Ludwig Gotthard Kosegarten
Ludwig Gotthard Kosegarten; auch Gotthart Ludwig Kosegarten, Ludwig Theobul Kosegarten u. a.m. (* 1. Februar 1758 in Grevesmühlen; † 26. Oktober 1818 in Greifswald) war Pfarrer der Kirche Altenkirchen auf Rügen, später Professor an der Universität Greifswald. Er hat sich auch als Dichter einen Namen gemacht.
Leben und Leistungen
Als Sohn des lutherischen Theologen und Pastors Bernhard Christian Kosegarten (1722–1803) erhielt er zu Hause Unterricht in klassischen Sprachen. Ab 1775 studierte er an der Universität Greifswald Theologie. Wegen Geldmangels nahm er nach 1777 wechselnde Anstellungen als Hauslehrer auf Rügen und in Mecklenburg an. Im Juli 1781 legte er das Examen mit Beifall ab. Im Sommer 1785 wurde er Rektor der Knabenschule in Wolgast; zu seinen Schülern gehörte hier auch der spätere Maler Philipp Otto Runge. Im selben Jahr wurde er von der Universität Bützow zum Doktor der Philosophie und Magister der freien Künste promoviert. Seine Dissertation trägt den Titel De pulcro essentiali (Ueber die wesentliche Schönheit). 1786 heiratete Kosegarten Katharina Linde in Greifswald. 1793 erwarb er an der Universität Rostock den theologischen Doktorgrad.[1]
Nach seiner Ordination 1792 in Greifswald erhielt er die Pfarrstelle in der Pfarrkirche Altenkirchen auf Rügen. In dieser Funktion hielt er die berühmten Uferpredigten auf den Klippen bei Vitt. Er ging dort zu Heringsfischern, die während der Zeit des Heringsfangs aufgrund ihrer Arbeit nicht nach Altenkirchen in die Kirche kommen konnten. Diese Predigten waren ein großer Erfolg, weshalb ab 1806 die Vitter Kapelle errichtet wurde. Während seines Aufenthalts auf Rügen schrieb er viele Berichte über die Insel, die sowohl ihn als auch Rügen bekannt machten.
1808 wurde Kosegarten auf eigene Bitte als außerordentlicher Geschichtsprofessor an die Universität Greifswald berufen. 1811, 1814 und 1816 war er Dekan der philosophischen Fakultät. Seine Pfarrstelle in Altenkirchen behielt er bis 1816, ließ sich dort aber durch seinen Schwiegersohn Hermann Baier vertreten, der dann 1816 sein Nachfolger wurde. 1816 wurde er an der Universität Greifswald 3. Professor der Theologie und Pastor an der Jakobikirche. Seit 1815 hielt er gelegentlich Vorlesungen über die Geschichte Pommerns. Er war zweimal Rektor der Universität.
Ludwig Gotthard Kosegarten starb am 26. Oktober 1818 morgens um vier Uhr in seinem Haus in der Domstraße 9 in Greifswald. Seinem Wunsch entsprechend wurde er auf dem Friedhof zu Altenkirchen begraben.
Sein Sohn Gottfried Kosegarten wurde Orientalist, Sprachforscher und ebenfalls Professor in Greifswald.
Namensformen
Für kaum eine andere historische Persönlichkeit herrscht in der Literatur eine vergleichbare Vielfalt unterschiedlicher Kombinationen und Reihungen tatsächlicher oder vermeintlicher Vornamen. Getauft wurde der spätere Dichter laut Beurkundung von der Hand des Vaters im Kirchenbuch Grevesmühlen auf den Namen „Gotthard Ludewig Kosegarten“. Im Kirchenbuch nachgetragen wurde später „Theobul“ als Kosegartens griechische Übersetzung seines Vornamens Gotthard, welche er als „Dichtername“ zeitweilig selbst benutzte, wegen eines Übersetzungsfehlers zuletzt aber ablehnte. In den letzten Lebensjahren zeichnete der Dichter gewöhnlich als „Ludwig Gotthard Kosegarten“. Diese Vornamenreihung steht auch auf seinem Grabstein und hat sich als heute gängigste Namensform etabliert. Der Heimatverein Grevesmühlen entschloss sich jedoch, in allen Publikationen und Aktionen anlässlich des 250. Geburtstags des Dichters die normalisierte kirchenbuchamtliche Namensform Gotthard Ludwig K. zu verwenden. Bei einigen Werken verwendete Kosegarten das Pseudonym Tellow.[2] Eine nach dem Dichter benannte Straße in seiner Geburtsstadt heißt „Ludwig-Kosegarten-Straße“, über dem Eingang der Realschule in Wolgast steht „Gotthart-L.-Th.-Kosegarten“ und an vielen anderen Stellen noch anderes.[3]
Kosegarten und Smith
Kosegarten übersetzte Adam Smiths Theory of Moral Sentiments (Theorie der ethischen Gefühle) erstmals in der 1791 erschienenen 6. Auflage vollständig ins Deutsche. Das Werk des Schottischen Moralphilosophen galt damals als sehr viel bedeutender als seine heute als Begründung der politischen Ökonomie angesehene Grundlegung „Wohlstand der Nationen“ (Edinburgh 1776). Bereits ein Jahr zuvor wurde die 3. Auflage des Werkes durch Rautenberg ins Deutsche übersetzt. Während der „Wohlstand“ über den Königsberger Philosophen Krauss im Deutschen rezipiert wurde, hatte Kosegarten sich mit der Übersetzung befasst. Kosegartens Reisen an der Ostsee lassen vermuten, dass er in Königsberg oder Riga in Kontakt mit Johann Georg Hamann[4] oder Christian Krauss gekommen war, die den Kern der aufklärerischen Gemeinschaft für die angelsächsischen Schriften bildeten. Die Übersetzung fand ein Jahr nach Smiths Tod statt. Zugrunde lag die von Smith eigenhändig überarbeitete letzte Fassung in der Glasgower Edition.
August Thieme über Kosegarten
August Thieme schrieb folgende Gedichtstrophe über ihn:
- Und Kosegarten, Dithyrambensausen
- Und düstern Sterngemälden hold,
- Der in des Nachtgewitters schwülen Pausen
- Sein Auge wild durch Wasserwüsten rollt;
- Dem der Abysse Schaum, der Brandung Brausen,
- Melodisch hocherhabne Psalmen grollt;
- Der uns in Ruhe lullet, wenn er flötet,
- Mit Graun betäubt, wenn er im Sturm drommetet.
Werke (Auswahl)
- Dichtungen. 12 Bände. Greifswald, Universitäts-Buchhandlung 1824–1827 (bis dato maßgebliche Werksammlung; enthält 1: Englische und schottische Lieder. – 2: Jucunde. – 3: Die Inselfahrt. 4: Legenden. Sagen der kirchlichen Vorzeit. – 5: Sagen der Vorwelt. Rügische und Ersische Sagen. – 6 bis 11: Lyrische Gedichte. – 12: Kosegartens Leben)
- Thränen und Wonnen. (Gedichte). Stralsund 1778
- Psyche. Ein Märchen des Alterthums. Leipzig 1786
- Gedichte. 2 Bände, Leipzig 1788
- Rhapsodien. Leipzig 1790 ff.
- 1. Teil (1790)
- 2. Teil (1794)
- 3. Teil (1801) (Digitalisat im Internet Archive)
- Hainings Briefe an Emma. 2 Bände. Leipzig 1791
- Ewalds Rosenmonde. Himburg, Berlin 1791. (Digitalisat)
- Theorie der sittlichen Gefühle. Leipzig 1791 (Deutsche Erstübersetzung von Adam Smiths Theory of Moral Sentiments; Digitalisat bei Google Books)
- Eudämons Briefe an Psyche, oder Untersuchungen über das Urrschöne, Urwahre und Urgute. Leipzig 1796
- Poesien. 3 Bde. Gräff, Leipzig 1798–1802
- Erster Band (1798) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv); Neuausgabe in der Edition Gellen, Neisse Verlag: Dresden 2021
- Zweyter Band (1798) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
- Dritter Band (1802) (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
- Der Staat und die Juden, eine wichtige Angelegenheit. Hamburg 1799
- Britisches Odeon. Denkwürdigkeiten aus dem Leben und Schriften der neuesten Britischen Dichter. 2 Bände, Berlin 1800
- Ebba von Medem. Eine Tragödie in fünf Akten. Hamburg 1800
- Ida von Plessen, eine romantische Dichtung. Dresden 1800 (= Romantische Dichtungen von Ludwig Theobul Kosegarten. Erster Theil; Digitalisate von Bd. 1 (Ausgabe von 1801) und Bd. 2 bei Google Books); Neuausgabe in der Edition Gellen, Neisse Verlag: Dresden 2022
- Blumen. Sammlung schottischer, schwedischer, dänischer Volkslieder. Berlin 1801
- Bianca del Giglio, eine romantische Dichtung. Dresden 1801
- Adele Cameron, eine romantische Dichtung. Dresden 1803
- Jukunde. Eine ländliche Dichtung in fünf Eklogen. Johann Friedrich Unger, Berlin 1803 (Digitalisat)
- Gräfin Julie von Steinau oder die Wege des Schicksals. Mainz und Hamburg 1803.
- Die Inselfahrt, oder Aloysius und Agnes. Eine ländliche Dichtung in sechs Eklogen. Berlin 1804
- Legenden. 2 Bände, Berlin 1804. (regten Gottfried Keller zu seinen Sieben Legenden an)
- Vaterländische Gesänge. Berlin und Greifswald 1813. (Digitalisat in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern)
- Geschichte seines fünfzigsten Lebensjahres. Leipzig 1816 (Digitalisat)
- Die Sprüche der Sträußer-Mädchen. Greifswald 1818
- Uferpredigten und hymnologische Aufsätze, hrsg. Gottl. Christ. Fr. Mohnike. Stralsund 1831 (Reden und kleine prosaische Schriften, Band 1)
Siehe auch
Literatur
- Norbert Buske: Ludwig Gotthard (Theobul) Kosegarten. In: Pommern. Zeitschrift für Kultur und Geschichte. Heft 1/2008, ISSN 0032-4167, S. 2–9.
- Katharina Coblenz-Arfken: Kosegarten. Vorbote der Romantik von Rügen und Hiddensee. Hamburger Haiku Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-937257-91-4.
- Katharina Coblenz (Hrsg.): Gotthard Ludwig Theobul Kosegarten: Briefe eines Schiffbrüchigen. 6. Aufl. Edition Temmen, Bremen 2010, ISBN 978-3-86108-107-4.
- Katharina Coblenz: Idylle-Krise-Reife. Ludwig Gotthard Kosegarten im Spiegel unveröffentlichter Briefe. In: Wilhelm Kühlmann, Horst Langer (Hrsg.): Pommern in der frühen Neuzeit. Literatur und Kultur in Stadt und Region. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1994, S. 521–531, ISBN 3-484-36519-6.
- Adalbert Elschenbroich: Kosegarten, Ludwig Gotthard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 612 (Digitalisat).
- H. Franck: Gotthard Ludwig Kosegarten. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1887.
- Adolf Häckermann: Kosegarten, Ludwig Gotthard. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 745–751.
- Lewis M. Holmes: Kosegarten – The turbulent life and times of a northern german poet. Peter Lang, New York 2004, ISBN 0-8204-7074-0.
- Lewis M. Holmes: Die jüngsten Ergebnisse der Kosegartenforschung. In: Baltische Studien. N.F., Band 92 (2006), ISSN 0067-3099, S. 23–42.
- Michael Lissok: Tod und Auferstehung im dichterischen Werk Ludwig Gotthard Kosegartens und die Grabmalkunst zwischen 1770 und 1840 in Vorpommern – ein Vergleich. In: Wilhelm Kühlmann, Horst Langer (Hrsg.): Pommern in der frühen Neuzeit. Literatur und Kultur in Stadt und Region. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1994, S. 563–588, ISBN 3-484-36519-6.
- Alexander Muschik: Ludwig Theobul Kosegarten (1758–1818) et la réception de la philosophie rousseauiste en Poméranie suédoise. In: Etudes Jean-Jacques Rousseau, Bd. 18 (2010), S. 315–346.
- Eberhard Rohse: Regionalität, Poetizität, Theologie der Natur. „Uferpredigten“ auf Rügen im Werk Ludwig Gotthard Kosegartens. In: Wilhelm Kühlmann und Horst Langer (Hrsg.): Pommern in der Frühen Neuzeit. Literatur und Kultur in Stadt und Region. Niemeyer Verlag, Tübingen 1994 (= Frühe Neuzeit, Bd. 19), S. 449–499, ISBN 3-484-36519-6.
- Andrea Rudolph: Rügische „Kunstperiode“. Ludwig Gotthard Kosegarten. In: Andrea Rudolph: Mythos. Geschichte. Politische Gesellschaft. Kulturelle Überschreibungen Pommerns in Bildpoesien, „Bernsteinhexen“ und Reisewerken. (= Kulturwissenschaftliche Beiträge. Quellen und Forschungen, Bd. 7). Dettelbach 2011, ISBN 978-3-89754-406-2, S. 59–86.
- Susanne Siebert: KOSEGARTEN, Ludwig Gotthard Theobul. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 537–539.
- Morten Solvik: Lieder im geselligen Spiel. Schuberts Kosegarten-Zyklus von 1815 entschlüsselt. In: Österreichische Musikzeitschrift 53/1 (January 1998), S. 31–39.
- Morten Solvik: Finding a Context for Schubert’s Kosegarten Cycle. In: Schubert und seine Freunde. Hrsg. Eva Badura-Skoda, Gerold W. Gruber, Walburga Litschauer, Carmen Ottner. Böhlau Verlag, Wien 1999, S. 169–182.
- Morten Solvik: Schubert’s Kosegarten Cycle. A Liederspiel from 1815. [Buch in Vorbereitung]
- Gerd-Helge Vogel: Die Bedeutung Ludwig Gotthard Kosegartens für die Herausbildung des frühromantischen Weltbildes bei Caspar David Friedrich. In: Wilhelm Kühlmann, Horst Langer (Hrsg.): Pommern in der frühen Neuzeit. Literatur und Kultur in Stadt und Region. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1994, ISBN 3-484-36519-6.
Weblinks
- Literatur von und über Ludwig Gotthard Kosegarten im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Ludwig Gotthard Kosegarten in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur über Ludwig Gotthard Kosegarten in der Landesbibliographie MV
- Werke von Ludwig Gotthard Kosegarten bei Zeno.org.
- Werke von Ludwig Gotthard Kosegarten im Projekt Gutenberg-DE
Einzelnachweise
- ↑ Siehe dazu den Eintrag der Doktorpromotion von Ludwig Gotthard Kosegarten im Rostocker Matrikelportal
- ↑ https://portal.dnb.de/opacPresentation?cqlMode=true&reset=true&referrerPosition=4&referrerResultId=Woe%3D11898618X%26any&query=idn%3D11898618X DB
- ↑ Eckhard Redersborg: Die Varianten der Vornamen von Gotthard Ludwig Kosegarten. In: Informationen des Heimatvereins Grevesmühlen e. V. Bd. 15 (2007) Nr. 1, S. 7–13 und Nr. 2, S. 14–15. – Siehe auch: Namensformen laut GND 11898618X.
- ↑ Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 24. April 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Carl Friedrich Voigt | Rektor der Universität Greifswald 1812 | Johann Friedrich Droysen |
Gustav Salomon Tillberg | Rektor der Universität Greifswald 1818 | Carl Friedrich Voigt |
Personendaten | |
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NAME | Kosegarten, Ludwig Gotthard |
ALTERNATIVNAMEN | Kosegarten, Ludwig Theobul |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pastor, Professor und Dichter |
GEBURTSDATUM | 1. Februar 1758 |
GEBURTSORT | Grevesmühlen |
STERBEDATUM | 26. Oktober 1818 |
STERBEORT | Greifswald |