Magdalenenhochwasser 1342

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Hochwassermarken am Eisernen Steg in Frankfurt am Main. Die oberste Markierung ist von 1342.
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Hochwassermarken am Packhof zu den Hochwassern in Hann. Münden am Zusammenfluss von Werra und Fulda zur Weser. Die oberste Markierung zum 24. Juli 1342 ist der Pegelstand des Magdalenenhochwassers.
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Hochwassermarken von 1342 und 1552 an einem Pfeiler der Blasiuskirche in Hann. Münden

Das Magdalenenhochwasser 1342, auch Magdalenenflut genannt, war eine verheerende Überschwemmung, die im Juli 1342 das Umland zahlreicher Flüsse in Mitteleuropa heimsuchte. Die Bezeichnung geht auf die damals übliche Benennung der Tage nach dem Heiligenkalender zurück, hier auf den St.-Magdalenentag am 22. Juli. Bei dieser Flut wurden an vielen Flüssen die höchsten jemals registrierten Wasserstände erreicht. Möglicherweise war sie das schlimmste Hochwasser des gesamten 2. Jahrtausends im mitteleuropäischen Binnenland.[1]

Ursachen

Wie bei anderen extremen Hochwasserereignissen, beispielsweise dem Oderhochwasser 1997, dem Elbehochwasser 2002, dem Hochwasser in Mitteleuropa 2013 oder der Flutkatastrophe 2021 wurde die Flut nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich durch eine Vb-Wetterlage ausgelöst.[2] Neuere Forschung widerspricht dieser These und geht stattdessen von einem konvektiven Ereignis innerhalb der Wetterlage „Central European trough“ aus:[3] Nach einem kalten, schneereichen Winter hatte die Schneeschmelze im Februar bereits ein erstes Hochwasser bewirkt, das in Prag unter anderem die Judithbrücke, die Vorläuferin der Karlsbrücke, zerstört hatte. Nach einem feuchten Frühsommer, der für konstant hohe Pegelstände der Flüsse sorgte, ließ dann eine Hitzewelle im Juli die Böden austrocknen, so dass sie kaum Wasser aufnehmen konnten. Dann zog etwa vom 19. bis zum 22. Juli ein Regengebiet vom Südosten kommend in nordwestlicher Richtung über Deutschland hinweg, das weiten Gebieten große Niederschlagsmengen brachte. Im Einzugsgebiet des Mains fielen hierbei, verteilt über vier Tage, Niederschläge von durchschnittlich mindestens 175 mm.

Verlauf

Für das Rhein-Main-Gebiet ist der Verlauf des Hochwassers aus zeitgenössischen Quellen sowie aus heutigen Modellrechnungen erschließbar.[4] Aus dem für Frankfurt überlieferten Pegelstand von 7,85 Meter[5] lässt sich beispielsweise für den Main ein Höchstabfluss von 3700 m³/s bis 4000 m³/s errechnen. Das ist fast doppelt so viel wie beim Hochwasser vom Januar 1995. Der Hochwasserscheitel dauerte in Frankfurt etwa drei bis vier Tage. Modellrechnungen zufolge erreichte der Abfluss erst nach etwa vier Wochen wieder normale Werte.

Für Würzburg wurde ein Abfluss von 3000 bis 3600 m³/s errechnet, wobei die Auswirkungen des Einstaus durch die eingestürzte Brücke schwer abzuschätzen sind.[6][7] Die Höhe der Flut wurde mangels Hochwassermarken durch historische Beschreibungen („In der Stadt Würzburg trat der Strom bis an die erste steinerne Säule an den Domgreden“) ermittelt.

Fast alle großen Hochwasser an den Flüssen Rhein, Main und Donau treten im Winterhalbjahr zwischen 1. November und 30. April auf, wenn durch Schneeschmelze und Bodenversiegelung durch Frost die zu bewältigenden Abflussmengen noch vergrößert werden. Das Magdalenenhochwasser ist auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme, die Häufigkeit eines derartigen Ereignisses kann man mit statistischen Methoden nicht mehr erfassen. Die Abflussmaxima entsprechen etwa einem statistischen Wiederkehrwert von 10.000 Jahren (HQ10 000).

Auswirkungen

Betroffen waren unter anderem Rhein, Main, Donau, Mosel, Moldau, Elbe, Weser, Werra und Unstrut. Allein in der Donauregion starben über 6000 Menschen.[8] Das Hochwasser wird in den Chroniken zahlreicher Städte erwähnt, so in Würzburg, Frankfurt am Main, Mainz, Köln, Regensburg, Passau und Wien. Fast alle Brücken wurden damals zerstört, Flussläufe änderten sich. In Bamberg riss die Regnitz eine „Brücke mit Turm“ ein. Im Solling wurde das Dorf Winnefeld zerstört. Die Stadt Duisburg entwickelte sich aufgrund der durch das Hochwasser hervorgerufenen Verlandung des Altrheinarms von einer blühenden Handelsstadt zu einer unscheinbaren Ackerbürgerstadt. Die topographischen Konsequenzen des Hochwassers können heute noch nachgewiesen werden. Aufgrund der im 14. Jahrhundert vorliegenden starken Entwaldung zugunsten von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen kam es durch die Regenmassen unter anderem im Taunus zu massivem Schluchtenreißen.[9] Die Masse des erodierten Bodenmaterials betrug ca. 13 Milliarden Tonnen.[2] Das entspricht etwa der Menge, die bei normalen Wetterbedingungen in 2000 Jahren verlorengeht.[8]

In den Jahren nach dem Magdalenenhochwasser folgten kalte und nasse Sommer, die in Verbindung mit dem erodierten Boden zu Ernteeinbußen führten. In deren Folge kam es zu massiven Hungersnöten, welche die Auswirkungen der in den Jahren 1346 bis 1353 grassierenden großen europäischen Pestepidemie zusätzlich verschlimmerten.[10] Auch außerhalb der Regionen, in denen Hochwasser nachweisbar ist, ergeben sich Hinweise auf Starkregen und Bodenerosion, so am mittleren Neckar.[11]

Aus den Chroniken

„Am dritten Tag vor Maria Magdalena biß auf ihren tag ist der Meyn so groß gewesen, daß das waßer ganz und gar umb Sachsenhausen ist gangen und zu Frankfurt in alle kirchen und gaßen“

Frankfurt am Main

„[wo im Dom] das Wasser einem Mann bis zum Gürtel stand“

Mainz

„In diesem Sommer war eine so große Überschwemmung der Gewässer durch den ganzen Erdkreis unserer Zone, die nicht durch Regengüsse entstand, sondern es schien, als ob das Wasser von überall her hervorsprudelte, sogar aus den Gipfeln der Berge […], und über die Mauern der Stadt Köln fuhr man mit Kähnen […], Donau, Rhein und Main trugen Türme, sehr feste Stadtmauern, Brücken, Häuser und die Bollwerke der Städte davon, und die Schleusen des Himmels waren offen, und es fiel Regen auf die Erde wie im 600. Jahre von Noahs Leben […], ereignete es sich in Würzburg, daß dort der Main mit Gewalt die Brücke zertrümmerte und viele Menschen zwang, ihre Behausungen zu verlassen.“

„Am Maria Magdalenatag und am folgenden Tag fiel ein außerordentlicher Wolkenbruch, welcher den Mainstrom so sehr anschwellte, daß der selbe allenthalben weit aus seinem Bette trat, Äcker und Weingärten zerstörte und viele Häuser samt Bewohner fortriß. Auch die Brücke in Würzburg sowie die Brücken anderer Mainstädte wurden durch die Wuth des Gewässers zertrümmert. In der Stadt Würzburg trat der Strom bis an die erste steinerne Säule an den Domgreden.“

zitiert für Würzburg[6]

Siehe auch

Literatur

  • Maike Gauger: Hochwasser und ihre Folgen am Beispiel der Magdalenenflut 1342 in Hann. Münden. In: Bernd Herrmann, Ulrike Kruse (Hrsg.): Schauplätze und Themen der Umweltgeschichte: Umwelthistorische Miszellen aus dem Graduiertenkolleg Werkstattbericht. Universitätsverlag, Göttingen 2010, ISBN 978-3-941875-63-0, S. 95–106 (PDF, 7,9 MB [abgerufen am 15. Februar 2011]).
  • Hans-Rudolf Bork u. a.: Spuren des tausendjährigen Niederschlags von 1342. In: Landschaften der Erde unter dem Einfluss des Menschen. Primus, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-89678-584-8, S. 115–120 (Archäologische Nachweise zu den Auswirkungen des Magdalenenhochwassers).
  • Curt Weikinn: Quellentexte zur Witterungsgeschichte Europas von der Zeitwende bis zum Jahre 1850. Hydrographie, Teil 1 (Zeitwende-1500). Akademie Verlag, Berlin 1958.
  • Rüdiger Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas: 1000 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. Primus, 2001, ISBN 3-89678-405-6.
  • Hans-Rudolf Bork, Hans-Peter Piorr: Integrierte Konzepte zum Schutz und zur dauerhaft-naturverträglichen Entwicklung mitteleuropäischer Landschaften – Chancen und Risiken, dargestellt am Beispiel des Boden- und Gewässerschutzes. In: Karl-Heinz Erdmann, Thomas J. Mager (Hrsg.): Innovative Ansätze zum Schutz der Natur: Visionen für die Zukunft. Springer, 2000, ISBN 978-3-540-66667-7, S. 69–74 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 15. Februar 2011]).
  • Martin Bauch: Die Magdalenenflut 1342 – ein unterschätztes Jahrtausendereignis? In: Mittelalter. Interdisziplinäre Forschung und Rezeptionsgeschichte, 4. Februar 2014, online (ISSN 2197-6120).
  • Peter Schneider: Das Magdalenenhochwasser von 1342. In: Die wackere Gemeinde Schameder, Erndtebrück-Schameder 2020, ISBN 978-3-948496-08-1, S. 20–23.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Daniel Lingenhöhl: Mittelalter: Deutschlands Jahrtausendflut. Die Zeit, 17. Juni 2013, abgerufen am 21. Februar 2015.
    Hans-Rudolf Bork u. a.: Spuren des tausendjährigen Niederschlags von 1342 – Landschaften der Erde unter dem Einfluss des Menschen. Hrsg.: Hans-Rudolf Bork. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-534-17514-7, S. 115–120.
  2. a b Hans-Rudolf Bork, Hans-Peter Piorr: Integrierte Konzepte zum Schutz und zur dauerhaft-naturverträglichen Entwicklung mitteleuropäischer Landschaften – Chancen und Risiken, dargestellt am Beispiel des Boden- und Gewässerschutzes. In: Karl-Heinz Erdmann, Thomas J. Mager (Hrsg.): Innovative Ansätze zum Schutz der Natur: Visionen für die Zukunft. Springer, 2000, ISBN 978-3-540-66667-7, S. 69–74, hier 71+72 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 15. Februar 2011]).
  3. Jürgen Herget, Alice Kapala, Maria Krell, Elke Rustemeier, Clemens Simmer, Adriana Wyss: The millennium flood of July 1342 revisited. In: Catena. Band 130, S. 82–94, doi:10.1016/j.catena.2014.12.010.
  4. Gerd Tetzlaff, Michael Börngen, Manfred Mudelsee, Armin Raabe: Das Jahrtausendhochwasser von 1342 am Main aus meteorologisch-hydrologischer Sicht. In: Wasser und Boden. Band 54, 2002, S. 41–49 (manfredmudelsee.com [PDF; abgerufen am 9. Juni 2022]).
  5. Laut der Markierung am alten Fahrtor betrug der Wasserstand „25 Fuß rheinisch“. Eine entsprechende Hochwassermarke ist heute am Eisernen Steg zu sehen. Nach einer lateinischen Inschrift in der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Weißfrauenkirche stand das Wasser dort „sieben Schuh“ hoch, das entspricht etwa zwei Metern.
  6. a b Das Hochwasser von 1342. (PDF, 147 kB) Umweltamt Würzburg, 17. Mai 2004, archiviert vom Original am 14. Januar 2006; abgerufen am 22. Juli 2017.
  7. Wilhelm Handke, Johann Kendziora, Jürgen Beckmann: 175 Jahre Pegel Würzburg. Wasser und Schifffahrtsdirektion Süd, Würzburg 1999 (Nachweis).
  8. a b Das verflixte „Genua-Tief“. Neue Zürcher Zeitung, 25. August 2005
  9. Andreas Meuser und Rudolf Bork in: Terra X Der Rhein (2/2) - Von Malaria und Jahrtausendfluten. Ein Film von Christian Stiefensohn und Florian Breier. ZDF 2016, Minute 15 bis 20.
  10. Jürg Luterbacher: Flutkatastrophen in Zentraleuropa – erlebte Geschichte und Szenarien für die Zukunft. In: Armine Wehdorn (Hrsg.): Bedrohte Museen: Naturkatastrophen – Diebstahl – Terror: Bodenseesymposium in Bregenz, 19. – 21.5.2003, internationales Symposium der ICOM-Nationalkomitees von Österreich, Deutschland, Schweiz. ICOM-Österreich, Wien 2004, ISBN 978-3-9501882-0-2, S. 10–15, insbesondere 13–14 (PDF, 425 kB (Memento vom 14. Dezember 2012 im Internet Archive) [abgerufen am 15. Februar 2011]). Flutkatastrophen in Zentraleuropa – erlebte Geschichte und Szenarien für die Zukunft (Memento des Originals vom 4. März 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.giub.unibe.ch
  11. Rainer Schreg: Bodenerosion 1342 – ein Rechtsstreit in Esslingen. Archaeologik, 19. Januar 2013, abgerufen am 22. Juli 2017.