Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte

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Richtlinie 93/42/EWG

Titel: Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte
Bezeichnung:
(nicht amtlich)
Medizinprodukte-Richtlinie
englisch: MDD (Medical Device Directive)
Geltungsbereich: EWR
Grundlage: EWGV, insbesondere Artikel 100a
Verfahrensübersicht: Europäische Kommission
Europäisches Parlament
IPEX Wiki
In nationales Recht
umzusetzen bis:
1. Juli 1994
Umgesetzt durch: Medizinproduktegesetz (Deutschland)
Fundstelle: ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1–43
Volltext Konsolidierte Fassung (nicht amtlich)
Grundfassung
Regelung muss in nationales Recht umgesetzt worden sein.
Bitte den Hinweis zur geltenden Fassung von Rechtsakten der Europäischen Union beachten!

Die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte ist eine von insgesamt drei Medizinprodukte-EU-Richtlinien und wird in Deutschland und Österreich kurz als Medizinprodukterichtlinie bezeichnet. International spricht man von der Richtlinie als

Medical Device Directive

(MDD), oder

Directive 93/42/EEC

.

Sie ist das wichtigste Regelungsinstrument zum Nachweis der Sicherheit und der medizinisch-technischen Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten im Europäischen Wirtschaftsraum. Sie wurde zuletzt im Jahr 2007 über die Änderungsrichtlinie 2007/47/EG in großen Teilen modifiziert.[1] Diese Änderungen wurden am 21. März 2010 in der EU national rechtswirksam.

Am 25. Mai 2017 ist die neue Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte in Kraft getreten. Diese wird auch als

Medical Device Regulation

(MDR) bezeichnet und ist ohne Umsetzung in nationale Gesetze gültig. Mit einer Übergangsfrist von 3 Jahren wird sie die Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG ersetzen.

Wie bei allen europäischen Richtlinien ist es vorrangiges Ziel der Medizinprodukterichtlinie, den freien Warenverkehr zu ermöglichen. Dies belegt Artikel 2 der Richtlinie 93/42/EWG, der fordert:

„Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit die Produkte nur in Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie bei sachgemäßer Lieferung, Installation, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechender Verwendung die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen.“

Die weiteren Artikel behandeln die verwaltungsmäßige Umsetzung und verweisen auf weitere rechtliche Verknüpfungen.

Die Umsetzung der Medizinprodukterichtlinie in jeweils nationales Recht erfolgt durch nationale Gesetze, in Deutschland und Österreich durch das Medizinproduktegesetz (Gesetz über Medizinprodukte). Die Schweiz, obschon weder Mitglied der Europäischen Union noch des Europäischen Wirtschaftsraumes, bezieht sich im Heilmittelgesetz (Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte) ebenfalls auf diese Richtlinie und hat sie mit der Medizinprodukteverordnung (MepV) im April 1996 praktisch übernommen und in Schweizer Recht umgesetzt.[2]

Medizinprodukte im Sinne der Richtlinie

Medizinprodukte im Sinne der Richtlinie sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe oder anderen Gegenstände, einschließlich der für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für folgende Zwecke bestimmt sind:

  • Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten;
  • Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen;
  • Untersuchung, Ersatz oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs;
  • Empfängnisregelung,

und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann. Im Sinne dieser Richtlinie wird Zubehör als eigenständiges Medizinprodukt behandelt; weitere Artikel, die als Medizinprodukte definiert sind, sind:

  • Sonderanfertigungen von Produkten nach ärztlicher Vorgabe für bestimmte Patienten,
  • für klinische Prüfungen am Menschen bestimmte Produkte.

Ausgenommene Medizinprodukte

Folgende Medizinprodukte unterliegen nicht der Richtlinie 93/42/EWG:

Die Thematik der Abgrenzung verschiedener Produktgruppen wird unter Produktabgrenzung behandelt.

EU-Konformitätsbewertung

Die EU-Konformitätsbewertung (Art. 11, Richtlinie 93/42/EWG) wird durch den Hersteller vorgenommen. Für erhöhte Risikoklassen (IIa, IIb und III) muss eine Benannte Stelle die Konformitätsbewertung zertifizieren (Art. 16 i. V. m. Anh. XI, Richtlinie 93/42/EWG). Die Benennung der Benannten Stellen entspricht einer Akkreditierung und erfolgt in Deutschland durch die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten. Die Pflichten der Benannten Stelle sind in Anhang XI der Richtlinie 93/42/EWG genannt.

Der Behörde muss der Hersteller eines Medizinprodukts die Anschrift des Unternehmenssitzes, im Fall von Importen einen Bevollmächtigten im Raum der Europäischen Union, die Beschreibung des betreffenden Produktes, dessen Bezeichnung, die Anwendungsbereiche, im Fall von Zertifikatsvoraussetzungen deren gültige Ausstellung durch eine Benannte Stelle, die Benennung eines Sicherheitsbeauftragten und dessen Eignung vor beabsichtigter Markteinführung belegen (Art. 14, Richtlinie 93/42/EWG).

Änderungsrichtlinie 2007/47/EG

Am 29. März 2007 hat das Europäische Parlament dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates sowie der Richtlinie 98/8/EG im Hinblick auf die Überarbeitung der Richtlinien über Medizinprodukte zugestimmt.[3]

Die Veröffentlichung der Novelle der Richtlinien 90/385/EWG, 93/42/EWG und 98/8/EG erfolgte am 5. September 2007 mit der Richtlinie 2007/47/EG. Die Richtlinie trat am 25. September 2007 in Kraft. Die jeweiligen nationalen Umsetzungen der Änderungsrichtlinie in den EU-Mitgliedstaaten mussten bis zum 21. Dezember 2008 erfolgen. In Deutschland trat das Änderungsgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2326) zum 1. August 2009 bzw. zum 1. Januar 2013 in Kraft. Am 21. März 2010 sind die nationalen Änderungen der EU-Richtlinie 2007/47/EG EU-weit in Kraft getreten und seitdem anzuwenden.[4]

Neuer europäischer Rechtsrahmen für Medizinprodukte ab 2017

Am 5. Mai 2017 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung (EU) 2017/745 vom 5. April 2017 über Medizinprodukte (MDR) veröffentlicht, die die bisherigen Richtlinien und Verordnungen ändert bzw. aufhebt.

Im Gegensatz zur bisherigen Situation in Form von Richtlinien entfällt zukünftig die Umsetzung in nationales Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten. Gültige EU-Verordnungen stellen unmittelbar gültiges Recht dar.

Nach der Annahme der Verordnung im ersten Quartal 2017 durch das Europäische Parlament und den Rat sowie der Veröffentlichung im Amtsblatt tritt die Verordnung gemäß Artikel 123 am 25. Mai 2017 in Kraft. Sie gilt in weiten Teilen ab dem 26. Mai 2021. Innerhalb der bis dahin geltenden Übergangsfrist können sich Hersteller wahlweise noch nach altem Recht (Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG) oder bereits nach neuem Recht (MDR) zertifizieren lassen.

Da sich die Benannten Stellen frühestens sechs Monate nach dem Inkrafttreten nach den Vorgaben der MDR neu benennen lassen können, um Zertifizierungen nach neuem Recht (MDR) vornehmen zu können, verkürzt sich die Übergangsfrist für die Hersteller faktisch – mindestens – um diesen Zeitraum. Mit dem Eintritt des „Geltungsbeginns“ (drei Jahre nach dem Datum des Inkrafttretens) endet die Wahlmöglichkeit der Hersteller.

Nach den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellte Altzertifikate behalten jedoch bis zu maximal vier Jahren nach dem Eintritt des Geltungsdatums ihre Gültigkeit. Auf ihrer Grundlage dürfen dann Medizinprodukte weiter hergestellt und vertrieben werden.

Die MDR wird zu gegebener Zeit durch weitere implementierende und delegierte EU-Rechtsakte ergänzt.

Am 23. April 2020 tritt die Verordnung (EU) 2020/561 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte hinsichtlich des Geltungsbeginns einiger ihrer Bestimmungen in Kraft.

Kritisiert wird, dass die MDR keine unabhängige, staatliche Zulassung einführt, dass Hoch-Risiko-Produkte weiterhin ohne umfassende klinische Vergleichsstudien eingesetzt werden können und dass Daten zu Vorkommnissen voraussichtlich nicht veröffentlicht würden.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Richtlinie 2007/47/EG
  2. Erich Wintermantel, Suk-Woo Ha: Medizintechnik. Life Science Engineering. 5. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-93935-1.
  3. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates sowie der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Überarbeitung der Richtlinien über Medizinprodukte (KOM(2005)0681 – C6-0006/2006 – 2005/0263(COD))
  4. Gert H. Schorn: Änderung des Medizinprodukterechts — Vorsicht: Augenmerk auf das verdeckte EG-Recht legen. In: Medizinprodukte Journal. Band 16, Nr. 3, September 2009, S. 163–175.
  5. Christian Baars, Elena Kuch, Britta von der Heide, Antonius Kempmann, Markus Grill, Arne Hell, Petra Blum: Recherche zu Medizinprodukten: Gefährliches Geschäft mit der Gesundheit. In: Tagesschau. ARD, 25. November 2018, abgerufen am 25. November 2018.