Maxi Obexer

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Maxi Obexer, Teilnehmerin beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2017, vor dem ORF-Theater.

Maxi (Margareth) Obexer (* 1970 in Brixen) ist eine deutsch-italienische Schriftstellerin aus Südtirol, die in Berlin lebt. Sie ist freischaffende Autorin von Theaterstücken, Romanen, Hörspielen, Essays und Erzählungen. Sie ist Mitglied des PEN International.[1] und war vom 16. Mai 2022 bis zu ihrem Rücktritt am 15. Juni 2022 Interims-Copräsidentin des PEN-Zentrum Deutschland.[2]

Leben

Maxi Obexer studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie und Theaterwissenschaft in Wien und Berlin. Bereits während ihres Studiums wurde sie für ihre Theaterstücke und Hörspiele ausgezeichnet. Sie erhielt unter anderem Stipendien vom Literarischen Colloquium in Berlin, der Akademie der Künste sowie der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart. Obexer war Gastprofessorin in den USA (Dartmouth College, Georgetown University, University of New Mexico) sowie an der Universität der Künste Berlin. Sie unterrichtet regelmäßig am Literaturinstitut Leipzig. 2014 gründete sie mit Sasha Marianna Salzmann das Neue Institut für Dramatisches Schreiben, Nids.[3]

Werk

Maxi Obexers Werk umfasst Theaterstücke, Romane, Hörspiele, Erzählungen und Essays. Einen Namen hat sich die Autorin besonders mit ihrem politischen Schreiben gemacht.[4] Zentral sind dabei Themen wie die Liebe in heutigen Zeiten, Frauen sowie Europa bzw. dessen Umgang mit dem Aus- und Einwandern. Auch das Thema Flucht, das sie sowohl in ihren Stücken als auch in künstlerischen Projekten mit Geflüchteten bearbeitet, kommt zum Tragen. Ihr besonderes Engagement gilt der Dramatik und ihrer politischen Bedeutung.[5] Dies schlägt sich in vielen Texten und Vorträgen nieder, ebenso wie in den zahlreichen Werkstätten, die sie leitet.

Theater

Die inzwischen über zwanzig Theaterstücke wurden im gesamten deutschsprachigen Theaterraum aufgeführt (Basel, Berlin, Salzburg, Innsbruck, Dresden, Potsdam u. a.); etliche ihrer Stücke sind übersetzt und waren in anderen europäischen Ländern (Polen, Ungarn, Frankreich u. a.) sowie in den USA (New York, Chicago, Washington u. a.) zu sehen. Aufgrund ihrer italienischen Herkunft mit deutscher Muttersprache haben ihre Werke vielfach die Funktion von europäischen Botenberichten.

Nach Gelbsucht, ihrem ersten Theaterstück, gelang ihr mit Die Liebenden ein erster Erfolg. Das Stück war an zahlreichen Bühnen zu sehen und wurde auch als Hörspiel vom WDR produziert, welches bei der Internationalen Hörspieltagung in Rust zweifach ausgezeichnet wurde.

Das Geisterschiff (2007) thematisiert eine Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeerraum. „Ein starkes Thema, ein solides, politisches, vielseitiges, teils sehr komisches Stück“[6], schreibt Lena Schneider (Nachtkritik), für Katrin Bettina Müller (TAZ) geht der Text des Stücks „weit über moralische Entrüstung hinaus: Es erzählt von den vielen Absurditäten und Gedankenverrenkungen, die das Sicheinrichten mit dem Unglück hervorgebracht hat.“[7]

Gletscher greift das Spiel mit den Mythen wieder auf, welches schon für Das Geisterschiff bedeutend war.

Ein Stück über die Freiheit ist auch Lotzer. Eine Revolution von 2009. Es erzählt die Geschichte eines fast vergessenen Revolutionärs und seines Kampfes um Freiheit zur Zeit der Bauernbewegung 1525.[8]

2016 folgte die Uraufführung von Illegale Helfer, das aus Interviews mit Menschen entstand, die illegalen Einwanderern und Flüchtlingen geholfen haben und dadurch teils straffällig wurden. Das Stück sowie das gleichnamige Hörspiel wurden weltweit beachtet, szenische Lesungen waren u. a. in Washington DC., New York, Chicago, Paris, Prag, Mannheim, Lübeck und Wien zu sehen. In ihm gelänge es Obexer, so Irene Bazinger in der FAZ, „den Blick wieder von den Massen auf die Individuen, von der Menschheit auf den Menschen zu lenken“[9]. Illegale Helfer erhielt 2015 den Eurodramapreis, das Hörspiel wurde mit dem Robert-Geisendörfer-Preis ausgezeichnet.

Gehen und Bleiben ist ein Theaterstück darüber, was bleibt und dennoch mitgeht, wenn Menschen ihre Länder verlassen. Das mehrsprachig angelegte Stück basiert auf den Erfahrungen der Beteiligten und wurde mit dem Potsdamer Theaterpreis 2017 ausgezeichnet.

2018 wurde im Staatstheater Mannheim Wenn wir lieben uraufgeführt. Im Frühjahr 2020 wurde das gleichnamige Hörspiel im WDR urgesendet. Der Text behandelt „die schönste und vertrackteste Geschichte der Welt: die von der Liebe“ und erzählt von der Liebe in all ihren Facetten.[10]

Verlorene Kämpfer. Vom Ende der Roten Armee Fraktion erzählt die Geschichte der RAF-Terroristen Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld.[11] Obexers „gründlich recherchierter und mit originalen Dokumenten ergänzter Text“ (Johannes Breckner, Main-Spitze) wurde 2019 in Wiesbaden uraufgeführt.

Obexers Stücke wurden in verschiedene Sprachen übersetzt, u. a. ins Ungarische und Englische.

Romane

Obexers Debütroman Wenn gefährliche Hunde lachen (Folio Verlag, 2011) erzählt die Geschichte der zwanzigjährigen Helen, die sich aus Nigeria auf den Weg nach Europa macht. Die Flucht wird zum Albtraum. Obexer „gibt mit ihrer Protagonistin Helen unzähligen Flüchtlingsfrauen ein Gesicht“[12], so Radio Bremen, die Süddeutsche Zeitung findet den Roman „auf unaufdringliche Weise packend“[13].

Im Verbrecher Verlag erschien 2017 Europas längster Sommer. Der autobiografische Roman, mit dem Obexer für den Bachmannpreis nominiert wurde, erzählt davon, wie die Autorin aus Südtirol in ihren Wohnort Berlin reist, um endlich ihren deutschen Pass zu erhalten. Dabei stellt sie fest: Auch sie ist eine Migrantin. Ein Buch, das „grundlegende Fragen zur Krise der europäischen Identität“ aufwirft, sei ein „gelungener, relevanter Text, dessen Alleinstellungsmerkmal aber durch die stark verallgemeinernde und übermäßig-moralisierende Stellung Obexers zur europäischen Flüchtlingspolitik getrübt wird“[14] (Florian Kölsch, FAZ).

Sonstiges

Zwischen 2007 und 2015 war die Autorin im Feuilleton von Die Tageszeitung präsent.[15]

Obexer schreibt auch Opernlibretti und Performances.

Mit der Klanginstallation Defending Europe (gemeinsam mit Hannes Hölzl) war Obexer beispielsweise bei der Europäischen Kunstausstellung Manifesta07 vertreten. Es handelt sich um eine Sammlung von geschönten Briefen, die eine afrikanische Migrantin an ihre Eltern schreibt. Defending Europe ist die Grundlage für den Roman Wenn gefährliche Hunde lachen.

Für das Theater Freiburg schrieb Obexer das Auftragswerk Planet der Frauen. Die „Kampfoperette“ mit Musik von Bernadette La Hengst ist laut Missy Magazine „von Anfang bis Ende dynamisch, smart, perfekt-sanft provokant und parteiisch inszeniert“[16] (Dorothee Annette Kreuzer), für Bettina Schulte von der Badischen Zeitung misst das Stück dabei die „Diskussion um den Stand der weiblichen Dinge in ihrer Komplexität sehr wohl aus“[17].

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Gelbsucht, Theaterstück und Hörspiel, UA: Berlin 2001
  • Das Herz eines Bastards, Erzählungen, Athesia 2002
  • Von Kopf bis Fuß, Theaterstück, UA: Osnabrück 2004
  • Die Liebenden, Theaterstück, UA: Tübingen/Stuttgart 2004
  • Der Zwilling, Theaterstück, UA: Dresden 2006
  • Das Geisterschiff, Theaterstück und Hörspiel, UA; Jena 2007
  • Gletscher, Theaterstück, UA: Stuttgart 2008
  • Lotzer. Eine Revolution, Theaterstück, UA: Memmingen 2009
  • Wenn gefährliche Hunde lachen, Roman, Folio Verlag 2011
  • Planet der Frauen, Kampfoperette, UA: Freiburg 2012
  • Illegale Helfer, Theaterstück und Hörspiel, UA: Potsdam 2016
  • Gehen und Bleiben, Theaterstück, UA: Potsdam 2017
  • Europas längster Sommer, Roman, Verbrecher Verlag 2017
  • Wenn wir lieben, Theaterstück und Hörspiel, UA: Mannheim 2018
  • Verlorene Kämpfer. Vom Ende der RAF, Theaterstück, UA: Wiesbaden 2019

Hörspiele

  • 1999 Die Liebenden, Regie: Claudia Johanna Leist (WDR)
  • 2005 Hidden See, Regie: die Autorin (WDR)
  • 2006 Das Geisterschiff, Regie: Martin Zylka (WDR)
  • 2006 Liberté toujours, Regie: Anouschka Trocker (Autorenproduktion)
  • 2008 F.O.B. – Free on Board, Regie: Anouschka Trocker (Autorenproduktion)
  • 2011 Gletscher, Regie: Barbara Plensat (Autorenproduktion), 2011 mit dem Hörspielpreis Slabbèsz ausgezeichnet.
  • 2018 Europas längster Sommer, Regie: Gerrit Booms, ca. 30 min., (WDR)

Literatur

  • Friederike Eigler: „Refugee and Migrant Voices On and Off the Documentary Theater Stage: Recent Works by Maxi Obexer“, in: The Many Voices of Europe, Hg. Gisela Brinker-Gabler, Nicole Shea, Culture & Conflict Band 15, De Gruyter 2020.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mitglieder. PEN Deutschland, abgerufen am 20. März 2022.
  2. https://www.sueddeutsche.de/kultur/pen-maxi-obexer-ruecktritt-deniz-yuecel-pen-berlin-josef-haslinger-1.5603783
  3. Neues Institut für Dramatisches Schreiben. Abgerufen am 16. April 2020.
  4. Autor*innenporträt. Abgerufen am 16. April 2020.
  5. „Was, wenn mein Staat nicht menschlich ist?“ Die Autorin Maxi Obexer im Gespräch mit Anne Fleig über Engagement und dramatisches Schreiben. Abgerufen am 16. April 2020.
  6. Lena Schneider: Das Gewissen schlägt mit Gummiflügeln. In: Nachtkritik. 13. Dezember 2007, abgerufen am 16. April 2020.
  7. Katrin Bettina Müller: Vom Fluch der Innenperspektive. In: TAZ. 15. März 2010, abgerufen am 16. April 2020.
  8. Lotzer. Abgerufen am 16. April 2020.
  9. Irene Bazinger: Illegale Helfer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 11. Juni 2006, abgerufen am 16. April 2020.
  10. Hörspiel Wenn wir lieben von Maxi Obexer. Abgerufen am 16. April 2020.
  11. Dagmar Fulle: Das Ende der RAF auf der Theaterbühne. Ein Gespräch mit Maxi Obexer. (Nicht mehr online verfügbar.) In: hr info. 11. Juni 2006, ehemals im Original; abgerufen am 16. April 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/www.hr-inforadio.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  12. Funkhaus Europa. In: Radio Bremen. 11. Juni 2006, abgerufen am 16. April 2020.
  13. Cornelia Fiedler: Kontinentalverschiebung. In: Süddeutsche Zeitung. 22. August 2011, abgerufen am 16. April 2020.
  14. Florian Kölsch: Fremd bin ich ausgezogen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. August 2017, abgerufen am 16. April 2020.
  15. taz Archiv, Maxi Obexer. Abgerufen am 19. März 2022.
  16. Dorothee Annette Kreuzer: „Wir brauchen dringend ein regelmäßiges Shuttle“ – Die Kampfoperette „Planet der Frauen“ am Theater Freiburg. In: Missy Magazine. 12. März 2012, abgerufen am 16. April 2020.
  17. Bettina Schulte: Kampfoperette „Planet der Frauen“ am Theater Freiburg. In: Badische Zeitung. 26. März 2012, abgerufen am 16. April 2020.