Albert Kümmel-Schnur

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Albert Kümmel-Schnur (* 1969) ist ein deutscher Kultur-, Medien- und Literaturwissenschaftler. Er forschte und lehrte an der Universität Konstanz sowie an Universitäten in den USA, Österreich, China und Tschechien.

Leben

Kümmel-Schnur wuchs in Nordrhein-Westfalen auf. Er machte 1988 das Abitur am König-Wilhelm-Gymnasium in Höxter, studierte Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, Englische Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität Paderborn, wo er 1999 zu Robert Musils "Der Mann ohne Eigenschaften" mit summa cum laude promoviert wurde. Von 1999 bis 2002 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungskolleg "Medien und Kulturelle Kommunikation" der Universitäten Aachen, Bonn, Köln. 2003 verbrachte er sieben Monate als Feodor-Lynen Stipendiat an der University of California/Santa Barbara und Fellow am Interdisciplinary Humanities Center der UCSB. Ab 2003 war er als Juniorprofessor, über deren Niedergang er sich auch äußerte[1], an der Universität Konstanz tätig, später als Research Fellow und Akademischer Rat.[2] Hier zeichnete er sich vor allem durch sein Engagement für den Studiengang Literatur-Kunst-Medien aus. Im Wintersemester 2014/15 und Sommersemester 2015 vertrat er die medienwissenschaftliche Professur von Erhard Schüttpelz an der Universität Siegen.

Werk

Kümmel-Schnur ist zunächst durch seine Dissertation über Musil, aber auch seine Arbeiten zur Herkunft des Medienbegriffs[3][4][5] ausgewiesener Spezialist für die klassische Moderne (1890–1930). Er beschäftigte sich intensiv mit der mathematischen Informationstheorie[6] und etablierte vor diesem Hintergrund – gemeinsam mit Erhard Schüttpelz – den Begriff der Störung als fundamentales medientheoretisches Analyseinstrument.[7] Ein weiteres Arbeitsfeld stellt der deutschsprachige Spiritismus im Besonderen und, daraus abgeleitet, Begriffe und Praktiken der Trance und Besessenheit dar. Ein Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist die lecture performance NOISE SPIRITS, die Kümmel-Schnur gemeinsam mit Manuel Stettner für das Kingdom-of-Darkness-Festival[8] des théâtre brut entwickelte.[9] Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt von Kümmel-Schnur stellt die Kultur- und Mediengeschichte technischer Apparate dar, unter anderem zur Geschichte der Bildtelegraphie und zur analogen Telefonie.

Albert Kümmel-Schnur hat sich stark für die universitäre Lehre engagiert. Für den Studiengang Literatur-Kunst-Medien[10] auf der Universität Konstanz, den er maßgeblich inhaltlich gestaltete, entwickelte er zahlreiche neue Lehrformate. Er integrierte die studentische Arbeitsgruppe Campus-TV[11] 2004 in den Studiengang Literatur-Kunst-Medien, die heute unter dem Titel media.lab[12] arbeitet.

Preise und Auszeichnungen

  • 2008: Innovationspreis der Universität Bonn für die Ausstellung "Nibelungen. Mythos – Kitsch – Kult"
  • 2007: Professor des Jahres, Zeitschrift Unicum Beruf (3. Platz, Kategorie Geisteswissenschaften)[13]
  • 2006–2011: Fellow am Zukunftskolleg der Universität Konstanz[14]
  • 2003: Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung
  • 2000: Förderpreis der Universitätsgesellschaft Paderborn

Publikationen

Monographien

  • Das MoE-Programm. Eine Studie über geistige Organisation. Fink, München 2001, ISBN 978-3-7705-3567-5.

Herausgeberschaften

  • mit Christian Kassung: Bildtelegraphie. Eine Mediengeschichte in Patenten (1840–1930). transcript, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-8376-1225-7.
  • Sympathy for the Devil. Fink, München 2009, ISBN 978-3-7705-4798-2.
  • mit Jens Schröter: Äther. Ein Medium der Moderne. transcript, Bielefeld 2008, ISBN 3-8252-2488-0.
  • mit Dierk Spreen: Technik Magie Medium. Geister, die erscheinen. Sonderheft Ästhetik und Kommunikation, 4 (2004).
  • mit Leander Scholz, Eckhard Schumacher: Einführung in die Geschichte der Medien. Fink, München 2004, ISBN 3-8252-2488-0.
  • mit Petra Löffler: Medientheorie 1888–1933. Texte und Kommentare. Anthologie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, ISBN 978-3-518-29204-4.
  • mit Erhard Schüttpelz: Signale der Störung. Fink, München 2002, ISBN 978-3-7705-3746-4.[15]
  • mit Thomas Kater: Der verweigerte Friede. Der Verlust der Friedensbildlichkeit in der Moderne. Donat, Bremen 2002, ISBN 3-934836-34-8.

Ausstellungskataloge

  • Nibelungen. Mythos, Kitsch, Kult. Sammelband, hrsg. zusammen mit Peter Glasner, Elmar Scheuren. Rheinlandia, Siegburg 2008, ISBN 3-938535-48-2.
  • Zufallszwänge. Roboterbilder zwischen Kunst und Wissenschaft. Hrsg. mit Oliver Deussen, Patrick Tresset, Konstanz 2013.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nachruf auf die Juniorprofessur - duz Magazin - duz - unabhängige deutsche Universitätszeitung - Magazin für Forscher und Wissenschaftsmanager. In: www.duz.de. Abgerufen am 20. September 2016.
  2. SciKon - die Forschungsplattform der Universität Konstanz. Abgerufen am 20. September 2016.
  3. Albert Kümmel/Petra Löffler (Hrsg.): Medientheorie 1888–1933. Texte und Kommentare. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2002, ISBN 3-518-29204-8.
  4. Albert Kümmel/Leander Scholz/Eckhard Schumacher (Hrsg.): Einführung in die Geschichte der Medien. Wilhelm Fink, München 2004, ISBN 3-8252-2488-0.
  5. Albert Kümmel-Schnur/Jens Schröter (Hrsg.): Äther - ein Medium der Moderne. transcript, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-610-6.
  6. Albert Kümmel: "Mathematische Medientheorie". In: Daniela Kloock/ Angela Spahr (Hrsg.): Medientheorien. Eine Einführung. Wilhelm Fink, München 1997, S. 205–236.
  7. Gansel und Ächtler bezeichnen den von Kümmel/Schüttpelz herausgegebenen Sammelband "Signale der Störung" als "wegweisend[.]" (Carsten Gansel, Norman Ächtler: "Das 'Prinzip Störung' in den Geistes- und Sozialwissenschaften", Berlin/Boston: de Gruyter 2013, S. 7)
  8. "Kingdom of Darkness"-Festival auf archiv.brut-wien.at
  9. Albert Kümmel-Schnur/Manuel Stettner: Noise Spirits (Trailer). Abgerufen am 5. Januar 2017.
  10. Literatur-Kunst-Medien auf uni-konstanz.de
  11. Campus-TV auf schattenblick.de
  12. media.lab auf literaturkunstmedien.wordpress.com
  13. UniCum "Professoren des Jahres 2007". Abgerufen am 26. September 2016.
  14. Alumni/ae | People | Zukunftskolleg | Universität Konstanz. In: www.uni-konstanz.de. Abgerufen am 12. Oktober 2016.
  15. Bayerische Staatsbibliothek: Digitalisierte Fassung. Abgerufen am 14. April 2022.