Erster Freideutscher Jugendtag

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Eine Informationstafel mit einer kolorierten, nachgemalten Fotografie und ein Gedenkstein erinnern auf dem Hohen Meißner an den Ersten Freideutschen Jugendtag am 11. und 12. Oktober 1913.

Der Erste Freideutsche Jugendtag fand am Wochenende des 11. und 12. Oktobers 1913 auf dem östlich von Hessisch Lichtenau (Nordhessen) gelegenen Hohen Meißner als „Fest der Jugend“ und Treffen der Jugendbewegung mit 2.000 bis 3.000 Teilnehmern statt. Fast hundert Jahre nach dem Wartburgfest von 1817 war der Freideutsche Jugendtag das erste große Treffen einer sich emanzipierenden Jugend in Deutschland, hier der einladenden Jugendbünde.

Geschichte

Ziel dieses – später auch Meißner-Tagung oder Hohe-Meißner-Treffen genannten – Jugendfestes war, die Geschlossenheit der Jugendbewegung mit Wandervögeln, Lebensreformern, reformierten Schüler- und Studentenverbindungen, Schulreformern und anderen Gruppen nach innen und außen zu demonstrieren.

Konkreter Anlass war der Wille nach einer Alternativveranstaltung zum Jubiläumsfest der Völkerschlacht bei Leipzig und der damit einhergehende gesellschaftskritische Protest gegen die im Oktober 1913 stattfindenden hurra-patriotischen und als unfestlich empfundenen Festakte des Kaiserreichs zur 100-Jahr-Feier der Völkerschlacht, die bereits im Zeichen des sich ankündigenden Ersten Weltkrieges standen.

Vorbereitung

Die Initiative zum Alternativfest kam nicht aus den Wandervogelbünden, sondern aus den Reihen der jugendbewegten Studentenverbindungen. Die Idee wurde im Deutschen Bund abstinenter Studenten geboren und von der Deutschen Akademischen Freischar aufgegriffen und weiterverfolgt. In erster Linie stieß man sich am überhöhten Alkoholkonsum der zu dieser Zeit üblichen studentischen Festkommerse.

Ein erstes Treffen zur Vorbereitung fand Pfingsten 1913 in Jena statt. An diesem Treffen nahmen 13 Bünde teil, und hier wurden Name, Ort und grober Ablauf des Festes festgelegt. Der Name „Freideutscher Jugendtag“ basiert auf einen Vorschlag von Friedrich Wilhelm Fulda, dem Verantwortlichen der Wandervogel-Führerzeitschrift. Den Hohen Meißner als Ort empfahl Christian Schneehagen, Mitglied der Deutschen Akademischen Freischar und späterer Mitorganisator. Der Vorschlag, nach der eigenen Veranstaltung nach Leipzig zu fahren und vorweg ein „Kulturfest“ in Weimar oder Jena abzuhalten, wurde zugunsten des „Naturfestes“ auf dem Meißner abgelehnt.[1]

Der erste Aufruf im Sommer 1913, erschienen in der Wandervogel-Führerzeitung (Heft 7, 1913), wurde im Namen der Deutschen Akademischen Freischar von Knud Ahlborn unterschrieben. Der zweite Aufruf erschien kurze Zeit später im Gaublatt „Nordmark“ des Wandervogel e. V. (Heft 4, 1913) und war erstmals von den veranstaltenden Bünden unterschrieben. Als Festleitung wurde Christian Schneehagen angegeben. Nach Schneehagen ist der rund 17 km lange Wanderweg zwischen dem Hohen Meißner und der Jugendburg Ludwigstein benannt.[2] Auf der Burg trägt ein Zimmer seinen Namen.[3]

Ablauf

Schüler der Freien Schulgemeinde aus Wickersdorf bei Saalfeld im Thüringer Wald beim Ersten Freideutschen Jugendtag auf dem Hohen Meißner, mit Gustav Wyneken (links) und Schulleiter Martin Luserke (rechts)

Vor dem eigentlichen Fest trafen sich Vertreter der einzelnen Bünde am 10. Oktober 1913 in den Gemäuern der Burgruine Hanstein, um die einenden Motive der Freideutschen Jugendbewegung herauszustellen. Hier kam es schon wie im Vorlauf des Festes zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den lebens- und jugendreformerischen Gruppen. Einleitende Worte hielt Bruno Lemke aus der Deutschen Akademischen Freischar. Er mahnte im Erinnerungsjahr der Völkerschlacht zur Einigkeit der Jugend und stellte die einzelnen Gruppen kurz vor. Nach Lemke kamen die Vertreter von 15 weiteren Verbänden zu Wort, darunter auch solche des Siedlerbundes und des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbandes (DHV), die nicht Teil der Freideutschen Jugend waren. Von Hans Paasche ist der Ausruf „Es brennt im deutschen Haus! Wir sind die Feuerwehr“ überliefert.

Der darauf folgende Sonnabend war ein regnerischer, nebliger Tag. Das Wetter konnte die Teilnehmer nicht abhalten, aus ihren Nachtquartieren und von Bahnhöfen aus auf den Hohen Meißner zu wandern. Genaue Zahlen sind nicht belegt, aber den Beschreibungen nach nahmen 2.000 bis 3.000 Menschen am Fest teil. Zur Mittagszeit verstreute man sich über den Hügel und aß – in kleinen Gruppen verteilt – aus den mitgebrachten Hordentöpfen. Nachmittags lockten sportliche Wettkämpfe, Chorgesang und Tanz. Abends zog man mit Fackeln zum Feuerstoß und lauschte den Worten Knud Ahlborns.

Sonntagvormittag sprachen Gustav Wyneken und Ferdinand Avenarius zu den Festteilnehmern. Aufgrund des schlechten Wetters versammelte man sich zum Abschluss des Festes in einem Großzelt zur Darbietung des Schauspiels Iphigenie, dargebracht vom Serakreis. Das Treffen lief nach dem offiziellen Ende mit Gesprächen und bei Gesang und Tanz langsam aus.

Reden

Die einleitende Rede des Festes hielt am Abend des 11. Oktober der 44-jährige Theologe und Abgeordnete der linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei (FVP) Gottfried Traub. In seiner Rede zur Jahrhundertfeier ging er auf die Ereignisse im Jahre 1813 anlässlich der Befreiungskriege gegen Napoleon ein. Er verglich den damaligen Idealismus und Wagemut wohlwollend mit dem Geist der vor ihm versammelten Freideutschen Jugend, mahnte aber, den Patriotismus nicht für den eigenen oder politischen Nutzen zu missbrauchen. Dem gegenüber beschwor er Staatsbewusstsein und den Sinn für die Gemeinschaftlichkeit.[4]

Ludwig Klages hielt ein zivilisationskritisches Grußwort.

Der 25-jährige Bundesführer der Deutschen Akademischen Freischar Knud Ahlborn forderte in seiner „Feuerrede“ die Gesellschaftsphänomene wie „Parteienkampf“, „Eigennutz“ und „entseelte Arbeit“ hinter sich zu lassen und diesen das „Gesunde und Echte“ entgegenzusetzen. Dabei forderte er von der neuen Generation politische Toleranz, „die auch den Gegner unserer eigenen Anschauungen, einfach weil er ein Wahrheitssuchender ist, anerkennt und ehrt“. Mit diesen liberalen Forderungen war er seinen älteren Mitrednern gedanklich voraus.[5]

Die Rede des 38-jährigen Reformpädagogen Gustav Wyneken am Sonntagmorgen diente der Zusammenfassung und Wegweisung. Dies nutzte Wyneken, um auf mögliche Gefahren und Widersprüche der Bewegung hinzuweisen. Auch für Wyneken war die Erinnerung an die Völkerschlacht das „ewige Symbol der Vaterlandsliebe“. Doch ebenso wünschte er sich weniger als ein Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, dass nie der Tag erscheine, „wo des Krieges Horden“ die Heimat „durchtoben“, geschweige denn „wo wir gezwungen sind, den Krieg in die Täler eines fremden Volkes zu tragen“.[6]

Martin Luserke leitete den ersten Meißner-Tag (12. Oktober) mit einer kurzen Rede ein, in der er auf Wynekens Rede vom Vorabend zurückgriff. Wyneken hatte mit Schärfe und Entschiedenheit die Eigengesetzlichkeit und Selbstherrlichkeit der Jugend betont. Demgegenüber bezeichnete Luserke die Jugend als eine Vorbereitungszeit, eine Zeit vom Erwachsenenleben – als der Zeit der Reife und des Wirkens – wesentlich abgekehrter Sammlung und der Reifung, in der man sich die großen grundlegenden, richtunggebenden inneren Werte erwerben müsse, die ein Leben lang vorhalten sollten. Luserke sprach gleichnishaft von Christus, der vor seiner öffentlichen Wirksamkeit auf 30 Tage in die Wüste ging, um sich zu sammeln. Die renommierte Frankfurter Zeitung, die über die Tagung auf dem Hohen Meißner ausführlich berichtete, nannte Luserkes Ansprache „das Beste und Feinste, was auf der ganzen Tagung gesagt worden ist“.[7]

Abschließende Worte standen dem 56-jährigen Dichter Ferdinand Avenarius zu. In ihnen klangen zugleich die Bedenken und die Zuversicht der alten Generation an. Ebenso beklagte er das Fernbleiben der großen Verbände wie der Pfadfinder, der jungdeutschen und sozialdemokratischen Verbände, da damit ein möglicher Dialog der Jugend ausblieb. Er erinnerte die Abwesenden an die Wahrhaftigkeit, der sie sich verpflichtet hatten. In der Erwartung friedvoller Jahre waren seine letzten Worte: „Gott segne die Freideutsche Jugend. Auf Wiedersehen im nächsten Jahr.“[8]

Reaktionen

Über das Treffen auf dem Hohen Meißner wurde überregional berichtet. Am 11. Oktober, also vor dem eigentlichen Fest, beschränkte man sich mit dem Abdruck des gleichlautenden Agenturberichts von der Delegiertenkonferenz auf dem Hanstein. Zwischen dem 12. und 15. kam es dann zu ausführlicheren Artikeln mit überwiegend wohlwollender, aber auch teilweise kritischer Berichterstattung. Trotz der überwiegend positiven Berichte äußerten sich die Veranstalter enttäuscht. So führte Christian Schneehagen die „Bewegung im Deutschen Blätterwald, die der frische Herbstwind vom Hohen Meißner verursacht hat“, auf die „Volkskrankheit des Parteibrillentums“ zurück.

In den Zeitschriften der damals aktiven Bünde gab es zumeist zustimmende Berichte über das Fest (u. a. Deutsche Akademische Freischar, Bund Deutscher Wanderer, Jungwandervogel, Deutsche Vortruppbund). Der Wandervogel e.V. lud in seinen Schriften zwar zum Fest ein, blieb diesem dann aber offiziell fern und verzichtete auf einen Bericht. Der Alt-Wandervogel tat es ihm gleich und veranstaltete eine eigene Jahrhundertfeier am Grabe Theodor Körners.

Kritik am Meißnerfest findet sich in der Wandervogel-Führerzeitschrift sowie in den Schriften des „Freistudentischen Bundes“.

Alfred Toepfer, der als einziger auch am Meißnerfest im Jahr 1988 teilnahm, äußerte sich in Erinnerung an das erste Treffen wie folgt:

„Gefordert wurde ein schlichter, einfacher Lebensstil in Brüderlichkeit und Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit, eine kulturelle Erneuerung sowie Achtung und Friede gegenüber den übrigen Völkern. Es herrschte eine ungewöhnliche, jugendbewegte Hochstimmung.“[9]

Die Meißner-Formel

In Kurzform fand die Geisteshaltung der Freideutschen Jugend Ausdruck in der sogenannten Meißner-Formel, die als zwar allgemeiner, aber richtungsweisender Lebensgrundsatz insbesondere die bündische Jugendbewegung entscheidend prägte. Bei der Ausformulierung bediente man sich allem Anschein nach der Ideen und Reden von Johann Gottlieb Fichte, die er anlässlich der napoleonischen Besetzung und der Befreiungskriege zwischen 1806 und 1813 ausformuliert hatte.[10]

Die Meißner-Formel einschließlich der beiden letzten, nicht immer zitierten Sätze wird meist mit folgenden Worten wiedergegeben:[11]

„Die Freideutsche Jugend will nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein.
Zur gegenseitigen Verständigung werden Freideutsche Jugendtage abgehalten. Alle gemeinsamen Veranstaltungen der Freideutschen Jugend sind alkohol- und nikotinfrei.“[12]

Die Worte der Meißnerformel werden zurückgeführt auf Knud Ahlborn, die er zusammen mit den jugendbewegten Ärzten Erwin von Hattingberg und Gustav Franke auf dem Weg zwischen Burg Hanstein und Meißner ausformuliert hatte. Ahlborn unterschrieb nicht nur den ersten Aufruf zum Fest, sondern war auch verantwortlich für die Gesamtleitung sowie die Feuerrede und wurde schließlich auch zum ersten Vorsitzenden des Ausschusses der Freideutschen Jugend gewählt.[13]

Der Kreis der Bünde

Ein Zusammenschluss der folgenden Vereinigungen, Jugendbünde und lebensreformerischen Gruppen hatte das Meißnertreffen Pfingsten 1913 in Jena (und Göttingen) vorbereitet und fungierte als Einladerkreis:

Aus diesem Kreis, mit Ausnahme des Wandervogel e.V., ging als lose Dachorganisation die Freideutsche Jugend beziehungsweise der „Verband Freideutscher Jugend“ hervor. Dieser Einigungsversuch ist historisch allerdings als gescheitert zu bewerten.

Bekannte Meißnerfahrer von 1913

Bleibendes

Heute erinnert an dem historischen Ort auf der Hausener Hute nahe dem Berggasthof „Hoher Meißner“ ein Basaltblock mit einer schlichten Gedenktafel an das erste Meißnertreffen. In dessen Nähe wird noch eine Informationstafel über das Jugendtreffen aufgestellt.

Auch auf der nahegelegenen Jugendburg Ludwigstein erinnert eine Bronzetafel an den Ersten Freideutschen Jugendtag, zu dessen 50. Jahrestag der dortige Meißnerbau benannt und eingeweiht wurde. In ihm befindet sich auch der sogenannte Meißnersaal als größter Saal der Burg.

Durch das Treffen 1913 ist das Bild Lichtgebet des Künstlers Fidus international bekannt geworden. Als Ansichtskarte wurde es in seiner sechsten Fassung auf dem Treffen massenhaft vertrieben und konnte so zum Kultbild der Reformbewegung werden.

Kaum bekannt hingegen ist die Tatsache, dass der zuvor nur „Meißner“ genannte Berg erst durch dieses Treffen als „Hoher Meißner“ überregional bekannt wurde. Auch wenn der Berg in Wandervogelkreisen schon Jahre zuvor "Hoher Meißner" genannt wurde, brachte erst die hohe „heilige“ Stimmung des Festes und die entsprechende Berichterstattung eine allgemein gebräuchliche Benutzung des Namenszusatzes mit sich.

Ein literarisches Denkmal setzte Hans Paasche dem Freideutschen Jugendtag. Im letzten Brief der fiktiven Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland (1912/13) lässt er den titelgebenden Protagonisten sowohl den Vorabend auf Burg Hanstein als auch das eigentliche Meißnerfest beobachten. In Lukanga Mukaras Version der Debatten setzt sich die Lebensreform gegen andere Strömungen innerhalb der Jugendbewegung durch, während sie tatsächlich nur eine marginale Rolle spielte. So fädelte der Reformer Paasche gezielt eine Mythenbildung ein, in der der Freideutsche Jugendtag zur Begründung eines neuen Deutschlands im Zeichen der Lebensreform stilisiert wurde.[17]

Spätere Freideutsche Jugendtage und Erinnerungsfeste

1923

Als Erinnerungsfest des Ersten Freideutschen Jugendtages kam man 1923 zum Zweiten Freideutschen Jugendtag zusammen. Auf der „Tagung auf dem Hohen Meißner“ kam ein Aspekt des Gedenkens hinzu, die Erinnerung und das Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Wandervögel.

Zwischenzeit (1933–1953)

1933, zwanzig Jahre nach dem Meißnerfest, versuchten die Nationalsozialisten, die Jugendbewegung für sich zu vereinnahmen, obwohl sie noch einige Monate zuvor mit dem Verbot des Großdeutschen Bundes die freie Jugendbewegung per Diktat aufgelöst hatten.[18] In der Jugendburg Ludwigstein wurde zudem der Gedenkraum für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Wandervögel eingeweiht und damit der Wiederaufbau der Burg offiziell für beendet erklärt.

Am 13. Oktober 1946 trafen sich auf dem Hohen Meißner an die Tausend Vertreter unterschiedlichster Jugendorganisationen zu einem „Tag der Jungen Generation“. In Anknüpfung an den Meißnertag von 1913 verabschiedete man eine Proklamation, wonach die junge Generation in einem „Bund der Bünde“ „mit innerer Wahrhaftigkeit […] dem Völkerfrieden dienen“ will. Im selben Jahr kam es zu dem Vorschlag, auf dem Hohen Meißner eine neue Bundeshauptstadt zu errichten. Dazu sollte es nicht kommen, und auch der angestrebte Großbund blieb aus.

1953 erschien im Voggenreiter-Verlag (Godesberg), herausgegeben von Knud Ahlborn, eine „Kurze Chronik“ der Freideutschen Jugendbewegung. Im selben Jahr wurde unter seinem Einfluss die fkk-jugend gegründet.

1963

Anlässlich des 50. Jahrestages kam es 1963 zum Dritten Freideutschen Jugendtag. Als Ergebnis dieses Treffen beschlossen einige der jungen Bünde eine engere Zusammenarbeit, die 1966 zur Gründung des Ringes junger Bünde führte. Auch hier wurde eine eigene Grundsatzerklärung verabschiedet, in der es abschließend heißt:

„[…] Wir wissen, daß der Versuch der bündischen Jugend, ein Leben in Freiheit zu führen, für ihre Mitglieder wie für die Gesellschaft ein Wagnis bedeutet. Wir fordern von einer Gesellschaft, die der Freiheit verpflichtet ist, dieses Wagnis nicht nur zu dulden, sondern ihm den nötigen Raum zu sichern. Wir wehren uns gegen alle Bestrebungen, die uns diesen Raum einengen.
Da unser Bemühen um Selbstverwirklichung nur in einem freien Staat gelingen kann, verpflichten wir uns, die uns anvertraute Jugend von der Idee des demokratischen Rechtsstaates zu überzeugen. Wir hoffen, daß auch der Teil der deutschen Jugend, dem alles dies verwehrt ist, eines Tages mit uns ein Leben in Freiheit führen kann. Für die Freiheit des Jugendlichen, sich mit Freunden zu einer Gruppe zusammenzuschließen, um in Verantwortung vor dem eigenen Gewissen wie in Verpflichtung für die Gesellschaft ein Jugendleben in eigener Bestimmung zu gestalten, tritt die bündische Jugend unter allen Umständen geschlossen ein.“

1988

Meißnerlager 1988

Auch zum 75. Jahrestag des Freideutschen Jugendtages kam es zu einem Treffen auf dem Hohen Meißner. Am Meißnertreffen nahmen mehrere Tausend Jugendbewegte aus unterschiedlichsten Bünden teil. Man verabschiedete folgende Erklärung:

„Mit Betroffenheit verfolgen wir den Weg, auf dem die heutige Zivilisation voranschreitet. Die unverantwortliche Zerstörung der Natur, die Vereinsamung der Menschen und die Abkehr von Qualitäten des Lebens gefährden die Existenz der Erde und ihrer Geschöpfe.
In der Suche nach einem neuen würdigen Weg der menschlichen Kultur sehen wir die Aufgabe eines jeden, der der heutigen Zeit gerecht werden will. Ihre gemeinsame Suche wollen die einzelnen Bünde, Gruppen und Persönlichkeiten im Sinne der Meißner-Formel von 1913 nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung und in innerer Wahrhaftigkeit gestalten.“

2013

Zum 100. Jahrestag des Freideutschen Jugendtages im Oktober 2013 fanden wie 1988 mehrere Gedenkveranstaltungen in der Nähe des Hohen Meißners statt.[19][20][21]

Literatur

  • Knud Ahlborn: Die Freideutsche Jugendbewegung. Zum Meißnertag 1963 nachgedruckt nach der 172. Tatflugschrift des Dürerbundes 1913.
  • Erich R. Andersen: Volkshochschule im Dünensand. Pro Business, Berlin 2009.
  • Karsten Schulz: Beschreibung und Verortung zweier überverbandlicher Jugendtreffen junger Jugendbewegungen. Erster Freideutscher Jugendtag 1913 und Umweltfestival Auftakt 1993. Dissertation. Verlag Weber & Zucht. Kassel 2009. ISBN 978-3-88713-058-9.
  • Freideutsche Jugend: Zur Jahrhundertfeier auf dem Hohen Meißner 1913. Eugen Diederichs, Jena 1913. (mit einem Bild von Fidus und weiteren Illustrationen)
  • Ulrich Herrmann (Hrsg.): „Mit uns zieht die neue Zeit“ – Der Wandervogel in der deutschen Jugendbewegung. Juventa, München 2006.
  • Gerhard Ille, Günter Köhler (Hrsg.): Der Wandervogel – Es begann in Steglitz. Stapp, Berlin 1987.
  • Johannes Jacobs (Hrsg.): Was war das – das Meißnerfest 1913?. Verein zur Erhaltung der Hohburg e.V., Kiel 1987.
  • Werner Kindt: Dokumentation der Jugendbewegung. Band II: Die Wandervogelzeit. Quellenschriften zur deutschen Jugendbewegung 1896 bis 1919. Diederichs, Düsseldorf 1968.
  • Artur Künzel (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte und Naturkunde der Region Witzenhausen. Schriften des Werratalvereins Witzenhausen, Heft 24, 1993.
  • Winfried Mogge, Jürgen Reulecke: Hoher Meißner 1913 – Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung. Bd. 5. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988, ISBN 3-8046-8723-7.
  • Gerhard Ziemer, Hans Wolf: Wandervogel und freideutsche Jugend. Voggenreiter Verlag, Bad Godesberg 1961.
  • Gerhard Ziemer, Hans Wolf: Wandervogel Bildatlas. Voggenreiter Verlag, Bad Godesberg 1963.
  • Susanne Rappe-Weber: Aufbruch der Jugend – Der 1. Freideutsche Jugendtag, [auf dem Meißner, heute: "Hoher Meißner"] jährt sich zum 100. Mal. In: Mitteilungen des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde Kassel 1934 e. V, Nr. 64, Juli 2013, S. 62–83
  • Susanne Rappe-Weber: Ereignis, Erinnerung, Neubestimmung. Der Freideutsche Jugendtag auf dem Hohen Meißner 1913, in: Zeitschrift [Jahrbuch] des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde [ZHG], Band 117/118, 2012/13, Kassel 2013, S. 197–204, 4 Abb.
  • Barbara Stambolis, Jürgen Reulecke: 100 Jahre Hoher Meißner (1913–2013) – Quellen zur Geschichte der Jugendbewegung. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, 509 Seiten, ISBN 3-8471-0333-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Winfried Mogge, Jürgen Reulecke: Hoher Meißner 1913 – Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung. Bd. 5. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988. ISBN 3-8046-8723-7, S. 42–45
  2. Schneehagenweg. Archiviert vom Original am 20. Juli 2014; abgerufen am 7. Juli 2010.
  3. Schneehagenzimmer. Archiviert vom Original am 9. Mai 2013; abgerufen am 7. Juli 2010.
  4. Winfried Mogge, Jürgen Reulecke: Hoher Meißner 1913 – Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung. Bd. 5. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988. ISBN 3-8046-8723-7, S. 282–288
  5. Winfried Mogge, Jürgen Reulecke: Hoher Meißner 1913 – Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung. Bd. 5. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988. ISBN 3-8046-8723-7, S. 289–292
  6. Winfried Mogge, Jürgen Reulecke: Hoher Meißner 1913 – Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung. Bd. 5. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988. ISBN 3-8046-8723-7, S. 293–301
  7. Martin Kießig: Martin Luserke. Gestalt und Werk. Versuch einer Wesensdeutung. Phil. Diss., J. Särchen. Berlin 1936; zitiert nach Die Lebensfahrt des Martin Luserke. Vortrag von Kurt Sydow zum 100. Geburtstag Martin Luserkes am 3. Mai 1980
  8. Winfried Mogge, Jürgen Reulecke: Hoher Meißner 1913 – Der Erste Freideutsche Jugendtag in Dokumenten, Deutungen und Bildern. Edition Archiv der deutschen Jugendbewegung. Bd. 5. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1988. ISBN 3-8046-8723-7, S. 302–306
  9. Friedrich Oldenburg: Der Freideutsche Jugendtag auf dem Hohen Meißner im Oktober 1913 in: Gerhard Ille, Günter Köhler (Hrsg.): Der Wandervogel – Es begann in Steglitz Stapp Verlag, Berlin 1987, S. 139
  10. Dieter Brauch: Die Wurzeln der Meißnerformel in: Ludwigsteiner Blätter, Nr. 221, Dezember 2009 (PDF; 689 kB), S. 11.
  11. In den Publikationen nach dem Jugendtag gab es abweichende Wortlaute. vgl. Karsten Schulz: Beschreibung und Verortung zweier überverbandlicher Jugendtreffen junger Jugendbewegungen, Kassel 2009.
  12. Knud Ahlborn, in: Das Meißnerfest der Freideutschen Jugend 1913. Georg Callwey, München 1913.
  13. Andersen, Erich R.: Volkshochschule im Dünensand. Pro Business, Berlin 2009, S. 137–139
  14. Die Lebensfahrt des Martin Luserke. Vortrag von Kurt Sydow zum 100. Geburtstag Martin Luserkes am 3. Mai 1980
  15. Hans Paasche(Hg.) Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland. Grüner Zweig Nr. 45 Osnabrück o. J. S. 90–93
  16. a b Barbara Stambolis, Jürgen Reulecke: 100 Jahre Hoher Meißner (1913–2013) - Quellen zur Geschichte der Jugendbewegung, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015. S. 11
  17. Andreas Schmid: Deutschland im Spiegel Ostafrikas. Hans Paasches Lukanga Mukara (1912/13). In: Zeitschrift für Kulturwissenschaften. Band 14, Nr. 2, 2020, S. 49–66.
  18. Wille und Werk Pressedienst der deutschen Jugendbewegung, 6. Jahrgang, Nr. 25, 1933
  19. http://www.meissner-2013.de
  20. Archivierte Kopie (Memento vom 13. September 2012 im Internet Archive)
  21. Archivlink (Memento vom 24. Oktober 2012 im Internet Archive) Meißnertermine auf den Seiten der Jugendburg Ludwigstein