Steinmühle – Schule & Internat

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Steinmühle – Schule & Internat
Landschulheim Steinmühle (2).jpg
Schulform Gymnasium
Gründung 1949
Ort Marburg, Stadtteil Cappel (Marburg)
Land Hessen
Staat Deutschland
Koordinaten 50° 46′ 14″ N, 8° 45′ 26″ OKoordinaten: 50° 46′ 14″ N, 8° 45′ 26″ O
Träger Schulverein Landschulheim Steinmühle e.V.
Schüler 700
Website steinmuehle.de

Die Steinmühle – Schule & Internat ist ein Gymnasium mit gebundener Ganztagsschule in freier Trägerschaft und mit einem angeschlossenen Internat im Marburger Stadtteil Cappel. Die Einrichtung wurde 1949 von Gerhard Buurman (1904–1987) als Leiter des Landerziehungsheims und Joseph Müller (1885–1965) als Leiter des Gymnasiums in Cappel (Marburg) in einer alten Mühle und den angrenzenden Wirtschafts- und Wohngebäuden gegründet. Daraus entstand die frühere Bezeichnung „Landschulheim Steinmühle“. Seit 2018 ist die Steinmühle als „Steinmühle – Schule & Internat“ bekannt. Die Steinmühle ist Mitglied der Internate Vereinigung und des Schulverbunds Blick über den Zaun. Die Liegenschaft wird erstmals mit der Mühle 1299 erwähnt.

Lage und Campus

Die Steinmühle liegt an der Lahn und vor den Toren der Universitätsstadt Marburg. Diverse Schulgebäude und teilweise historische Wohngebäude (Mühle, Stammhaus) bilden den Campus, der ergänzt wird durch einen Speisesaal, eine Sporthalle, einen Sportplatz, Tennisplätze, einen Reitstall, ein Bootshaus sowie einen Bade-Steg mit Beachvolleyballfeld. Im 2006 errichteten Forum befindet sich die Schülerbibliothek, Musik- und Gruppenräume und ein großer Veranstaltungssaal, in dem die Schüler ihre Arbeiten aus Musik- und Theater-AGs zur Aufführung bringen. 2010 entstand mit dem „Centrum 5/6“ ein Haus nur für die Klassen 5 und 6, um den jüngeren Schülern einen besonderen Lern- und Lebensraum zu bieten. Im Januar 2019 wurde das neue Mittelstufengebäude eröffnet, „Atrium 7-10“ genannt. Es bietet 12 Räume für die Klassen 7–10 mit interaktiven Tafelsystemen (Multitouchdisplays), Gruppenraum und Lagerraum für jede Jahrgangsstufe, einen großen Multifunktionsraum, Küche und Lehrerstützpunkt.

Geschichte der Steinmühle

Die Steinmühle wurde im Jahr 1949 als Landschulheim Steinmühle von Joseph Müller und Gerhard Buurman in einer alten Mühle und den angrenzenden Wirtschafts- und Wohngebäuden gegründet. Die Gründer sahen sich der Tradition der Landerziehungsheime und damit des Pädagogen Hermann Lietz verpflichtet.

Der Unterricht startete am 10. Mai 1949 mit 50 Schülern, wenig später bezogen die ersten Internatsschüler das Stammhaus. 1951 wurde das alte Mühlengebäude ausgebaut und mitgenutzt, 1954 folgte das Bremerhaus, 1958 eine Sporthalle, ein Bootsschuppen, weitere Gebäude sowie Freizeiteinrichtungen und schließlich das Westfalenhaus, in dem die ersten Mädchen untergebracht wurden.

Im Jahr 1955 erhielt die Steinmühle den Status einer staatlich anerkannten Schule in freier Trägerschaft. Gerhard Buurmann nahm offenbar aus geschäftlichen Gründen Einfluss auf die Benotung und Versetzung einzelner Schüler, als Folge der im SPIEGEL-Skandal 1960 aufgedeckten Unregelmäßigkeiten[1] gründete Buurman 1962 einen gemeinnützigen Schulverein als Träger der Steinmühle. Nach kurzer Zeit übernahm dann Georg Gaßmann den Vorsitz. Als Konsequenz aus dem Vorfall existieren seitdem zwei klar voneinander abgegrenzte Strukturen (Schule und Internat).

1965 zog sich Gerhard Buurman offiziell auch aus der Leitung des Internats zurück und übergab das operative Geschäft an seinen Sohn, Gert-Ulrich Buurman, der das Landschulheim Steinmühle bis 1999 führte.

Ende der 1970er Jahre entschloss man sich, auch den externen Schülern eine umfassende Betreuung zu gewähren, und nahm 1978 den Ganztagsschulbetrieb auf. 2006 wurde die Steinmühle zur erweiterten Ganztagsschule mit einem umfassenden Fördersystem für alle Jahrgangsstufen. Im Jahr 1984 schmuggelten Schüler der Steinmühle im Rahmen einer Klassenfahrt einen DDR-Bürger über die Grenze. Der Fall sorgte bundesweit für großes Aufsehen.

Seit Oktober 2015 unterstützt die Schule die Stadt Marburg, indem sie 14 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen einen Schul- und Wohnort bietet.[2] Die Betreuung wird durch eine von der Schule gegründete Jugendhilfeeinrichtung unter der Aufsicht des Jugendamtes Marburg gewährleistet.

Zum Schuljahr 2019/20 startet die neu gegründete „Bilinguale Grundschule Steinmühle“ mit einer flexiblen Schuleingangsphase in den Jahrgangsstufen 1 und 2. Die bilinguale Grundschule bildet die Grundlage für einen internationalen Schulzweig, der mit dem Schuljahr 2027/28 bis zur Jahrgangsstufe 10 ausgebaut wird.

Die Schule der Steinmühle

Die Steinmühle ist eine gebundene Ganztagsschule, die zum einen in der Tradition wegweisender pädagogischer Konzepte steht wie der Mehrkanaligkeit des Lernens (Pestalozzi), der Entwicklung der Selbstständigkeit (Montessori), der Handlungskompetenz (Dewey) und einer freien Persönlichkeit (Freinet), zum anderen die Erkenntnisse der modernen Unterrichtsforschung nutzt (Helmke, Hattie). Ein besonderes Anliegen ist es, den Einzelnen gerecht zu werden und die Schule als Gemeinschaft zu verstehen, in der das Prinzip der Gleichwürdigkeit (Juul) zwischen Schülern und Lehrern gelebt wird.

Zurzeit besuchen etwa 700 Schüler die Steinmühle, davon wohnen rund 80 im Internat. Die Klassenstärken betragen in der Unterstufe 22, in der Mittelstufe 22–24 und in der Profil-Oberstufe (Lernen in festen Gruppen) 12–24. Begleitend zum allgemeinen Unterricht gibt es Projektunterricht, themenorientierte Tage zu Beginn und am Ende eines Schuljahres sowie handlungsorientierten Wahlunterricht.

Die Steinmühle unterrichtet folgende Sprachen: Englisch, Französisch, Latein, Spanisch, Italienisch sowie Russisch im Schulverbund; außerdem gibt es bilingualen Unterricht von Klasse 7 bis zum Abitur, die Möglichkeit, international anerkannte Sprachzertifikate zu erwerben, sowie Partnerschaften mit Schulen in den USA, Spanien, Frankreich und Uruguay.

Die musikalische und kulturelle Grundbildung umfasst vokales und instrumentales Musizieren, Bläserklassen, Darstellendes Spiel, Chor, Musicalprojekte, Theater-AG und ein frei verfügbares Atelier („Kulturmühle“).

Die Steinmühle ist die einzige Schule im Landkreis Marburg-Biedenkopf, die ihren Schülern im sogenannten Optionsmodell neben G9 auch G8 anbietet (Entscheidung fällt erst im 7. Schuljahr).

Das Internat der Steinmühle

Das Internat bietet Platz für 90 Kinder und Jugendliche von Klasse 5 bis 13. Sie bewohnen mit ihren pädagogischen Betreuern und deren Familien sechs Häuser auf dem Steinmühlengelände: das Biohaus für die jüngeren Kinder, das Hessenhaus für die Mädchen der Mittelstufe und Einführungsphase der Oberstufe, die historische Mühle, die dem Campus den Namen gab und die Räume der Jungen beherbergt, das Stammhaus für Jugendliche der Mittel- und Oberstufe sowie das Westfalenhaus und das Bremerhaus für die Oberstufenschüler. Die internationalen Schüler nutzen zudem ein Wochenendhaus am Marburger Waldrand. Die Wohnhäuser verfügen über Einzel- und Doppelzimmer, Gemeinschaftsraum und Wohnküche.[3]

Die Schule der Steinmühle und das Internat sind eigenständige Institutionen mit jeweils eigenen pädagogischen Teams, das heißt, die Internatsschüler haben in Schule und Internat voneinander unabhängige Ansprech- und Vertrauenspersonen. Darüber hinaus steht den Kindern und Jugendlichen des Internats ein Lernbüro zur Verfügung, in dem sie von einem Team aus Pädagogen und Studenten der Universität Marburg bei ihren außerschulischen Lernaktivitäten betreut werden.

Geschichte der Mühle

Die Steinmühle wird erstmals als „Keppelremule“ 1299 urkundlich erwähnt. Sie liegt zu dieser Zeit an einem bedeutsamen Durchgang durch die Lahn, der die Handelsstraßen „Grünberger Straße“ und Weinstraße (Wagenstraße) verbindet. Im Jahr 1492 wurde die Mühle mit bis zu 2,25 Meter dicken Mauern neu errichtet. Im Jahr 1513 brannte sie komplett aus und musste neu aufgebaut werden. In dieser Form besteht die Steinmühle bis ins Jahr 1951, in dem sie nach Vorgaben des Denkmalschutzes zu einem Internatsgebäude mit Schul- und Schlafräumen umgebaut und saniert wurde.

Steinmühle

Das angrenzende Wohnhaus, heute „Stammhaus“ genannt, wurde 1796 errichtet.

Im Laufe der Jahrhunderte befand sich die Mühle im Besitz der Landgrafen und wurde nach Lehnsrecht von Müllern der Region betrieben. Erst 1850 ging die Mühle per Gesetz in Privatbesitz über. Als Getreide-Mühle wurde sie 1935 stillgelegt, 1949 von Gerhard Buurman gepachtet und 1958 käuflich erworben.

Trägerschaft

Die Steinmühle ist gegliedert in eine Schule und ein Internat. Das Internat wird privat betrieben von der Landschulheim Steinmühle GmbH. Der freie Träger der Schule ist der gemeinnützige Verein Steinmühle Marburg e. V., der die meisten Schulgebäude von der o. g. GmbH gemietet hat. Die Steinmühle ist Mitglied der Internate Vereinigung und des Schulverbunds Blick über den Zaun.

Leiter

Leiter der Schule
  • 1949–1956: Joseph Müller
  • 1956–1962: Wilhelm Stier
  • 1962–1965: Gerhard Ehl
  • 1965–1977: Ingeborg Lindner-Helmer
  • 1977–1980: Dieter Jöllenbeck
  • 1980–1981: Gangolf Reccius (kommissarisch)
  • 1981–1991: Klaus Teichler
  • 1991–1993: Gerhard Müller (kommissarisch)
  • 1993–2002: Brigitte Kettner
  • 2002–2005: Ulrich Schmermund
  • 2005–2006: Bernd Holly (kommissarisch)
  • 2006–2010: Helmut Jäckel
  • 2010–2011: Bernd Holly, Elke Karasek (kommissarisch)
  • seit 2011: Björn Gemmer und Bernd Holly als Team
Leiter des Internats
  • 1949–1965: Gerhard Buurman
  • 1965–1999: Gert-Ulrich Buurman
  • 2002–2006: Jörg Kettner
  • 2006–2011: Sascha Buurman
  • 2011–2012: Marc Apfelbaum
  • 2012–2015: Stefan Lange
  • 2016–2020: Anke Muszynski und Nils Schwandt als Team
  • seit 2020: Anke Muszynski

Bekannte Schüler

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das Prominenten-Abitur. In: Der Spiegel. Nr. 19/1960, 13. Juli 1960, ISSN 0038-7452, S. 44–45 (spiegel.de [abgerufen am 2. Dezember 2020]).
  2. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge–Und plötzlich steht der Bruder da. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.op-marburg.de. 22. Oktober 2015, archiviert vom Original; abgerufen am 2. Dezember 2020.
  3. Das Internat Steinmühle – Orte zum Wohlfühlen. In: steinmuehle.de. Abgerufen am 15. Oktober 2019.