Mjölnir

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Mjölnir, archäologischer Fund von Bredsättra auf Öland/Schweden.
Fund von Rømersdal, Bornholm

Mjölnir (isländisch; aus altnordisch Mjǫllnir, Bedeutung umstritten, womöglich „Malmer“, „Blitz“ oder „glänzende Blitzwaffe“, deutsch umgangssprachlich auch Thorshammer) heißt in der germanischen Mythologie ein Kriegshammer, die magische Waffe des Gottes Thor, mit der dieser die Feinde der Götter, vor allem die Thursen (Riesen) und die Midgardschlange, bekämpfte.

Mythologie

Erschaffung und Eigenschaften

Snorri Sturluson berichtet in seiner Snorra-Edda (in den Skáldskaparmál) von der Erschaffung des Hammers. Mjölnir wurde von den beiden Zwergen Sindri und Brokk geschmiedet und besitzt die Eigenschaft, dass er, wenn er geworfen wird, nie sein Ziel verfehlt und wieder in die Hand des Werfers zurückkehrt (Vgl. Gungnir). Eigentlich war Mjölnir als eine Art Vorschlaghammer mit langem Griff geplant. Loki jedoch verwettete bei Brokk seinen Kopf darauf, dass den Göttern seine Gaben nicht gefallen würden. Aus Angst, seinen Kopf zu verlieren, stach er ihm als Mücke getarnt in ein Augenlid, um ihn von seiner Arbeit am Blasebalg abzulenken und so die Schmiedearbeit zu vereiteln. Dadurch wurde der Griff stark verkürzt. Trotzdem war der Hammer das beste Kleinod. Und Loki, welcher sich von seiner Strafe herausreden konnte, wurde der Mund zugenäht.

Diebstahl und Wiederbeschaffung

Die þrymskviða, ein Lied der Älteren Edda, erzählt vom Diebstahl des Hammers durch den Riesen Thrym (an. þrymr „Lärm“). Im Tausch gegen das für die Götter unverzichtbare Utensil fordert der Riese die Göttin Freyja als Braut. Da diese den Handel rundheraus ablehnt, werden Thor und Loki mit Frauenkleidern als Braut und Brautjungfer getarnt ins Reich der Riesen geschickt. Fast entdecken die Riesen den Betrug, da Thor viel zu schnell beinahe alles hinunterschlingt, was als Festmahl gereicht wird. Doch Loki behauptet geistesgegenwärtig, die Braut hätte sehr lange gefastet und deswegen so großen Appetit. Auf diese Weise gelingt es, Thrym zu überlisten, bis der „Braut“ nach altem Brauch der Hammer als Zeichen der Segnung in den Schoß gelegt wird. Wieder im Besitz seiner Wunderwaffe erschlägt Thor den Riesen und seine Sippe und kehrt siegreich nach Asgard zurück.

Hammer-Amulette

Thor mit Hammer, isländische Darstellung aus dem 18. Jahrhundert

Historisch

Der „Thorshammer“ wurde von der älteren Forschung gemeinhin als Symbol Thors angesehen. Er wurde als Amulett um den Hals getragen (siehe Bild).

Es gibt viele verschiedene Formen von Hammer-Amuletten. Eiserne Thorshämmer an eisernen Halsreifen fand man in Brandgräbern des 9. und 10. Jahrhunderts, hauptsächlich im Gebiet der Svear in Mittelschweden, in Jütland, auf Åland sowie vereinzelt in Osteuropa.

Etwa 50 silberne Thorshämmer kennt man aus Schatz-, Grab- oder Siedlungsfunden. Sie konzentrieren sich auf Süd- und Mittelskandinavien und Island. Sie können in das 10. und auf Gotland bis ans Ende des 10. Jahrhunderts datiert werden. Einige Funde stammen aus Polen und England, darunter einige Exemplare aus Bernstein.

Da die Funde fast ausnahmslos aus Gräbern weiblicher Personen sowie aus der Übergangszeit zwischen heidnischem und christlichem Glauben in Skandinavien stammen, könnten sie eine Reaktion auf das christliche Kreuz darstellen; auch eine Bedeutung als christliches Symbol wird in der Forschung diskutiert. Möglicherweise stehen sie mit Fruchtbarkeitsriten oder Eheweihungen in Verbindung. Eine weitere gleichsinnige Verwendung ist von einigen Runensteinen (Runenstein von Hanning, Runenstein von Læborg, Runenstein von Stenkvista) in Dänemark und Schweden in der Übergangszeit bekannt.

Thorshammer als neuzeitlicher Schmuck

Der Runen-Thorshammer von Købelev, 2014 gefunden bei Købelev auf der dänischen Insel Lolland, ist der bisher einzige mit Runen versehene Amulett-Fund eines Thorshammers. Laut Lisbeth M. Imer, Kuratorin am Dänischen Nationalmuseum, bestätigt die Inschrift den Gegenstand erstmals als Hammer. Imer versteht H M A R x I S als eine Fehlschreibung von hamar is, „Dies ist ein Hammer“, wobei sie das x als Worttrenner interpretiert, und vermutet einen wenig schreibkundigen Menschen als Autor.

Der vielzitierte Religionslehrer und Hobby-Runologe Alfred Becker geht von einer „runenmagischen“ Bedeutung aus[1]. In der Forschung werden seine Ansichten jedoch nicht rezipiert. Der derzeitige wissenschaftliche Konsens tendiert dahin, den Akt des Schreibens an sich in Verbindung mit den verwendeten Materialien als „magischen“ Vorgang zu betrachten, der beispielsweise eine Amulettfunktion auf den beschrifteten Gegenstand übertragen könne[2].

Moderne Verwendung

Nachbildung des Thorshammers von Schonen, Schweden; Originalfund von etwa 1000 n. Chr.
Thorshammer im Wappen der schwedischen Gemeinde Torsås
Thors Hammer
(USVA-Emblem 55)

Heutzutage werden solche Hammer-Amulette in verschiedensten Formen als originalgetreue Replik historischen Vorbildern nachempfunden oder als fantasievolle Neuschöpfung angeboten. Zahlreiche Menschen, insbesondere in Skandinavien und Norddeutschland, tragen Thorshämmer als Schmuck ohne religiösen oder ideologischen Symbolgehalt, abgesehen von einer Verbundenheit mit nordischer bzw. skandinavischer Kultur und Geschichte und Interesse an der Wikingerzeit.

Mjölnir im Metal und LARP

In der Metal-Szene wird dieses Symbol hauptsächlich von Anhängern der Musikrichtungen Pagan Metal und Viking Metal getragen und gilt dort als ein positives Symbol innerer Stärke und Tatkraft und als Zeichen der Verbundenheit untereinander. Beliebt ist der Thorshammer außerdem bei Angehörigen der „Schwarzen Szene“ und traditionell bei Rockern (Bikern). Auch bei LARP-Spielern mit Bezug zu Wikingern und Fans der Mittelalter- und Mittelalterrock-Szene ist der Thorshammer ein beliebtes Accessoire. Sie werden zudem von Anhängern des Asatru (germanisch inspiriertes Neuheidentum) ebenfalls als Zeichen ihres Glaubens getragen.

Mjölnir als politisches Symbol

Der Thorshammer wurde von der um 1880 entstandenen Völkischen Bewegung als Abzeichen verwendet, wurde aber 1910 zunehmend vom Hakenkreuz abgelöst. In jüngerer Zeit wurde der Hammer als legal verwendbares germanisches Symbol von der rechtsextremen Szene wiederentdeckt. Aus diesem Grunde wird er immer häufiger auch in Listen rechtsextremer Symbole und Zeichen geführt.[3]

„Mjölnir“ war auch der Künstlername des Reichsbeauftragten für Künstlerische Formgebung Hans Herbert Schweitzer, eines bekannten Grafikers aus der Zeit des Dritten Reichs.

Heraldik

Der Thorshammer findet auch in der Heraldik Verwendung. In den USA ist er eines der offiziell zugelassenen Glaubenssymbole auf Grabsteinen, die von der Regierung für Soldaten und Veteranen bezahlt und gesetzt werden.[4]

Literatur

  • Joachim Henning, Anders HultgårdHammer. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 13, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1999, ISBN 3-11-016315-2, S. 483–492.
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X, S. 284–286.
  • Jörn Staecker: Rex regum et dominus dominorum. Die wikingerzeitlichen Kreuz- und Kruzifixanhänger als Ausdruck der Mission in Altdänemark und Schweden. Almqvist & Wiksell International, Stockholm 1999 (Lund Studies in medieval Archaeology 23, ISSN 0283-6874), (zugleich: Kiel, Univ., Diss., 1995).
  • Egon Wamers: Hammer und Kreuz. Typologische Aspekte einer nordeuropäischen Amulettsitte aus der Zeit des Glaubenswechsels. In: Michael Müller-Wille (Hrsg.): Rom und Byzanz im Norden. Mission und Glaubenswechsel im Ostseeraum während des 8.–14. Jahrhunderts. Band 1. Steiner, Stuttgart 1997, ISBN 3-515-07124-5, S. 83–107 (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse. Bd. 3, 1).

Weblinks

Commons: Mjöllnir – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Alfred Becker: Mjölnir: Runen auf dem Thorshammer von Købelev (Lolland), mit Abbildungen
  2. Düwel/Nedoma/Oehrl: Die südgermanischen Runeninschriften. In: Brather/Heizmann/Patzold (Hg.): Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 119, Kap. F, Ss. CXXIX – CXLI
  3. Agentur für soziale Perspektiven e. V. (Hrsg.): Versteckspiel. Lifestyle, Symbole & Codes von Neonazis und extrem Rechten. Berlin, Thorshammer (dasversteckspiel.de).
  4. Available Emblems of Belief for Placement on Government Headstones and Markers. U.S. Department of Veterans Affairs – National Cemetery Administration. 17. April 2015. Abgerufen am 3. Juli 2015.