Myrkviðr

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Myrkviðr (altnordisch = Dunkelwald) ist in der nordischen Mythologie der Edda und in der Sagaliteratur die Bezeichnung eines mythischen Waldes und real in der Vergangenheit die Bezeichnung von skandinavischen Örtlichkeiten in der Regel für Wälder oder Waldgebiete.

Der deutsche Schwarzwald ist eine formale Entsprechung im Motiv der Namensgebung- beziehungsweise Benennung. Als Vorbild dieser Dunkelwälder im Sinn des Myrkviðr innerhalb der Germania ist der bei Caesar und Tacitus beschriebene Hercynia silva der als Vorbild innerhalb der germanischen Mythen- und Sagendichtung bis in das hochmittelalterliche nordwestnordische Schrifttum eine entsprechende Rezeption erfahren hat.

Namenkundliches

Als Grundform der altnordischen Form Myrkviðr liegt eine zweigliedrige Komposition vor, die aus den Formen germanisch *merkwaz (altsächsisch mirki, altenglisch mierce), deutsch Dunkel und *wiðuz, deutsch Baum, Holz, Wald gebildet ist.[1] Den altenglischen- und sächsischen Belegen kommt im ersten Glied eine Bedeutungserweiterung von „böse“ bei.[2] Die analoge belegte altniederdeutsche Form Miriquidi oder Mircwidu erscheint unter anderen bei Thietmar von Merseburg (Chron. 6, 10; 8, 28) als eine Bezeichnung für das Erzgebirge und dessen bewaldetes Vorland. Zu den Belegen in der hochmittelalterlichen isländisch-norwegischen Sagaliteratur und in Texten der Edda treten zahlreiche Belege im Korpus der skandinavischen Ortsnamen.[3][4]

Rezeption

Der (Ur)Wald als Grenze findet sich für die Germania magna bei den antiken Geographen/Geschichtsschreibern wie Tacitus in der Beschreibung des Hercynia silva. Dieser stellte – mit dem Erzgebirge als ein Teilstück dessen – für den germanischen Kulturraum ein bedeutendes topographisches Objekt dar, dessen Einfluss sich in der geistigen Kultur wie in der Komposition von Mythen, Sagen und Vorstellungen bis in das nord-west-europäische Hochmittelalter niederschlug – der dunkele schwerdurchdringliche gefahrenbergende Wald. Die Phrase in der eddischen Lokasenna, Strophe 42 „er Muspelz synir ríða Myrkvið yfir“ („wenn Muspels Söhne über (durch) den Myrkwid reiten“) wird als Darstellung des Hercynischen Waldes gesehen.[5] Eine weitere Rezeption in den nordischen Quellen des Myrkviðr als ausgesprochener Grenzwald findet sich aus der Sagaliteratur in der Hlöðskviða („Hunnenschlachtlied“) als Völkerscheide zwischen Goten und Hunnen.

Literatur

  • Martin Eggers: Myrkviðr. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.) Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 20, de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017164-3, S. 460–61.
  • Rudolf Much: Myrkviðr. In: Johannes Hoops (Hrsg.) Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 1. Auflage Bd. 3, Karl J. Trübner, Straßburg 1915–16, S. 291.
  • Vladimir Orel: A Handbook of Germanic Etymology, Brill, Leiden/Boston 2003, ISBN 90-04-12875-1.
  • Klaus von See, Beatrice La Farge, Eve Picard, Ilona Priebe und Katja Schulz: Kommentar zu den Liedern der Edda. Bd. 2: Götterlieder (Skírnismál, Hárbarðslióð, Hymiskviða, Lokasenna, Þrymskviða), Winter, Heidelberg 1997, ISBN 3-8253-0534-1.
  • Rudolf Simek, Hermann Pálsson: Lexikon der altnordischen Literatur. Die mittelalterliche Literatur Norwegens und Islands (= Kröners Taschenausgabe. Band 490). 2., wesentlich vermehrte und überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-520-49002-5.
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.

Einzelnachweise

  1. Vladimir Orel: A Handbook of Germanic Etymology, Leiden/Boston 2003, S. 268, 462
  2. Heinrich Tiefenbach: Altsächsisches Handwörterbuch. A Concise Old Saxon Dictionary. de Gruyter, Berlin/New York 2010, ISBN 978-3-11-023234-9, S. 275.
  3. Jan de Vries: Myrkr. In: Ders. Altnordisches Etymologisches Wörterbuch. Brill, Leiden/Boston/Köln, 2. verbesserte Auflage 2000, S. 398
  4. Klaus von See (et al.): Kommentar zu den Liedern der Edda. Bd. 2: Götterlieder, Heidelberg 1997, S. 470
  5. Martin Eggers: Myrkviðr, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Bd. 20 Berlin/New York 2001, S. 460