in etwa dem Powiat Goleniowski in der Woiwodschaft Westpommern.

Der Kreis Naugard 1905

Geschichte

Der Daber-Naugard-Dewitzsche Kreis im 18. Jahrhundert

In Hinterpommern, das seit dem Dreißigjährigen Krieg zu Preußen gehörte, wurde 1723/24 eine Kreisreform durchgeführt. Die Zahl der Kreise und zugehörigen Landräte wurde reduziert, um die starke territoriale Zersplitterung zu verringern, die durch die komplizierten adligen Besitzstände in Hinterpommern entstanden war. Durch Erlass vom 30. Oktober 1724 wurde der Daber-Naugard-Dewitzsche Kreis gebildet, in dem das Adelsgeschlecht derer von Dewitz umfangreiche Ländereien besaß.[1] Der Kreis umfasste die Städte Daber und Naugard, das königliche Amt Naugard sowie eine größere Anzahl von adligen Dörfern und Gütern.[2][3]

In Folge der Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 wurde der Daber-Naugard-Dewitzsche Kreis Teil des Regierungsbezirks Stettin in der Provinz Pommern. Durch die Kreisreform zum 1. Januar 1818 im Regierungsbezirk Stettin wurde der nunmehr nur noch Kreis Naugard genannte Kreis deutlich vergrößert:[4][5][6]

  • Aus dem Kreis Randow wechselte die Stadt Gollnow mitsamt den umliegenden Dörfern in den Kreis Naugard.
  • Aus dem Kreis Saatzig wechselten die Stadt und das Amt Massow, das Amt Friedrichswalde sowie weitere Dörfer in den Kreis Naugard.
  • Aus dem Flemmingschen Kreis wechselten sieben Dörfer in den Kreis Naugard.
  • Gleichzeitig wechselten 21 Dörfer aus dem Daber-Naugard-Dewitzschen Kreis in den neuen Kreis Regenwalde

Der Kreis Naugard umfasste 1871 die vier Städte Daber, Gollnow, Massow und Naugard, 101 Landgemeinden und 49 Gutsbezirke.[7]

Am 30. September 1929 wurden alle selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt. Zum 1. Januar 1939 erhielt der Kreis Naugard entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis.

Am 15. Oktober 1939 fand im Raum Stettin eine Gebietsreform statt, in deren Rahmen auch die Abgrenzung des Landkreises Naugard geändert wurde:[8]

  • Die Gemeinden Arnimswalde, Bergland, Friedrichsdorf, Hornskrug, Langenberg, Oberhof, Schwabach, Schwankenheim, Wilhelmsfelde und Wolfshorst aus dem aufgelösten Landkreis Randow wechselten in den Landkreis Naugard.
  • Die Gemeinden Augustwalde und Franzhausen schieden aus dem Landkreis Naugard aus und wurden in den Stadtkreis Stettin eingegliedert.

Die Fläche des Kreises vergrößerte sich hierdurch von ursprünglich 1229 km² auf 1262 km². Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und nach Kriegsende im Sommer 1945 wie ganz Hinterpommern gemäß dem Potsdamer Abkommen unter polnische Verwaltung gestellt. In der Folgezeit wurden die allermeisten Bewohner des Kreisgebiets von den örtlichen polnischen Verwaltungsbehörden vertrieben.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
1797 11.010 [9]
1816 16.284 [10]
1846 47.219 [11]
1871 55.298 [7]
1890 54.298 [8]
1900 52.777 [8]
1910 54.010 [8]
1925 59.1551 [8]
1933 61.848 [8]
1939 62.806 [8]
1 darunter 58.103 Evangelische, 697 Katholiken, 25 sonstige Christen und 148 Juden

Religion

Der prozentuale Anteil der Konfessionen an der Gesamtbevölkerung betrug im Jahre 1932:

  • evangelische Glaubensgemeinschaft 97,2 %
  • römisch-katholische Glaubensgemeinschaft 1,2 %
  • jüdische Glaubensgemeinschaft 0,3 %

Politik

Landräte

Kommunalverfassung

Der Landkreis Naugard gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständiger Auflösung im Jahre 1929 – in selbstständige Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab dem 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle preußischen Gemeinden. Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 im Deutschen Reich eine einheitliche Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Amtsbezirke, Städte und Gemeinden

Amtsbezirke

Die Landgemeinden des Kreises waren in den 1930er Jahren in 31 Amtsbezirke gegliedert.[12] Die Städte des Kreises waren amtsfrei.

Städte und Gemeinden 1945

Zum Ende seines Bestehens im Jahr 1945 umfasste der Landkreis Naugard vier Städte, 111 weitere Gemeinden und einen gemeindefreien Gutsbezirk:[8]

1 bis 1939 im Landkreis Randow

Aufgelöste Gemeinden

Namensänderungen

Das anlautende C wurde 1936 in mehreren Ortsnamen ersetzt:

Verkehr

Abgesehen von einer Station der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft ganz im Süden des Kreises, die 1846 bedient wurde, blieb das Gebiet noch bis 1882 ohne Schienenverkehr >111.0<. Dann eröffnete die Preußische Staatsbahn eine Strecke von Altdamm über Gollnow und Naugard in Richtung Kolberg, von der 1892 in Gollnow die Linie nach Wietstock abzweigte >111.c+d<. Von dort durchzog erst 1909 die Strecke nach Plathe die Nordspitze des Kreises >111.h<.

Um diese Zeit ergänzten die kreiseigenen Naugarder Kleinbahnen das Schienennetz mit zwei Linien:

  • 1902 von Naugard nach Daber >113.l< und
  • 1903 von Gollnow nach Massow >113.k<

In Daber bestand Anschluss an die 1895 bzw. 1896 eröffneten Schmalspurlinien der AG Saatziger Kleinbahnen nach Stargard >113.j< und der Regenwalder Kleinbahnen AG nach Regenwalde >113.m<. Im Nordwesten des Kreises lag seit 1903 eine Haltestelle der Strecke Gülzow – Kantrack der Greifenberger Kleinbahnen AG >113.q<.

(Die Zahlen in >< beziehen sich auf das Deutsche Kursbuch 1939).

Literatur

  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 121, Ziffer 11.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 52–61.
  • Königliches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungbezirk Stettin: 6. Kreis Naugard. Berlin 1866, S. 1–35 (Online).
  • Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern - Schilderung der Zustände dieser Lande in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Teil II: Landbuch des Herzogthums Stettin, von Kamin und Hinterpommern; oder des Verwaltungs-Bezirks der Königl. Regierung zu Stettin. Band 5
  • Unser Pommerland, Jg. 21, H. 7–8: Der Kreis Naugard.
  • Hans-Georg Grams: Unsere Heimat Hinterpommern – Eichenwalde – Die Menschen und ihr Schicksal: Von der Besiedelung bis zur Vertreibung. Max Schick GmbH, München 2003, ISBN 3-9803273-2-9.
  • Michael Rademacher: Provinz Pommern – Landkreis Naugard. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  • Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Der Kreis Naugard in der ehemaligen Provinz Pommern (2011).
  • Literatur über den Kreis Naugard

Weblinks

  • Landkreis Naugard Verwaltungsgeschichte und Landratsliste auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 6. Juli 2013.

Einzelnachweise

  1. Denkmäler der Preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert. Behördenorganisation und allgemeine Staatsverwaltung. In: Königliche Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Acta Borussica. Band 4. Paul Parey, Berlin 1908, Neueintheilung und Verminderung der hinterpommerschen Kreise 1723/24, S. 184 (Digitalisat).
  2. Johann Ernst Fabri: Geographie für alle Stände. Schwickertscher Verlag, Leipzig 1793, Kap. Preußisch Vorpommern, S. 478 (Digitalisat).
  3. Fritz Curschmann, Ernst Rubow: Pommersche Kreiskarte Blatt 3. Die pommerschen Kreise vor und nach 1818. In: Landesgeschichtliche Forschungsstelle der Provinz Pommern (Hrsg.): Historischer Atlas von Pommern. 1935 (Digitalisat).
  4. Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Stettin: Verordnung zur neuen Kreiseintheilung vom 18. Januar 1816. Nr. 12, 1816, S. 43 (Digitalisat [abgerufen am 2. Februar 2017]).
  5. Ortschafts-Verzeichniß des Regierungs-Bezirks Stettin nach der neuen Kreis-Eintheilung. ca. 1818. Struck, Stettin (Digitalisat).
  6. Berthold Schulze: Die Reform der Verwaltungsbezirke in Brandenburg und Pommern 1809-1818. mit Unterstützung der Historischen Kommission für die Provinz Pommern. In: Einzelschriften der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg. Gsellius, Berlin 1931 (Digitalisat).
  7. a b Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung 1871
  8. a b c d e f g h Michael Rademacher: Kreis Naugard. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  9. Georg Hassel: Statistischer Umriss der sämtlichen europäischen Staaten. Die statistische Ansicht und Specialstatistik von Mitteleuropa. Vieweg, Braunschweig 1805, S. 44 (Digitalisat).
  10. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Stettin, S. 227 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  11. Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Band 2. Einwohnerzahlen der Kreise. S. 315 (Digitalisat).
  12. Informationssystem Pommern: Kreis Naugard (Memento des Originals vom 1. Januar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kreis-naugard.de