Liste der im Großen Nordischen Krieg belagerten Festungen
Die Liste der im Großen Nordischen Krieg belagerten Festungen enthält alle festen Plätze oder Schanzen, die Mittelpunkt von Kampfhandlungen im Krieg von 1700 bis 1721 geworden sind.
Überblick
In Mitteleuropa, Nordeuropa und Osteuropa gab es zu dieser Zeit weit weniger Befestigungsanlagen als in Westeuropa. Beispielsweise verfügte Frankreich durch die Bauwerke von Vauban über ein System vorgelagerter Festungen, das einen Bewegungskrieg und umfassende Operationen erschwerte. Im Gegensatz dazu fiel es den Beteiligten des Großen Nordischen Krieges leichter, große Vorstöße durchzuführen, wie dies bei der Invasion Karls XII. in Polen im Jahre 1701, in Sachsen im Jahre 1706 und der Ukraine im Jahre 1708 der Fall war. Aber auch im nordöstlichen Europa gab es einzelne Festungen, die für die Kontrolle einzelner Regionen von Bedeutung sein konnten.
Festungen waren für Schweden das wichtigste militärische Bollwerk gegen äußere Feinde. Die ganze zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts über wurden die Befestigungen im eigentlichen Schweden, aber auch in den Ostseeprovinzen, erneuert und ausgebaut. Hintergrund war der bedrohlicher werdende Moskauer Staat, der eine Revision des Frieden von Stolbowo von 1617 anstrebte. Aber auch Fachleute wie Erik Dahlberg, Chef des Fortifikationsstaates, trieben den Festungsbau in Schweden stetig voran. Bis 1700 gelang es aber nicht, den Ausbau der Festungen gänzlich abzuschließen.
Die Erfahrungen des Livländischen Krieges aus dem 16. Jahrhundert, der als Burgenkrieg in die Geschichte einging, wirkte sich auch noch auf das Denken und Handeln der militärischen Führer im Großen Nordischen Krieg aus. Belagerungen bildeten daher im Großen Nordischen Krieg eine relativ häufige Erscheinung der Kriegsführung. Festungen dienten als Zuflucht vor feindlichen Truppen und als Symbole der Verteidigungsfähigkeit des Reiches. Aus diesem Grund waren die Eroberungen von Wyborg, Reval, Mitau und Riga im Jahr 1710 durch Russland, oder von Stettin 1713, Stralsund 1715 und Wismar 1716 durch Dänemark und Preußen wichtige Etappen beim Zusammenbruch des schwedischen Reiches.
In den schwedischen Ostseeprovinzen schützten rund 20 garnisonierte Festungen vor feindlichen Übergriffen. Sie besaßen unterschiedliche Funktionen und lassen sich nach dem Kriterium ihres Zusammenspiels mit der lokalen Zivilbevölkerung in drei Gruppen einteilen. Riga, Narva, Dorpat, Reval und Pernau erfüllten Doppelfunktionen als große Garnisons- und Handelsstädte. Die Dünamünder Schanze und die Koberschanze dienten als reine Garnisonsfestungen ohne Zivilbevölkerung. Kleinere befestigte Ortschaften wie Neuhausen, Kokenhusen, Marienburg, Weißenstein, Jama oder Arensburg beherbergten kleine Militärkolonien. Die höchste Befestigungsdichte lag in Schwedisch-Livland und in Schwedisch-Estland vor. Die ursprüngliche Anzahl der livländischen Burgen betrug 150. 50 von diesen Burgen wurden noch im 17. Jahrhundert mit Erdbastionen umgeben. Im Russischen Zarentum gab es auf ukrainischem Gebiet abweichend von der zeitgenössischen Bauweise noch Holzfestungen.
Die strategisch wichtigste und stärkste aller Festungen in den Ostseeprovinzen war Riga. Hier bildeten die 3000 bis 4000 Mann starke Garnison im Zusammenspiel mit den Dünafestungen Koberschanze und Neumünde/Dünamünde das schwedische Verteidigungszentrum der Ostseeprovinzen. Ein Zentrum zweiter Ordnung bildeten die Festungen Narva und Iwangorod an der Mündung der Narva.
Der Krieg bedeutete das Ende fast aller livländischen Befestigungen. Ein Teil von ihnen wurde während der oder nach Belagerungen gesprengt. Andere wurden nach dem Krieg durch die veränderten Grenzen und dem Wegfall der Schutzfunktion aufgegeben. Die Ruinen wurden in Lettland auch als Steinbruch für den Häuserbau genutzt.
Kartografische Übersicht
Die Belagerungen konzentrierten sich entlang der Küstengebiete der Ostsee. Lediglich einzelne Belagerungen fanden weiter entfernt von der Ostsee statt. Diese Belagerungen fanden in Belarus, dem südlichen Polen und der Ukraine statt. Die meisten Festungen, die belagert wurden, befanden sich auf dem Territorium des Schwedischen Reichs. Davon waren Schwedisch-Livland, Schwedisch-Ingermanland und Schwedisch-Pommern die Provinzen mit den meisten Belagerungen gewesen.
Lage der belagerten Festungen im Großen Nordischen Krieg |
Liste der belagerten Festungen
Literatur
- Anders Fryxell: Geschichte Karl des Zwölften. Neue Ausgabe. Senf, Leipzig 1865.
- Anders Fryxell: Lebensgeschichte Karl’s des Zwölften, Königs von Schweden. Nach dem schwedischen Original frei übertragen von Georg F. von Jenssen-Tusch. Band 1. Vieweg, Braunschweig 1861, Digitalisat.
- Ralph Tuchtenhagen: Zentralstaat und Provinz im frühneuzeitlichen Nordosteuropa. Otto Harrassowitz Verlag, 2008.
- Alexander Querengässer: Belagerungen im Großen Nordischen Krieg